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Bildung

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Bildung ist ein sprachlich, kulturell und historisch bedingter Begriff.

Der moderne und ganzheitliche Bildungsbegriff steht für den lebenslangen Entwicklungsprozess des Menschen, bei dem er seine geistigen, kulturellen und lebenspraktischen Fähigkeiten und seine personalen und sozialen Kompetenzen erweitert. Es kann aber keinen perfekten Menschen geben; ein Bildungs-Ideal ist daher nicht erreichbar.

Nach Daniel Goeudevert ist Bildung „ein aktiver, komplexer und nie abgeschlossener Prozess in dessen glücklichen Verlauf eine selbstständige und selbsttätige, problemlösungsfähige und lebenstüchtige Persönlichkeit entstehen kann“. Bildung kann daher nicht auf Wissen reduziert werden: Wissen ist nicht das Ziel der Bildung, aber sehr wohl ein Hilfsmittel. Wissen ohne Urteilsvermögen, Reflexion und kritischer Distanz führt zwangsläufig zur „Vergleichsgültigkeit“. Jede Information ist somit gleich gültig. Eine solche „Bildung“ wird auch als Halbbildung bezeichnet.

Lernen, Erziehung, Bildung

Die Fähigkeit des Menschen, lernen zu können, ist die Grundlage für Erziehung und Bildung. Beim Erziehungsprozess werden Kinder und Jugendliche durch die pädagogisch Verantwortlichen (Eltern, Erzieher, Lehrer, Jugendleiter) in die Welt der Erwachsenen eingeführt. Sie lernen dabei Regeln, Normen und Verhalten, aber auch selbständiges Denken und Handeln.

Erziehung kommt von aussen - der Bildungsprozess dagegen ist ein selbständiger Prozess, der von innen kommt und auf die Erziehung aufbaut.

Bildung ist im Gegensatz zu Ausbildung bzw. Berufsbildung zweckfrei, das heißt nicht zielgebunden. Zum Problem der Konkurrenz von Bildung und Ausbildung äußerte sich Johann Heinrich Pestalozzi folgendermaßen: „Allgemeine Emporbildung der inneren Kräfte der Menschennatur zu reiner Menschenweisheit ist allgemeiner Zweck der Bildung auch der niedrigsten Menschen. Übung, Anwendung und Gebrauch seiner Kraft und Weisheit in den besonderen Lagen und Umständen der Menschheit ist Berufs- und Standesbildung. Diese muss immer dem allgemeinen Zweck der Menschenbildung untergeordnet sein ... Wer nicht Mensch ist, dem fehlt die Grundlage zur Bildung seiner näheren Bestimmung.“ Johann Gottfried von Herders Gedanken ähneln den von Pestalozzi: „Menschen sind wir eher, als wir Professionisten werden! Von dem, was wir als Menschen wissen und als Jünglinge gelernt haben, kommt unsere schönste Bildung und Brauchbarkeit für uns selbst her, noch ohne zu ängstliche Rücksicht, was der Staat aus uns machen wolle. Ist das Messer gewetzt, so kann man allerlei damit schneiden.“

Bildung kann nur dort entstehen, wo der Bildungsprozess freiwillig geschieht. Da in unserer Gesellschaft Wissen verlangt wird, steigt der Drang von Außen möglichst viel Information aufzunehmen. Durch das Wissen und Lernen allein erreicht man jedoch keine Bildung, daher ist auch ein Bildungskanon in Sachen der Bildung nur eine „halbe Miete“. Ein solches Kanon ist z.B. das Buch von D. Schwanitz (siehe. unten). Wissen kann höchstens eine Komponente der Bildung sein. Friedrich Paulsen äußert sich im enzyklopädischen Handbuch der Pädagogik von 1903 zu diesem Thema folgendermaßen: „Nicht die Masse dessen, was [man] weiß oder gelernt hat macht die Bildung aus, sondern die Kraft und Eigentümlichkeit womit [man] es sich angeeignet hat und zur Auffassung und Beurteilung des ihm Vorliegenden zu verwenden versteht. ... Nicht der Stoff entscheidet über die Bildung, sondern die Form.“

Bildung kann nicht über einen Schulabschluss nachgewiesen werden, da dieser auch durch das Prüfen des auswendig gelernten (siehe Halbbildung) erreicht werden kann.

Merkmale der Bildung

Nach Platon kann man drei Ideale der Bildung festmachen: Vernunft, Wille und Sinnlichkeit. Es existiert jedoch kein Standard der Bildung, stattdessen ist Mannigfaltigkeit der Bildungsformen notwendig: jeder ist eben auf seine eigene Art und Weise gebildet.

Mögliche Bildungsziele sind Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt, Achtung vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung und Spontaneität, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne, Ehrfurcht vor allem Lebendigen, Achtung vor der Überzeugung des anderen, Toleranz, Nächstenliebe, Gerechtigkeit, sittliches und politisches Verantwortungsbewusstsein, Frieden, berufliches Können, soziales Handeln, freiheitlich demokratische Haltung, Solidarfähigkeit, Selbstbestimmung, Fähigkeit zu urteilen, Fähigkeit zum eigenen Standpunkt und Kritikfähigkeit.

Fragen zur Bildung

Wie kann man die Qualität der Schulbildung vergleichen? Siehe hierzu Schulleistungsuntersuchungen, Zentralabitur, ...

Zum geschichtlichen und ideologischen Hintergrund des Bildungsbegriffs siehe Bildungstheorie.

Was hat Lesen mit Bildung zu tun? Siehe hierzu [1] Rubrik Lesen und Schule

Zitate

Es ist ein Beweis hoher Bildung, die größten Dinge auf die einfachste Art zu sagen.

Ralph Waldo Emerson [1803-1882]; amerik. Philosoph und Schriftsteller

Gebildet ist, wer Parallelen zu sehen vermag. Dummköpfe sehen immer wieder etwas ganz Neues.

Sigmund Graff

Bildung ist ein durchaus relativer Begriff. Gebildet ist jeder, der das hat, was er für seinen Lebenskreis braucht. Was darüber, das ist vom Übel.

Friedrich Hebbel

Der Mensch ist, was er als Mensch sein soll, erst durch Bildung.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel [1770-1831]; dt. Philosoph

Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.

John F. Kennedy [1917-1963]; amerik. Politiker

Bildung ist nicht Wissen, sondern Interesse am Wissen.

Hans Margolius

Bildung gleich Warten können.

Theodor W. Adorno

Wilhelm von Humboldts 'Definition' von Bildung:

Der wahre Zweck des Menschen – nicht der, welchen die wechselnde Neigung, sondern welchen die ewig unveränderliche Vernunft ihm vorschreibt – ist die höchste und proportionierlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen (Wilhelm von Humboldt 1791/92 in: Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen).

Siehe auch

Literatur

  • Hartmut von Hentig, Die überschätzte Schule, Frankfurter Rundschau, 11. Mai 2004 [2]
  • Manfred Fuhrmann: Bildung. Europas kulturelle Identität, Stuttgart 2002: Reclam, ISBN 3-15-018182-8
  • Heinz-Joachim Heydorn, Studienausgabe:Band 3, Über den Widerspruch von Bildung und Herrschaft, Verlag Büchse der Pandora 2004, ISBN 3-88178-333-4
  • Manfred Fuhrmann: Der europäische Bildungskanon des bürgerlichen Zeitalters, Frankfurt/Main, Leipzig 1999: Insel, ISBN 3-458-16978-4
  • Georg Bollenbeck, Bildung und Kultur. Glanz und Elend eines deutschen Deutungsmusters, suhrkamp taschenbuch 2570, Frankfurt am Main 1996
  • Ernst Peter Fischer: Die andere Bildung. Was man von den Naturwissenschaften wissen sollte. Hamburg 2001 ISBN 3-548-36448-9 (Ullstein-Taschenbuch)
  • Schwanitz, Dietrich: Bildung. Frankfurt/Main 1999, ISBN 3-82-180818-7 (als Taschenbuch ISBN 3-442-15147-3)
    Schwanitz' Buch präsentiert, was Bildung nach der obigen Definition gerade nicht ist - eine Ansammlung von Kenntnissen
  • Goeudevert, Daniel: Der Horizont hat Flügel. Die Zukunft der Bildung, München 2001, ISBN 3-548-75086-9
  • Herwig Blankertz: Bildung im Zeitalter der großen Industrie. Hannover 1969
  • Armin Bernhard: Bildung; in Armin Bernhard, Lutz Rothermel (Hrsg.): Handbuch Kritische Pädagogik, Stuttgart 2001, ISBN 3825282147
  • BV-Päd. Berufsverband der Erziehungswissenschaftlerinnen und Erziehungswissenschaftler e.V., BV.Päd., in Dortmund.
  • Bildungshappen – Jeden Werktag ein Häppchen Allgemeinbildung, von Die Zeit.