Garbe (Mathematik)
1. Garbe ist in der umgangssprachlichen Bedeutung ein Bündel von Dingen. Häufig wird der Begriff im landwirtschaftlichen Bereich verwendet: Eine Korngarbe ist ein nach der Ernte gebündeltes und zum trocknen aufgestelltes Bündel aus Kornähren.
2. In der Mathematik hat Garbe eine fachspezifische Bedeutung:
Anschaulich besteht eine Garbe von Mengen (oder komplizierteren Objekten wie Moduln oder Ringen) auf einem topologischen Raum aus einer Menge (bzw. einem Modul, einem Ring) "über" jedem Punkt des Basisraumes, dem so genannten Halm der Garbe, und Informationen, wie diese Halme "zusammenpassen".
Definitionen
Kurz und abstrakt
Es sei X ein topologischer Raum. Die Kategorie Ouv(X) habe als Objekte die offenen Teilmengen von X und als Morphismen die Inklusionen. Eine Prägarbe F auf X mit Werten in einer Kategorie C ist ein kontravarianter Funktor Ouv(X) → C. Eine Prägarbe F heißt Garbe, falls das folgende Diagramm für jede offene Teilmenge U von X und jede Überdeckung (Vi) von U exakt ist:
- Fehler beim Parsen (Unbekannte Funktion „\begin{array}“): {\displaystyle F(U)\rightarrow \prod F(V_i)\begin{array}\rightarrow\\\rightarrow\end{array}\prod F(V_i\cap V_j).}
Die Elemente von F(U) heißen Schnitte von F über U. (Der Begriff "Garbe" ist nur definiert, wenn C Produkte besitzt.)
Ausführlicher
(Um die Definition des Begriffes "Garbe" zu verstehen, ist es am besten, sich das Beispiel der Garbe der stetigen Funktionen vorzustellen: F(U) ist die Menge der stetigen Funktionen U → R, die Einschränkungsabbildungen sind einfach die Einschränkungen der Funktionen auf kleinere Bereiche.)
Eine Prägarbe besteht aus einer Menge (bzw. abelschen Gruppe, Modul, Ring) F(U) für jede offene Teilmenge U von X zusammen mit Einschränkungsabbildungen F(U) → F(V) für zwei offene Teilmengen V U; dabei müssen die Einschränkungsabildungen in der "offensichtlichen" Weise zusammenpassen: für offene Teilmengen W V U ist die Einschränkung von U nach V gefolgt von der Einschränkung von V nach W dasselbe wie die Einschränkung von U nach W.
Eine Garbe ist eine Prägarbe, bei der die Daten "lokal" sind, d.h. die folgenden beiden Bedingungen erfüllt sind:
- Lokale Übereinstimmung impliziert globale Übereinstimmung: Sind f und g Schnitte von F über U und Vi eine Überdeckung von U, und ist
- für alle i (dabei sei das Bild der Einschränkungsabbildung von U nach Vi), so gilt f = g.
- Zusammenpassende lokale Daten lassen sich "verkleben": Sind Schnitte fi von F(Vi) gegeben, so dass die Einschränkungen von fi und fj auf die Schnittmenge von Vi und Vj übereinstimmen, so gibt es einen Schnitt f von F über U, so dass fi für jedes i gleich der Einschränkung von f auf Vi ist.
Weiterführende Bemerkungen
Eine (abelsche) Garbe ist eine Verallgemeinerung des Begriffes "Geradenbündel". Abstrakt kann man eine Garbe (bis auf Isomorphie) durch eine 2-dimensionale Cech-Kohomologieklasse beschreiben, wie auch Geradenbündel durch 1-dimensionale Cech-Klassen definiert werden. Aktuelles Forschungsgebiet der Physik/Differentialgeometrie ist vor allen Dingen die Definition einer nicht-abelschen Garbe.