Organic Rankine Cycle

Der Organic Rankine Cycle (Abkürzung ORC) ist ein Verfahren des Betriebs von Dampfturbinen mit einem anderen Arbeitsmittel als Wasserdampf. Der Name des Verfahrens geht auf William John Macquorn Rankine (* 1820; † 1872) zurück, einen schottisch-britischen Physiker und Ingenieur. Als Arbeitsmittel werden organische Flüssigkeiten mit einer niedrigen Verdampfungstemperatur verwendet.
Das Verfahren kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn das zur Verfügung stehende Temperaturgefälle zwischen Wärmequelle und -senke zu niedrig für den Betrieb einer von Wasserdampf angetriebenen Turbine ist. Dies ist vor allem bei der Stromerzeugung mit Hilfe der Geothermie, der Kraft-Wärme-Kopplung sowie bei Solarkraftwerken und Meereswärmekraftwerken der Fall. Die Turbinen werden beispielsweise mit Ammoniak betrieben, das mit 100 °C warmem Tiefenwasser aufgeheizt wird und seine überschüssige Wärme an einen 18 °C kalten Kondensator abgeben kann.
Im ersten geothermischen Kraftwerk Deutschlands in Neustadt-Glewe wird ebenfalls eine ORC-Turbine zur Stromerzeugung verwendet.
Arbeitsmedien
Ausgehend vom T-s-Diagramm werden nach der Form der Sattdampfkurve drei verschiedene Fluidklassen unterschieden:
- Die Sattdampfkurve „trockener“ Medien ist steigend; hierbei handelt es sich in der Mehrzahl um höhermolekulare Substanzen wie R113,
- „Nasse“ Medien wie Wasser haben eine fallende Sattdampfkurve,
- „Isentrope“ Medien haben eine nahezu senkrechte Sattdampfkurve; hierzu zählen R11 und R12,
Isentrope und „trockene“ Medien versprechen bei ihrem Einsatz eine Reihe von thermodynamischen Vorteilen.
Mögliche Arbeitsmedien sind:
Medium | Molmasse | Kritischer Punkt | Siedetemper-
atur (1atm) |
Verdampfungs-
wärme (1atm) |
Steigung der
Sattdampfkurve |
Zersetzung
bei ca. | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
NH3 | 17 | 405,3 K | 11,33 MPa | 239,7 K | 1347 kJ/kg | Negativ | 750 K |
Wasser | 18 | 647,0 K | 22,06 MPa | 373,0 K | 2256 kJ/kg | Negativ | . |
n-Butan C4H10 | 58,1 | 425,2 K | 3,80 MPa | 272,6 K | 383,8 kJ/kg | . | . |
n-Pentan C5H12 | 72,2 | 469,8 K | 3,37 MPa | 309,2 K | 357,2 kJ/kg | . | . |
C6H6 | 78,14 | 562,2 K | 4,90 MPa | 353,0 K | 438,7 kJ/kg | Positiv | 600 K |
C7H8 | 92,1 | 591,8 K | 4,10 MPa | 383,6 K | 362,5 kJ/kg | Positiv | . |
R134a (HFC-134a) | 102 | 374,2 K | 4,06 MPa | 248,0 K | 215,5 kJ/kg | Isentrop | 450 K |
C8H10 | 106,1 | 616,2 K | 3,50 MPa | 411,0 K | 339,9 kJ/kg | Positiv | . |
R12 | 121 | 385,0 K | 4,13 MPa | 243,2 K | 166,1 kJ/kg | Isentrop | 450 K |
HFC-245fa | 134,1 | 430,7 K | 3,64 MPa | 288,4 K | 208,5 kJ/kg | . | . |
HFC-245ca | 134,1 | 451,6 K | 3,86 MPa | 298,2 K | 217,8 kJ/kg | . | . |
R11 (CFC-11) | 137 | 471,0 K | 4,41 MPa | 296,2 K | 178,8 kJ/kg | Isentrop | 420 K |
HFE-245fa | 150 | 444,0 K | 3,73 MPa | . | . | . | . |
HFC-236fa | 152 | 403,8 k | 3,18 MPa | 272,0 K | 168,8 kJ/kg | . | . |
R123 | 152,9 | 456,9 K | 3,70 MPa | 301,0 K | 171,5 kJ/kg | Positiv | . |
CFC-114 | 170,9 | 418,9 K | 3,26 MPa | 276,7 K | 136,2 kJ/kg | . | . |
R113 | 187 | 487,3 K | 3,41 MPa | 320,4 K | 143,9 kJ/kg | Positiv | 450 K |
n-Perfluoro-Pentan C5F12 | 288 | 420,6 K | 2,05 MPa | 302,4 K | 87,8 kJ/kg | . | . |
Eine weitere Wirkungsgradverbesserung ist durch den Einsatz von Gemischen möglich. In subkritischen Verläufen erfolgen sowohl das Verdampfen als auch die Kondensation nicht isotherm; der Abkühlungskurve des Wärmeträgers kann mit deutlich geringeren Temperaturdifferenzen gefolgt werden; damit reduzieren sich die Irreversibilitäten bei der Wärmeübertragung.
In jüngster Zeit werden für den ORC-Prozess synthetische Arbeitsmedien entwickelt. Diese Arbeitsmedien werden in ihren Stoffeigenschaften den speziellen Temperatur- und Druckeigenschaften des Organic-Rankine-Cycle-Kreisprozesses angepasst. Ein derartiges neues synthetisches Arbeitsmedium auf Silikonbasis mit der Bezeichnung GL160 ist frei von Chlor und Fluor und aus diesem Grund besonders umweltfreundlich. Mit synthetischen Arbeitsmedien werden höhere thermodynamische Wirkungsgrade von ORC-Anlagen erzielt, als dies mit Massenchemikalien möglich ist, die zufällig in vorhandene thermodynamische Gefälle eingepasst werden.