Zum Inhalt springen

Hochkultur (Soziologie)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. September 2008 um 08:41 Uhr durch 81.92.106.35 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Hochkultur als soziologischer Begriff umfasst die von meinungsbestimmenden Eliten genutzten, als besonders wertvoll akzeptierten Kulturleistungen – im Gegensatz zu Alltagskultur, Massenkultur, Volkskultur oder Populärkultur.

Historisch gesehen, ist Hochkultur stets die Kultur der führenden Gesellschaftsschicht gewesen, also des Adels. Seit dem Machtverlust des Adels nach der Französischen Revolution wurde versucht, Hochkultur inhaltlich zu definieren und mit der größeren Leistung der kulturell Tätigen und Interessierten (statt ihrer besseren Abstammung) zu verbinden. In der Folge schlossen sich weite Teile des Adels der Populärkultur an, wie die enge Verbindung von Zirkus, höfischer Reitkunst und höfischem Gesellschaftstanz um 1900 zeigt (vgl. etwa Carl Godlewski). So wurde Hochkultur zu einer Errungenschaft des Bildungsbürgertums.

Der Begriff bezieht sich heute zumeist auf Musik (E-, U- und F-Musik), Bildende Künste, Literatur („Höhenkammliteratur“) und darstellende Künste (Tanz, Theater). Diese Kulturformen müssen bestimmten ästhetischen Maßstäben gerecht werden und spielen eine große Rolle bei den geltenden Bildungsidealen. Sie müssen durchaus nicht alle kulturell hochentwickelten Gebiete umfassen, so werden in Europa zum Beispiel die Kalligraphie, der Sport, die zirzensischen Künste oder das Design („Kunsthandwerk“) traditionell nicht zur Hochkultur gezählt

In kulturpolitischen Konflikten vor allem im deutschsprachigen Raum wurde „Hochkultur“ im 20. Jahrhundert gelegentlich als ‚massenfeindlich‘ oder ‚elitär‘ bekämpft. Umgekehrt diente sie dazu, den Führungsanspruch von Bildungseliten zu behaupten (z. B. als „Leitkultur“). Dazu wurde oft argumentiert, dass auch die Massen Hochkultur wählen würden, wenn sie nicht durch Produkte einer „Kulturindustrie“ verdummt würden (so in der Kultursoziologie von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Kulturindustrie - Aufklärung als Massenbetrug).

Die Dichotomie Hochkultur-Massenkultur wurde mit dem Gewinn an Definitionsmacht durch die massenmedial verbreitete Popkultur immer mehr in Frage gestellt. Die Auseinandersetzung der 1968er-Jahre zog eine gesellschaftliche Anerkennung weiter Teile der Popkultur nach sich. WIXER

In den Vereinigten Staaten ist die Unterscheidung high brow (etwa: „hochgezogene Augenbrauen“) – low brow üblich. Damit wird eine inhaltliche Bewertung vermieden und stattdessen die Haltung, die man Hoch- oder Populärkultur einnimmt, charakterisiert.

Der französische Soziologe Pierre Bourdieu stellt kulturelle Differenzen (siehe kulturelles Kapital) mit vielen Abstufungen als Faktoren individueller und gesellschaftlicher Macht und Machterhaltung in den Mittelpunkt seiner Forschungen.

Literatur

  • Pierre Bourdieu: Zur Soziologie der symbolischen Formen. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1974 ISBN 3-51827-707-3
  • Georg Bollenbeck: Bildung und Kultur. Glanz und Elend eines deutschen Deutungsmusters, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1996. ISBN 3518390708

Siehe auch