Memel (Begriffsklärung)
Memel ist der preußische Name der heute Klaipeda genannten litauischen Stadt.
Zur Geschichte
Ursprung und Stadtgründung
Das Gebiet um das heutige Klaipeda ist seit mindestens der Zeitwende Siedlungsgebiet baltischer Stämme, die im 13. Jahrhundert an dieser Stelle die Burg Klaipeda halten. Da dieses Gebiet die Verbindung zwischen dem Gebiet des Deutschen Ordens und dem des Livländischen Schwertbrüderorden unterbricht, wird die Burg erobert, und 1252 als Burg Memel und Stadt Memel vom Livländischen Schwertbrüderorden (vertreten durch Eberhard von Seyne) neugegründet. Trotz Sicherung dieser strategisch wichtigen Burg reißen die Konflikte nicht ab. Grund sind die versuchte Christianisierung und politische Dominisierung Litauens durch die Ritterorden, auf die Angriffe durch die Kuren, Aukstaiten und Zemaiten folgen.
Im Jahre 1254 wird Memel Hansestadt, erhält 1257 das lübische Stadtrecht, und wird urkundlich als "Memele castrum" (Memelburg, auch Mimmelburg) erwähnt. 1328 gehen Burg und Stadt an den Deutschen Orden über, wodurch Memel dann erst Teil des Ordensstaates und dann später Preußens wird.
Aufgrund der Bedrohung durch die Orden schließen sich 1323 die baltischen Stämme unter dem Fürsten Gediminas zum ersten litauischen Reich zusammen. Die Folgejahre sehen viele kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Orden und den umliegenden Ländern und Städten (Litauen, Danzig, Polen, Königsberg, Elbing), in deren Folge die Stadt mehrfach geplündert wird oder abbrennt (1379, 1409, 1456, 1459, 1464, 1520). Erst mit dem Frieden von Melno-See von 1422, der Melmo endgültig dem Deutschen Orden zuspricht, kommt das Land etwas zur Ruhe.
Preußen
Im Jahre 1475 erhält Memel das Kölmische Recht, und steigt damit in den Rang einer preußischen Landstadt auf. Die Einwohner werden 1525 in Folge der Reformation mit Albrecht von Brandenburg Preußen evangelisch-lutherisch.
Memel erstarkt in den folgenden Jahren wirtschaftlich, bis es im Dreißigjährigen Krieg von 1629-1635 unter schwedische Verwaltung gerät. Im Nordischen Krieg wird Memel 1678 von schwedischen Truppen eingenommen und abgebrannt. Von diesem Schlag erholt sich die Stadt nur langsam.
Im siebenjährigen Krieg wird Memel von 1756-62 von Russland besetzt. Es folgt eine Zeit der wirtschaftlichen Erholung, bedingt durch einen Ausbau der Holzwirtschaft (Schiffbau).
Die Napoleonischen Kriege gingen an Memel vorbei. Ein weiterer wirtschaftlicher Aufschwung wird 1854 von einem Großfeuer, das weite Teile der Stadt vernichtet, nur kurzzeitig unterbrochen.
Deutsches Reich
1871 wird Memel Teil des Deutschen Kaiserreichs.
Im ersten Weltkrieg wird Memel 1915 kurzzeitig von russischen Truppen besetzt. Der Versailler Vertrag bestimmt in Artikel 99, dass das Memelgebiet ohne vorige Volksabstimmung (wie es eigentlich bei allen Gebietsveränderungen vorgesehen war) vom Deutschen Reich abgetrennt und unter französische Verwaltung gestellt wird. Diese Bestimmung tritt am 15. Februar 1920 in Kraft und führt zu einer autonomen deutschen Verwaltung. Diese endet, als Litauen 1923 das Memelland besetzt. 1925 garantieren die Siegermächte (Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan) einen Sonderstatus des Memellandes (Memelkonvention), der die Autonomie der deutschen Bevölkerung unter litauischer Verwaltung sicherstellen soll. Die Situation zwischen Deutschen und Litauern bleibt gespannt, und die Einführung des Kriegsrechtes im Jahre 1926 fördert die autonome deutsche Verwaltung nicht. Wahlergebnisse in den Folgejahren belegen eine deutsche Mehrheit im Memelland.
Litauen gibt das Memelland zum 22. März 1939 mehr oder weniger freiwillig an Deutschland zurück, da es sich Hilfe gegen Polen versprach, welches die litauische Stadt Vilnius (Wilna) besetzt hielt. 1941 werden im Memelland Truppen zum Ostfeldzug zusammengezogen. Die Stadt wird im 2. Weltkrieg durch Luftangriffe und Kampfhandlungen zur Hälfte zerstört, und nach verlassen der Zivilbevölkerung im Oktober 1944 auch vom Militär im Januar 1945 aufgegeben.
Nach dem 2. Weltkrieg
Nach dem 2. Weltkrieg wird Memel von der Sowjetunion in Klaipeda (eine alte litauische Bezeichnung, die zwar auch schon im 19. Jahrhundert in der preußischen Verwaltung zeitweise Verwendung fand, aber erst 1925 von den Litauern offiziell eingeführt wurde) umbenannt und zusammen mit dem ehemaligen Memelgebiet in die litauische Sowjetrepublik (LTSR) eingegliedert.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wird Litauen 1990 unabhängig, und macht Klaipeda zu einer freien Wirtschaftszone.
Das bekannte Lied Ännchen von Tharau wurde von dem 1605 in Memel geborenen Simon Dach gedichtet.