Contracting
Contracting (engl. Vertrag schließend ) ist die Übertragung von eigenen Aufgaben des Rechtssubjekts zur Energielieferung und -bereitstellung auf ein darauf spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen. Insbesondere bezieht sich der Begriff auf die Bereitstellung von Wärme, Kälte, Strom, Dampf, Druckluft usw.
Idee des Contractings und Geschichte
Contracting basiert auf einer Idee des schottischen Erfinders James Watt. „Wir werden Ihnen kostenlos eine Dampfmaschine überlassen. Wir werden diese installieren und für fünf Jahre den Kundendienst übernehmen. Wir garantieren Ihnen, dass die Kohle für die Maschine weniger kostet, als Sie gegenwärtig an Futter (Energie) für die Pferde aufwenden müssen, die die gleiche Arbeit tun. Und alles, was wir von Ihnen verlangen, ist, dass Sie uns ein Drittel des Geldes geben, das Sie sparen.“ (James Watt, 1736–1819)
In Deutschland wurde ab etwa 1980 betriebswirtschaftliche Modelle basierend auf dem in der USA verwendeten Performance-Contracting entwickelt. Erste Modelle des Wärme - Contractings entstanden. Im folgenden Jahrzehnt entwickelte sich der Anbieter – Markt. Fast 500 Anbieter traten in den 1990er Jahren auf dem Markt auf, eine ganze Reihe davon sind zwischenzeitlich wieder verschwunden. In der Branche hat ein Konzentrationsprozess eingesetzt, den die leistungsfähigsten Unternehmen (Umsätze > 80 Mio. € p.a.) überstanden haben. Kleinere Betriebe,z.B.
Heizungsbauer die sich in der Branche versucht haben, sind fast gänzlich verschwunden oder ihre Projekte wurden von den größeren Firmen übernommen. Das Veranstaltungs- und Literaturangebot nahmen in dieser Zeit ebenfalls stark zu. Die verschiedene Verbände und Organisationen der Energie- und Wärmelieferer trugen hierzu bei. Mit dem Entwurf der DIN 8930-5 wurde der Versuch unternommen, zumindest die Nomenklatur der einzelnen Contracting - Arten zu bestimmen. Die DIN kann aber mit der rasanten Entwicklung am Markt kaum mithalten, kann aber zur Orientierung über die Grundtypen der Contracting - Verträge herangezogen werden.
Vertragsparteien
Contractor
ist das ausführende (energieliefernde) Unternehmen. Seine Aufgaben bestehen in Beratung, Planung, Finanzierung und Betrieb der Anlagen innerhalb des vertraglich fixierten Zeitraumes.
=== Contracting-Nehmer=== ist der Auftraggeber und idR. der Empfänger der
Contractingleistung z.B. der Eigentümer der zu beliefernden Liegenschaft Die Bezeichnung der verschiedenen Contracting - Typen ist nicht einheitlich.
Varianten
- Anlagen-Contracting oder Energieliefer-Contracting
- Betriebführungs-Contracting
- Einspar-Contracting oder Technisches Anlagenmanagement
- Finanzierungs-Contracting
Anlagen-Contracting
wird auch als Energieliefer-Contracting oder Nutzenergie-Lieferung bezeichnet. Der Contractor errichtet und betreibt die Energieanlage auf eigenes Risiko und Kosten auf
der Basis von langfristigen Verträgen mit seinen Kunden. Die Vertragslaufzeiten variieren zwischen 5 bis 20 Jahren. Beiderseitiges Ziel, durch Optimierung wirtschaftliche und
ökologische Vorteile erreichen. Die Kosten des Contractors für Erstellung, Finanzierung, Wartung und Primärenergieeinkauf fließen in ein i.d.R. zweigliedriges Preissystem bestehend aus einem fixen Grundpreis (GP) Beispielsweise €/Kw, €/a, €/mon und einem variabelen Arbeitspreis (AP) Beispielsweise in €/m³, €/MWh. In der Praxis haben sich verschiedene Preisgleit- oder Preisänderungsformeln [1] herausgebildet, die eine meist terminlich fixierte Anpassung der Preise bei veränderten Rahmenbedingungen: Änderung der Preise für Primärenergie, Material- oder Lohnkosten, ermöglichen. Als Ausgangspunkt für die Preisanpassungen werden häufig die Indexzahlen des Statistischen Bundesamtes vertraglich vereinbart.
Betriebsführungs-Contracting
die Energieanlagen stehen im Eigentum des Contractingnehmers. Der Contractor ist für den störungsfreien Betrieb der Anlagen verantwortlich. Die Abrechnung erfolgt meist pauschal nach Aufwand oder Leistung. Diese Art des Contractings wird meist dort eingesetzt, wo ein störungsfreier Betrieb unbedingt notwendig ist. beispielsweise Druckluft für Produktionsanlagen, oder Heizung im Krankenhaus.
Einspar-Contracting
wird auch Energie-Einspar-Contracting oder Performance-Contracting genannt. Die Energieanlage steht im Eigentum des Contractingnehmers. Tätigkeit des Contractors beschränkt sich auf Managementleistungen oder zusätzliche Investitionen.
Die ersparten Energiekosten finanzieren die Leistung des Contractors.
Finanzierungs-Contracting
wird auch als Anlagenbau-Leasing oder Third-Party-Financing bezeichnet. Die Finanzierung obliegt dem Contractor, das Betreiberrisiko liegt weiterhin beim Contractingnehmer. Einsatzgebiet bei abgegrenzbaren technischen Einrichtungen oder Anlagen. Finanzierungs-Contracting wird oft mit Anlagenmanagement oder Betriebsführungs-Contracting verbunden.
Rechtliche Grundlagen
Die Ausführungen beziehen sich auf bundesdeutsches Recht. I.d.R wird zwischen Contractor und Contractingnehmer ein Liefervertrag über das zu liefernde Medium geschlossen, z.B. ein Wärmeliefervertrag. Grundlagen hierfür sind unter anderem das BGB[2]und die Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV)[3] Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft vom 20. Juli 1980 (BGBl. I, S. 742) - geändert durch die Verordnung zur Änderung der energiesparrechtlichen Vorschriften vom 19. Januar 1989 BGBl. I, S. 112). Um die Rechte zu sichern werden i.d.R. Dienstbarkeiten oder Bürgschaften verwendet.
Perspektiven
Preisgünstige Eigenheime
Dem Contracting könnte in naher Zukunft im Bereich der Planung und Bau von preisgünstigen Einfamilienhäusern große Bedeutung zukommen. Die Hausbauer würden jeweils die Investitionen für eine eigene Heizungsanlage, Öltanks, Gasanschlüsse, Schornsteine, Heizkörper ersparen. Gleichzeitig würde mehr für Wohnzwecke nutzbarer Raum zur Verfügung stehen. Durch den Grosseinkauf von Energie ist der Contractor in der Lage günstiger als die einzelnen Hausbesitzer Energie zu erzeugen. Durch langfristige Verträge sind die Energiekosten für die Contractingnehmer plan- und überschaubar. Rückstellungen für Instandhaltung, Wartung, Ersatz obliegen dem Contractor.
Bereich Sonderbrennstoffe
Contractingmodelle ermöglichen es Unternehmen ihren Energieeinsatz von Erdöl/Erdgas auf weltmarktunabhängige Sonderbrennstoffe, wie Holzschnitzel oder Braunkohlenstaub umzustellen, ohne knappe Investitionsmittel bereitszustellen und eigene personelle Ressourcen zu binden.
Weitere Anwendungsgebiete
- Solarthermie - Solare Wärmeerzeugung teilweise in Verbindung mit Erdwärme
- Wärme und Stromerzeugung aus Biomasseanlagen aus erneuerbaren Energieträgern oder Abfallstoffen
- Druckluft - Contracting
- Öffentliche Investitionen
- Contractingmodelle könnten einer Gemeinde die Anschaffung und Wartung ihrer Ampeln abnehmen
- Hausmüllgebührenoptimierung als Spielart des Einspar-Contractings
- Abwärmeliefer-Contracting beispielsweise mobile Wärmespreicher
- Contractingmodelle für Regenwassernutzungsanlagen
Literatur
- Ulrich Bemmann/Sylvia Schädlich, Contracting Handbuch 2003, München, Neuwied, Köln 2003, ISBN 3-87156-555-5
- Ulrich Bemmann, Sylvia Schädlich, Contracting Handbuch 2004, m. CD-ROM, Deutscher Wirtschaftsdienst Erscheinungsdatum: Juli 2003, ISBN 3-87156-578-4
- Martin Hack, Energie-Contracting, November 2002, ISBN 3-40649-296-7
- Armin Landerer, Contracting im Energiesektor. Rolle der Banken, Broschiert - 38 Seiten, 1997, ISBN 3-25805-534-3
- Guido Knott, Energie-Contracting : Ökonomische Aspekte und Anwendungsfälle zur Effiziens- verbesserung der Wärmeversorgung in den neuen Bundesländern, Energiewirtschaft und Technik Verlagsgesellschaft mbH, ISBN 3-92534-928-6
- Christian Hainbach, Kälte-Contracting - umweltfreundlicher Kälteservice als Alternative, Tagungsband, ISBN 3-92788-240-2
- Peter Viebahn, Energieeinsparung durch Nutzlicht-Contracting : Ein Einsparkraftwerk für die Universität Osnabrück und die Widerstände dagegen, ISBN 3-93115-604-4
- Thomas Göllinger, Eberhard Seidel (Herausgeber), Neue Perspektiven des Contracting als innovative Organisations- und Finanzierungsform, Institut für ökologische Betriebswirtschaft e.V., ISBN 3-93363-213-7
- Helmut Sendner, Dienstleistung Energie. Contracting - Outsourcing - Partnering, Erscheinungsdatum: 1995, ISBN 3-98045-590-4
- Volkmar Ebert, Thomas Liebernickel, Tanja Frömel, Holger Kues, Baukostensenkung und CO2-Minderung durch Wärme-Contracting : Hemmnisse und Lösungswege - Fraunhofer - Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., ISBN 3-81674-860-0
Diplomarbeiten
- Rispoli, Ivana-Christine, Contracting in der Immobilienwirtschaft, Erstellungsjahr:2003, Publikationsdatum: 29. April 2004 als pdf.[4]
Literatur Österreich
- Robert Freund (Herausgeber), Einspar-Contracting im öffentlichen Bereich : Tagungsband, Broschüre - Energieverwertungsagentur (E.V.A., the Austrian Energy Agency), ISBN 3-90138-188-0
- Unterweger, Contracting : Einführung und Musterverträge, Taschenbuch - Verlag Österreich GmbH, ISBN 3-70461-471-8
- Manfred Straube, Franz Zehetner, Vergaberechtliche Aspekte von Einspar-Contracting-Modellen, Energieverwertungsagentur (E.V.A., the Austrian Energy Agency), ISBN 3-90138-162-7
Siehe auch: Dienstleistung, Heizung, Blockheizkraftwerk, Energielieferung, Fernwärme, Kohle
Weblinks
- GETEC AG
- Verband für Wärmelieferung e.V.
- rhein-ruhr ENERGIE GmbH
- Deutsche Energie Agentur:Artikel zum Thema "Contracting"
- EGC Energie- und Gebäudetechnik Control GmbH