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Mennoniten

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Mennoniten, auch Altevangelisch Taufgesinnte und Alttäufer genannt, sind eine reformierte christliche Konfession in der Tradition der Täufer. Der Name leitet sich vom friesischen Gründer Menno Simons ab. Anfangs war "Mennoniten" ein Schimpfwort, später wurde der Name von der Gruppe übernommen.

Verbreitung

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Mennonitenkirche in Norden (Ostfriesland).

Weltweit gibt es etwa 1,3 Millionen Mennoniten (Mennonitische Weltkonferenz 2003) in über 60 Ländern: Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada (42%); Afrika (28%), Asien und Australien (16%); Karibik, Mittel- und Südamerika (9%) und Europa (5%).

Paraguay und Argentinien sind zwei Länder, in denen Mennoniten siedeln. Im zentralen Chaco entstanden drei Kolonien, sie gehören heute zum paraguayischen Departamento Boquerón. Zuerst gründeten deutschsprachige mennonitische Einwanderer aus Mexiko die Kolonie Menno mit dem Zentrum Loma Plata. Es folgte die Gründung der Kolonie Fernheim mit dem Zentrum Filadelfia (ursprünglich Philadelphia, = 'Bruderliebe') durch Mennoniten, die unter Stalin aus Russland geflohen waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand dann die Kolonie Neuland mit dem zentralen Ort Neu Halbstadt.

Die Kolonien wurden seit ihrer Gründung durch die Bundesrepublik Deutschland gefördert. Auch heute noch sind dort mehrere vom Bundesverwaltungsamt in Köln dorthin vermittelte und entsandte Lehrer tätig. Auch die GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) ist im Chaco aktiv.

Mennoniten im deutschsprachigen Raum

Deutschland

In Deutschland leben etwa 40.000 Mennoniten in ungefähr 200 Gemeinden. Neben den ältesten Zusammenschluss, die Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland, traten durch die Zuwanderung zahlreicher Mennoniten aus der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten zahlreiche weitere Verbände. Heute bilden die Gemeinden der Zuwanderer die Mehrheit der deutschen Mennoniten. Einen Überblick über die Situation gibt die folgende Tabelle (Quellen: [1] und [2], Stand 2003):

Verband Anzahl der Gemeinden Mitgliederzahl
AGAPE-Gemeindewerk Mennonitische Heimatmission e.V. (AGW-MHM) 6 200
Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Brüdergemeinden in Deutschland e.V. (AMBD) 15 1.500
Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland K.d.ö.R. (AMG) 57 6.000
Arbeitsgemeinschaft zur geistlichen Unterstützung in Mennonitischen Gemeinden (AGUM) 23 5.400
Bund der Europäisch-Mennonitischen Brüdergemeinden 13 5.600
Bund Taufgesinnter Gemeinden e.V. (BTG) 12 3.400
Unabhängige Mennonitenbrüdergemeinden - kein Verband 45 13.300
Unabhängige Mennonitenkirchengemeinden - kein Verband 5 1.700
Missionsgemeinde Bad Pyrmont 1 50
Verband der Evangelischen Freikirchen Mennonitischer Brüdergemeinden in Bayern e.V. (VMBB) 7 250
WEBB-Gemeinden (Arbeitsgemeinschaft der Gemeinden in Wolfsburg,
Espelkamp, Bechterdissen, Bielefeld)
4 1.600

Die Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden (AMG) in Deutschland gliedert sich in drei Regionalverbände:

  • Vereinigung der Deutschen Mennonitengemeinden K.d.ö.R. (VDM) (Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin-Brandenburg)
  • Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Mennonitengemeinden K.d.ö.R. (ASM) (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland)
  • Verband deutscher Mennonitengemeinden K.d.ö.R. (VdM) (Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz)

Die meisten Gemeinden der AMG liegen in Baden und der Pfalz (vergleiche [3]), wo zahlreiche Nachfahren der „Schweizer Brüder“ leben.

Die AMG sieht sich als Teil der Ökumene und ist deshalb Mitglied in der Vereinigung Evangelischer Freikirchen, in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland und im Ökumenischen Rat der Kirchen.

Luxemburg

In Luxemburg gibt es zwei Mennonitengemeinden mit etwa 110 Mitgliedern, die in der Association Mennonite Luxembourgeoise zusammengeschlossen sind.

Österreich

Die Mennonitische Freikirche Österreich bilden die sechs österreichischen Gemeinden mit ihren etwa 300 Angehörigen.

Schweiz

Die vierzehn Gemeinden der Konferenz der Mennoniten der Schweiz (Alttäufer)mit ihren 2.500 Mitgliedern liegen alle im Nordwesten der Schweiz. In Liestal befindet sich das täuferische Ausbildungs- und Tagungszentrum Bienenberg (vormals Europäische Mennonitische Bibelschule).

Lehre

Die Mennoniten waren und sind bestrebt, den Inhalt der Bibel zu leben und diese als Gebrauchsanweisung für ihr Leben zu sehen. Gute Bibelkenntnis wird von allen Mitgliedern erwartet - in den Anfangszeiten, als Mennoniten oft Analphabeten waren, konnten viele von ihnen große Teile der Bibel auswendig. Mennoniten gehören zu den Friedenskirchen, die sich an Gewaltlosigkeit und Pazifismus orientieren und vielfach in politischen Krisengebieten diakonisch aufgetreten sind. Manche Mennoniten verweigern jeden Wehrdienst und sogar die Steuern, die für Militärausgaben bestimmt sind, andere leisten Militärdienst.

Ihre Lehre in der Tradition der Täufer beinhaltet:

  • Bekehrung und Wiedergeburt: Um das Heil in Jesus Christus anzunehmen, muss ein Mensch sich bekehren. Die Bekehrung ist die bewusste Abkehr vom Leben unter der Macht der Finsternis und der Sünde und die Hinkehr zu Gott und zum Leben unter seiner Leitung durch Jesus Christus und durch die Wirkung des Heiligen Geistes. Nicht das Bekehrungserlebnis, sondern das Bekehrt-sein ist entscheidend.
  • Die Glaubenstaufe wird an Erwachsenen vollzogen. Sie kann durch Untertauchen oder Besprengung praktiziert werden. Immer ist sie ein öffentliches Bekenntnis der Bekehrung und der Wiedergeburt Gott und den Menschen gegenüber. Durch die Taufe wird die Bekehrung besiegelt. Sie gehört zur Rettung, weil Jesus sagt: "Wer da glaubt und getauft wird, wird gerettet werden." (Markus (Evangelium) 16,16.
  • Gemeindedisziplin: Sündenbekenntnis, Lossprechung von den Sünden, Wiederaufnahme von Sündern in der Gemeinde.
  • Das Abendmahl ist ein Gedächtnismahl unter den getauften Gläubigen, das an die Leiden und den Tod Christi erinnern.

Zu den frühesten Glaubensbekenntnissen zählt die am 24. Februar 1527 angenommenen Schleitheimer Artikel. Ihre sieben Artikel umfassen:

die Taufe
die Exkommunikation
das Brotbrechen
die Abtrennung von der Welt
die Pastoren in der Kirche
das Schwert
den Eid.

Gottesdienst und Praxis

Es gibt über zwanzig verschiedene mennonitische Gruppen, die sich bezüglich Lebensweise und religiöser Praxis stark unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen die täuferische Tradition und das Engagement in aktiver Friedensarbeit und diakonischer Tätigkeit.

Einige mennonitische Gruppen, zum Beispiel in Kanada, den USA oder Russland, leben in einer ausgeprägten Distanz zum normalen Alltagsleben. Ein bekanntes Beispiel sind die Amischen, die weitestgehend auf den Einsatz moderner Technik verzichten und sich sonntags in ihren Privathäusern treffen, statt in Kirchen. In einigen Fällen haben sich mennonitische Gruppen auch ihren ursprünglichen niederdeutschen Dialekt erhalten, wie zum Beispiel das Plautdietsch. Die Mennoniten "an sich" gibt es allerdings nicht. Ursprünglich in die Wildnis von Paraguay ausgesiedelte Gemeinden beispielsweise sind heute modern und weltoffen.

Als Wehr- und Gewaltlose haben sie sich jahrhundertelang geweigert, am Wehrdienst teilzunehmen.

Mennoniten bemühen sich "im Namen Christi" wohltätig zu sein und gründeten Hilfsorganisation wie den Mennonitischen Katastrophendienst (MDS, Mennonite Desaster Service) und das Mennonitische Hilfswerk (MCC, Mennonite Central Committee) um Hilfsbedürftigen, Fremde wie Mitgläubige, zu unterstützen.

Organisation

Die einzelnen Gemeinden sind unabhängig (kongregationalistisch) und werden als Abbild der neutestamentlichen Gemeinde verstanden. Die Gemeindeleitung liegt in der Regel in den Händen von Ältesten, Predigern und Diakonen. 1990 wurde die Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden (AMG) in Deutschland mit Sitz in Enkenbach-Alsenborn gegründet. Alle bedeutenderen Mennonitenkirchen (164 Kirchen) sind Mitglieder der Mennonitischen Weltkonferenz.

Geschichte

Die Wiedertäufer, einfach Täufer genannt, nahmen ihren Anfang 1525 in Zürich/Schweiz, gleichwohl sie in mehreren Gegenden zu finden waren. Die damalige Kirche hat vielfach versucht, die Täufer zu verdrängen, vor allem weil sie die Kindertaufe ablehnten. Täufer glaubten, dass die wahre christliche Gemeinde nur aus denen bestehen dürfe, die sich freiwillig haben taufen lassen. Das konnte der Staat und die Kirche nicht dulden.

Während des 16. Jahrhunderts drohte den Mennoniten und anderen Täufer so in ganz Europa Verfolgung, Folter und Märtyrertod. Bis zum 17. Jahrhundert vereinigten sich einige von ihnen mit der niederländischen Staatskirche und veranlassten den Staat zur Einstellung der Verfolgungen.

Die Mennoniten außerhalb der Staatskirche sollten sich dafür entscheiden, die Gemeinschaft mit ihren Brüdern innerhalb der Staatskirche aufrecht zu erhalten. Dies führte zur Spaltung. Diejenigen, die gegen das Verbleiben in der Gemeinde waren, wurden als Amish-People beziehungsweise Amisch bekannt, nach ihrem Gründer Jakob Ammann. Die in der Gemeinschaft blieben, behielten die Bezeichnung Mennoniten. Im Lauf der Jahre haben andere Widersprüche zu weiteren Spaltungen geführt; es gab theologische, praktische und auch geographische Gründe. Als zum Beispiel Anfang des 20. Jahrhunderts einige in der Amisch-Gemeinde mit der Einführung der Sonntagsschule und der Evangelisation in ihrer Gemeinde scheiterten, trennten sie sich ab und bildeten die konservative Mennonitenkirche.

Seit dem 16. Jahrhundert lebten auch in Westpreußen viele Mennoniten. Damals wurden die mennonitischen Flüchtlinge aus den Niederlanden aufgenommen, um die Sumpfgebiete des Weichsel-Nogat-Deltas zu kultivieren. Sie haben dort Deiche und Kanäle gebaut und konnten auf diese Weise das Land für eine erfolgreiche Viehzucht nutzen. Da sie den dortigen Städten und den Großgrundbesitzern wirtschaftliche Vorteile brachten, wurde ihre Religion geduldet. Als Westpreußen im Zuge der polnischen Teilungen 1772 unter die preußische Herrschaft kam, hat sich die Situation für die Mennoniten stark verändert. Damals lebten in Westpreußen 12.182 Mennoniten. Die Mennoniten standen mit ihrer Ablehnung des Wehrdienstes dem Wunsch der preußischer König nach einer Vergrößerung ihrer Armee entgegen. Sie wurden zwar vom Wehrdienst befreit, aber ihre weitere Ausbreitung wurde verhindert.

So sind dann viele Mennoniten aus Westpreußen nach Südrussland ausgewandert, weil sie dort bessere Möglichkeiten für ihre wirtschaftliche, religiöse und soziale Entwicklung sahen. 1789 wurden in Chortitza und 1804 in Molotschna mennonitische Siedlungen gegründet. Beide Orte liegen heute in der südlichen Ukraine. Diese Ansiedlungen haben sich wirtschaftlich gut entwickelt und ihre Bevölkerung ist stark angewachsen. Überall in Russland wurden Tochterkolonien gegründet, unter anderem Jazykowo, Fürstenland, Sagradowka, Barnaul und Neu Samara.

Etwa ein Drittel der damaligen mennonitischer Bevölkerung ist 1874 nach der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Russland nach Kanada, dort vor allem nach Manitoba (Westreserve und Ostreserve) und USA emigriert. Weitere 23.000 sind in den 1920ern ausgewandert.

Während der kommunistischen Herrschaft in Russland wurde die Religionsausübung verfolgt. Viele Mennoniten haben ihren Glauben aber bewahrt und sind nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nach Deutschland gekommen. Heute leben in Deutschland mehr als 200.000 Menschen russlanddeutscher mennonitischer Herkunft. Die Anzahl der von Russlanddeutschen gegründeten mennonitischen Gemeinden übersteigt die der Alteingesessenen bei weitem.

Ökumene

Die meisten Mennoniten sehen sich mit allen Christen verbunden, die Jesus als Herrn bekennen und nach seiner Lehre leben wollen und halten ihre Kirchen für sie offen. Diese sind Mitglied der Vereinigung Evangelischer Freikirchen in Deutschland und in der Schweiz sowie in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland. Ein Großteil der mennonitischen Kirchen sind Mitglieder im Ökumenischen Rat der Kirchen. Von einigen Mennoniten jedoch, insbesondere auch Teilen der Russlanddeutschen, wird jede Kooperation mit Andersgläubigen konsequent abgelehnt. Sie sehen darin eine Verwässerung ihrer Glaubensgrundsätze. Diese machen jedoch inzwischen eine Minderheit aus.

Siehe auch