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Hausrotschwanz

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Hausrotschwanz

Hausrotschwanz (Jungvogel)

Systematik
Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung: Singvögel (Passeri)
Familie: Fliegenschnäpper (Muscicapidae)
Unterfamilie: Schmätzer (Saxicolinae)
Gattung: Rotschwänze (Phoenicurus)
Art: Hausrotschwanz
Wissenschaftlicher Name
Phoenicurus ochruros
(S. G. Gmelin, 1774)

Der Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros) ist eine Vogelart aus der Gattung der Rotschwänze. Diese Gattung wird je nach Autor in die Familie der Fliegenschnäpper (Muscicapidae) bzw. die nah verwandte Familie der Drosseln (Turdidae) eingeordnet.

Aussehen und Merkmale

Der Hausrotschwanz ist mit einer Körperlänge von 14 bis 15 Zentimetern geringfügig kleiner und vor allem schlanker als der Haussperling. Das namensgebende Kennzeichen des Hausrotschwanzes sind die rostorange gefärbten Oberschwanzdecken und Schwanzfedern, wobei das mittlere Steuerfederpaar dunkelbraun ist. Dieses Merkmal ist in allen Kleidern beim Männchen und Weibchen vorhanden. Der Hausrotschwanz ist auffallend langbeinig, die Sitzhaltung ist aufrecht. Charakteristisch für die Art sind auch das häufige Knicksen und Schwanzzittern. Das Gewicht liegt zwischen 14 und 20 Gramm, im Mittel bei 16,2 Gramm.[1] Die Flügellänge reicht von 80  bis 94 Millimetern, die Spannweite beträgt ungefähr 35 Zentimeter.[2]

Federkleid und Mauser

Der Hausrotschwanz ist geschlechsdimorph. Die Oberseite adulter Männchen ist zur Brutzeit dunkel schiefergrau. Die Stirn ist schwarz, manchmal mit einem weißen Stirnfleck. Zügel, Wangen und die Unterseite von Kinn bis Bauch sind schwarz, die Unterseite ist heller und grauer. Die dunkel braungrauen Hand- und Armschwingen haben einen weißen Saum, der bei den mittleren Armschwingen besonders deutlich ist und einen weißen Flügelspiegel bildet. Dieser kann allerdings im Sommer kaum mehr erkennbar sein. Im Herbst und Winter wirken die Männchen durch graue Federsäume insgesamt etwas heller.[3]

Weibchen sind deutlich unscheinbarer gefärbt als Männchen. Bürzel und Oberschwanzdecken erscheinen gegenüber dem Männchen weniger leuchtend und eher rotbraun als rostorange. Oberseits sind die Weibchen einheitlich graubraun gezeichnet, nur Mittel- und Unterbauch sind verwaschen grauweiß und damit heller.[3][2]

Jungvögel sehen wie Weibchen aus, die Unterseite ist jedoch scheckiger und stärker gewölkt. Nach der Jugendmauser, bei der nur ein Teil des Gefieders gewechselt wird, sind die jungen Weibchen im Feld nicht mehr von Altvögeln zu unterscheiden. Auch ein Großteil der Männchen sieht im ersten Lebensjahr noch immer wie Weibchen aus, denn der Hausrotschwanz weist eine verzögerte Gefiederreifung (engl. delayed plumage maturation) auf. Dieses Phänomen ist bei Singvogelarten mit sexuell unterschiedlicher Färbung nicht ungewöhnlich und tritt beispielsweise in Nordamerika bei etwa einem Drittel dieser Arten auf.[4] Eine Besonderheit beim Hausrotschwanz ist allerdings, dass nicht alle der einjährigen Männchen diese verzögerte Gefiederreifung mit dem auch als cairei-Morphe bezeichnen „Hemmungskleid“ zeigen. Die anderen einjährigen Männchen, etwa 15 Prozent, zeigen das „Fortschrittskleid“ – die paradoxus-Morphe. Sie ähneln damit schon stark adulten Männchen, ihnen fehlen aber die weißen Flügelspiegel und die dunklen, schwärzlichen Flügelfedern der Mehrjährigen.[2]

Die Jahresmauser ist eine Vollmauser in der für Singvögel üblichen Abfolge und findet in Mitteleuropa zwischen Mitte Juli und Mitte Oktober statt. Die Dauer der Handschwingenmauser beträgt 50 Tage und liegt im für Kurzstreckenzieher normalen Bereich.[5]

Simme

Der Reviergesang besteht im Regelfall aus einer klar in drei Abschnitte gegliederten Strophe, die 2,5 bis etwa 4 Sekunden dauern kann. Der Anfangsabschnitt klingt etwas mühsam und gepresst und lässt sich ungefähr mit „jirr tititi“ wiedergeben, wobei die Lautstärke gegen Ende hin zunimmt. Nach einer Pause von ungefähr einer Sekunde folgt der charakteristische kratzende, geräuschartige Mittelteil, der in den wieder deutlich modulierten Schlussteil übergeht – etwa wie „krchrch-tütititi“.[6] Diese Strophe kann mehrfach aneinander gereicht werden. Der Schlussteil und auch der Mittelteil werden gelegentlich weggelassen, die Tendenz zu unvollständigen Strophen nimmt gegen Ende der Saison zu. Variationen treten vor allem im Schlussteil auf, wobei es geografische sowie intra- und interindividuelle Unterschiede gibt. Bei den zentralasiatischen Rassen ist der Gesang deutlich einförmiger, weil bei diesen der Anfangs- und Schlussteil aus identischen Elementen besteht. Wie bei Versuchen mit Klangattrappen gezeigt werden konnte, wird diese Form des Gesangs auch von den europäischen Artgenossen noch erkannt, was auf den einheitlichen Aufbau des Anfangsteils zurückzuführen ist.[7]

Die am häufigsten zu hörenden Rufe sind zwei Kontakt-, Alarm- oder Erregungsrufe, die auch kombiniert verwendet werden. Dies ist zum einen ein kurzes, nach oben gezogenes „huid“, „fit“ oder „sit“, zum anderen ein schnalzendes, aggressiv klingendes „tk-tk“ oder „tuc-tuc“. Besonders letzterer Ruf wird bei Annäherung von Bodenfeinden schnell gereiht vorgetragen.[6]

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Unterscheidung von Haus- und Gartenrotschwanz

In Europa brütet neben dem Hausrotschwanz der nahe verwandte Gartenrotschwanz. Adulte Männchen des Gartenrotschwanzes sind zur Brutzeit an der weißen Stirn, der schwarzen Gesichtsmaske und der rostorangen statt braungrauen Unterseite leicht zu unterscheiden. Schwieriger ist die Unterscheidung der Weibchen, die Gartenrotschwänze unterscheiden sich von schlicht gefärbten weiblichen Hausrotschwänzen durch die helle, meist weißlich-isabellfarbene Kehle und die deutlich hellere rostorange bis isabellbraune Unterseite.[8]

Verbreitung, Wanderungen und Lebensraum

Verbreitung

Der Hausrotschwanz hat als einzige Rotschwanzart ein Verbreitungsgebiet, das von den zentralasiatischen Gebirgsregionen westwärts bis in die Bergregionen des Mittelmeerraums und Europas sowie in die gemäßigten Tieflandregionen Nordost-, Mittel- und Westeuropas reicht.

Die Ostgrenze der Verbreitungsgebiets liegt etwa bei 111° östlicher Länge in China. Die Vorkommen im Nordosten, in der Mongolei und im Süden Russlands, sind durch nördlichen zentralasiatischen Gebirgszüge geprägt und dürften bis in die Quellregion des Jenissei bei 52° nördlicher Breite reichen. Auch weiter in westlicher Richtung wird die Nordgrenze des Brutareals von Gebirgsausläufern und den Vorbergen Mittelasiens geprägt und verläuft vom Altai-Gebirge bis zum Hindukusch grob in südwestlicher Richtung. Im Süden verläuft die Verbreitungsgrenze über die Südabdachung des Himalayas zum Hindukusch. Die Tiefländer, Steppen und Halbwüsten Turkmeniens und Usbekistans unterbrechen das Brutgebiet des Hausrotschwanzes, erst im Kopet-Dag- und Elburs-Gebirge und dem Kaukasus tritt die Art wieder auf, isolierte inselartige Vorkommen existieren auch im Südiran.[9]

Im Mittelmeerraum ist der Hausrotschwanz ebenfalls überwiegend auf die Gebirgslagen beschränkt. Im Südwesten reicht das Brutgebiet bis zum Hohen Atlas, im östlichen Mittelmeerraum bis ins Libanongebirge. Erst seit Mitte des 18. Jahrhunderts hat sich die Art in den Mittelgebirgsregionen und auch im Tiefland in Europa nach Norden hin ausgebreitet, während die Karpaten, die Alpen, das Zentralmassiv und die Pyrenäen wohl seit längerem besiedelt sind. Seit dieser Zeit hat der Hausrotschwanz ein Gebiet von schätzungsweise 1,6 Millionen Quadratkilometern neu erobert. Die Nordgrenze der Verbreitung reicht in Europa nun bis 65° nördlicher Breite, die Art brütet beispielsweise in Südengland, Südschweden, Lettland und seit 1966 auch im Südwesten Finnlands. Die Eroberung von Tieflandregionen hält in Europa auch in den letzten Jahren noch an, Burtnachweise gibt es beispielsweise vereinzelt in den Küstengebieten Mittelfinnlands und im Wolgatiefland bei Kasan. Die Besiedlungsdichte ist allerdings in den Gebirgslagen deutlich höher als im Tiefland.[10]

Wanderungen

Die Hausrotschwänze der Westpaläarktis sind spät wandernde Kurz- bis Mittelstreckenzieher und überwintern überwiegend im Mittelmeerraum bis an den Nordrand der Sahara und bis zur Sinai-Halbinsel. Die nördliche Grenze des regelmäßigen Überwinterungsgebiets entspricht grob der 7,5–10° C Januarisotherme.[11]

Die Populationen der Südwestpaläarktis sind überwiegend Standvögel, können aber auch über relativ kurze Strecken aus den Bergregionen in die nahegelegenen Tiefländer abwandern. Stärker von den Brutgebieten getrennt sind die Überwinterungsareale der Hausrotschwänze Zentralsasiens und des Westhimalayas. Diese überwintern von den Tiefgebenen Nordwestindiens und Pakistans über den Südiran, die arabische Halbinsel bis ins Hochland von Äthiopien und Somalia. Das Winterquartier der Populationen des östlichen Himalayas, Tibets und Westchinas reich von Nordburma bis Südindien.[11]

Der Wegzug der mitteleuropäischen Hausrotschwänze beginnt im letzten Septemberdrittel, das Zugmaximum tritt Anfang bis Mitte Oktober auf, und der Zug klingt im November langsam aus. Vereinzelt werden mitteleuropäische Hausrotschwänze auch im Winter im Brutgebiet beobachtet, die Zahl der Beobachtungen scheint bislang aber unbedeutend, es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die milden Winter der letzten Jahre eine schrittweise Änderung des Wanderverhaltens zur Folge haben könnten.[12]

Der Heimzug nach Mitteleuropa beginnt schon ab Januar, die ersten Vögel treffen Ende Februar in den Brutgebieten ein. Mitte März ist der Heimzug am lebhaftesten, in Ost- und Nordeuropa treffen die letzten Heimkehrer erst Anfang Juni ein. Nicht selten schießt ein Teil der Vögel über das Ziel hinaus. Insbesondere Jungvögel wurden regelmäßig in Schottland oder sogar bis 69° nördlicher Breite in Norwegen beobachtet. Solche Zugwegprolongationen dürften ein wesentlicher Faktor bei der Arealausweitung des Hausrotschwanzes in den letzten Jahren gewesen sein.[12]

Lebensraum

Lebensraum des Hausrotschwanzes in der alpinen Stufe am Fuße der Watzespitze in den Ötztaler Alpen

Als einzige Vogelart der Westpaläarktis besiedelt der Hausrotschwanz alle Höhenstufen von Meereshöhe bis in die alpine, sporadisch sogar bis in die untere nivale Höhenstufe. Schon die Primärhabitate der Art umfassen eine breite Palette trockener bis feuchter Berg- und Felsregionen, zudem besiedelt der Hausrotschwanz inzwischen eine Vielzahl vom Menschen geschaffener Lebensräume.[13]

Allen Primärhabitaten gemeinsam ist der offene, weitgehend übersichtliche Charakter sowie das Fehlen höherer, dichter Vegetation. Diese Lebensräume weisen zumindest einzelne Felsen oder Blöcke auf, die als Brutplätze oder Warten wichtig sind. Die klimatischen, orografischen und topogrfgischen Rahmenbedingungen der Primärhabitate unterscheiden sich erheblich. Beispiele sind sanfte, spärlich bewachsene, mit Geröll bedeckte Berghänge und Kuppen in der Mongolei, steile Schluchten und Hänge mit angrenzenden Hochgebirgs-Halbwüsten in den Trockentälern des inneren Himalaya oder auch felsige Hochmatten und Blockhalden an Gletscherrändern in den Hochgebirgen Europas und Asiens.[14] Brutnachweise gibt es in den Alpen bis 3200 m am Gornergrat[15] und im Himalaya bis etwa 5700 m.[16]

Das Spektrum der vom Hausrotschwanz besiedelten Sekundärhabitate ist außerordentlich breit, der Zusammenhang zu den Primärhabitaten ist zwar nicht in allen Fällen offensichtlich, bei näherer Betrachtung aber erkennbar. Ein Schlüsselfaktor dieser Lebensräume ist die Existenz zumindest einzelner übersichtlicher, kurzrasiger oder vegetationsarmer Bereiche, die bevorzugt bejagt werden können. Bei der Wahl der Neststandorte ist der Hausrotschwanz ausgesprochen flexibel und störungsunempfindlich. Es gibt Sekundärhabitate inner- und außerhalb menschlicher Siedlungen. Beispiele sind Kiesgruben, Steinbrüche, von Stützmauern durchzogene Weinberge und praktisch alle Typen von Wohn-, Gewerbe- und Industrieanlagen. In Europa dürften Siedlungen mittlerweile 90 Prozent des Gesamtbestands beherbergen.[17]

Offene, übersichtliche Habitate werden auch nach der Brutzeit und während des Zuges als Rastplätze bevorzugt. Siedlungsvögel nutzen im Spätsommer ebenso umliegendes Kulturland, insbesondere Ackerbrachen und abgeerntete Maisfelder. Besonders beliebte Rastplätze während des Zuges sind Flussufer, vor allem bei Schlechtwetter. Ried- und Schilfgebiete hingegen werden trotz ihres Nahrungsreichtums und des offen bis halboffenen Charakters gemieden.[18]

Nahrung und Nahrungserwerb

Die Nahrung des Hautrotschwanzes besteht vor allem aus wirbellosen Kleintieren, aber auch pflanzliche Nahrung spielt eine gewisse Rolle, insbesondere Beeren. Das Beutespektrum ist vielfältig, es umfasst mehr als 50 Insektenfamilien, verschiedene Spinnentiere – vor allem Webspinnen und Weberknechte – sowie verschiedene Arten weiterer vor allem bodenbewohnender Gliederfüßler und Schnecken. Die Größe der Beutetiere liegt hauptsächlich zwischen 2 und 8 Millimetern. Daneben erbeutet der Hausrotschwanz gelegentlich auch Schmetterlingsraupen und Regenwürmer, die bis zu 7 Zentimter lang sein können. Derartig große Beutetiere werden vor Verzehr oder Verfütterung gequetscht oder zerstückelt.[19]

Der Verdauungstrakt des Hausrotschwanzes zeigt Anpassungen an tierische Nahrung. Ob die Beeren eine besondere phyiologische Bedeutung haben oder ein entsprechendes Angebot nur opportunistisch ausgenutzt wird, ist umstritten.[19]

Der Hausrotschwanz ist hauptsächlich ein Wartenjäger. Typisch ist dabei das Lauern auf am Boden befindliche Beutetiere von erhöhten Position, beispielsweise auf Steinen, Felsen, Pfosten oder Dächern, seltener Sträuchern oder Bäumen. Am häufigsten wird die Beute mit geradlinigen Sturzflügen erreicht, Richtungswechsel des fixierten Objekts kann der Hausrotschwanz kompensieren. Die Entfernung zur Beute liegt meist zwischen 2 und 3 Metern, kann aber auch über 10 Meter betragen. Regelmäßig werden auch Fluginsekten erbeutet, der Luftraum ist aber von sekundärer Bedeutung. Auch den Rüttelflug setzt der Hausrotschwanz zum Nahrungserwerb ein und kann auch auf diese Weise Beutetiere an Felsen oder Gehölzen ablesen oder Beeren von Sträuchern pflücken.[20]

Alternativ zur Wartenjagd sucht der Hausrotschwanz auf vielfältige Weise direkt am Boden nach Nahrung. Hierfür ist er mit seinen langen Läufen und gleichlangen Innen- und Außenzehen gut angepasst. Meist bewegt er sich dabei hüpfend, seltener laufend fort.[20] Zusammenfassend zeigt der Hausrotschwanz beim Nahrungserwerb eine hohe Flexibilität und vielfach opportunistisches Verhalten bei kurzfristig verfügbarer Nahrung – beispielsweise wird die gute Sichtbarkeit von Insekten nach Neuschneefall im Gebirge ausgenutzt.[19]

Verhalten

Aktivität und Komfortverhalten

In Mitteleuropa beginnen Hausrotschwänze von März bis Juni etwa eine, mitunter auch zwei Stunden vor Sonnenaufgang mit dem Gesang. Damit gehören sie mit den Amseln zu den frühesten morgendlichen Sängern, in den Alpen kann nur der Gesang des Steinschmätzers noch früher einsetzen.[21] Besonders zu Beginn der Brutperiode kann der Hausrotschwanz mit kleinen Pausen bis in die späte Abenddämmerung ununterbrochen singen. Dabei gibt er bei gutem Wetter durchschnittlich mehr als 5000 Strophen von sich, die reine Gesangszeit liegt über sechs Stunden.[22] Gelegentlich ist der Gesang auch nachts zu hören. Auch gibt es Berichte über Hausrotschwänze, die nachts an einer Straßenlaterne schwärmende Insekten fangen und verfüttern.[21]

Besonders während der Mauser sieht man die Vögel beim Sonnenbaden, seltener sind Wasserbäder und nur ausnahmsweise sind Staubbäder zu beobachten.[23]

Territorialität und antagonistisches Verhalten

Der Zeitraum der Reviergründung durch die Hausrotschwanz-Männchen erstreckt sich in Mitteleuropa über einen Zeitraum von bis zu 6 Wochen nach Ankunft im Brutgebiet. Wie bei anderen Singvogelarten kommen die jungen Männchen später im Brutgebiet an und haben damit bei der Revierauswahl bereits einen Nachteil. Das Angebot an auffälligen Singwarten dürfte bei der Wahl des Reviers ein mindestens ebenso wichtiges Kriterium darstellen wie das Nistplatzangebot. Der Hausrotschwanz ist unter den Singvogelarten bei der Auswahl der Singwarten am selektivsten und bevorzugt die exponiertesten Plätze, typisch sind im Primärhabitat die höchsten verfügbaren Felsen oder im Sekundärhabitat die Giebelspitzen. Baumkronen werden auch genutzt, wenn auch äußerst selten. Diese Präferenz äußerst auffälliger, hoher Warten ist für einen vorwiegend am Boden nach Nahrung suchenden Vogel ungewöhnlich.[22] Für die Reviergröße in Sekundärhabitaten liegen die Angaben in der Literatur zwischen 0,35 und 7 Hektar. In einigermaßen geeigneten Lebensräumen dürften die Reviere aber kaum größer als 2 Hektar sein, die mittlere Größe liegt deutlich darunter. Für die Primärhabitate fehlen verlässliche Angaben, es ist jedoch davon auszugehen, dass die Reviere oft weit auseinander liegen und es weniger feste Reviergrenzen gibt.[24]

Auf Konkurrenten im Randbereich der Reviere und auf Eindringlinge reagieren revierhaltende Hausrotschwänze deutlich und unmittelbar. Das Spektrum der Reaktionen reicht von Gesangsduellen über vorsichtige, schleichende Annäherung mit Drohgebärden bis zu aggressiven, überfallartigen Attacken. Gegenüber artfremden Mitbenutzern des Reviers hingegen zeigen sich Hausrotschwänze wenig aggressiv, selbst der verwandte Gartenrotschwanz wird meist geduldet. Vom größeren Steinschmätzer wird der Hausrotschwanz viel häufiger attackiert als umgekehrt.[22]

Wie Weibchen gefärbte einjährige Hausrotschwanz-Männchen („Hemmungskleid“), die in ein Revier eines älteren Männchens eindringen, scheinen von den Revierinhabern genauso heftig attackiert zu werden, wie Eindringlinge im Adultkleid.[22] Dies steht im Widerspruch zur „female mimicry“-Hypothese. Dieses von Sievert Rohwer und seinen Mitarbeitern 1980 veröffentlichte Erklärungsmodell über den adaptiven Wert schlichter Jugendkleider unterstellt, dass wie Weibchen gefärbte geschlechtsreife junge Männchen die überlegenen Älteren über ihren Status täuschen können und dadurch im Vorteil sind.[25] Gegen diese These spricht auch, dass einjährige Männchen im „Hemmungskleid“ minderwertigere Reviere halten als die gleichaltrigen Männchen im „Fortschrittskleid“ und – vermutlich als Folge davon – auch seltener verpaart sind.[24]

Brutpflege

Collage der Brutpflege (Einzelbilder hier)
Datei:Hausrotschwanz Brutpflege 2006-05-24 211 ArM2.jpg
Brutpflege des Hausrotschwanzes

Ihre Nester bauen sie in Felsspalten oder an Häusern, zum Beispiel in Nischen und auf Vorsprüngen. An zusagenden Stellen werden auch Nisthilfen, sowohl die durch Nesträuber gefährdeten, nach vorne zur Hälfte offenen Halbhöhlen als auch die relativ sicheren Nischenbrüter-Nistkästen mit zwei ovalen Einfluglöchern (32 x 50 mm), angenommen. Das Weibchen baut das relativ unordentliche Nest und brütet vier bis sechs hellblaue bis weiße Eier aus. Die Brutdauer beträgt 12 bis 16 Tage, die Nestlinge werden von den Eltern 12 bis 19 Tage gefüttert. Oft schaffen die Rotschwänze zwei Bruten im Jahr, manchmal sogar drei. Ein Gelege besteht aus 4 bis 6 Eiern.

Systematik

Verwandtschaftsbeziehungen der Rotschwänze

Die Rotschwänze wurden mit der Unterfamilie der Schmätzer traditionell der Familie der Drosseln (Turdidae) zugerechnet. Sowohl die Befunde der DNA-Hybridisierung als auch jüngere Ergebnisse der Sequenzierung des mitochondrialen Cytochrome-b-Gens legen allerdings nahe, dass die Schmätzer und damit auch die Rotschwänze näher mit den Fliegenschnäppern (Muscicapidae) als mit den Drosseln (Turdidae) verwandt sind.[26]

Innerhalb der Rotschwänze dürfte der tibetische Feldrotschwanz die nächsten Verwandte des Hausrotschwanzes sein. Diese Art stimmt mit dem Hausrotschwanz nicht nur im Färbungsmuster weitgehend überein – zumindest mit dessen „ursprünglicheren“ östlichen Rassen. Der Feldrotschwanz hat zudem, als einzige weitere Rotschwanzart, wie der Hausrotschwanz eine verzögerte Gefiederreifung.[1]

Laut im Jahr 2006 durchgeführten molekulargenetischen Untersuchungen ist der Gartenrotschwanz mit dem Hausrotschwanz nicht näher verwandt, obwohl es in der Kontaktzone der beider Arten nicht selten zu fertilen Hybriden kommt.[27] Es wird vermutet, dass Haus- und Gartenrotschwanz erst durch die neuzeitliche Arealausweitung des Hausrotschwanzes wieder in Kontakt kamen und es so trotz fehlender reproduktiver Isolation hier zur Artaufspaltung kommen konnte.[1]

Unterarten

Die insgesamt 5 bis 7 anerkannten Unterarten unterscheiden sich hauptsächlich in der Gefiederfärbung der adulten Männchen. Entsprechend morphologischen und molekulargenetischen Befunden werden diese Unterarten in drei Unterartgruppen eingeteilt. [28][27][2]

gibraltariensis-Gruppe

Die westlichen Rassen weisen eine graue bis hellgraue Bachfärbung und einen deutlichen Flügelspiegel auf. Die Aufspaltung dieser Gruppe in die zwei Unterarten erfolgte vermutlich während der letzten Eiszeit.

  • Phoenicurus ochruros gibraltariensis (J. F. Gmelin, 1789): Diese Unterart besiedelt Europa und Nordwest-Afrika. Das Aussehen entspricht obiger Beschreibung.
  • Phoenicurus ochruros aterrimus (von Jordans, 1923): Die Populationen in Portugal sowie in Zentral- und Südspanien zeigen vor allem an Nacken und Rücken eine intensivere Schwarzfärbung. Die Abgrenzung von P. o. gibraltariensis als eigene Unterart ist allerdings umstritten.
ochruros-Gruppe

Das Aussehen der Populationen in Kleinasien und dem Nahen Osten wandelt sich fließend von Westen, wo die Männchen oberseitig mehr rußschwarz sind und den gibraltariensis-Formen ähneln, nach Osten, wo die Vögel oberseitig eher aschgrau und unterseitig zunehmend rotbraun sind und bereits Ähnlichkeiten mit den ostasiatischen Formen zeigen.

  • Phoenicurus ochruros ochruros (S. G. Gmelin, 1774): Die phänotypisch sehr variable Nominatform besiedelt Kleinasien, den Kaukasus und den Nordwesen des Iran, die Vertreter dieser Rasse sind kleiner als P. o. gibraltariensis.
  • Phoenicurus ochruros semirufus (Hemprich & Ehrenberg, 1833): Die Männchen dieser Unterart sind unterhalb von Kinn und Brust schwarz und sonst einschließlich der Achselfedern kräftig kastanienbraun sowie oberseits sehr dunkel gefärbt. Diese Rasse besiedelt das Hochland von Syrien, dem Libanon und Israel.
phoenicuroides-Gruppe

Die Rassen des östlichen Verbreitungsgebiets, die als die ursprünglichen Formen der Art angesehen werden, erinnern mit ihren rotbraun gefärbten Bäuchen und Achselfedern recht stark an Gartenrotschwänze.

  • Phoenicurus ochruros phoenicuroides (F. Moore, 1854): Diese Populationen besiedeln Zentralasien und den Westen des Himalaya. Die Vertreter sind kleiner und weisen unterschiedliche Färbungen auf, haben aber stets graue Farbtöne auf dem Oberkopf.
  • Phoenicurus ochruros rufiventris (Vieillot, 1818): China, Tibet sowie der zentrale und der östliche Himalaya wird von dieser Unterart besiedelt. Die Vertreter dieser Rasse sind deutlich größer als P. o. phoenicuroides, zudem sind Kopf und Rücken nicht aschgrau sondern gleichmäßig tiefschwarz gefärbt.
  • Phoenicurus ochruros xerophilus (Stegmann, 1928): Die Populationen von Xinjiang und Qinghai unterscheiden sich durch eine blassrötliche Bauchfärbung. Die Abtrennung als eigene Unterart von P. o. rufiventris ist umstritten.

Literatur

  • U. N. Glutz von Blotzheim, K. M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas (HBV). Band 11/I, Schmätzer und Verwandte: Erithacinae, AULA-Verlag, ISBN 3-923527-00-4
  • Armin Landmann: Der Hausrotschwanz. AULA-Verlag, Wiesbaden 1996, ISBN 3-89104-551-4
  • Josep del Hoyo et al.: Handbook of the Birds of the World (HBW), Band 10: Cuckoo-shrikes to thrushes. Lynx Edicions, Barcelona 2005, ISBN 84-87334-72-5
  • Jochen Hölzinger: Die Vögel Baden-Württembergs. Band 3/1, Singvögel/Sperlingsvögel, Eugen Ulmer Verlag; Stuttgart 1999, ISBN 3-8001-3493-4

Einzelnachweise

  1. a b c A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Biogeographie und Evolution der Rotschwänze, Seite 11–18, siehe Literatur
  2. a b c d A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Rassen, Geschlechter, Kleider, Morphen, Seite 22–27, siehe Literatur
  3. a b HBV Band 11/I, P. o. gibraltariensis, Feldkennzeichen, Beschreibung; Seite 304–308, siehe Literatur
  4. Sievert Rohwer et al.: Delayed plumage maturation and the presumed prealternate molt in american redstarts. In: Wilson Bulletin: Band 95, Nr. 2, 1983
  5. HBV Band 11/I, P. o. gibraltariensis, Mauser; Seite 309
  6. a b HBV Band 11/I, P. o. gibraltariensis, Stimme; Seite 310ff
  7. A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Lautäußerungen, Seite 28–32, siehe Literatur
  8. HBV Band 11/I, P. p. phoenicurus, Feldkennzeichen; Seite 344, siehe Literatur
  9. A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Gesamtverbreitung und Rassengliederung, Seite 33ff, siehe Literatur
  10. A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Areale einst und jetzt, Seite 35–39, siehe Literatur
  11. a b A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Überwinterungsareale, Seite 39f, siehe Literatur
  12. a b A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Zug und Überwinterung, Seite 128–132, siehe Literatur
  13. Hölzinger: Die Vögel Baden-Württembergs. Band 3/1, Seite 338–348, siehe Literatur
  14. A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Primärhabitate, Seite 41–44, siehe Literatur
  15. HBV Band 11/I, P. o. gibraltariensis, Verbreitung der Art; Seite 301, siehe Literatur
  16. A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Vom Flachland in die Berge, Seite 51ff, siehe Literatur
  17. A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Sekundärhabitate, Seite 45–51, siehe Literatur
  18. A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Zug-, Rast- und Winterhabitat, Seite 53f, siehe Literatur
  19. a b c A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Zusammensetzung und Auswahl der Nahrung, Seite 62–65, siehe Literatur
  20. a b A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Anpassungen: Ökomorphologie und Lokomotion, Seite 55ff, siehe Literatur
  21. a b HBV Band 11/I, P. o. gibraltariensis, Verhalten; Aktivität; Seite 331f, siehe Literatur
  22. a b c d A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Revierabgrenzung, Seite 69–78, siehe Literatur
  23. HBV Band 11/I, P. o. gibraltariensis, Verhalten; Ruhe, Putzen; Seite 332f, siehe Literatur
  24. a b A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Reviergrößen: Variation in Raum und Zeit, Seite 79–82, siehe Literatur
  25. S. Rohwer, S. D. Fretwell, D. M. Niles: Delayd plumage maturation in passerine plumages and the deceptive acquisition of resources. In: American Naturalist Nr. 115 (1980), Seite 400–437
  26. A. Landmann: Der Hausrotschwanz. Taxonomische Stellung, Seite 10f, siehe Literatur
  27. a b Kemal Topaç Ertan: The evolutionary history of Eurasian redstarts, Phoenicurus. Acta Zoologica Sinica, 52 (Supplement): 310–313, 2006
  28. HBV Band 11/I, P. o. gibraltariensis, Geographische Variation; Seite 301ff, siehe Literatur
Wiktionary: Hausrotschwanz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Hausrotschwanz – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien