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Schachtanlage Asse

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Fördergerüst des Schachts Asse II

Die Schachtanlage Asse ist ein ehemaliges Salzbergwerk in Niedersachsen, das seit 1965 als Forschungsbergwerk betrieben wird und in dem zwischen 1967 und 1978 die Einlagerung radioaktiver Abfälle großtechnisch erprobt wurde.

Das Bergwerk liegt im gleichnamigen Höhenzug Asse 10 km südöstlich von Wolfenbüttel. Nach dem älteren ihrer zwei Tagschächte wird die gesamte Anlage auch Asse II genannt.

Die Anlage wird seit 1965 im Auftrag des Bundes von einer Forschungseinrichtung betrieben, die anfänglich Gesellschaft für Strahlenforschung mbH (GSF) hieß und inzwischen als Helmholtz Zentrum München (HMGU) firmiert. Die Forschungsarbeiten zur Endlagerung radioaktiver Abfälle liefen 1995 aus. Von 1995 bis 2004 wurden verbliebene Hohlräume aus dem ehemaligen Salzabbau verfüllt. 2007 stellte der Betreiber einen Antrag auf endgültige Schließung; als Termin ist derzeit (2008) das Jahr 2017 geplant. Das Schließungskonzept ist politisch umstritten. Die Entscheidung steht unter gewissem Zeitdruck, da die bergmechanische Stabilität des Grubengebäudes nur auf wenige Jahre gesichert scheint.

Nach Presseberichten über kontaminierte Salzlauge warfen Politiker dem Betreiber vor, die Aufsichtsbehörden unzureichend informiert zu haben. Am 4. September 2008 vereinbarten die zuständigen Minister, einen Kabinettsbeschluss herbeiführen zu wollen, nach dem die Asse künftig dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) unterstellt und nicht mehr nach Bergrecht, sondern als ein Endlager nach Atomrecht betrieben wird.[1]

Standort und Betrieb als Salzbergwerk 1906–1964

Die Salze der Asse wurde in der Zechsteinzeit, vor 250 bis 230 Millionen Jahren, aus dem Meer ausgeschieden (Barrentheorie). Die ehemals flach gelagerten Schichten wurden tektonisch vor etwa 110 Millionen Jahren zum heutigen Assesattel aufgefaltet. Während die flacher einfallende Nordflanke aus den Deckgebirgsschichten von unterem Buntsandstein bis zur Tagesoberfläche hochgedrückt worden ist, besteht die steilstehende Südflanke aus Sedimenten des Oberen Buntsandsteins und Muschelkalks und den zeitlich darauffolgenden Deckgebirgsschichten.

In der bergmännischen Geschichte der Asse wurde zunächst das Kali-Salz Carnallit abgebaut, später Staßfurt- und Leine-Steinsalz. Besonders intensiver Abbau wurde in der Südwestflanke, in der die Schichten des Deckgebirges steil stehen, betrieben. Diese Eingriffe haben den Spannungszustand des Salzsattels beeinträchtigt. Umlagerungen führten hier und im Deckgebirge zu Verformungen, welche sich bis hinauf zur Tagesoberfläche durchpausen.

Im Bergwerk Asse I bei Wittmar wurde ab 1899 Kali abgebaut. Ab 1905 kam es zu Laugenzufluss aus einem gegen den Salzton getriebenen Vorbohrloch, der so stark zunahm, dass die Grube 1906 aufgegeben wurde.[2] Zwischen 1906 und 1908 wurde 1,4 Kilometer entfernt[3] wurde 1906–08[4] auf der Flur von Remlingen der Schacht Asse II abgeteuft. Ab 1916 wurde zusätzlich, ab 1925 ausschließlich Steinsalz abgebaut. Der Steinsalzabbau auf Asse II endete 1964.

Asse III bei Klein Vahlberg wurde 1911 angelegt, ging aber wegen eines Einbruchs der Kalinachfrage nie in Produktion und wurde 1924 stillgelegt. Asse IV ist ein zweiter Tagschacht des Bergwerks Asse II.

Einlagerungsphase 1965–1978

Zielsetzung

Als in den 1960er Jahren die ersten deutschen Kernkraftwerke geplant wurden, war klar, dass man nach einer Abklingzeit von einigen Jahrzehnten ein Endlager für hochradioaktive Abfälle brauchen würde. Aufgrund der geologischen Voraussetzungen in Deutschland galt die Einlagerung in Salzstöcken als aussichtsreichste Option. Es herrschte große Zuversicht, innerhalb weniger Jahrzehnte ein Endlager in Betrieb nehmen zu können. Als Standort wurde schon damals Gorleben vorgeschlagen. Als Prototyp für das Endlager und zur Klärung der noch offenen technischen Fragen erwarb die GSF 1965 im Auftrag des Bundes das soeben stillgelegte Bergwerk Asse II.

„Ziel war es, für ein geplantes Endlager im Salzstock Gorleben die entsprechenden Techniken und die wissenschaftlich-technischen Daten zu ermitteln und bereit zu stellen. Der Salzstock Gorleben war in der Eignungsuntersuchung. Wir von der GSF sollten im Forschungsbergwerk Asse die entsprechenden Technologien und wissenschaftlichen Untersuchungen durchführen.“ (Prof. Dr. Klaus Kühn, ehemaliger Betriebsleiter der Asse, 2001)

Einlagerungsinventar

Den Einlagerungsgenehmigungen entsprechend, wurde in der Asse ausschließlich schwach- und mittelradioaktiver Abfall, definiert als Abfall ohne nennenswerte Wärmeentwicklung, eingelagert. Die gesamte Zugangsdokumentation wurde nach öffentlichen Spekulationen über eine angebliche Einlagerung hochradioaktiven Materials im August 2008 nochmals überprüft. Dem Statusbericht zufolge wurde in der Asse eingelagert:[5]

(1) 125.787 Gebinde mit schwachradioaktiven Abfällen, eingelagert zwischen 1967 und 1978 in verschiedenen Kammern in 750 Metern Tiefe. Die Gebinde sind überwiegend Fässer mit Volumina von 100 bis 400 Litern oder Betongefäße. Die deklarierte Gesamtaktivität zum Zeitpunkt der jeweiligen Einlagerung betrug 1.8·1015 Bq. Rund 50 % der Gebinde stammen aus der Wiederaufarbeitungsanlage des seinerzeitigen Kernforschungszentrums Karlsruhe, 20 % aus Kernkraftwerken, 10 % aus der seinerzeitigen Kernforschungsanlage Jülich. Die Gebinde enthalten typischerweise Misch- und Laborabfälle, Bauschutt, Schrott, Verdampferkonzentrate, Schlämme, Filterrückstände, Fallschlämme, Harze, Öle, Lösemittel und Verbrennungsrückstände.

(2) 1293 Gebinde mit mittelradioaktiven Abfällen, eingelagert zwischen 1972 und 1977 in Kammer 8a auf der 511m-Sohle. Als Gebinde waren nur 200-Liter-Rollfässer zugelassen; die Abfallstoffe mussten in Beton oder Bitumen fixiert sein. Die deklarierte Gesamtaktivität zum Zeitpunkt der jeweiligen Einlagerung betrug 2.8·1015 Bq. Über 97 % der Gebinde (und damit über 90 % des gesamten Aktivitätsinventars der Asse) stammen aus der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe. Ein Teil der Karlsruher Fässer enthält Abfälle aus der Wiederaufarbeitung selbst und damit auch spaltbares Material. Hierfür galten Grenzwerte von 200 g U-235, 15 g U-233 und 15 g Pu-239. Diese Grenzwerte wurden nicht annähernd erreicht; die Maximalwerte betrugen 24 g U-235, 5,7 g Pu und weniger als 1 g U-233. Somit kann abgeschätzt werden, dass in der Asse deutlich weniger als 25 kg Uran und 6 kg Plutonium lagern.

Die gesamte in der Asse eingelagerte Aktivität von 4.6·1015 Bq entspricht der von weniger als einem Kubikmeter hochradioaktivem Abfall. Je nach Standpunkt kann man das als Hinweis lesen, wie harmlos die Einlagerung in der Asse ist oder wie immens schwierig die sichere Endlagerung der mehreren zehntausend Kubikmeter hochradioaktiver Abfälle ist, die in Deutschland anstehen; der Vergleich ist jedoch insofern ungenau, als hochradioaktive Abfälle nicht ungeschützt ins Wirtgestein eingebracht, sondern verglast werden sollen.

Über 25 % der Gebinde stammt aus dem letzten Einlagerungsjahr, als das Ende der Einlagerung schon absehbar war. Am Ende dieses Jahres war Deutschland über Tage nahezu frei von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen.[6]

Einlagerungsmethode

Die Metallfässer, in denen der Abfall angeliefert wurde, wurden stets nur als Transportbehälter, nicht aber als dauerhafte Barriere angesehen. Die Korrosion von Metallfässern in salzigem Ambiente ist je nach Feuchtigkeit nur eine Frage von wenigen Jahren bis Jahrzehnten. Die erste und wichtigste Barriere zum Einschluss der Radioaktivität ist das Salz des Salzstocks.

Zu Beginn der Versuchseinlagerung wurden die Fässer mit den schwachradioaktiven Abfällen senkrecht aufeinander stehend in die ehemaligen Abbaukammern im Steinsalz eingebracht. Das Liegend-Aufeinander-Stapeln dieser Gebinde mit den schwachradioaktiven Abfällen stellte eine erste Optimierung dar. In der dritten Phase der Versuchseinlagerung wurden die Gebinde mit schwachradioaktiven Abfällen über eine Salzböschung in die Einlagerungskammer abgekippt und anschließend mit Salzhaufwerk bedeckt. Spätestens in dieser Phase wurde in Kauf genommen, dass Fässer schon beim Einlagern versehrt wurden. Auch die mittelradioaktiven Abfälle wurden in ihren Rollreifenfässern in die Lagerkammer fallen gelassen. Eine Rückholung eingelagerter Abfälle wurde ausdrücklich nicht vorgesehen.

In der Einlagerungszeit ist es zu einem größeren Unfall gekommen: 1973 ist radioaktiver Abfall von einem Gabelstapler gefallen, was eine großflächige Dekontamination erforderlich machte.

Forschungsbetrieb 1979-1995

1976 wurde das Atomgesetz novelliert und der Begriff „Endlager“ erstmals juristisch definiert. Neue Einlagerungsgenehmigungen durften nur noch nach einem Planfeststellungsverfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit erteilt werden. Dieses Verfahren wurde niemals eingeleitet. Erst im Laufe der folgenden Jahre wurde allen Beteiligten klar, dass die Einlagerungen nicht wieder aufgenommen werden würden.[7]

Als neue Hauptaufgabe wurden der Asse Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die Endlagerung im Salzstock von Gorleben zugewiesen. Es wurden Techniken zur Verfüllung und zum Verschluss von Bohrlöchern, Kammern, Strecken und Schächten in einem Endlager entwickelt und erprobt. Unterhalb des bestehenden Grubengebäudes wurde zwischen 800 und 975 m ein "Tiefenaufschluss" aufgefahren, um dort im jungfräulichen Gebirge unter sehr ähnlichen Bedingungen wie in Gorleben vier untertägige Großversuche durchzuführen: Demonstrationsversuche zur Einlagerung von mittel- und hochradioaktiven Abfällen, ein Versuch zur Erstellung eines Dammbauwerks und ein Versuch zur Lagerung von Pollux-Behältern auf horizontalen Strecken. Sämtliche Forschungsarbeiten sind in den Jahresberichten der GSF dokumentiert. Die ersten drei dieser Versuche wurden jäh abgebrochen, als 1992 die Finanzierung durch den Bund eingestellt wurde.

Der derzeitige Bergwerksdirektor Günther Kappei schrieb dazu 2006: „Für die hochgradig motivierten Wissenschaftler und Bergleute brach damals […] eine Welt zusammen. Der ganze Enthusiasmus, die ganze Euphorie mit dem Bewusstsein, einzigartige Entwicklungsarbeiten durchzuführen, wurde mit einem Schlag zerstört. Es wurde damals dann auch allen Beteiligten sehr schnell klar, dass die jahre- bzw. jahrzehntelange Arbeit, in der das Herzblut aller Beteiligten steckte, weitgehend vergebens durchgeführt wurde. Aber es wurde im Laufe der Zeit noch mehr zerstört. Mittlerweile werden in Deutschland seit 15 Jahren keine zielgerichteten untertägigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfallstoffe im Salz mehr betrieben. Im Jahr 2000 wurde ein Moratorium für die Erkundung des Salzstocks Gorleben bis zur Klärung grundsätzlicher sicherheitstechnischer Zweifelsfragen für die Dauer von mindestens drei und höchstens zehn Jahren festgelegt. Infolge dieser langen Stillstandszeiten veraltert die eingesetzte Technik sehr schnell und das mühsam erarbeitete Know-how geht im Laufe der Zeit verloren. Wir entfernen uns zurzeit also immer weiter von der sich vor rund 50 Jahren gestellten Aufgabe, das Problem der Endlagerung der radioaktiven Abfälle zu lösen.“[8]

Vorbereitung der Schließung 1995-2017?

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat entschieden, die Schachtanlage Asse nicht mehr zu nutzen. Dies bedeutet, dass die Forschungsarbeiten in dem Bergwerk beendet werden. Seine endgültige Schließung nach Bundesberggesetz war zunächst für das Jahr 2013 geplant, ist aber 2006 auf das Jahr 2017 verschoben worden.

In den Jahren 1995 bis 2004 wurden Hohlräume im gesamten Bergwerk mit Rückstandsalzen des ehemaligen Kali-Abbaus Ronnenberg erfüllt, um die Standsicherheit der Anlage zu erhöhen. Jeden Werktag wurden 18 Eisenbahnwaggons antransportiert. Vor Ort wurden die Hohlräume mit einem Schiebeschild bis unter die Firste dicht verfüllt.

Das übergeordnete Ziel aller Maßnahmen zur Schließung der Schachtanlage Asse ist ein sicherer Abschluss der eingelagerten radioaktiven Abfälle von der Biosphäre. Ob dieses Ziel aber durch die Verfüllung des Bergwerkes mit einer Magnesiumchlorid-Lösung erreicht werden kann, ist ungewiss. Denn bei diesem Vorgehen werden die Atommüllfässer von der Lösung angegriffen und sich laut Betreiber in den ersten zehn bis hundert Jahren auflösen. Mögliche Wechselwirkungen der Salzsole mit den Radionukliden wurden nicht erforscht. Es besteht die Gefahr, dass Radioaktivität ins Grundwasser und/oder an die Erdoberfläche gelangt. Weiträumige hydrogeologische Untersuchungen wären zu Beginn des Versuchsbergwerkes notwendig gewesen.

Der sogenannte Herleitungsbericht des Betreibers legt lediglich das Konzept einer Flutung dar, vergleicht dieses aber nicht mit anderen möglichen Optionen beim Umgang mit dem Atommüll. Genannt wurden inzwischen eine Verfüllung mit festem Material (Schotter, Sorel-Beton), eine Umlagerung von Teilen des Atommülls innerhalb des Bergwerks oder eine Rückholung der Fässer. Erste Überlegungen dazu finden derzeit in dem mit Experten besetzten Arbeitskreis Optionenvergleich statt.

Der Hauptbetriebsplan 2005/2007 wurde vom Landesbergamt Clausthal-Zellerfeld genehmigt. Der Antrag zur Schließung des Bergwerks wurde im Januar 2007 beim Landesbergamt eingereicht. Dieser beinhaltet einen Abschlussbetriebsplan sowie einen Langzeitsicherheitsnachweis und muss nach entsprechender Prüfung vor der Umsetzung noch genehmigt werden.

Radioaktiv kontaminierte Salzlauge

Bereits 1979 wurde die Gefährdung der Asse durch mangelnde Standsicherheit in einer Studie[9] aufgezeigt. Allerdings wurden die Ergebnisse vom Betreiber des Endlagers und den verantwortlichen Institutionen nicht ernst genommen. Erst in jüngerer Zeit (ab Mitte der 1990er Jahre) sind Betreiber und Genehmigungsbehörden besorgt, dass der ab 1988 beobachtete Zufluss von Salzlösung aus dem Nebengebirge in das Grubengebäude (ca. 12,5 Kubikmeter/Tag) in Kombination mit der unzureichenden Tragfähigkeit des Grubengebäudes zu unabsehbaren Konsequenzen führen kann. Der Lösungszufluss findet an der besonders gefährdeten Südflanke des Bergwerks statt. Ursache des Zuflusses ist die Bildung von Wegsamkeiten im Nebengebirge und in der Salzbarriere durch die permanente Bewegung des nicht standsicheren Bergwerks. Es ist nicht ausgeschlossen, dass zukünftig ein deutlich höherer Lösungszutritt stattfinden kann. Dies hätte äußerst negative Folgen, da die zuströmende Lösung weitere Salze (Carnallit) im Grubengebäude auflöst und so die Tragfähigkeit des Bergwerks noch weiter vermindern würde.

Seit spätestens 1988 ist bekannt, dass es Laugenzuflüsse gibt. Dabei ist zwischen von außen zufliessender Lauge und durch feuchtes Versatzmaterial innerhalb des Grubengebäudes entstehender Lauge zu unterscheiden. Anfang der 1990er Jahre zeigen einige Messstellen eine Kontamination der im Bergwerk auftretenden Salzlauge mit Cäsium-137. Nach einer TÜV-Studie im Auftrag des Bundesforschungsministeriums und des niedersächsischen Umweltministeriums stammt diese jedoch aus Fässern in der Lagerkammer 12.[10]

Im Juli 2008 wurde bekannt, dass schon seit Jahren diese mit Radionukliden kontaminierte Lauge in der Asse vorgefunden und beseitigt wurde.[11]

Lauge, die als unkontaminiert festgestellt worden war, verbrachte man übertage, pumpte sie in Tanklaster und brachte sie zu stillgelegten Kalibergwerken der K+S AG (Bad Salzdetfurth, Adolfsglück und Mariaglück).[12] Sie wurde dort zur Flutung eingesetzt.[13] Weiterhin wurde bekannt, dass in jüngster Zeit Lauge auf eine tiefere Sohle gepumpt wurde.[14] Der Betreiber der Asse unterrichtete nur die zuständigen Behörden und nicht die Öffentlichkeit darüber; dies führte zu einem erheblichen Vertrauensverlust der Öffentlichkeit gegenüber der Betreibergesellschaft.

In einem von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel angeforderten Statusbericht des niedersächsischen Umweltministeriums aus dem September 2008 heißt es, dass das Lager bereits seit 1967 undicht sei und durch ungenehmigten Umgang mit radioaktiven Stoffen sowie durch fehlende Sachkenntnis der Betreibergesellschaft die Risiken weiter erhöht worden seien. Gabriel sprach von einem „GAU für die Endlager-Debatte“ und einer Belastung für die Suche nach einem geeigneten Standort.[15] Er bezeichnete Asse II als „die problematischste kerntechnische Anlage, die wir in Europa finden“. Die Sicherheit sei „nirgends nachgewiesen“. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast stellte Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Atomlagers.[16]

Gegner des Atommülllagers befürchten eine radioaktive Kontamination des Grundwassers und verlangen einen Stopp der planmäßigen Flutung des Forschungsbergwerkes Asse mit Magnesiumchlorid-Lösung, die im Rahmen der Schließung durchgeführt werden soll.[17]

Aktuelle Aufgaben

Fahrzeug in der Asse in 490 m Tiefe

Folgende Aufgaben werden zurzeit durchgeführt oder stehen demnächst an:

  • Bau von Strömungsbarrieren zur wirksamen Begrenzung und Lenkung der in Zukunft möglichen Lösungsbewegungen im Grubengebäude.
  • Verfüllung der ehemaligen Abbaue. Von August 1995 bis April 2004 wurden – bis auf wenige Resthohlräume – die alten Abbauhohlräume in der Schachtanlage Asse zwischen der 725- und 490-m-Sohle mit Rückstandsalzen des ehemaligen Kalisalzbergwerkes Ronnenberg verfüllt. Insgesamt wurden etwa 2,15 Millionen Tonnen Salzhaufwerk in die Abbaue der Südflanke der Schachtanlage Asse II eingebracht.
  • Verfüllung der Hohlräume unterhalb der 800-m-Sohle.
  • Einspeisung von Magnesiumchlorid-Lösung, sogenanntem Schutzfluid, in die Zwischenräume, um das Restporenvolumen im Füllmaterial weiter zu minimieren und einer Zersetzung des Carnallits durch zutretende Natriumchlorid-Lösung entgegen zu wirken (seit Dezember 2004).
  • Rückbau der Schächte Asse 2 und Asse 4.
  • Gewährleistung der Grubensicherheit durch regelmäßige Unterhaltungsarbeiten im Grubengebäude (Kontrollen von Bereichen mit Steinfallgefahr, Prüfung von Förderkorb, Seil und Fördermaschine, Wartung der unter Tage angelegten Fahrbahnen, Überwachung und Instandhaltung von Maschinen und elektrotechnischen Einrichtungen).

Ob mit diesen Maßnahmen eine langfristige Stabilisierung des Grubengebäudes erreicht und der Nachweis der Langzeitsicherheit geführt werden kann, ist derzeit noch unklar.

Um sich dieser Frage zu nähern, wurde am 26. September 2007 im Rahmen eines Workshops die Tragfähigkeitsanalyse des Gesamtsystems der Schachtanlage Asse in der Betriebsphase des Instituts für Gebirgsmechanik (IfG) in Leipzig im Auftrag der GSF veröffentlicht[18]. Hierzu hat das IfG von 1996 bis 2005 kontinuierlich die gebirgsmechanische Situation der Schachtanlage untersucht.

Nach diesem Workshop teilten das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Niedersächsische Landesumweltministerium (NMU) am 21. November 2007 [19] mit, dass sie folgende fünf Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und zur Minimierung von Risiken befürworten:

  • Das Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (GSF) erstellt bis spätestens Mai 2008 eine Störfallanalyse, die auch den Fall eines rasch ansteigenden Lösungszutrittes in der jetzigen Betriebsphase betrachtet.
  • Spätestens bis Mitte 2008 wird ausgehend von den bisher geprüften Schließungsmaßnahmen unter Berücksichtigung ergänzender bzw. alternativer Maßnahmen eine abschließende Bewertung von Optionen durchgeführt. Auch die Rückholung der mittelradioaktiven Abfälle wird in die Prüfung einbezogen.
  • Die GSF führt hierzu innerhalb von sechs Monaten eine wissenschaftlich technische Untersuchung zur Machbarkeit von Maßnahmen durch, die zu einer schnelleren Stabilisierung des Grubengebäudes als die bisher eingebrachte Verfüllung führen (z. B. Erhöhung der Versatzsteifigkeit im Bereich der Süd-Westflanke).
  • Es sind Maßnahmen des Schließungskonzeptes vorzuziehen, wenn zu besorgen ist, dass sie sonst nicht rechtzeitig realisiert werden können. Hierzu gehören die Strömungsbarrieren.
  • Vertreter der regionalen Bevölkerung sollen in die Erarbeitung und Bewertung der Optionen einbezogen werden. Die Herleitung des bisherigen Schließungskonzeptes wird hierfür Anfang 2008 als eine Grundlage zur Verfügung gestellt. Die Einrichtung einer Begleitgruppe durch den Landkreis oder Kreistag wird von BMU, BMBF und NMU gemeinsam befürwortet und unterstützt.

Referenzen

  1. Weiteres Vorgehen bei der Schachtanlage Asse. Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 4. September 2008.
  2. http://www.helmholtz-muenchen.de/fileadmin/ASSE/PDF/Veranstaltungen/Kappei.pdf
  3. Für eine Karte siehe http://www.eisenbahngeschichte-bs.de/html/teil_5_die_bse_und_die_anschlu.html
  4. Statusbericht 2008 ( http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C49474425_L20.pdf), S. 11
  5. Statusbericht 2008 (http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C49474425_L20.pdf), S. 93-128).
  6. http://www.helmholtz-muenchen.de/fileadmin/ASSE/PDF/Veranstaltungen/Kappei.pdf, S. 4.
  7. http://www.helmholtz-muenchen.de/fileadmin/ASSE/PDF/Veranstaltungen/Kappei.pdf, S. 4
  8. http://www.helmholtz-muenchen.de/fileadmin/ASSE/PDF/Veranstaltungen/Kappei.pdf, S. 6
  9. Atommülldeponie Salzbergwerk Asse II: Gefährdung der Biosphäre durch mangelnde Standsicherheit und das Ersaufen des Grubengebäudes. – Asse-Gruppe, Hans-Helge Jürgens, Braunschweig, Januar 1979
  10. Spiegel-Online zum TÜV-Bericht über die Herkunft der radioaktiven Lauge
  11. UZ: Missglückte Endlagerung in Asse II – Superprofite mit strahlender Wirkung
  12. Hildesheimer Allgemeine Zeitung; 16. August 2008; S. 17
  13. FZK Bericht [1]
  14. DDP Bericht Wer wusste wann von den Asse-Problemen
  15. Gabriel: Atommülllager Asse „GAU für die Endlager-Debatte“ www.heute.de, 2. September 2008
  16. Prüfbericht verschärft Endlagerdebatte Der Spiegel, 2. September 2008 (abgerufen am 2.9.2008)
  17. Süddeutsche Zeitung, Online-Version:Gegner wollen Flutung stoppen
  18. Tragfähigkeitsanalyse des Gesamtsystems der Schachtanlage Asse in der Betriebsphase, Instituts für Gebirgsmechanik (IfG), Leipzig 2007 Gutachten des IfG Leipzig und zwei weitere Gutachten zum Download
  19. Gemeinsame Pressemitteilung mit dem BMBF und dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt (NMU) Pressemitteilung auf der Seite des BMU

Koordinaten: 52° 7′ 46,1″ N, 10° 40′ 14,5″ O