Zum Inhalt springen

Geistliches Lied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. März 2005 um 19:54 Uhr durch Nordstern (Diskussion | Beiträge) (Frühes Christentum). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das geistliche Lied oder Kirchenlied ist das von der christlichen Gemeinde gesungene Lied. Im engeren Sinne wird nur das strophische, volkssprachliche Lied als Kirchenlied bezeichnet (nicht zum Beispiel der Gregorianische Choral).

Eine Abgrenzung des Kirchenlieds gegen das geistliche Lied (z.B. im geistlichen Spiel oder im geistlichen Brauchtum im privaten Rahmen) ist schwierig.

Das Kirchenlied ist in den meisten christlichen Konfessionen ein fester Bestandteil des Gottesdienstes.

Ursprünglich integraler Bestandteil der Liturgie, entwickelte sich das Kirchenlied (im weiteren Sinne) vom Hymnen- und Psalmengesang über das strophische Gemeindelied Choral und dem Lied zur Lektüre und privaten Andacht bis hin zum an zeitgenössische Singformen angelehnten Lied.

Das gemeinsame Singen ist in vielen Liturgien die Antwort der Gemeinde auf Predigt oder Gebet, dient der Pflege der Gemeinschaft, aber auch der Verinnerlichung der Glaubensinhalte.

Kirchenlieder können auch einmal die Grundlage einer Predigt sein.

Geschichte

Frühes Christentum

Als Quellen der christlichen Musik gelten die jüdische Tradition des Psalmensingens und die Musik der hellenistischen Spätantike. Gesungen wurde in den christlichen Gemeinden von Anfang an. Paulus erwähnt Psalmen, Lobgesänge und geistliche Lieder (Epheser 5, 19; Kolosser 3, 16), allerdings nur im Zusammenhang mit dem häuslichen Verhalten der Christen, nicht mit Bezug auf gottesdienstliche Musik.

Zu den frühesten überlieferten christlichen Gesängen gehören die im Neuen Testament überlieferten Cantica wie das Benedictus, das Magnificat und das Nunc dimittis.

durch die Literarkritik ist es anhand stilistischer Kriterien möglich, Christuslieder und liturgisches Gut im Neuen TestamentNeues Testament herauszuarbeiten, z.B. das Christuslied Phil, 2,5ff Die Auffoderung zur "Demut" 1Ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit, 2so macht meine Freude dadurch vollkommen, daß ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid. 3 Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut bachte einer den andern höher als sich selbst, 4 und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient. 5 Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht: jetzt das Lied als Beispiel Christlicher Haltung 6 Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, 7 sondern entäußerte sich selbst und nahm eKnechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. 8Er gerniedrigte sich selbst und ward hgehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz. 9Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, 10 daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, 11und alle Zungen bekennen sollen, daß Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.


Die Konsequenz 12 Also, meine Lieben, - wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein in meiner Gegenwart, sondern jetzt noch viel mehr in meiner Abwesenheit, - schaffet, daß ihr selig werdet, amit Furcht und Zittern.


Nordstern 19:54, 27. Mär 2005 (CEST)

Mittelalter

Vor-Gregorianik

Im vierten Jahrhundert gaben führende Kirchenväter dem Gemeindegesang einen großen Stellenwert: Im Osten gab es Umbildungen der Liturgie unter Basilius von Caesarea. Im Westen kam es unter Bischof Ambrosius von Mailand zu liturgischen und musikalischen Reformen und zur Einführung des Ambrosianischen Gesangs. Ambrosius führte Antiphonen und neu gedichtete Hymnen ein. Auch die Entstehung des Tedeums fällt in diese Zeit.

Im Rahmen der raschen Ausbreitung des Christentums gewannen die einzelnen Erzbistümer und Klöster eine relative Unabhängigkeit von Rom. So entwickelten sich neben der ambrosianischen verschiedene weitere Liturgien wie der römische Ritus, der mozarabische Ritus, der gallikanische Ritus, der keltische Ritus, der byzantinische Ritus, der ost- und der westsyrische Ritus und der koptische Ritus. Viele dieser Liturgien bildeten eigene Singtraditionen heraus, von denen einzelne noch heute lebendig sind.

Gregorianischer Gesang

Ende des 6. Jahrhunderts führte Papst Gregor I. eine Reform der römischen Liturgie durch. Vermutlich im Rahmen dieser Reformen begann eine über mehrere hundert Jahre fortgesetzte Ordnung, Sammlung und Vereinheitlichung der in der Liturgie verwendeten Melodien und Texte. Die zusammengestellten Lieder wurden als Gregorianische Choräle für die römische Kirche verbindlich und lösten lokale Gesangsstile weitgehend ab.

In der Stilistik des gregorianischen Chorals entstanden zahlreiche Neukompositionen zunehmend melismatischer Kompositionen von Messetexten aus dem Ordinarium und dem Proprium Missae, von Antiphonen für den gottesdienstlichen Gebrauch und von Stücken für das Officium.

Tropus und Sequenz

In karolingischer Zeit entstanden zu den offiziell sanktionierten Chorälen verschiedene Arten von Ergänzungen und Modifikationen, die als Tropus bezeichnet werden: Textierungen bestehender Melismen, den Einschub oder das Anhängen neuer Melismen oder textierter Melodieabschnitte.

Mit der Textierung des Alleluja-Schlussmelismas (klassische Sequenz) beginnt gegen 850 die Geschichte der Sequenz. Bis zum 12. Jahrhundert bildet sich die vom Alleluja unabhängige Reimsequenz heraus mit gereimten und rhythmisch angeglichenen Versen. Sie führt zu den groß angelegten Stophensequenzen des 13. Jahrhunderts (bedeutende Autoren Thomas von Celano und Thomas von Aquin). Reimsequenzen haben die Struktur mehrstrophiger, metrisch geordneter und gereimter Hymnen. Sie wurden im späten Mittelalter sehr beliebt, es sind etwa 5000 Reimsequenzen bekannt.

Volkssprachliche Kirchenlieder

Bei allem musikalischen Reichtum der Gregorianik war eine Gemeindebeteiligung am gottesdienstlichen Gesang allenfalls geduldet. Kirchlieder in der Volkssprache, d.h. Kirchenlieder im engeren Sinne, hatten ihren Platz in Prozessionen oder geistlichen Spielen.

Die ersten Belege volkssprachlicher Kirchenlieder stammen aus dem 9. Jahrhundert. Bekannt sind Tropus-artige Vorstrophen zum Kyrie (Leisen) und volks- oder gemischtsprachliche Umdichtungen lateinischer Hymnen und Sequenzen -- noch heute bekannt ist In dulci jubilo. Musikalisch bewegen sich diese Kirchenlieder zwischen Gregorianik und Volkslied (Dreiklangsmelodik, Dreiertakt), so dass man teilweise auch von geistlichen Volksliedern spricht (Beispiel: Es kommt ein Schiff geladen).

Neben den auf kirchlichen Quellen basierenden volkssprachlichen Liedern entstanden erste Kontrafakturen, d.h. Übertragungen weltlicher Lieder in den geistlichen Bereich. Meist wurde die Melodie übernommen und der Text umgearbeitet oder neu verfasst.

Vorreformation und Reformationszeit

Vorreformation

In der vorreformatorischen Zeit begann man, volkssprachliche Kirchenlieder in Gesangbüchern zusammenzustellen. Eines der ersten Gesangbücher erschien 1501 bei den Böhmischen Brüdern. Es enthielt neben Übersetzungen lateinischer Lieder und Kontrafakturen tschechischer Volkslieder auch neu verfasste Lieder.

Martin Luther und sein Umfeld

Unter den Reformatoren maß vor allem Martin Luther dem volkssprachlichen Kirchenlied eine hohe Bedeutung zu. Er zielte dabei auf verschiedene Wirkungen des gemeinsamen Singens von Kirchenliedern in volksnaher Sprache ab:

  • Als missionarische Wirkung förderte das Kirchlied die Ausbreitung biblischer Inhalte und reformatorischer Ideen.
  • Katechetisch konnten Lieder unterrichtlich wirken und spezielle theologische Themen wie Glaubensbekenntnis oder Sakramente behandeln.
  • Formuliert als ein Kirchenlied, das, auch unterstützt durch eine einprägsame Melodie, leicht auswendig gelernt werden konnte, ließ sich ein Inhalt leichter einprägen.
  • Gemeinsames Singen stellte Gemeinsamkeit dar und bildete Gemeinschaft.
  • Die psychische Wirkung von Musik beschrieb Luther mit den Worten Medizin gegen das Böse und Labsal gegen Verdruss.

Luther dichtete über 30 Kirchenlieder, darunter Kirchenjahrslieder wie Vom Himmel hoch, da komm ich her, Katechismuslieder wie Dies sind die heil'gen Zehn Gebot und Psalmlieder wie Ein feste Burg ist unser Gott, außerdem Tischlieder an Stelle eines Tischgebets, Lieder zum häuslichen Gebrauch (Morgensegen und Abendsegen) und liturgische Lieder. Viele dieser Lieder sind Wir-Lieder und stärken die frühe reformatorische Gemeinschaft.

Teils übernahm Luther gregorianische Choräle und gab ihnen neue, deutsche Texte. Bei neuen Melodien stand immer die Sanglichkeit im Vordergrund; oft bewegen sich die Melodien in bekannten Formeln – künstlerische Originalität der Melodik war von geringer Bedeutung. Neue Melodien entstanden meist in Zusammenarbeit mit Johann Walter. Luther bat aber auch andere Mitarbeiter um Unterstützung beim Schaffen neuer Kirchenlieder.

Die Lieder Luthers und seines Umfelds wurden auf Flugblättern gedruckt. Sie verbreiteten sich weit und wurden schnell beliebt. Sie bildeten eine Säule der reformatorischen Gottesdienstordnungen: Im evangelisch-lutherischen Gottesdienst ist das Kirchenlied eine aktive Beteiligung der Gemeinde und hat auch den Charakter einer Antwort auf die Predigt.

Im Umfeld Luthers erschienen außerdem verschiedene Gemeindegesangbücher. Seitdem ist die Geschichte des Kirchenlieds eng mit der Gesangbuchgeschichte verbunden.

Die Reformierte Kirche

Die Köpfe der Reformierten Kirche, Ulrich Zwingli und Johannes Calvin , lehnten alle Traditionen ab, die sie nicht in der Bibel begründet sahen. Anders als Luther standen sie der Kirchenmusik zunächst abweisend gegenüber. In der Liturgie hatte das Wort Vorrang.

Obwohl er selbst sehr musikalisch war, lehnte Zwingli Musik im Gottesdienst für lange Zeit ab. In den reformierten Gemeinden Zürichs gab es zu seiner Zeit keine Gesänge; auch Instrumentalmusik war ausgeschlossen.

Johannes Calvin, der nach Zwinglis Tod die Führungs der Reformierten Kirche übernahm, hatte in Straßburg den Gemeindegesang in Form von Psalmliedern kennengelernt. Er ließ Gemeindegesang wieder zu unter strengen musikalischen und textlichen Auflagen:

  • Es durften nur Psalmtexte gesungen werden. Nachdichtungen hatten sich eng an die biblische Vorlagen anzulehnen.
  • Der Gesang musste einstimmig sein.
  • Die Melodien durften den Umfang einer Oktave nicht überschreiten.
  • Melismen waren nicht zugelasen.
  • Für den Rhythmus waren nur zwei Grundwerte erlaubt (ein Schlag und zwei Schläge, Viertelnote und halbe Note in heutiger Notation). Rhythmische Beruhigungen an den Zeilenenden waren erwünscht.
  • Auf jede Verszeile musste eine Atempause folgen.

In diesen Rahmenbedingungen entstand eine Reihe von Psalmliedern, mit schlichter Melodik, die Sprünge meist vermeidet (Beispiel: Steh auf in deiner Macht o Gott). Das zentrale Gesangbuch der reformierten Kirche wurde der Genfer Psalter, dessen endgültige (französische) Ausgabe 1562 erschien. Nach Calvins Tod wurde die Vierstimmigkeit zugelassen, und mit den schlichten vierstimmigen Chorsätzen von Claude Goudimel erreichte der Genfer Psalter eine große Verbreitung in den reformierten Kirchen. In der württembergischen Reformation vertonte Sigmund Hemmel erstmals ca. 1560 den gesamten Psalter für vier Singstimmen in deutschen Psalmdichtungen verschiedener Autoren. Die Übersetzung von Ambrosius Lobwasser wurde bald für über zweihundert Jahre das maßgebliche Gesangbuch der reformierten Gemeinden in Deutschland.

Die Zeit nach dem Tod Luthers (1546) war durch eine Verfeinerung und Dogmatisierung der Theologie gekennzeichnet, die sich auch in den Kirchenliedtexten niederschlug.

Neben einer Reglementierung der Figuralmusik gab das Konzil von Trient (15451563) auch Vorgaben für den gregorianischen Choral. So wurden von Sequenzen des späten Mittelalters nur noch vier in der offiziellen römischen Messliturgie zugelassen.

Anglikanische Kirche und Psalmgesang im englischen Kulturraum

Die Anglikanische Kirche im frühen 16. Jahrhundert

Schon bald nach der Trennung von der Römisch-Katholischen Kirche durch Heinrich VIII. (1491-1547) führte die Anglikanische Kirche Liturgiereformen durch, welche auch die Verwendung der englischen Landessprache in der Liturgie einschlossen. Das erste offizielle Liturgiebuch der Anglikanischen Kirche ist Exhortation and Litany (1544), Anleihen bei protestantischen Gottesdienstordnungen sind deutlich. 1549 erschien die erste Ausgabe des Book of Common Prayer.

1550 erschien mit J. Merbeckes Booke of Common Prayer Noted eine Sammlung von einstimmigen Vertonungen der Liturgie im Stile der Gregorianischen Gesangs.

Der erneute Bruch mit Rom unter Elisabeth I. führte zur 1559er-Ausgabe des Book of Common Prayer, des für viele Jahrzehnte verbindlichen anglikanischen Liturgiebuchs.

Der Anglikanische Gesang

Die Anglikanische Kirche ließ für den Gemeindegesang zunächst nur Psalmen und Cantica zu. Psalmbereimungen hatten sich eng an der biblischen Vorlage zu orientieren. Singbare Psalmbereimungen erschienen in Sammlungen, die als Metrical Psalter bezeichnet werden. Bereits um 1540 erschien eine Bereimung der sechs Bußpsalmen von Thomas Wyatt. Eine erste vollständige englische Psalmbereimung durch Thomas Sternhold und John Hopkins wurde 1562 gedruckt. Obwohl die Dichtungen vielfach dilettantisch erschienen, blieb diese Bereimung fast 150 Jahre in Gebrauch, in einigen Gemeinden bis in das späte 18. Jahrhundert.

Der traditionelle Gemeindegesang der anglikanischen Kirche wurde der Anglikanische Gesang (Anglican Chant). Im Anglikanischen Gesang werden die bereimten Psalmen und Cantica im schlichten, vierstimmigen Fauxbourdon-Satz der Spätrenaissance gesungen. Die Melodien enstammen teilweise dem Gregorianischen Gesang oder sind ihm nachgebildet, teilweise wurden sie auch übernommen, beispielsweise aus der Gesangstradition der reformierten Gemeinden des europäischen Kontinents.

Der Sternhold-Hopkins'sche Psalter enthielt bereits einige Melodien. 1621 gab Thomas Ravenscroft eine erweiterte Ausgabe heraus, die zahlreiche neue Melodien führender englischer Komponisten der späten Tudor- und früher Stuart-Periode umfasst, so von Thomas Morley, Thomas Tallis, John Dowland, and Thomas Tomkins.

Um 1640 fanden die Melodien auch Eingang in die meisten Versionen des Book of Common Prayer.

Auswirkungen der Reformation in England und Schottland

Zu Beginn des 17. Jahrhundert griffen die Lehren Calvins in England immer weiter um sich. Fundamentalistische Protestanten lehnten den als katholisch empfundenen Ritus der Anglikanischen Kirche ab und wollten eine Reinigung des Gottesdienstes von papistischem Beiwerk erreichen (Puritaner). Die Abneigung gegen hierarchische, amtskirchliche Organisation führte in England zu zahlreichen unabhängigen Gemeinden calvinistischer Prägung (Kongregationalisten). Im kongrationalistischen Umfeld bilden sich die Baptisten. Die schottische calvinistische Staatskirche (Presbyterianer) besaß basisdemokratische Züge.

Vor allem unter den Puritanern entwickelte sich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine extreme Sittenstrenge. Luxus, Sport, Müßiggang wurden abgelehnt; ihnen wurde methodische Lebensführung mit sinnvollem Zeiteinsatz zu nutzbringender Arbeit, zu Gottesdienstbesuchen und regelmäßiger Bibellektüre gegenübergestellt. Es entstand eine Mentalität von Disziplin und Selbstüberwachung.

Religiöse Einschränkungen führten 1620 zur Auswanderung der kongregationalistischen Pilgerväter nach Neuengland. Verfolgungen unter Charles I. um 1630 treiben weitere Puritaner nach Neuengland.

Erweiterung des englischen Kulturraums im 17. Jahrhundert

Nach der Revolution des Puritaners Cromwell und der Wiederherstellung der Monarchie wurde 1661 eine neue Ausgabe des Book of Common Prayer fertig gestellt. Bis zum 20. Jahrhundert erfuhr es kaum Veränderungen.

Mit der Ausweitung des britischen Empires wurden die 1661er Ausgabe des Book of Common Prayer und die anglikanische Tradition des Psalmgesangs in englischer Sprache weltweit verbreitet. Sie waren zum einen bestimmend für den Gemeindegesang anglikanischer Kirchen der britischen Kolonien; zum anderen hatte die anglikanische Gesangstradition großen Einfluss auf Gemeindegesang anderer Konfessionen im englischsprachigen Raum: Das erste in den britischen Kolonien in Amerika gedruckte Buch, das Bay Psalm Book von 1640, erfuhr verschiedene Neuauflagen, teilweise mit den bekannten Melodien früherer Psalter, und blieb für über ein Jahrhundert in Gebrauch. 1650 wurde ein schottisch-presbyterianischer Psalter herausgegeben.

Die literarische Qualität der Bereimungen wuchs im 17. Jarhundert deutlich. Nahum Tate, der 1696 gemeinsam mit Nicholas Brady einen Metrical Psalter herausgab, wurde später als poet laureate bezeichnet.

Zeit des Dreißigjährigen Krieges und Vorpietismus im deutschen Sprachraum

Das 17. Jahrhundert brachte eine neue Belebung und ein neues Niveau der deutschen Poesie, die auch das Kirchenlied einbezog. Martin Opitz stellte 1624 in seiner Deutschen Poeterei Gesetze für die deutschsprachige Dichtung auf, die über die folgenden hundert Jahre hinaus Maßstab auch der Kirchenlieddichtung waren:

  • strenge Beachtung des Versmaßes unter zwingender Berücksichtigung des natürlichen Wortakzents,
  • Verbot unreiner Reime,
  • Verbot von Wortverkürzungen und Zusammenziehungen,
  • Ausschluss von Fremdwörtern.

Thematisch erschloss sich das Kirchenlied im Dreißigjährigen Krieg die Gegenüberstellung von Vergänglichkeit und Ewigkeit. Es entstanden zahlreiche Passions-, Todes-, Kreuz- und Sterbelieder, die auch heute noch gebräuchlich sind. Im Gegensatz zu früheren Liedern liegt der Schwerpunkt nicht auf der Nacherzählung biblischer Inhalte oder der Vermittlung von Lehraussagen, sondern auf der subjektiven Betrachtung beispielsweise des Passionsgeschehens oder des menschlichen Lebens allgemein. Die Wir-Perspektive der Reformation verschiebt sich in eine Ich-Perspektive. Manche Dichter sind durch Erbauungsliteratur oder zeitgenössische Mystiker beeinflusst.

Der herausragende Kirchenlieddichter der Zeit ist Paul Gerhardt (1607-1767), der auch als bedeutendster protestantischer Kirchenlieddichter überhaupt bezeichnet wird. Seine Lieder, zu einem großen Teil Andachtslieder, werden noch heute in den Gottesdiensten verschiedenster Konfessionen gesungen und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Neben Paul Gerhardt sind Johann Heermann (1585-1647), Johann Rist 1607-1667, Paul Fleming (1609-1640) und Georg Neumark (1621-1681, Wer nur den lieben Gott lässt walten) bedeutende Kirchenlieddichter dieser Zeit.

Im musikalischen Bereich treten mit dem Übergang zum Barock die Kirchentonarten zunehmend in den Hintergrund. Das Gemeindelied beginnt, eine akkordische Begleitung vorauszusetzen und wird zum Generalbass-Lied. So werden neue, freiere melodische Wendungen im Rahmen der Dur-Moll-Tonalität möglich, deren Elemente sich in der Harmonisierung als Vorhalte, Wechselnoten, Leittöne usw. erklären. Ambitus und sängerischer Anspruch der Lieder wachsen, die Abgrenzung des Gemeindelieds gegen das (geistliche) Solo-Lied verschwimmt. Es gibt eine reiche Produktion neuer Liedmelodien.

Pietismus

Ab etwa 1670 wurde der Pietismus zur bestimmenden Strömung der deutschsprachigen Kirchenliedliteratur.

Der Pietismus begann als innerkirchliche Reformbewegung, welche die als Erstarrung wahrgenommene Rationalisierung der Theologie aufbrechen wollte (Vom Kopf in's Herz) und ihr eine auf persönliche Bekehrung und gefühlsbetonte Frömmigkeit gegründete Glaubenspraxis entgegensetzte. Als "Vater" des Pietismus gilt Philipp Jacob Spener mit seiner 1675 erschienenen Programmschrift Pia desideria. Nach Ablehnung von offizieller Seite fand der Pietismus schnell seinen Platz in privaten Erbauungszirkeln, in deren Stunden das pietistische Kirchenlied von zentraler Bedeutung war.

Die neuen Lieder waren meist betont subjektive, durch sprachliche Bilder geprägte Betrachtungen, in denen Beschreibung des persönlichen Empfindens vor klaren theologischen Aussagen im Vordergrund stand. Liebesbekundungen der gläubigen Seele an ihren Bräutigam oder das Lämmlein Jesus Christus, übersteigerte, durch Interjektionen wie Ach oder Oh unterstrichene Gefühlsausdrücke und die Ablehnung der Welt als Jammertal waren geläufige Inhalte. Daneben entstanden kämpferisch-missionarische Lieder, die zu einer neuen, bewussten Bekehrung aufriefen. Im Ganzen sank die literarische Qualität, dieselben abgegriffenen Formeln begegnen immer wieder.

Produktivster Dichter pietistischer Kirchenlieder war Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (Herz und Herz, vereint zusammen); er hat etwa 3000 Lieder verfasst. Auch der Reformierte Joachim Neander (Lobe den Herren) und der reformierte Mystiker Gerhard Tersteegen (Ich bete an die Macht der Liebe) haben zahlreiche heute noch beliebte Kirchenlieder gedichtet. Das wichtigste Gesangbuch des Pietismus war das 1704 in Halle erschienene Freylinghausensche Gesangbuch, das in zwei Bänden ungefähr 1500 Lieder umfasste.

Der Pietismus war bis zum Ende des 18. Jahrhunderts für die Kirchenlieddichtung von großer Bedeutung.

Musikalisch wurden im Hoch- und Spätbarock viele wertvolle, eher als Solo-Lied empfundene Kirchenliedmelodien (Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude) komponiert. Der Dreivierteltakt gewann an Bedeutung. Zugleich wurden stereotype, anspruchslose Melodien als Gebrauchsmusik geschaffen (Jesu, geh voran). Der Wort-Ton-Bezug des Kirchenlieds verlor an Bedeutung; Melodien wurden zunehmend mehrfach für verschiedene Texte genutzt oder Texte anderen Melodien zugeordnet.

Mit der umfassenden Durchsetzung des Akzentstufentakts war auch die rhythmische Glättung und Vereinheitlichung früherer Melodien bis hin zu isorhythmischen Versionen (einheitliche Notenlänge innerhalb der Choralzeilen) verbunden.

Das englischsprachige Kirchenlied im 18. Jahrhundert

England im frühen 18. Jahrhundert

Zum 18. Jahrhundert behandelten Dichter englischer Psalmbereimungen die biblischen Vorlagen immer freier. Metaphern und Allegorien fanden Eingang in die Liedtexte. Schließlich gab die anglikanische Church of England die gottesdienstliche Verwendung von Kirchenliedern ohne biblische Textvorlage frei. Es begann eine Blüte der englischsprachigen Kirchenlieddichtung.

Ihr herausragender Vertreter im frühen 18. Jahrhundert ist der Kongregationalist Isaac Watts (1674-1748), der wegen seiner Produktivität und der Popularität seiner Lieder auch als Father of English Hymnody bezeichnet wird. Watts dichtete Psalmbereimungen und freie Liedtexte, im Ganzen ungefähr 750 Kirchenlieder. Im Zentrum seiner Dichtungen stehen Ehrfurcht und Hingabe des einzelnen. Viele von ihnen werden heute noch gesungen, beispielsweise Joy to the World (Freue dich, Welt, dein König naht, zu einer Melodie von Georg Friedrich Händel), Come We that Love the Lord (Stimmt an mit vollem Klang) und When I Survey the Wondrous Cross.

Bis auf Ausnahmen sind Watts' Lieder heute mit Melodien gebräuchlich, die deutlich später entstanden sind, oft im späten 19. Jahrhundert.

Neuengland im frühen 18. Jahrhundert, die Singing Masters

Die religiöse Kultur der neuenglischen Kolonien war im 17. Jahrhundert durch zwei Gruppierungen religiös motivierter Auswanderer wesentlich geprägt worden: zum einen durch die Puritaner in ihrer Disziplin und Sittenstrenge, zum anderen durch die Kongregationalisten und die aus ihrem Umfeld hervorgegangenen Baptisten mit ihrem Ideal der unabhängigen Gemeinde.

Dem bewussten Verzicht auf eine formale Kirchenstruktur setzten die Laienprediger der Baptisten das Vertrauen auf den unmittelbaren Ruf Gottes und das persönliche Bibelstudium entgegen. So erreichten sie eine hohe Verbreitung in den Border States und den Südstaaten.

Beide Gruppierungen maßen dem Gesang der Gemeinde eine hohe Bedeutung zu. In den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts kam es zu Kontroversen über die Art des Gemeindegesangs: Vertreter des usual way forderten einen einstimmigen Gesang der ganzen Gemeinde von mündlich weitergegebenen Melodien. Vertreter des regular singings praktizierten einen mehrstimmigen (meist vierstimmigen) Gemeindegesang nach Noten. Obwohl regular singing für die gesamte Gesamte intendiert war, führte es doch häufig zu einer Teilung der Gemeinde in Sänger und Nicht-Sänger.

Vor dem Hintergrund der Anforderungen des regular singings entstand in den Nordoststaaten im frühen 18. Jahrhundert die Einrichtung der Singing Schools, zunächst meist in Gesalt reisender Singing Masters. Singing Masters waren oft selbst ohne traditionelle musikalische Ausbildung. Sie bereisten schwach besiedelte Gebiete und blieben jeweils wenige Wochen an einem Ort, um dort musikalische Grundlagen und den Gesang von Kirchenliedern nach Noten zu lehren. Häufig verkauften Singing Masters selbst zusammengestellte Lehrbücher oder Notenbücher mit eigener geistlicher Gebrauchsmusik.

England in den 1730er Jahren: Die erste Erweckungsbewegung

In den 1730er Jahren kam es in England innerhalb der Anglikanischen Kirche zu einer ersten Erweckungsbewegung. Sie wurde geführt durch die Brüder John und Charles Wesley (1707-1788) sowie den charismatischen Prediger George Whitefield (1714-1770), die vom Pietismus insbesondere der Herrnhuter Brüdergemeine sowie von Enthusiasmus und Radikalität der Puritaner beeinflusst waren.

Die reisenden Prediger der Erweckungsbewegung forderten von den Gläubigen eine bewusste innere Umkehr (persönliche Bekehrung), sichtbar in einer Veränderung der Lebensweise nach praktischen christlichen Idealen. Die Heilsgewissheit durch die als Wiedergeburt verstandene Rechtfertigung durch Jesus Christus trat in den Vordergrund. Es kam zu starken Emotionen: Zuhörer brachen während der Predigt in Tränen aus oder hatten ekstatische Erfahrungen. Oft verband der Einzelne seine Bekehrung mit einem bestimmten Schlüsselerlebnis, dem Erweckungserlebnis. Von Seiten der offziellen Church of England erlebte die Erweckungsbewegung Ablehnung, Gottesdienste fanden häufig unter freiem Himmel statt. Verstärkt traten Laienprediger auf, und es entstanden lokale Gruppen, die sich zu regelmäßigem Bibelstudium, zu gegenseitigem Sündenbekenntnis oder zur gemeinsamen Sozialarbeit trafen.

Im Gegensatz zum Pietismus fanden die Erweckungsbewegungen zu einer eigenen Theologie. Die erste, englische Erweckungsbewegung wurde Ausgangspunkt des Methodismus, als dessen Begründer John Wesley gilt.

Der erste herausragende Kirchenlieddichter der englischen Erweckungsbewegung war Charles Wesley. Von ihm stammen mehr als 6500 Kirchenlieder. Neben eher traditionellen Lobliedern steht der Ausdruck differenzierter Gefühle in der persönlichen Beziehung zu Jesus und Gott im Mittelpunkt seiner Texte. Seine Lieder, etwa Hark, The Herald Angel Sing oder Jesu, Lover of My Soul (Jesus, Heiland meiner Seele), fanden weite Verbreitung im Methodismus und in den protestantischen Kirchen des angloamerikanischen Raums.

Die amerikanischen Kolonien nach 1730: First Great Awakening und First New England School

Angegriffen beispielsweise durch Gedankengut der Aufklärung, durch die negative Berichterstattung über die Salem witch trials oder durch räumliche Isolation waren der religiöse Eifer und das persönliche religiöse Engagement der amerikanischen Puritaner und Kongregationalisten zum 18. Jahrhundert hin beständig zurückgegangen.

Angeregungen durch Prediger der englischen Erweckungsbewegung und des entstehenden Methodismus führten in den 1730er bis 1740er] Jahren zu einer Erweckungsbewegung in Neuengland. Sie war in ihren Idealen und Ausdrucksformen dem englischen Vorbild vergleichbar, erfasste allerdings vor allem Presbyterianer, Kongregationalisten und Baptisten. Diese erste amerikanische Erweckungsbewegung wird als First Great Awakening bezeichnet. Zu ihren herausragenden Personen gehören der Presbyterianer Tennent, Jonathan Edwards (1703 - 1758) und der zwischen Großbritannien und Amerika reisende George Whitefield (1714 - 1770).

Jonathan Edwards war kongregationalistischer Prediger, Missionar und Theologe aus Massachusetts. Als mitreißender Prediger, der wieder zu den strengen Calvinistischen Wurzeln zurückkehren und neu Gottesfurcht wecken wollte, gewann er eine große Anhängerschaft. Außerdem gilt Edwards als einer der bedeutendsten und tiefgründigsten Theologen des amerikanischen Protestantismus (richtungweisend beispielsweise sein Aufsatz über die Erbsünde).

George Whitefield, einer der führenden Köpfe des englischen Methodismus, ging 1738 nach Amerika. Als charismatischer Prediger hielt er öffentliche Erweckungsveranstaltungen (Revivals) vor bis zu 20.000 Zuhörern. Seine Predigtstil war wegweisend in seiner Dramatik und Emotionalität und führte regelmäßig zu hysterisch anmutenden Tränenausbrüchen und zu Massenbekehrungen seiner Zuhörer. Durch seine weiten Reisen durch alle amerikanischen Kolonien wurde er eine der bekanntesten amerikanischen Persönlichkeiten seiner Zeit.

Die englischen Kirchenlieder des frühen 18. Jahrhunderts, etwa von Isaac Watts und Charles Wesley, erreichten im First Great Awakening eine große Beliebtheit. Auch beeinflusst vom Psalmgesang und von Volksmusik entstand eine eigenständige vierstimmige a capella-Musikkultur, die First New England School. Die gemischte Besetzung jeder Stimme mit Frauen- und Männerstimmen ist charakteristisch.

Aktivitäten baptistischer und presbyterianistischer Missionare führte auch zu einer großen Verbreitung der Kirchenlieder Neuenglands in den Süden. Singing Masters arbeiteten mit großem Eifer für die Förderung des regular singings, und der Besuch eines Singing Masters bedeutete für eine Kleinstadt der Südstaaten ein soziales Ereignis, für das weite Anreisen in Kauf genommen wurden. Die vierstimmigen a-capellla-Gemeindeliedkultur erreichte im ländlichen Süden eine hohe Popularität. Gegen 1750, als reliöser Eifer und Enthusiasmus wieder zurückgingen, hatte sich das regular singing gegenüber dem usual way weiträumig durchgesetzt.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts brachte die Tradition der Singing Masters einzelne herausragende frühe amerikanische Komponisten hervor, unter ihnen William Billings, Supply Belcher und Daniel Read.

William Billings (1746-1800) wird als Vater des amerikanischen Chor- und Kirchenlieds angesehen. Ohne konventionelle musikalische Ausbildung arbeitete er als Singing Master und veröffentlichte mehrere umfangreiche Sammlungen vierstimmiger Chor- und Kirchenlieder, z.B. The New-England Psalm-Singer (1770) und The Singing Master's Assistant (1778). Neben homophonen Sätzen hat Billings auch schlichte polyphone Chorstücke komponiert, beispielsweise Fuging Tunes. Relativ bekannt ist Billings' Satz Africa - der Titel scheint willkürlich gewählt - in dem es, wie oft in seinen Liedern, keine eindeutige Melodiestimme gibt. Africa wurde u.a. mit einem Text von Isaac Watts unterlegt, zu anderen Sätzen hat Billings eigene Texte gedichtet.

England im mittleren und späten 18. Jahrhundert

Etwa in der Mitte des 18. Jahrhunderts traten auch in England Singing Masters nach amerikanischem Vorbild auf. Sie blieben allerdings eine Randerscheinung, bereisten ländliche Regionen und hatten für das englische Kirchenlied keinen bleibenden Einfluss.

Dem katholischen Musiklehrer John Francis Wade (1710?-1786) werden gewöhnlich Text und Melodie des Weihnachtslieds Adeste Fideles (Herbei, o ihr Gläubigen) zugeschrieben.

John Newton (1725-1807) geriet in Gefangenschaft eines Sklavenhändlers, wurde wieder befreit und überlebte auf der Heimreise einen Sturm auf See. Er hörte George Whitefield und John Wesley, wurde Diakon, Priester und gerühmter Prediger. Von ihm stammen beispielsweise über zweihundert Kirchenliedtexte, beispielsweise Amazing Grace, Does the Gospel Word (Bietet Gott in seinem Sohne Ruhe und Erquickung an) und Glorious Things of Thee are Spoken.

Einige der Lieder Newtons entstanden in Zusammenarbeit mit William Cowper (1731-1800, einem der bekanntesten Dichter seiner Zeit. Cowper gab der englischen Dichtung des 18. Jahrhunderts eine neue Richtung, indem er über Szenen aus dem alltäglichen Leben im ländlichen England schrieb. Als Dichter der romantischen Bewegung stand für ihn die Echtheit des Gefühls im Vordergrund. Viele von Cowpers geistlichen Dichtungen wurden zu beliebten Kirchenliedern, darunter die Olney-Hymns (1779, in Zusammenarbeit mit John Newton) und There Is a Fountain Filled with Blood (Es ist ein Born, draus reines Blut, heute zu einer Melodie von Ernst Heinrich Gebhardt von 1875 gesungen). Seine Texte haben das englischsprachige Kirchenlied wesentlich beeinflusst.

Augustus Montague Toplady (1740-1778) verfasste verschiedene Sammlungen geistlicher Gedichte. Auch heute noch bekannt ist sein Liedtext Rock of Ages (Fels des Heils, geöffnet mir, heute zu einer Melodie von Thomas Hastings von 1874).

Aufklärung und Rationalismus

Ab etwa 1730 wurde die Bewegung der Aufklärung, welche die kritische Vernunft als oberstes Prinzip verstand und jeden Offenbarungs- und Wunderglauben ablehnte, für Theologie und Praxis der offiziellen Kirchen im deutschsprachigen Raum bestimmend. Der Rationalismus stellte biblische Lehren vielfach hinter die vernunftmäßige Deutungen zurück, und in der protestantischen Aufklärungstheologie galt die Vernunft schließlich als höchste Richterin in Glaubensfragen. Zentrale Inhalte, etwa die lutherische Rechtfertigungslehre, wurden in Frage gestellt. Die Liturgie wurde als der Vernunft kaum zugänglich vor allem in den protestantischen Kirchen deutlich eingeschränkt, womit ein Niedergang der Kirchenmusik einherging.

Die Stelle der Liturgie wurde durch die Predigt ausgefüllt, dem pädagogischen Anliegen der Aufklärung entsprechend schwerpunktmäßig als Anleitung zu einem tugendhaften Leben verstanden. Grundwerte wie Toleranz, Gewissensfreiheit und Nächstenliebe waren zentrale Inhalte. Gott wurde als liebender Vater und anfänglicher Schöpfer dargestellt, dessen Welt sich nun nach ihren eigenen Gesetzen bewege, Christus wurde auf eine Rolle als weiser Tugendlehrer reduziert.

Das Kirchenlied sollte im Gottesdienst auf solche Predigten hinführen oder ihre Inhalte unterstreichen. So waren viele bestehende Lieder aufgrund ihrer textlichen Inhalte nicht mehr akzeptabel und wurden nach rationalistischen Wertmaßstäben überarbeitet, dabei teilweise tiefgreifend verändert. Außerdem entstanden zahlreiche Neudichtungen, meist von sehr belehrendem Charakter, deren Inhalte den Predigten entsprachen. Vor dem textlichen Inhalt wurde der poetische Gehalt nebensächlich – die Lieder enthielten nur noch wenige Bilder und wirken sehr nüchtern. Heute (2004) werden nur einzelne dieser rationalistischen Kirchenliedtexte gesungen, darunter die Dichtungen des Aufklärungstheologen Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769).

Auch die musikalische Gestaltung der Kirchenlieder verlor sehr an Bedeutung. Die Zahl der gebräuchlichen Melodien, zu denen neue und alte Texte gesungen wurden, sank rasch. Diese Melodien waren zumeist isorhythmisch umgeformt und wurden von der Gemeinde in zunehmend lang gedehnten Tönen gesungen. Die Lieder wurden jeweils an den Choralzeilenenden durch Orgelzwischenspiele unterbrochen.

Die Gestaltung neuer Kirchenliedmelodien wurde nicht mehr als künstlerisch anspruchsvoll verstanden; so besitzen die neu entstandenen Melodien keine rythmische Vielfalt, und es fehlt ihnen oft an melodischem Schwung. Teilweise stehen neue Melodien in musikalischer Nähe zur Klassik, etwa bei Franz Anton Hoffmeister (1754-1812, Zu lernen bleibt noch unsern Seelen viel).

Im Rationalismus erschien eine Reihe neuer Gesangbücher, beispielsweise das Cramersche Gesangbuch. Aufgrund der geringer Zahl an verwendeten Melodien wurden Gesangbücher jetzt in aller Regel ohne Noten veröffentlicht.

Matthias Jorissens 1798 erschienene Neue Bereimung der Psalmen ersetzte in den deutschsprachigen reformierten Kirchen die Psalmbereimungen Lobwassers.

Zwischen den Polen von Pietismus und Rationalismus

Einige deutschsprachige Kirchenlieddichter des 18. und frühen 19. Jahrhunderts schufen ihre Texte zwischen den Polen von Pietismus und Mystik einerseits und Rationalismus andererseits. Hierzu gehören Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803, Die ihr Christi Jünger seid, Herr, du wollst uns vorbereiten) und Matthias Claudius, in dessen volksnaher Dichtung sich schlichter Bibelglaube und ein tief gegründetes Gottvertrauen ausdrücken.

Das 19. Jahrhundert

Das US-amerikanische Kirchenlied im späten 18. und im 19. Jahrhundert

Auch in den USA des 19.Jahrhunderts wurden Kirchenlieder gedichtet und komponiert.

1776 - 1840er Jahre: Singing Schools, Shape Note Music und das Second Great Awakening

Nach der Unabhängigkeitserklärung von 1776 brachten Bevökerungswachstum und fortschreitende Industrialisierung den USA große soziale Veränderungen. Die Städte vor allem der Nordostküste erlebten ein rasches Wachstum.

Reisende Singing Masters verloren an Bedeutung gegenüber regelmäßigen, ortsgebundenen Singing Schools und festen, institutionalisierten Musikschulen. Im Geist der Industrialisierung wurden 4-stimmige Lehr- und Liederbücher zum Gebrauch in Singing Schools standardisiert und pädagogisch weiterentwickelt. 1801 gaben William Smith und William Little mit The Easy Instructor das erste Chorbuch heraus, das für die unterschiedlichen Stufen der Tonleiter unterschiedliche Notenformen verwendete, um das Singen nach Noten zu erleichtern. Dieses und zahlreiche folgende Chorbücher in Shape-Notation erlangten im Nordosten schnell hohe Beliebtheit, und die geistliche Shape Note-Chormusik erreichte eine hohe Popularität.

Zugleich zum Wachstum der großen Städte erlaubten die Anerkennung der Unabhängigkeit durch Großbritannien (1783) und der Erwerb Louisianas (1804) die Ausbreitung der US-amerikanischen Zivilisation in den entlegensten Westen, wo an der Grenze zur Wildnis die zentrale Regierung nur wenig Autorität auszuüben vermochte. Beide Entwicklungen führten für viele Amerikaner zur Auflösung traditioneller sozialer Bindungen und zu einer wachsenden Verunsicherung.

Verbunden mit dieser Verunsicherung und genährt durch die Säkularisierung des 18. Jahrhunderts und das allgegenwärtige Gedankengut der Aufklärung enstand im amerikanischen Protestantismus die Sorge, in der religiösen Praxis nachlässig und oberflächlich geworden zu sein.

So kam es, beginnend in den 1790er Jahren, zunächst im Süden und im dünn besiedelten alten Südwesten der USA zu einer neuen, konfessionsübergreifenden Erweckungsbewegung. Sie fand ihren Ausdruck in einem neu erwachten religiösen Gefühl und in zahlreichen öffentlichen Bekehrungsveranstaltungen, den Revivals.

Eine der Hauptformen des Revivals war das Camp Meeting. So nannte man mehrtägige religiöse Veranstaltung, oft unter freiem Himmel, die auch Übernachtungen der Hunderte oder Tausende oft von weither angereisten Teilnehmer einschlossen. Camp Meetings waren geprägt von feurigen Predigten reisender Evangelisten aus den Reihen der Baptisten, Methodisten und Presbyterianer, aber auch von Gesängen, öffentlichen Sündenbekenntnissen, spontanen ekstatischen Ausbrüchen und Tanz. Massenbekehrungen bei Revivals führten mit dazu, dass die Methodisten bis zum 19. Jahrhundert die größte Religionsgemeinschaft in den USA wurden, im Süden wurden die Baptisten die dominante Konfession.

An einem Camp Meeting in Kentucky nahmen 1801 25.000 Menschen teil. Bis zu den 1820er Jahren hatte die Erweckungsbewegung die gesamten USA erfasst. Man sprach vom Second Great Awakening in Anlehnung an die Bewegung in den 1730er-40er Jahren. In den Städten Neuenglands entstanden neue Konfessionen und überkonfessionelle Gesellschaften zur Missionierung und Zivilisierung des Westen und zur Förderung der christlichen Bildung.

Mit der Ausbreitung der Erweckungsbewegung durch Evangelisten wie Charles Grandison Finney ging konfessionsübergreifend eine thelogische Verschiebung einher, die auch in den Texten der geistlichen Lieder ihren Niederschlag fand: Die traditionelle, calvinistischen Lehre der doppelten Prädestination, nach der Gott vor aller Zeit unwiderruflich entschieden habe, wer zu den Erretteten und wer zu den Verdammten zähle, trat zunehmend in den Hintergrund gegenüber einer evangelikal-missionarisch ausgerichteten Glaubenspraxis, die letztlich die Gnade Gottes als durch jeden sich bekehrenden Menschen erreichbar darstellte. Sich bewusst für Gott zu entscheiden, der Sünde zu widerstehen, ein moralisches Leben in persönlicher Beziehung zu Christus zu führen und seinen Glauben zu bezeugen stand im Vordergrund.

Dementsprechend waren in den Revivals die Lieder John Wesleys und seiner Nachfolger sehr beliebt. Auch John Newtons Lyrik und die Lieder von John Cennick erreichten weite Verbreitung. Viele geistliche Lieder der Camp Meetings waren allerdings halb-improvisiert oder aus Versatzstücken geläufiger Texte und Melodiepartikel spontan zusammengesetzt. Die weltliche Volksmusik hatte großen Einfluss auf diese Lieder.

Mit der Ausbreitung des Awakenings verbreitete sich auch die Shape Note-Tradition aus dem Norden in den ländlichen Süden.

Das Ende der 1840er Jahre, als der religiöse Enthusiasmus in weiten Gebieten der USA wieder zurückging, wird allgemein als Ende des Second Great Awakening gesehen.

Die Südstaaten ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts: Singing Schools, Shape Note Music und Sacred Harp
Die Nordstaaten ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts: better music-Bewegung und Northern White Gospel
Southern Gospel
Das späte 19. Jahrhundert: Holiness-Bewegung und Third Great Awakening
Das Spiritual

Großbritannien im 19. Jahrhundert

Auch im Großbritannien des 19.Jahrhunderts wurden Kirchenlieder gedichtet und komponiert.


Kontinentaleuropa im 19. Jahrhundert

Auch im kontinentalen Europa des 19.Jahrhunderts wurden Kirchenlieder gedichtet und komponiert.


20. und 21. Jahrhundert

Auch in der Folgezeit wurden Kirchenlieder verfasst. Jochen Klepper und Dietrich Bonhoeffer brachten ihre Erfahrungen aus dem geistigen Widerstand gegen den Faschismus ein.


Kirchengesangbuch

Die meisten Konfessionen haben ein eigenes Kirchengesangbuch, oft mit besonderen Ausgaben für einzelne Länder oder Regionen.

Das katholische Gebet- und Gesangbuch von 1975 für alle deutschsprachigen Bistümer außer der Schweiz heißt Gotteslob.

Viele Kirchengesangbücher enthalten Lieder aus einer Zeitspanne vom 4. Jahrhundert bis zum 20. Jahrhundert, die die unterschiedlichen Musik- und Frömmigkeitsstile all dieser Epochen widerspiegeln.

Das Kirchengesangbuch enthält neben Kirchenliedern in der Regel auch Gebete und bei vielen Konfessionen auch Gottesdienstordnungen und Liturgien für Eucharistie oder Gebetsgemeinschaften.

Ökumenische Kirchenlieder

Es gibt Bestrebungen in die Richtung eines gemeinsamen Liederbuches für alle christlichen Konfessionen.

Realistischer sind jedoch die bereits heute praktisch allen neueren Gesangbüchern aufgeführten ökumenischen Lieder mit gleichem Text und gleicher Melodie für alle Konfessionen. Diese Lieder sind gewöhnlich mit ö oder (ö) gekennzeichnet.

Auch da kann es Probleme geben: die Evangelisch-methodistische Kirche hat z.B. ein Gesangbuch für den gesamten deutschen Sprachraum, worauf sich bei vielen ökumenischen Liedern die Frage stellt, ob die deutsche, schweizerische, oder österreichische Version des Texts genommen werden soll - die evangelischen, reformierten und katholischen Gesangbücher verwenden jeweils die Version des eigenen Landes.

In der englischsprachigen Ökumene sind vor allem Lieder aus der Iona Community, besonders von John L. Bell und Graham Maule verbreitet. Ökumenische Gesangbücher sind in den 1990ern in Schottland, Australien und Neuseeland entstanden.

Komponisten

Bekannte Komponisten, die Kirchenlieder in ihren Werken verwendet haben, sind Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn.


Kirchenlieder und Dichter

Siehe: Liste der Kirchenlieder, Liste der Kirchenliederdichter, Liste der Kirchenliederkomponisten, Liste der Kirchenliederübersetzer

Siehe auch: