Helmut Kohl
Helmut Josef Michael Kohl (* 3. April 1930 in Ludwigshafen am Rhein) ist ein deutscher CDU-Politiker. Er gilt besonders im Ausland sowie im konservativen Spektrum als Staatsmann.

Er war von 1969 bis 1976 Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und von 1982 bis 1998 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.
Leben
Helmut Kohl entstammt einer bürgerlich-konservativen, römisch-katholischen Familie und wuchs im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim in der Hohenzollernstraße auf. Sein Vater Hans Kohl (1887-1975), während des 1. Weltkrieges Offizier in der bayerischen Armee, war Finanzbeamter (Steuerhauptsekretär). Seine Mutter Cäcilie war eine geborene Schnur (1890-1979).
Er hatte zwei ältere Geschwister, der ältere Bruder fiel im Zweiten Weltkrieg. Kohl selbst wurde noch gegen Ende des Krieges als Helfer in die Wehrmacht eingezogen, brauchte aber nicht mehr zu kämpfen. Mit Kriegsschluss kehrte er zu Fuß von Berchtesgaden nach Ludwigshafen zurück.
Bereits 1946 trat Kohl der CDU bei. 1947 engagierte er sich beim Aufbau der Jungen Union in seiner Heimatstadt Ludwigshafen. Mit Beendigung der Schulausbildung an der Grundschule Rupprechtschule und am Max-Planck-Gymnasium (beides in Friesenheim) 1950 begann Helmut Kohl sein Studium mit dem Schwerpunkt Rechtswissenschaft in Frankfurt am Main. 1951 wechselte er an die Universität Heidelberg mit den Hauptfächern Geschichte und Staatswissenschaften. In Heidelberg war er gerüchteweise kurzzeitig Fux bei einer Studentenverbindung (KStV Ripuaria im KV).
Seine politischen Aktivitäten verfolgte er auch während seines Studiums. 1953 wurde er Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der CDU in Rheinland-Pfalz und 1954 stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Union.
Nachdem Kohl das Studium 1956 beendet hatte, trat er eine Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Alfred-Weber-Institut der Uni Heidelberg an und begann seine Promotion zum Dr. phil. Seine Dissertation zum Thema Die politische Entwicklung in der Pfalz und das Wiedererstehen der Parteien nach 1945 legte er 1958 vor. Nach den Arbeiten an seiner Doktorarbeit begann er als Direktionsassistent bei einer Eisengießerei in Ludwigshafen. 1959 wurde Kohl Referent des „Industrieverbandes Chemie“ in Ludwigshafen. Im Jahr darauf heiratete Helmut Kohl die Dolmetscherin Hannelore Renner (1933-2001), die er 1948 bei einer Tanzveranstaltung kennengelernt hatte. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor.
Am 5. Juli 2001 nahm sich seine Frau, Hannelore Kohl, im Alter von 68 Jahren das Leben. Sie litt seit Jahren unter einer Lichtallergie.
Am 4. März 2004, gut fünfeinhalb Jahre nach Ende seiner Kanzlerschaft, stellte Helmut Kohl den ersten Teil seiner Memoiren unter dem Titel „Erinnerungen, 1930 - 1982“ vor. Sie enthalten Lebenserinnerungen und umfassen die Jahre 1930 bis zum Beginn seiner ersten Kanzlerschaft 1982. Der zweite Teil soll in den kommenden beiden Jahren fertig gestellt werden.
Kohl lebt in Berlin und in Ludwigshafen (Stadtteil Oggersheim).
Politische Karriere
Kohl war 1947 Mitbegründer der Jungen Union. 1948 trat er in die CDU ein. 1953 wurde er Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der CDU der Pfalz, 1954 stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Union Rheinland-Pfalz, 1955 Mitglied des Landesvorstandes der CDU Rheinland-Pfalz, 1959 Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Ludwigshafen, 1966 bis 1973 Landesvorsitzender der CDU von Rheinland-Pfalz, 1966 Mitglied des Bundesvorstandes der CDU, 1969 stellvertretender Bundesvorsitzender. 1971 kandidierte Kohl erfolglos für den Bundesvorsitz der CDU und unterlag Rainer Barzel. 1973, ein Jahr nach Rainer Barzels misslungenen Misstrauensvotum gegen den amtierenden Bundeskanzler Willy Brandt, konnte Kohl ihn als Bundesvorsitzenden der CDU ablösen und behielt diese Parteifunktion 25 Jahre bis zum 4. November 1998. Bei der Bundestagswahl 1976 trat er erstmals als Kanzlerkandidat seiner Partei an, die CDU verfehlte die Absolute Mehrheit mit 48,6 % der Stimmen nur knapp. Nach der verlorenen Wahl fasste die CSU den Kreuther Trennungsbeschluss zur Aufhebung der Fraktionsgemeinschaft, Kohl konnte jedoch gegen Franz Josef Strauß deren Fortführung durchsetzen. Bei der Bundestagswahl 1980 musste er Strauß den Vortritt bei der Kanzlerkandidatur lassen.
Kohl war 1976 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages.
Kanzlerschaft
Nach dem Bruch der sozial-liberalen Koalition von Bundeskanzler Helmut Schmidt am 17. September 1982 – es bestanden schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten über die zukünftige Wirtschaftspolitik in Deutschland (Anlass war u.a. ein Strategiepapier der F.D.P., das von Otto Graf Lambsdorff ausgearbeitet wurde und neoliberale Positionen zur Reform des Arbeitsmarkts enthielt) – nahmen FDP und CDU/CSU am 20. September 1982 Koalitionsgespräche auf.
Kohl wurde für das Amt des Bundeskanzlers nominiert und am 1. Oktober 1982 bei der Wahl - im Rahmen eines konstruktiven Misstrauensvotums - gegen den amtierenden Bundeskanzler Helmut Schmidt zum sechsten Bundeskanzler gewählt. Bundesaußenminister wurde, wie auch in der sozial-liberalen Koalition, Hans-Dietrich Genscher. Daraufhin erkannte Kohl eine für ihn günstige Stimmung und stellte die Vertrauensfrage, bei der sich die CDU/CSU und die FDP aus wahltaktischen Gründen enthielten. Er ließ mit einem verfassungsrechtlich umstrittenen Vorgehen den Bundestag durch den Bundespräsidenten auflösen und Neuwahlen anberaumen. Bei der Bundestagswahl 1983 wurde die Koalition aus CDU/CSU und FDP mit Stimmengewinnen für die CDU/CSU (48,8 %, +4,3 %) und deutlichen Stimmenverlusten für die FDP (7,0% -3,6 %) wiedergewählt. Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten war der ehemalige Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel.
In den ersten Jahren seiner Amtszeit setzte Kohl den unter der Regierung Schmidt gefassten NATO-Nachrüstungsbeschluss gegen den Widerstand der Friedensbewegung durch.
Am 22. September 1984 trafen sich Kohl und der französischen Staatspräsidenten François Mitterrand am Ort der Schlacht um Verdun, um gemeinsam der Toten der beiden Weltkriege zu gedenken. Das Foto ihres minutenlangen Händedrucks wurde bekannt als Symbol der deutsch-französischen Aussöhnung. Kohl und Mitterand wurde in den folgenden Jahren ein besonders enges Vertrauensverhältnis nachgesagt. Sie brachten gemeinsame Projekte wie das Eurokorps und den Fernsehsender arte auf den Weg. Auch Fortschritte der europäischen Einigung wie der Vertrag von Maastricht und später die Einführung des Euro wurden wesentlich einer engen deutsch-französischen Zusammenarbeit zugeschrieben.
Im Zuge der Flick-Affäre um illegale Zahlungen des Flick-Konzerns an deutsche Politiker wurde Kohl durch wg.Kohl-Einträge im sichergestellten Kassenbuch belastet. Im Untersuchungsausschuss des Bundestags und des Mainzer Landtags sagte Kohl die Unwahrheit in Bezug auf seine Kenntnis des Zwecks der Staatsbürgerlichen Vereinigung als Spendenbeschaffungsanlage und entging nach einer Anzeige von Otto Schily nur knapp einem Strafverfahren wegen uneidlicher Falschaussage. Kohls Parteifreund Heiner Geißler verteidigte ihn später mit dem berühmt gewordenen Kommentar, er habe wohl einen "Blackout" gehabt.
Den Israelis gegenüber prägt er am 24. Januar 1984, als erster Bundeskanzler aus der Nachkriegsgeneration vor der Knesset den Satz von der "Gnade der späten Geburt". Quelle:[1]
Am 5. Mai 1985 legte Kohl gemeinsam mit US-Präsident Ronald Reagan in Bitburg einen Kranz auf dem dortigen Soldatenfriedhof nieder. Dies wurde in der deutschen und amerikanischen Öffentlichkeit heftig kritisert, weil dort auch Angehörige der Waffen-SS beerdigt sind.
Bei den Bundestagswahlen 1987 wurde Kohl im Amt bestätigt. Gegenkandidat war der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau.

Nachdem sich der Zusammenbruch der DDR abzeichnete und die Mauer gefallen war, legte Helmut Kohl ohne vorherige Absprache mit dem Koalitionspartner am 28. November 1989 im Deutschen Bundestag ein "Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas", das letztendlich zur Wiedervereinigung Deutschlands führen soll, vor. Gemeinsam mit Außenminister Hans-Dietrich Genscher erreichte er in Gesprächen mit den Siegermächten des 2. Weltkriegs deren Zustimmung zur Wiedervereinigung Deutschlands und dessen Einbindung in die NATO.
Kritisch wurde im Westen unter anderem der Umtausch 1:1 Ostmark/D-Mark und die Ignorierung des Rentenproblems gesehen. O-Ton Blüm: "Die Renten sind sicher".
Am 17. Januar 1991 wurde Kohl zum dritten Mal wieder gewählt, nachdem er sich bei der Bundestagswahl 1990 gegen den saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine durchgesetzt hatte. Damit war er der erste Kanzler des wiedervereinigten Deutschlands. Dem "Kanzler der Deutschen Einheit" werden große Verdienste um die Wiedervereinigung Deutschlands und das Zusammenwachsen Europas zugerechnet.
In der Bundestagswahl 1994 wurde Kohl zum vierten Mal zum Bundeskanzler gewählt; diesmal setzte er sich gegen den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping durch. Die folgenden Jahre waren eher von außenpolitischen Erfolgen geprägt (Frankfurt am Main als Sitz für die neu geschaffene EZB, Euro-Einführung). Innenpolitisch zeichnete sich auch wegen des SPD-dominierten Bundesrats und der damit eingeschränkten Handlungsfähigkeit der Bundesregierung eine gewisse Stagnation ab, die in die Wahlniederlage 1998 mündete.
Die Wahl gewann die SPD, die mit dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder als Kanzlerkandidat angetreten war. Die christlich-liberale Koalitionsregierung wurde infolgedessen von einer rotgrünen Koalition abgelöst, und Kohl wurde am 26. Oktober durch Bundespräsident Roman Herzog aus dem Amt entlassen.
Bei der Bundestagswahl 2002 bewarb sich Kohl nicht mehr um ein Bundestagsmandat.
Parteispendenaffäre und seine Zeit nach der Kanzlerschaft
In der CDU-Spendenaffäre nach der verlorenen Bundestagswahl 1998 verschwieg Kohl die Herkunft eines Betrags in der Höhe von anderthalb bis zwei Millionen DM, obwohl er gemäß dem Parteiengesetz, das er als Bundeskanzler selbst unterschrieben hatte, und der darin verankerten Publikationspflicht dazu verpflichtet ist. Auch heute noch nimmt er keine Stellung zu diesem Thema. Seine Argumentation, er habe das Geld von Spendern erhalten, denen er per Ehrenwort versprochen habe, ihren Namen zu verschweigen, kontrastiert mit der Rechtslage und der Verfassung und stieß auf heftige öffentliche Kritik. Er nahm die Konsequenzen in Kauf. Die vom Bundestagspräsidenten verhängte Geldstrafe für die CDU (durch Sperrung der Gelder aus der Wahlkampfkostenerstattung) wegen der Parteispenden wurde von ihm gezahlt. Damit vermied er finanziellen Schaden für die CDU. Das Geld kam von einer groß und breit gefächerten Spendenaktion quer durch alle Gesellschaftsschichten.
Der Untersuchungsausschuss des Bundestages befasste sich von Dezember 1999 bis Juni 2002 mit der CDU-Spendenaffäre. Die Arbeit des Ausschusses wurde von heftigen parteipolitischen Auseinandersetzungen begleitet. Wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil seiner Partei eröffnete die Bonner Staatsanwaltschaft 2000 ein Ermittlungsverfahren gegen Kohl, das jedoch gegen Zahlung eines Strafbescheides eingestellt wurde. Zu einer Anklage kam es nicht. Am 18. Januar 2000 musste er wegen seiner Rolle in der CDU-Finanzaffäre auf den Ehrenvorsitz der CDU verzichten.
Im Rahmen von Presseveröffentlichungen zum Insolvenzverfahren von KirchMedia ab 2002 wurde bekannt, dass er zu den Politikern zählte, die Leo Kirch durch umstrittene Beraterverträge an sein Unternehmen gebunden hatte.
Ehrungen
1988 erhielt Kohl für seine Verdienste um die französisch-deutsche Freundschaft und für die Zukunft Europas gemeinsam mit Mitterrand den Aachener Karlspreis. Anfang 1996 erhielt er von der weltgrößten jüdischen Organisation, B'nai B'rith, einen Orden für humanitäre Verdienste. Die Europäische Union ernannte Kohl am 11. Dezember 1998 zum Ehrenbürger Europas, ein Titel, der zuvor nur Jean Monnet verliehen wurde. Im Januar 2004 wurde ihm der Internationale Adalbert Preis in Warschau vom polnischen Staatspräsidenten überreicht. Er ist neben Konrad Adenauer der zweite Träger des Großkreuzes in besonderer Ausführung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Helmut Kohl ist außerdem Ehrenbürger der Städte Frankfurt am Main, Berlin und seit Oktober 2004 auch seiner Heimatstadt Ludwigshafen am Rhein.
Siehe auch
- Kabinett Kohl I - Kabinett Kohl II - Kabinett Kohl III - Kabinett Kohl IV - Kabinett Kohl V
- Liste der deutschen Bundesregierungen
- "Bundeslöschtage"
- Flick-Affäre
- Deutsche Wiedervereinigung
Weblinks
- Aktuelle Biographie aus dem Knaur Verlag
- Helmut Kohl Biographie beim LeMO
- „Die Ära Kohl“ - eine Internet-Publikation der Konrad-Adenauer-Stiftung
- http://www.bundeskanzler.de/Dr.-Helmut-Kohl-.7981.htm
- http://www.bundestag.de/mdb14/bio/K/kohl_he0.html
Personendaten | |
---|---|
NAME | Kohl, Helmut Josef Michael |
ALTERNATIVNAMEN | Helmut Kohl |
KURZBESCHREIBUNG | Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland von 1982 bis 1998 |
GEBURTSDATUM | 3. April 1930 |
GEBURTSORT | Ludwigshafen am Rhein |