Erbsünde
In der Lehre von der Erbsünde beantwortet das Christentum die philosophische Frage ob der Mensch von Grund auf gut oder böse sei.
Nach dieser Lehre ist der Mensche vom Zeitpunkt der Geburt an böse (im "Zustand der Sünde"), und befindet sich darin im Konflikt mit dem christlichen Gott.
Dabei ist es unerheblich, ob der Einzelne gut oder schlecht handelt; selbst das passive neugeborene Kind ist nach diesem Verständnis sündig.
Die Lehre von der Erbsünde ist zentral für das Christentum. Ohne die Erbsünde könnte der Mensch sich frei zum Guten oder Bösen entscheiden (wie es etwa in den verwandten Religionen des Judentums oder des Islam gelehrt wird). Aus der Erbsünde ergibt sich die Notwendigkeit der Erlösung des Menschen, die durch die Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi ermöglicht wurde. Diese Erlösung wird von der christlichen Kirche in der Taufe sichtbar vollzogen. Der Christ unterliegt danach nicht mehr der Erbsünde, sondern ist in den Zustand der Gotteskindschaft emporgehoben. Auch das Begehen von Sünden (mit der Ausnahme sogenannter Todsünden) ändert nichts mehr am "Zustand der Erlösung".
Eine eher moderne, wissenschaftliche Begründung der Erbsünde lässt sich folgendermaßen entwickeln:
Der Mensch als Säugetier betrachtet, entstammt einer Welt, in der die Evolutions-Regeln des Tierreiches gelten: Darwinismus, Fressen und Gefressen-Werden, der Erhalt der Art steht über dem Erhalt des Individuums, etc.
Der Mensch erfährt aber durch seinen Verstand (mit den Augen des Christentums: durch die Seele), dass es noch eine andere Welt, eine andere Art des Daseins gibt, in der Werte herrschen, wie "Nächstenliebe", "jeder einzelne ist wichtig", "Selbstlosigkeit", etc. (mit christlichen Augen: die Welt, in der Gott existiert.)
Je mehr sich der Mensch dieser zweiten Ebene zuneigt, umso mehr ist er Mensch. Da der Mensch aber von seiner biologischen Veranlagung diese erste "tierische" Welt nie ganz ablegen kann, steckt also das oben genannte egoistische, sündhafte Verhalten in ihm. (Von daher sind auch Ideologien, die Darwinismus, das Recht des Stärkeren, etc. propagieren, aus christlicher Sicht in besonderem Maße abzulehnen.)
Genau diese dem Menschen imanente latente Bereitschaft, schlechtes zu tun, die in der Praxis bei jedem Menschen permanent zum Durchbruch kommt, bezeichnet das Christentum mit Erbsünde.