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Einheitsdampflokomotive

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Einheitslokomotiven werden die zunächst unter der Regie der Deutschen Reichsbahn und später der Deutschen Bundesbahn in großen Serien gebauten Dampflokomotiven und Elektrolokomotiven genannt. Sie wurden weitgehend nach einheitlichen Konstruktionsmerkmalen angefertigt.

Entwicklung

Nach dem Zusammenschluss der Länderbahnen zur Deutschen Reichsbahn umfasste der Lokomotivbestand der neuen nationalen Bahngesellschaft mehr als 200 verschiedene Typen und Bauarten von Dampflokomotiven. Eine freizügige Verwendung der Lokomotiven innerhalb des Bahnnetzes war damit erheblich behindert und die Wartung und Instandhaltung durch das Vorhalten sehr vieler unterschiedlicher Ersatzteile war sehr aufwendig.

Hinzu kam, dass durch die umfangreichen Reparationsleistungen aufgrund des verlorenen Weltkrieges 1914 - 18 der Fahrzeugpark der deutschen Bahnen unabhängig von der Typenvielfalt erheblich reduziert war. Es ergab sich daraus ein Bedarf zum Neubau und sinnvollerweise auch einer Vereinheitlichung der neu zu beschaffenden Maschinen. Wirtschaftliche Aspekte und die Absicht, die Hauptstrecken einheitlich für eine Achslast von 20 t auszubauen, führten dazu, nicht die bewährtesten Typen der Länderbahnen als Einheitsbauart für das ganze Reich nachzubauen, sondern neue Lokomotivtypen zu entwickeln. So entstanden die Einheitslokomotiven der Deutschen Reichsbahn, von denen die ersten im Jahre 1925 gebaut wurden

Baugrundsätze der Einheitslokomotiven

Erscheinungsbild einer deutschen Einheits-Dampflokomotive

Vielfach wurde für die früheren Dampflokomotiven genietete Blechrahmen als Träger für Fahrgestell und Maschine verwendet. Aus Festigkeitsgründen musste dieser Rahmen eine gewisse Bauhöhe haben. Für die gestiegenen Anforderungen an die Leistung der neuen Maschinen wurden jedoch größere Kessel erforderlich, für die der hochbordige Blechrahmen nicht genügend Platz bot. Daher erhielten die neuen Einheitslokomotiven einen niedrigeren und massiveren Barrenrahmen. Die geforderte höhere Leistung erforderte eine größere Kessel-Heizfläche, die durch Verlängerung des Langkessels erreicht wurde.

Durch Verwendung einzelner Bauteile oder Baugruppen, wie z. B. Kessel, Laufachs-Drehgestelle u.a. für möglichst viele Typen ließen sich beim Bau, in der Ausbesserung und im Ersatzteillager erhebliche Ersparnisse erzielen.

Rein äußerlich sind daher die deutschen Einheits-Dampflokomotiven durch den Barrenrahmen, den langen großen Kessel und einen entsprechend niedrigen Schornstein sowie dem untereinander einheitlichen Erscheinungsbild von Baugruppen wie Drehgestellen, Führerhäusern und zugehörigen Schlepptendern sowie den typischen, erst großflächigen und später den kleineren und eleganteren „Witte“-Windleitblechen vorn am Schornstein gekennzeichnet.

Bei der Neukonstruktion wurden zahlreiche Optimierungen und Verbesserungen durchgeführt. So wurden beim Kessel die Heizflächen und Rohrquerschnitte sorgfältiger aufeinander abgestimmt für eine optimale Nutzung der Wärmeerzeugung. Gleichzeitig wurde auch die Rauchgasführung für einen geringstmöglichen Saugzug durch das Bündel der Überhitzerrohre optimiert. Das niedrig liegende, weite Blasrohr in der vergrösserten Rauchkammer am vorderen Ende des Kessels sind dabei die weniger offensichtliche Kennzeichen der Einheitslokomotiven.

Typen-Diversifikation

Man bemühte sich, im Betrieb mit möglichst wenig Lokomotivgattungen auszukommen und den zulässigen Achsdruck, von der Art des Oberbaues bestimmt, leistungsmäßig voll auszunutzen. Die Reihenfolge beim Bau der Einheitslokomotive richtete sich nach den Bedürfnissen des Betriebes und dem Alter der zu ersetzenden Länderbauarten.

Schnellzug- und Personenzugloks

So entstand nach 1925 zuerst die zweizylindrige Schnellzuglokomotive der Baureihe 01 (Leistung etwa 2.200 PS, Achsfolge 2’C1’). Sie sollte die Baureihe 17 ablösen, die überwiegend aus preußischen („S10“), sächsischen („XII H“) und bayerischen („S 3/5“) Maschinen des vierzylindrigen Typs 2`C h4v (siehe Achsfolge) bestand. Diese waren mit Leistungen um 1500 PS und Höchstgeschwindigkeiten um 110 km/h den Betriebsansprüchen nicht mehr ausreichend gewachsen.

Mit der Baureihe 02 wurde der Versuch unternommen, eine Lokomotive mit 4-Zylinder-Verbunddampfmaschine aufzulegen. Positive Vorerfahrungen gab es bereits mit zahlreichen Maschinen der Länderbahnen, die in den Reichsbahn-Baureihen 17 und 18 (2’C1’ h4v) eingeordnet waren. Eine zufriedenstellende Konstruktion gelang jedoch nicht, so dass keine in Serie gebaute Baureihe 02 entstand.

Nach 1930 folgte mit der Baureihe 03 eine Lokomotive für leichtere Schnellzüge für Strecken mit geringer belastbaren Schienen (Achsdruck 18 t, Leistung ca. 2000 PS). Mit ihr wurden die ersten Vorversuche für schnellfahrende Lokomotiven ausgeführt, wobei sich die Laufeigenschaften bei 140 km/h für eine 2-Zylinder-Lokomotive noch als gut herausstellten. Ebenfalls in Einheitsbauweise, jedoch nur mit einer Stückzahl von drei Exemplaren, entstanden 1936 mit der Schnellfahrlokomotive der Baureihe 05 weiterführende Schnellfahrlokomotiven. Die Baureihe 05 war regulär für eine Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h zugelassen war und stellte mit 200,4 km/h den Geschwindigkeitsweltrekord für Dampflokomotiven auf. Dieser Rekord wurde (offiziell) später nur noch von einer Lokomotive der englischen Mallard-Baureihe überboten. Eine aus der Baureihe 05 weiterentwickelte größere Schnellfahrlokomtive der Baureihe 06 mit der Achsfolge 2'D2' blieb ein Erprobungsstück.

1937 wurden in den Baureihen 01 und 03 Varianten mit drei Zylindern als Baureihe 01.10 und Baureihe 03.10 entwickelt. Der dritte Zylinder befand sich mittig zwischen den äußeren Zylindern und griff mit seiner Treibstange auf die gekröpfte erste Treibradachse zu. Dies erlaubte mit der Versetzung der seitlichen und mittleren Kurbelpunkte am Radumfang einen ruhigeren Lauf und die erhöhte Zylinderhub-Abfolge pro Radumdrehung ein höheres Anzugsvermögen, die den Anforderungen des ausgesprochenen Schnellverkehrs entgegenkamen. Bei Auslieferung waren diese Maschinen mit einer aerodynamischen Verkleidung ausgerüstet. Diese wurde jedoch aus Wartungsgründen zunächst im Bereich des Triebwerks und nach dem Krieg komplett entfernt, zumal der durch die Verkleidung erhoffte Zugkraftvorteil im Geschwindigkeitsbereich bis 150 km/h geringer als erwartet ausfiel.

Für den Nebenbahnbetrieb wurde im Jahre 1926 die 1’ C h2-Personenzuglokomotive Baureihe 24 entwickelt (Achsdruck 15 t, Leistung Ni ~ 920 PS, Spitzname Steppenpferd, was auf die Einsätze in Ostpreußen zielte). Als Lokomotive mit Schlepptender war sie für längere Zugläufe und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h auch für leichte Eilzüge vorgesehen. Von dieser Lokomotive wurde als Tenderlokomotive-Variante die 1’C1’ h2- Baureihe 64 für kürzere Streckenfahrten im Pendelverkehr gebaut. Als Personenzug-Tenderlokomotive für kurze Hauptstrecken mit zahlreichen Wendepunkten (Kopfbahnhöfen) wurde die 2’C2’ h2-Lokomotive Reihe 62 gebaut (Höchstgeschwindigkeit 100 km/h).

Güterzug- und Rangierloks

Als Güterzuglokomotiven entstanden nach 1925 zuerst die zweizylindrige 1’E-Lokomotiven der Baureihe 43 und die dreizylindrige Baureihe 44 mit jeweils 20 t Achsdruck. Im Rahmen der angestrebten Vereinheitlichung waren viele Bauteile (z. B. der Kessel) weitgehend identisch mit denen der Baureihe 01. Als Tenderlok-Variante davon wurde 1932 die 1’E1’ h2- Baureihe 85 gebaut. Später kamen die leichteren 1’ D 1’ h2-Lokomotive Baureihe 86 (Achsdruck 15 t) und 1' C 1' h2-Lokomotiven der Baureihe 64 (viele Teile baugleich mit der Baureihe 24) für den Güterzugverkehr auf Nebenbahnen hinzu. Die 1’D1’ h2-Güterzuglokomotive Baureihe 41 (viele Bauteile identisch mit denen der Baureihe 03) war für schnelle Güterzüge, z. B. für den Fisch- und Obsttransport, bestimmt. Mit 1600 mm Raddurchmesser erreichte sie eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Damit war sie schon im Bereich des leichten Schnellzugdienstes, wo sie aushilfsweise oft eingesetzt wurde. Weitere Maschinen in Einheitsbauweise, jedoch mit geringer Stückzahl, entstanden z. B. ab 1936 mit der schweren und besonders leistungsfähigen 1'E1'-Güterzuglokomotive der Baureihe 45. Zur Leistungssteigerung und Erhöhung der Wirtschaftlichkeit wurde unter anderem bei der Baureihe 45 mit einer Erhöhung des Kesseldrucks auf 20 Bar experimentiert. Die verwendeten Stahlkessel bzw. die verwendete Stahlsorte waren dem erhöhten Druck auf Dauer jedoch nicht gewachsen, so dass dieser zunächst auf die üblichen 16 bar reduziert werden musste. Die Kessel wurden später z.T. komplett ausgetauscht.

Für den Rangierdienst entstand 1926 die C h2-Lokomotive Reihe 80 und die D h2-Lokomotive Reihe 81 (Leistung 860 PS).

Für den Hamburger Hafenbetrieb mit seinen engen Krümmungen wurde die fünffach gekuppelte Reihe 87 mit 2 Luttermöller-Zahnrad-Endachsen konstruiert. Die 16 Lokomotiven dieser Bauart wurden jedoch bereits 1954 wieder ausgemustert, weil sie bei höheren Geschwindigkeiten zum Heißlaufen neigten und daher nur im Rangierdienst eingesetzt werden konnten. Als Ersatz wurde die Lokomotive Baureihe 82 mit Beugniot-Lenkgestellen verwendet.

Literatur