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Benutzer:Chile.heiner/Deutsche Schule Valparaíso

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Die Deutsche Schule Valparaíso ist eine Schule in Chile.


1857 - 1997 - 140 Jahre Deutsche Schule Valparaíso. Ein Beitrag zu ihrer Geschichte

1. Historischer Rahmen der Schulgründung

1.1 Vorgeschichte: Entstehung und Konsolidierung der deutschen Gemeinschaft in Valparaíso

Die Gründung des Deutschen Schulvereins im Jahre 1857 stellt neben der des Deutschen Vereins und des Wohltätigkeitsvereins den langfristig bedeutendsten Gründungsakt in der Geschichte der deutschen Gemeinde in Valparaíso dar. Dabei sind Ort und Zeitpunkt der Schulgründung keineswegs zufällig, sondern Folge der Entwicklung der deutschen Einwanderung nach Valparaíso im Zusammenhang mit der Trennung Chiles von der Herrschaft der spanischen Krone. Ein Beschluss des Kongresses vom 21. Februar 1811 schuf die Voraussetzung für die zu-nehmende Bedeutung Valparaísos und die Einwanderung von Ausländern in die Region, die dann in wenigen Jahren sprunghaft anstieg:

„Vom heutigen Tage an werden die Häfen Valparaíso, Talcahuano, und Coquimbo dem freien Handel mit den fremden Mächten, Freunden und Verbündeten Spaniens wie auch den neutralen Mächten geöffnet.“

War Valparaíso im Jahr 1810 noch ein Ort mit knapp 6.000 Einwohnern, unter denen 10 Fremde gewesen sein sollen, so betrug diese Zahl 1822 bereits etwa 16.000, darunter etwa 3.000 Auswärtige; 1838 hatte die Stadt 30.000 Einwohner, 1854, kurz vor Gründung der Schule, waren es 52.600. Dem rapiden Anstieg der Bevölkerung entsprachen auch der Wandel des Stadtbildes und die Ausweitung des Handels und der geschäftlichen Be-ziehungen der Stadt. So schreibt der Leipziger Professor Eduard Poeppig in seinem Bericht über seinen Aufenthalt in Südamerika während der Jahre 1827 - 1832, dass in Valparaíso nur ein Straßenzug erwähnenswert sei, der darüber hinaus auch noch schwerlich zu begehen und deshalb eher mit dem Pferd zu bewältigen sei: die Straßen „Planchada“ (heute: Serrano), „Aduana“ (heute: Prat) und „del Cabo“ (heute: Esmeralda). Und während das Bild des Hafens von aus-ländischen Schiffen bestimmt wird, und ein „anziehendes Bild menschlicher Tätigkeit“ dar-stellt, bedeckt

„ein Labyrinth unregelmäßiger Häuser mit niedrigen Strohhütten untermengt, von keinem großen öffentlichen Gebäude oder Turm unterbrochen, die schmale sandige Küste. Zahlreiche kleine Häuser hängen, den Vogelnestern fast vergleichbar, stufenweise aus den ausgehauenen Felsen, allein so eng und beschränkt, dass sie den Gedanken der Wohnlichkeit nicht aufkommen lassen.“ (Wilckens 1922,107f.)

Wenige Jahre später hat sich das Bild der Stadt bereits deutlich verändert: Hatte die Besiedlung Valparaísos zunächst in der Ebene (dem Plan) begonnen und sich über viele Jahre auch nur auf diesen Teil erstreckt, so erfolgte Mitte des Jahrhunderts bereits die erste Ansiedlung von Bewohnern auf den Bergen (Cerros), von denen der Cerro Concepción und der Cerro Alegre insbesondere von Deutschen und Engländern besiedelt wurde, weshalb hier auch später die Deutsche Schule gebaut werden sollte. Der spätere Schriftführer des deutschen Schulverbandes Albert Chodoviecki zeichnet dem-entsprechend in seinem Bericht „Aus meinem Leben“ über seine erste Begegnung mit der Stadt Valparaíso im Gründungsjahr der Schule bereits ein anderes Bild:

Der erste Anblick des Hafens ... war prächtig. Die Stadt, sehr ausgebreitet und mehr als die Hälfte auf und zwischen die Hügel gedrängt, sah recht freundlich und einladend aus, auch waren einige sehr hübsche Gärten vor den Villen der Fremdenhügel und auf dem Fremdenkirchhof. (...) Die Menge der Schiffe zeigten ein sehr reges Leben.“ (Wilckens 1922, 106)

Und im Artikel „Valparaíso“ des Bandes „El Museo de Ambas Américas“ aus dem Jahre 1842 heißt es:

An Stelle der früheren Armut und Verwahrlosung herrschen heute Sauberkeit und Be-quemlichkeit. Die wichtigsten Häuser zeichnen sich durch Luxus und erlesenen europäischen Geschmack in den Kleidern und Möbeln aus. Im Mittelstand bemerkt man eine früher ungewohnte Besserung. Und selbst unter den Armen ist ein gewisser Fortschritt festzustellen.“

Dem Charakter als bedeutendster Hafenstadt Chiles entsprechend, wurden das Stadtbild, die geschäftlichen Aktivitäten und das Leben in der Stadt ganz wesentlich von Schifffahrt und Handel bestimmt. Und so dominierten dann auch zunächst die Vertreter der großen Fernhandelshäuser, der Kaufhäuser oder des Großhandels, der Schiffsausrüster und Vertreter der Reedereien ganz wesentlich das Leben der deutschen Gemeinschaft. Erst danach folgten sowohl von der Anzahl als auch vom Einfluss her Handwerker, Vertreter freier Berufe (z.B. Ärzte und Apotheker) und Gelehrte.


Gründung deutscher Vertretungen und Firmen in Valparaíso bis 1857

1822 Schütte, Post & Co Im- und Export 1825 Stüven Schiffsausrüstungen 1826 Hartung, Deichert & Co Seifenfabrik 1828 Huth, Grüning & Co Im- und Export 1835 (?) Kedenburg u. Paulsen 1837 Rambach u. Cramer 1837 Daube & Co Apotheke 1838 Godefroid & Co 1842 (?) Lüdemann, Jüchter & Co 1844 Osthaus Schiffsausrüstungen 1845 Vorwerk & Co Im- und Export 1846 Uhde, Hüneken & Co Im- und Export 1848 Loeser, Mack u. Adelsdorfer Im- und Export 1851 Niemeyer Buchhandel 1852 G. Ried Apotheke 1852 Botanica Alemana Apotheke 1853 Brüchert & Co Apotheke 1853 Seyde u. Richter Zigarren 1854 Luck & Co 1856 Weber, Münchmeyer & Co Im- und Export 1856 Hollub (Wein-) Im- und Export 1856 Hucke Bäckerei 1857 Burmeister & Co Im- u. Export (Ivens 1888, Wilckens 1922, 37ff.)

Unter dem Eindruck der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung der Stadt und der anwachsenden Zahl von Deutschen in Valparaíso sahen sich auch eine Reihe deutscher Staaten veranlasst, konsularische Vertretungen zu errichten, die vor allem dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen dienen sollten und in vielen Fällen mit Vertretern der Handelsunternehmen besetzt wurden.


Konsularische Vertretungen deutscher Länder in Valparaíso:

1834 Bremen Eduard Müller 1834 Hamburg August H. Kindermann 1838 Frankfurt/M. Felipe Bayerbach 1838 Mecklenburg R. Behrens 1838 Hannover Federico Diestel 1838 Sachsen D. O. Richter 1838 Lübeck F. Krock/F. Lüdermann 1848 Preußen Eduard Müller 1866 Oldenburg Arnoldo Prost 1867 Generalkonsul des Norddt. Bundes: Carlos Pini 1871 Generalkonsul des Deutschen Reiches: Carlos Pini

(Karlsruher 1988)


Das gleichzeitige Bestehen mehrerer Konsulate zur Reichsgründung 1871 verweist aber nicht nur auf die Bedeutung der Stadt Valparaíso, es zeigt zugleich, dass die hier ansässigen Deutschen aus verschiedenen Ländern des Deutschen Bundes kamen: aus konservativen und liberalen, aus Königreichen, Fürstentümern, Großherzog- und Herzogtümern sowie aus Freien- und Hansestädten.

Insofern mag es zunächst erstaunlich erscheinen, dass die Deutschen in Valparaíso sich 1838 zu einem „Deutschen Verein“ zusammenschlossen, zumal sich die Länder des Deutschen Bundes keineswegs immer freundlich gesonnen waren. Doch es gab eine Reihe von Gründen für diese Namengebung sowie für den Zusammenschluss unter einem gemeinsamen Dach. Die Tatsache, dass die meisten Deutschen aus dem Bereich des Handels und der Schifffahrt stammten, ließ diese weltoffener erscheinen als viele Deutsche dieser Zeit. Überdies stammten viele aus den Freien- und Hansestädten des Deutschen Bundes, die stärker vom Geist des Liberalismus geprägt waren als andere Länder, was den Gedanken des Zusammenschlusses aller Deutschen in Valparaíso erleichterte und die schwarz-rot-goldene Fahne als gemeinsame Flagge möglich machte.

Gründung von deutschen Vereinen u. Institutionen in Valparaíso:

1838 Deutscher Verein 1851 Deutsche Feuerwehr 1853 Germanischer Wohltätigkeitsverein 1850 Teutonia, Dt. Kranken- u. Sterbekasse 1857 Deutsche Schule 1866 Deutscher Sängerbund 1867 Deutsche Kirchengemeinde 1870 Deutscher Turnverein 1871 Deutsche Witwen- u. Waisenkasse 1875 Deutscher Hospital-Verein 1876 Gesangverein „Cäcilienverein“ 1877 Loge Lessing 1881 Deutscher Liederkranz 1885 Deutscher Zitherverein 1899 Seemannsheim 1901 Deutscher Verein Germania 1909 Deutscher Ausflugsverein 1916 Deutsche Handelskammer Valparaíso Bereits 1825 war der protestantische Friedhof gemeinsam von Deutschen und Engländern gegründet worden.

(Ivens 1888 , Wilckens 1922, DV 1988)


Wichtiger aber mögen noch andere Gründe gewesen sein: Man lebte trotz des hohen Anteils von Europäern in der Stadt in einer fremden Umgebung, in der die deutsche Sprache und Kultur das verbindende Element der Einwanderer und der großen Zahl der vorübergehend hier Lebenden war. Diese Umgebung bot darüber hinaus wenig kulturelle Abwechslung. So heißt es bei Poeppig:

„Das Theater von Valparaíso war ... ebenso unanständig und baufällig als die in ihm gegebenen Vorstellungen langweilig oder gar widerlich waren. Der besseren Orchestermusik entbehrt man bei aller nationalen Liebe für Tonkunst noch immer, und die Abendgesellschaften in den Häusern der eingeborenen Familien genügen auf die Länge nicht den Ansprüchen, die der kenntnisreichere oder ernstere Mann an die Unterhaltung zu machen geneigt ist. Diese Entbehrungen mögen zum Teil wohl auch Ursache sein, dass die Fremden sich mit ziemlicher Herzlichkeit aneinander schließen, und das manches nationelle (!) und manches aristokratische Vorurteil hier seinen Einfluss verliert.“ (Wilckens 1922, 112)

Diesem Zustand abzuhelfen wurde der Deutsche Verein zu einem Ort gemeinsamer Kommunikation, des Meinungsaustauschs, der Kontaktaufnahme, der Information, der Kultur und Bildung durch die Bibliothek und das Angebot an deutschsprachigen Zeitungen, Theater- und Konzertaufführungen. Und schließlich - und auch das hatte man bisher vermisst - zu einem Ort „erheiternden geselligen Umgangs für den hier sich aufhaltenden Deutschen oder Deutsch sprechenden“, wie es in der Gründungsurkunde vom 9. Mai 1838 heißt. Wie die Bildung des Deutschen Vereins zeigt auch die Gründung des Wohltätigkeitsvereins im Jahre 1853, dass die in Valparaíso ansässigen Deutschen sich zusammenschließen, sich gegenseitig helfen und in Notsituationen unterstützen. Darüber hinaus entstand mit dem Wohltätigkeitsverein ein Instrument der Unterstützung anderer Initiativen, für deren Ver-wirklichung neben dem Einsatz der Menschen immer auch Geld oder Grund und Boden ge-braucht wurde. So wirkte der Wohltätigkeitsverein in den folgenden Jahren mit finanziellen Mitteln oder dem Ankauf der Grundstücke zum Wohle der Schule, der Kirche des Turnver-eins und anderer Institutionen. Er trug damit wie der Deutsche Verein ganz wesentlich zur Konsolidierung der deutschen Gemeinde bei, die ihren Mitgliedern Sicherheit und eine neue Heimat gab und für neu nach Valparaíso Kommende eine Anlaufstelle und einen Ort der Hilfe und der ersten Orientierung bot. Gerade diese Entwicklung zu einer deutschen Gemeinde in Valparaíso, zu der nicht mehr nur die Kaufleute, Händler, Freiberuflichen, Handwerker und andere Berufsgruppen gehörten, sondern auch deren Frauen und Familien, machte aber nach Meinung vieler hier Ansässiger die Gründung einer eigenen Schule notwendig. Hinzu kam, daß die Qualität der Schulen am Ort nicht dazu angetan war, die Kinder auf chilenische Schulen zu schicken, was ja darüber hinaus auch bedeutet hätte, auf die Pflege der deutschen Sprache zu verzichten. Dass diese Gründung erst nach der des Vereins, der Feuerwehr und des Wohltätigkeitsvereins stattfand, erklärt sich aber auch daraus, dass in den ersten Jahren der Einwanderung überwiegend unverheiratete Männer kamen. Andere ließen zunächst ihre Familien in Deutschland. Die wenigen deutschen Familien der ersten Generation, die Kinder hatten und Wert auf eine deutschsprachige Erziehung legten, suchten diese selbst zu unterrichten, ließen Hauslehrer kommen oder schickten ihre Kinder in Privatschulen, die inzwischen von hier ansässigen Deutschen errichtet worden waren, ohne dass jemand die Qualität des dort angebotenen Unterrichts überprüfen konnte.

Die Gründung des Deutschen Schulvereins erfolgte im Jahre 1857 als Folge der Entwicklung der deutschen Einwanderung nach Valparaíso im Zusammenhang mit der Trennung Chiles von der Herrschaft der spanischen Krone. Als Gründungstag der Schule gilt der 7. November 1857, weshalb an diesem Tag bzw. am Sonnabend danach jeweils die Kermesse der deutschen Schule gefeiert wird. Am 7. Februar 1858 erfolgte der erste Schulalltag der “Deutschen Schul-Anstalt“. Die Initiative zur Bildung neuer Institutionen ging von den Herren Bahr, Fehrmann, Ried und Lüdemann aus, die die Anregung gaben, eine deutsche Gemeinde zu gründen, aus der dann eine „Deutschprotestantische Kirche und ein allgemeines deut-sches Schulinstitut entspringen sollten.“ Dieser Initiative schlossen sich sehr bald u.a. die Herren Pini, Möller, Lädechens, Müller, Henschel und Schöller an, die Zielsetzung wurde um die Gründung eines Hospitals erweitert, die ortsansässigen Deutschen wurden aufgefordert, durch eine Spende die Initiative zu unterstützen, und man lud zu einer Versammlung am 7. November 1857 ein. Zeigte schon die Reihenfolge der Initiative (Kirche-Schule-Hospital), dass es zunächst keineswegs allein um die Gründung einer Schule ging, so müssen in der Sitzung am 7. Novem-ber selbst die unterschiedlichen Interessen und Prioritäten hart aufeinandergeprallt sein, ist doch in der Literatur darüber von einer „turbulenten“ Sitzung die Rede, bei der es dem Vorsitzenden Dr. Piederitt nur unter „energischem Einsatz“ gelungen sei, die Versammlung zu leiten und zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. (DSV 1982, 9) Jedenfalls wurde an diesem Abend beschlossen, eine „Gemeinde“ zu bilden, deren Aufgabe es sein sollte, als erstes eine Schule und eine deutsche Kirche zu gründen, vom Hospital war zunächst nicht mehr die Rede. Auf diesen Beschluss geht das offizielle Gründungsdatum zurück, auch wenn noch eine Rei-he weiterer Sitzungen stattfanden, in denen die Zielsetzung der Gemeinde mehrfach neu dis-kutiert wurde, ehe ein Satzungsentwurf zustande kam, der dann auf einer Gründungsversammlung am 3. Dezember 1857 offiziell beschlossen wurde.

Ohne auf die 15 Paragraphen im einzelnen eingehen zu wollen, seien doch einige zitiert, da sie etwas vom Geist der Gründergeneration zeigen und zugleich Kontinuität und Wandel in der Geschichte der deutschen Schule verdeutlichen. Über die allgemeine Zielsetzung der Gemeinde heißt es:

„Die deutsche Gemeinde bezweckt zunächst, die eigenen gemeinsamen Interessen und danach so viel tunlich die besonderen Interessen derjenigen Landsleute, welche ent-weder bereits in Chile leben oder später hierher übersiedeln sollten, durch gemeinschaftliches Wirken kräftig und nachdrücklich zu wahren, und deutsche Sitte, Sprache und Bildung unter den Landsleuten hierselbst möglichst zu erhalten und zu ver-breiten.“ (Wilckens 1907, 5)

War in dieser auf die Zukunft gerichteten Formulierung bereits eine Vorentscheidung für die Schule erkennbar, so heißt es in einem weiteren Paragraphen präziser:

„Eine der Hauptbestrebungen der Gemeinde muss die Gründung und Unterhaltung ei-ner deutschen Schule, und, wenn möglich, einer deutschen Kirche hieselbst sein.“ (Ebd.)

Und schließlich appellierte ein weiterer Artikel an die Einigkeit der Gemeindemitglieder und wies darauf hin, dass die Mitgliedschaft unabhängig vom jeweiligen Glaubensbekenntnis sein sollte.

Betrachtet man die Zielsetzungen genauer, so wird deutlich, dass die deutsche Schule ausdrücklich als Schule der Deutschen gegründet wurde und zunächst nicht daran gedacht war, sie anderen zu öffnen oder sie zu einem Ort der Begegnung oder des Kulturaustauschs zu machen. Insofern hat sich bis in die Gegenwart eine deutliche Veränderung der Zielsetzung ergeben, wenn auch - wie wir noch sehen werden - nicht ohne Rückschläge und Schwierigkeiten: Die Schule hat sich seit langem geöffnet, bietet allen hier lebenden Familien die Ausbildung ihrer Kinder an und ist ein Ort der Begegnung zweier Kulturen geworden, deren besonderes Merkmal aber weiterhin die Pflege der deutschen Sprache ist. In einem anderen Punkt aber war bereits angedeutet, was dann endgültig 1864 festgeschrieben wurde: Da die Zugehörigkeit zur Gemeinde, dem Schulträger, unabhängig von Glaubensbekenntnissen möglich war, musste die Schule notwendigerweise konfessionel un-gebunden sein, was sie bis in die Gegenwart hinein geblieben ist. Zum Abschluss der Gründungsveranstaltung wurde der Vorstand der „Deutschen Gemeinde“ gewählt, der damit gleichzeitig der erste Schulvorstand war.

Der erste Vorstand der „Deutschen Schul-Anstalt“:

Vorsitzender Herr Osthaus Schriftführer Herr Harmsen Kassenwart Herr Lüders Beisitzer Stüven, Henkel, Calmann, Winkelhagen, Ried und Plagemann


Wie von der Gründungsversammlung beauftragt, machte sich der Vorstand auf die Suche nach einem geeigneten Gebäude für die Schule, das man schließlich dadurch fand, indem man die bisher von einem Herrn Benzinger betriebene Privatschule an der Ecke Plaza Victoria und Calle Chacabuco übernahm, einschließlich des Inventars und des noch laufenden Mietvertrages. Herrn Benziger selbst stellte man als Lehrer allerdings nicht ein.


1.3 Schulbeginn

Am 7. Februar 1858 begann der Unterricht mit einer feierlichen Eröffnungsrede des ersten Schulleiters, des Oberlehrers August Ernst. Ausgebildet an einer Lehrerbildungsanstalt, war Ernst zunächst Hauslehrer, danach an einer „Höheren Töchterschule“, verschiedenen anderen Schulen in Westpreußen und schließlich in Marienburg (Ostpreußen) am Lehrer-Seminar tätig . An der Revolution 1848/49 als Liberaler beteiligt, wurde er vom Preußischen Kultusminister wegen ‘demokratischer Umtriebe’ aus dem Schuldienst entlassen. Um von seinem „Beruf auch ferner leben zu können“, kam er nach Chile, wollte zunächst eine eigene Privatschule gründen, verzichtete aber dann darauf und bewarb sich beim „Gemeindevorstand“ als Lehrer. Er bat den Vorstand, auf ihn „bei der Besetzung der Stelle an der neu gegründeten Schule zu reflectieren“ und versprach, „durch treue Pflichterfüllung (sich) des geschenkten Vertrauens jederzeit würdig zu zeigen“ (Aus dem Bewerbungsschreiben vom 21. Dezember 1857. Schularchiv). Die pädagogische Ausbildung des neuen Schulleiters und seine liberal-demokratische Gesinnung spiegeln sich auch in der Eröffnungsrede wieder, denn nicht von Zucht und Ordnung ist die Rede, wie man es vor 140 Jahren vielleicht erwartet hätte, sondern davon, dass die Schule die Kinder „erziehen und bilden“ solle und dabei dürfe auch gelacht werden, was damals offensichtlich ein ungewöhnliches Zugeständnis war. Weiter heißt es dann:

„Die ersten Erzieher der Kinder sind die Eltern; zu Gottes- und Menschenliebe dieselben zu führen ist deren Aufgabe. Es bedarf dazu keiner Wissenschaft, aber eines Her-zens voller Liebe. Den Eltern zu helfen ist die Pflicht der Lehrer; Lehrer und Eltern müssen Hand in Hand gehen. Das Ziel beider ist, das Kind zur Mündigkeit und Selbttä-tigkeit zu führen. Die Kenntnisse, welche den Zöglingen in der Schule vermittelt werden, auch sie sollen diesem Zwecke dienen.“ (Wilckens 1932, 8)

Nun sagt ein solcher Diskurs sicher nichts über die Unterrichtspraxis der ersten Schuljahre aus, aber es ist doch bemerkenswert, dass Ziele der Schule von heute, wie sie gerade vom chilenischen Ministerium formuliert worden sind, bereits von Ernst genannt wurden: „Mündigkeit und Selbsttätigkeit“, denen die übrigen Unterrichtsinhalte untergeordnet sein müssten. Und auch eine andere Forderung könnte heute auf jeder Elternversammlung an die Anwesenden gerichtet werden, richtet sich aber insbesondere an diejenigen, die ihre Kinder in der Schule abgeben und sich ansonsten wenig um sie kümmern: „Lehrer und Eltern müs-sen Hand in Hand gehen.“ Angesichts der gegenwärtig aus vielerlei Gründen immer schwieriger werdenden Aufgabe der Erziehung von Kindern eine geradezu aktuelle Forde-rung.

Der Unterricht begann mit 23 Schülern in drei Klassen, einer gemeinsamen Elementarklasse mit 22 Wochenstunden und zwei nach Mädchen und Jungen getrennten Oberklassen mit 26, später 32 Wochenstunden. In allen Klassen wurde entsprechend der Satzung der Gemeinde selbstverständlich auf Deutsch unterrichtet, bis auf „ein wenig Lesen auf Spanisch.“

Klassen- und Fächerverteilung der Schule im Jahre 1857:


Elementarklasse (Mädchen und Jungen): Lesen, Schreiben, Rechnen, Anschauungsunterricht, Lesen auf Spanisch


Knabenklasse:

Lesen, Schreiben, Rechnen, Geschichte, Geografie, Geometrie, Deutsch, Spanisch, Englisch, Zeichnen, Gesang, Französisch (Wahlfach)

Mädchenklasse:

Lesen Schreiben, Rechnen, Geschichte, Geografie, Deutsch, Spanisch, Englisch, Zeichnen, Handarbeit, Französisch (Wahlfach)


Die Teilung nach Geschlechtern fand nicht nur während des Unterrichts in den beiden Oberklassen statt, sondern auch während der Spielstunden, in den Pausen und durch verschiedene Aufgänge zu den Klassenräumen, die ebenfalls strikt voneinander getrennt waren. Wegen der zu großen Leistungsunterschiede in den Klassen wurden trotz „guter Fortschritte“, die die Kinder gemacht hatten, bereits ein Jahr später zwei weitere höhere Klassen gebildet, die aber schon bald wegen der damit verbundenen hohen Kosten zusammen gelegt werden mussten. Unterrichtet wurden die Schüler zunächst von vier Lehrern, neben dem Schulleiter von dessen Frau, und den Herren Asmus und Leonardi, letzteren für das „wenige Lesen in Spa-nisch.“ Außer dem Schulleiter hatten die übrigen Lehrer wie auch die der kommenden Jahre keineswegs alle eine pädagogische Ausbildung. So unterrichteten zeitweise ein Apotheker, ein Seemann, ein Kaufmann und ein Offizier an der Schule, denen zwar allen „gewisse Kenntnisse“ vom Schulleiter bescheinigt werden, es fehle ihnen aber „alle Methode und alle pädagogische Umsicht und Erfahrung in diesem so schwierigen Gebiete.“ Auch wenn Ernsts Befürchtung, die Schule müsse wohl auch in Zukunft mit derartigen ‘Lehrern’ arbeiten, sich auf lange Sicht als falsch erwiesen hat, so dauerte es doch über eine Generation, bis die Schule über eine pädagogisch ausgebildete Lehrerschaft verfügte.


1.4 Probleme der ersten Jahrzehnte

Vor allem zwei Probleme waren es, die Vorstand und Schule und in den ersten Jahrzehnten unablässig beschäftigten und diese zeitweise an den Rand der Schließung führten: die ständige Geldnot und die Kontrolle des Unterrichts bzw. der Lehrer, die schließlich zur Spaltung führen sollte.


1.4.1 Die finanziellen Probleme

Zunächst sah es so aus, als stehe die Schule aufgrund von Spenden und des Schulgeldes auf recht stabiler finanzieller Basis, so jedenfalls berichtet der Kassenwart Lüders in seiner er-sten Bilanz. Es zeigte sich jedoch sehr bald, dass dies nicht der Fall war und durch die Neubildung der Klassen, die relativ hohe Miete und dadurch, dass „der cobrador $ 145,50 an der Playa verlor“, die Schulden ständig wuchsen. Daher beschloß der Vorstand Schul-mobiliar, unter anderem das Klavier zu verkaufen, Klassen zusammen zu legen und die Ge-hälter der Lehrer zu kürzen. Den anderen möglichen Weg, eine Erhöhung des Schulgeldes, wagte man nicht zu gehen, da man befürchtete, einige Eltern würden ihre Kinder aus der Schule abmelden. Aber alle diese Maßnahmen halfen nur vorübergehend, insbesondere deshalb, weil die Zahl der Schüler von Jahr zu Jahr und auch innerhalb der Schuljahre relativ stark schwankte. Ein Grund dafür war die Tatsache, dass offensichtlich einige Eltern nicht so sehr an einer langfristigen Ausbildung ihrer Kinder interessiert waren. Vielmehr

„dachten und handelten sie auch in Bezug auf die Schule meistens kaufmännisch nüchtern, wirklichkeitsnah und zu zweckmäßigem Tun bereit: Drückte Sohn oder Tochter die Schulbank nur mürrisch und/oder erfolglos, so wurde das Kind hinaus ins Leben ge-schickt.“ (DSV 1982, 11).

Konnte die Schule daher nie im voraus mit einer bestimmten Schülerzahl rechnen, wuchsen die Schulden derart an, dass nur durch persönliche Spenden des Kassenwarts Lüders sowie des späteren Vorsitzenden (1868 - 74) Fischer das Überleben der ‘Anstalt’ gesichert werden konnte. Nach seinem Tod vermachte Fischer dem Vorstand darüber hinaus noch ein kleines Vermögen als Grundlage für einen Pensionsfonds für Lehrer. Die finanzielle Situation besserte sich erst allmählich, als die Schule 1861 in ein anderes Gebäude in der Straße Victoria Nr. 77 umzog, wo man erheblich weniger Miete zahlen musste, und die Schülerzahlen nach dem Rücktritt des ersten Schulleiters allmählich stiegen. Trotzdem sei an dieser Stelle angefügt, dass die Aufrechterhaltung des Schulbetriebes Jahrzehnte lang nur deshalb möglich war, weil zahlreiche Mitglieder der deutschen Gemeinschaft, darunter auch zahlreiche deutsche Juden, sowie Firmen immer wieder kleinere und zum Teil beträchtliche Geldsummen spendeten. Die Abhängigkeit von wohlwollenden Spendern hielt noch Jahrzehnte an, und so vermerkt selbst der Jahresbericht von 1932 noch 92 Spenden zwischen $ 50 und $ 4000 mit einer Gesamtsumme von $ 45.552,75, einer für die damalige Zeit außerordentlich hohen Summe. Ohne diese ständigen Spenden hätte die Schule nicht überleben können, oder aber sie hätte sich durch eine starke Anhebung des Schulgeldes zu einer Schule nur der Reichen ent-wickelt, was aber auch bis heute nicht geschehen ist.


1.4.2 Die innere Situation und Spaltung der Schule

Ein zweites Problem, das Schulvorstand, Eltern und Lehrer lange Zeit beschäftigte, schließlich zur Spaltung der Schule führte und erst vom Jahre 1901 ab einigermaßen gelöst werden konnte, war das Verhältnis des Vorstandes zum Kollegium sowie die Qualität der Lehrer und des Unterrichts.

Über lange Jahre hatte die Schule über den Mangel an pädagogisch ausgebildeten Lehrern zu klagen und musste immer wieder auf Angehörige anderer Berufe zurückgreifen, um den Unterricht überhaupt aufrechterhalten zu können. Ein Grund dafür war, dass es aufgrund der finanziellen Situation der Schule zunächst nicht möglich war - wie heute mit Unterstützung der deutschen Regierung -, Lehrer in Deutschland zu suchen, ihnen die Überfahrt und ein angemessenes Gehalt zu zahlen. Aus den genannten Gründen gab es immer wieder Klagen über die Qualität des Unterrichts, über unpädagogische Maßnahmen und über die unzureichende Führung der Schule durch Schulleiter Ernst. Als diese Klagen sich häuften, beschloß der Schulvorstand, dass die Vorstandsmitglieder „abwechselnd die Schule zu inspizieren“ hätten (Wilckens 1932,10), also eine Kontrolle über die pädagogische und Verwaltungsarbeit ausüben sollten. Schulleiter Ernst und Lehrer Asmuss traten u.a. auch deshalb zurück. Kurze Zeit nach diesem Konflikt wurde die schon in der Satzung der Gemeinde angesprochene Gründung einer Kirche durch die Bildung einer „Kirchenkommission“ konkretisiert, was auch Folgen für die Schule hatte: Der bisherige Name „Deutsche Gemeinde“ wurde am 7.12.1866 in „Deutsche Schulgemeinde“ geändert, und die Satzung wurde präzisiert:

„Die in Valparaíso ansässigen Deutschen bilden einen Verein, welcher sich die Aufrechterhaltung der Schule zur Aufgabe macht.“ (Wilckens 1932,12)

Gleichzeitig wurde das Verhältnis zur Kirche geklärt, indem es hieß:

„Die Schule bekennt sich zu keiner Konfession. Der Religionsunterricht wird von den betreffenden Geistlichen erteilt.“ (ebd.)

Damit war der überkonfessionelle Charakter der Schule festgeschrieben, und der Vorstand konnte sich zukünftig ausschließlich um deren weiteren inneren und äußeren Ausbau küm-mern. Dies tat er zunächst dadurch, dass er mit Dr. O. Fiedler einen Pfarrer, der gleichzeitig eine solide pädagogische Ausbildung besaß, als Berater, „Sachverständigen“ und Inspektor der Schule einstellte, was sogleich zum Rücktritt des Schulleiters v. Doll führte, der von Beruf Offizier war und ohne pädagogische Ausbildung die Schule geleitet hatte. Die Aufgaben Fiedlers wurden folgendermaßen beschrieben:

„Der Sachverständige hat das Recht, zu jeder Zeit die Schule zu inspizieren, und zwar sowohl die Klassen selbst wie auch überhaupt alles, was zum inneren Organismus der Schule gehört. Der Sachverständige hat das Recht, auf Abstellung etwaiger Übelstände zu dringen. (...) Sollte dies nicht den gewünschten Erfolg haben, so würden diese Übelstände entweder in einer Konferenz, und zwar im Beisein des Sachverständigen zur Be-sprechung, respektive Abstellung, kommen oder mit Hilfe des Schulvorstandes beseitigt werden müssen.“ (Wilckens 1932, 13)

Damit aber war der Kern des Spaltung gelegt: War es schon zahlreichen Gemeindemitgliedern als eine Zumutung erschienen, einen Pfarrer als Aufsichtsperson zu haben, so weigerten sich einige Lehrer, den Anordnungen Fiedlers Folge zu leisten. Der Vorstand stellte sich auf dessen Seite und beschloß kurzerhand:

„Wenn die Lehrer sich nicht dem Willen des Herrn Inspektors Dr. Fiedler fügen wollen, (sind) selbige zu entlassen. Dr. Fiedler bleibt nach wie vor für die folgenden Jahre Inspektor der Schule, und ihm ist unumschränkte Vollmacht zu erteilen für die Anordnung der inneren Angelegenheiten der Schule...Selbstverständlich haben die Lehrer und Lehrerinnen sich seinen Vorschriften zu unterwerfen.“ (ebd.)

Die betroffenen Lehrer wurden entlassen und gründeten zusammen mit den unzufriedenen Gemeindemitgliedern das ‘Deutsche-Institut’, das bis 1900 neben der Deutschen Schule bestand. Damit war die Spaltung der Gemeinde und der Schule vollzogen, die erst nach dem Ausscheiden Dr. Fiedlers durch die Zusammenlegung der beiden Schulen zum Schuljahr 1901 wieder rückgängig gemacht wurde.

Inzwischen hatte es Ende der 60er Jahre in der Struktur der Schule einige Änderungen gegeben: Zunächst wurden das ‘Knaben-’ und das ‘Mädcheninstitut’ um eine weitere Klassen-stufe erweitert, eine zusätzliche Stufe der Elementarklasse wurde eingeführt und die obere Jungenklasse wurde in Grundstufe und ‘Selecta’ geteilt.

Aufbau der Schule im Jahre 1870:

1. Elementarklasse (Jungen und Mädchen) - 1 Jahr

2. Elementarklasse (Jungen und Mädchen)- 1 - 1,5 Jahre

2. Klasse (Jungen) - 1,5 Jahre 2. Klasse (Mädchen) - 1,5 Jahre

1. Klasse (Jungen) - Grundstufe

1. Klasse (Jungen) - Selecta

1. Klasse (Mädchen) - 3 Jahre

Als langfristig bedeutendste Leistung des Schulvorstandes dieser Zeit ist aber zweifellos festzuhalten, dass er nach schon jahrelangen Überlegungen am 12. Juni 1869 ein Grundstück in der Calle Pilcomayo auf dem Cerro Concepción erwarb. Mit finanzieller Hilfe des Wohl-tätigkeitsvereins wurde hier in kurzer Zeit ein neues Schulgebäude errichtet, in dem sich, ergänzt durch Erweiterungsbauten in den Jahren 1893, 1902/03, 1910/11 und 1936 der größte Teil der Geschichte der Deutschen Schule bis zum Erdbeben 1985 abspielen sollte.


2. Konsolidierung und Ausbau der Schule

2.1 Die Ära Fiedler (1870/71 - 1900)

Mit der Übergabe der neuen Schulgebäude auf dem Cerro Concepción am 23. Januar 1870 und dem Amtsantritt Dr. Fiedlers am 1. Februar 1871 begann ein neuer Abschnitt der Schulgeschichte, der zwar einerseits durch die Spaltung der Gemeinde und der Schule gekenn-zeichnet war, der aber andererseits eine Konsolidierung in der inneren und äußeren Gestaltung der Schule bedeutete. Der Anfang der Ära aber war keineswegs leichter als die Jahre zuvor, da schon die letzten Jahre des Schulleiters v. Doll gekennzeichnet waren durch den Streit zwischen dem Schulleiter, dem Kollegium, dem Oberlehrer Asmus und dem Vorstand. Verstärkt wurden diese Auseinandersetzungen durch wiederholte Klagen der Lehrer über ausstehende Gehalts-zahlungen, die die Arbeit an der Schule für einige unmöglich machten. Nicht zuletzt diese Situation hatte schließlich zur Übertragung der Schulleiterfunktion auf Fiedler geführt, da dieser als „Inspektor“ ohnehin bereits Einfluss auf das Schulgeschehen genommen hatte. Neben den bereits genannten Problemen, die auch die kommenden Jahre anhielten, sah sich Fiedler einer weiteren Aufgabe gegenüber, deren Lösung bisher nicht möglich gewesen war: Die oben dargestellte Differenzierung der Klassen sowie der Anstieg der Schülerzahlen und gestiegene Erwartungen einiger Eltern machten eine genauere Abstimmung darüber notwendig, was die Schüler in den einzelnen Fächern und Jahren lernen sollten. Fiedler nahm daher eine Anregung v. Dolls wieder auf und schlug vor, Lehrpläne für die einzelnen Klassen und Fächer auszuarbeiten. So lobenswert und notwendig dieses Vorhaben war, stieß es doch auf den erbitterten Widerstand der Lehrer. Diese befürchteten offensichtlich, dass Fiedler über die Lehrpläne ihre Ar-beit lenken und letztlich auch kontrollieren wollte. Eine Befürchtung, die aus ihrer Sicht zweifellos berechtigt war, besaßen doch die meisten keine Fachbildung. Ihre Ablehnung begründeten sie mit dem Hinweis auf die heterogene Schülerschaft in den einzelnen Klassen, in denen ja immer noch Schüler unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Leistungsfähigkeit saßen:

„Unter den obwaltenden Umständen (sei) die Ausarbeitung eines solchen Lehrplans ein theoretisches Machwerk, ohne praktischen Nutzen.“ (Wilckens 1932, 16)

Demgegenüber argumentierte Fiedler, ein Lehrplan sei nötig, weil er den Lehrern

„das Ziel klar und deutlich vor Augen stelle, dem unter allen Bedingungen zugearbeitet werden müsse, selbst wenn es voraussichtlich in der unmittelbar nächsten Zeit nicht erreicht werden könne.“ (Ebd.)

Da die Lehrer nicht nachgaben, holte sich Fiedler Rückendeckung beim Vorstand und arbeitete die Pläne allein aus. Nicht genug damit, sah er sich auch noch gezwungen, ständig innerschulische Lehrerfortbildung durchzuführen, um den Kollegen zu zeigen, welchen Un-terrichtsstoff sie vermitteln sollten und wie dies methodisch zu bewerkstelligen war. Zu die-sem Zweck gab Fiedler über mehrere Jahre regelmäßig Probelektionen für die übrigen Kolleginnen und Kollegen. Diese Tätigkeit übte er praktisch während seiner gesamten Amtszeit aus, da von den 58 Lehrern und 19 Lehrerinnen seiner Zeit ganze 18 Lehrer und 9 Lehrerinnen eine pädagogische Ausbildung hatten. Aber auch andere Probleme gestalteten die unterrichtliche Arbeit nicht eben leichter: Da es keine Schulpflicht gab, besuchten eine Reihe von Schülern nur unregelmäßig die Schule; aufgrund der sehr unterschiedlichen sozialen Stellung der Eltern hatten diese ganz ver-schiedene Erwartungen im Hinblick auf die einzelnen Fächer und Ziele; immer noch ver-ließen Schüler die Schule zu früh, um zu einem einigermaßen Schulabschluss zu kommen; und schließlich taucht in diesen Jahren erstmals in der Schulgeschichte der Hinweis an die Eltern auf, „die Muttersprache (Deutsch) nicht der Landessprache (Spanisch) zu opfern“. Seit dieser Zeit ist das Bemühen um die Erhaltung und Förderung der deutschen Sprache ein Topos in den (vorhandenen) Jahresberichten der Schulleiter, in Fachkonferenzen und Brie-fen an die Elternschaft. Immer wieder werden die Eltern gemahnt, mit ihren Kindern Deutsch zu sprechen, und werden die verschiedensten organisatorischen, inhaltlichen und didaktisch-methodischen Bemühungen dargestellt, mit denen man die deutsche Sprache för-dern wollte. Neben all diesen Schwierigkeiten musste sich Fiedler auch noch um die Gehälter der Lehrer kümmern, die nach wie vor unzureichend waren und nicht immer regelmäßig bezahlt wurden. So ziehen sich Klagen über ausstehende Gehälter wie ein roter Faden durch den umfangreichen Schriftwechsel Fiedlers mit dem Vorstand. Der Brief eines Lehrers aus dem Jahre 1873 sei wegen seines fast satirischen Tones zitiert. Nach einer langen Aufzählung der Gründe für eine Gehaltserhöhung heißt es darin weiter:

„erlaube ich mir dem Vorstand gegenüber die Bitte auszusprechen, mich für meine Leistungen ebenso zu honorieren, wie H. Asmus für das, was er nicht geleistet hat, honoriert worden ist. Auf den Einwurf, dass er ein Familienvater gewesen sei, habe ich weiter nichts zu entgegnen, als dass ich mich bemühen werde, falls solches wesentlich zur Erhöhung der Lehrfähigkeit beitragen sollte, ein solcher zu werden.“ (A.C.Hensel 1873 an den Vorstand, Schularchiv)

Schulleiter Fiedler hat sich immer wieder für eine bessere Bezahlung der Lehrer eingesetzt, da ihm klar war, dass es nur dadurch möglich sein würde, qualifiziertes Lehrpersonal zu finden und an der Schule zu halten. Und tatsächlich gibt es am Ende seiner Amtszeit erstmals nur noch pädagogisch ausgebildete Lehrer, gibt es Lehrpläne für alle Fächer, Stipendien für bedürftige Schüler und ist die Struktur der Schule gründlich verändert. Waren bereits 1875 eine Elementarklasse und drei „Grundschulklassen“ eingerichtet wor-den, von denen die vierte mit Englischunterricht sowie Geografie, Naturlehre und Geschich-te statt Heimatkunde bereits in Richtung auf eine Realschule wies, und gab es vier statt bisher drei Oberklassen, so wurde 1898 der Unterrichtsstoff auf insgesamt neun Jahre ver-teilt. Damit war man dem Ziel einer „höheren Töchterschule“ für die Mädchen und einer „lateinlosen Realschule“ nach deutschem Vorbild sehr nahe gekommen. Und schließlich wurden in der Zeit Fiedlers auch noch weit reichende Entscheidungen für den weiteren Ausbau der Schule getroffen: 1882 wurde ein weiteres Grundstück erworben, auf dem später das „Deutsche Haus“ errichtet wurde. 1883 wurde die Straße zwischen Turn-platz und Schule gekauft, und 1885 erhielt der Turnverein vom Schulvorstand die Ge-nehmigung, auf dem Schulgelände eine Turnhalle zu bauen, die über Jahrzehnte hinweg Mittelpunkt der sportlichen und insbesondere turnerischen Ausbildung der Schüler und Mit-glieder der Turnerriegen wurde und darüber hinaus auch für gesellschaftliche Zwecke ge-nutzt wurde. Jedenfalls bis zum Jahre 1897, als in einer großen Anstrengung der Gemeinschaft das „Deutsche Haus“ eingeweiht wurde. Bis auf den heutigen Tag, vor allem aber bis zum zweiten Weltkrieg war dieses einzigartige Gebäude der Mittelpunkt schulischer und gesellschaftlicher Veranstaltungen der deutschen und der deutsch-chilenischen Gemein-schaft der Region. Hier fanden die Bazare der Schule statt, Gedenkfeiern aus verschiedenen Anlässen, Jubiläen, Festveranstaltungen der deutschen Vereinigungen, die Entlassungsfeiern der abgehenden Schüler und schließlich Theater- Chor und Musikveranstaltungen aller Art.

So war die Deutsche Schule beim Rücktritt Fiedlers im Jahre 1900, der aus gesundheitlichen Gründen erfolgte, innerlich neu organisiert, hatte Lehrpläne für alle Fächer, besaß ausgebildete Lehrer, hatte eine klare Zielvorstellung für die Zukunft und besaß eine für die damalige Zeit außerordentliche Infrastruktur. Mit recht ist daher Fiedler ebenso wie sein Stellvertreter Wilckens, von dem nachfolgend die Rede sein wird, als einer der bedeutenden Schulleiter in deren Geschichte eingegangen.


2.2 Das „Deutsche Schul-Institut“

Das Deutsche Institut wurde nach seiner Abspaltung von der deutschen Schule zunächst von den zwei ‘Dissidenten’, den aus Deutschland stammenden Lehrern Gabriel und Gerckens geleitet, nach deren Rücktritt von zwei anderen Kollegen, ehe im Jahre 1878 Dr. Friedrich Stoppenbrink (als Schulleiter) und 1879 Adolf Wilckens (als Konrektor) die Leitung übernahmen. Beide blieben bis zur Zusammenlegung der beiden Schulen im Jahre 1900 in der Schulleitung und wurden danach in ihren Funktionen in die wiedervereinigte Schule übernommen. Wilckens war vom Vorsitzenden der Schule Hoermann in Deutschland unter Vertrag genommen worden. Bis zum Jahr 1921 hat er dann durch seine Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter in den beiden Schulen, als Autor mehrerer Bücher und Artikel und somit als wichtiger Zeitzeuge, als Vorsitzender des Lehrervereins sowie als Regionalvertreter des deutsch-chilenischen Bundes ganz erheblichen Anteil an der weiteren Entwicklung und dem Ausbau der Schule sowie der deutsch-chilenischen Gemeinschaft gehabt. Das Institut war zunächst nacheinander in zwei gemieteten Häusern untergebracht, die beide als Schulgebäude nicht ideal waren. So berichtet Wilckens, dass Stoppenbrink und er im zweiten Gebäude hätten unterrichten müssen, während über ihnen im Pensionat Kinder Rollschuh gelaufen seien, was damals offensichtlich gerade modern war. Da gegen Abend alle Schüler des Pensionats dieser Freizeitbeschäftigung nachgingen, verschaffte Wilckens sich und seiner Frau auf sehr originelle Art Ruhe, er erzählte den Kindern stundenlang Geschichten:

„Das war nicht ganz so einfach, denn erstens standen die Kinder in ganz verschiedenem Alter, und zweitens beherrschten gar nicht viele die deutsche Sprache, so dass ich - es sollte doch keine Arbeit, sondern Freude sein - in spanischer Sprache erzählen musste. Die sie interessierenden Märchen waren bald erschöpft, und ich griff zu anderen Stof-fen, und habe oft lächelnd gedacht, was (Fritz) Reuter wohl gesagt haben würde, wenn er seine „Festungstied“ oder „Hanne Nüte“ in spanischer Sprache hätte erzählen hören können.“ (Wilckens o.J., 189)

Erst Jahre später konnte das Institut in ein neues Gebäude in der Calle Templeman 61 ein-ziehen, das den Notwendigkeiten der Schule besser angepasst war. Finanziell getragen wurde die Schule von den Gründungsmitgliedern, die sich verpflichtet hatten, ein doppeltes Schulgeld zu zahlen, und vom Vorsitzenden Hoermann, der über viele Jahre die Schule praktisch als sein Eigentum führte. Erst als seine Kinder die Schule ver-lassen hatten, ließ seine Unterstützung allmählich nach, und Stoppenbrink und Wilckens übernahmen das Institut und das Pensionat als ihre private Anstalt. In dem 1901 erschienenen Werk „Deutsche Schulen und deutscher Unterricht im Ausland“ wird das Schulgebäude in sehr positiven Worten beschrieben:

„Die Schule verfügt über zwei Gebäude; in dem einen sind sechs Klassenräume und ei-ne Privatwohnung für Herrn Dr. Stoppenbrink. Die Klassenzimmer sind groß und hell; ein recht großer Platz dient zum Spielen und Turnen. Das zweite Gebäude liegt etwas entfernt davon; in ihm wohnt Herr Wilckens mit seiner Familie und ca. 25 - 30 Pensio-nären. Das Haus ist speziell für diesen Zweck gebaut, hat über 20 große Zimmer, Küche, Vorratsräume, einen großen Esssaal, Garten, Spielplatz, mehrere Höfe, für Geflügel, Pfer-de usw. Mit Stolz kann die Schule darauf hinweisen; es wird nicht leicht ein schöneres Pensionshaus zu finden sein; seine Lage auf einem die Stadt einschließenden Hügel ge-währt herrliche Aussicht über den Hafen und die Andenkette. Die Schule hat fünf Klassen, in jeder bleiben die Kinder zwei Jahre. Sie wird durchschnittlich von 100 Knaben und 20 bis 30 Mädchen besucht.“ (a.a.O.)

Wilckens selbst ergänzt dazu in seiner Autobiographie:

Die Schule ging „in den meisten Fächern nicht über das Ziel einer guten Hauptschule hinaus, unterschied sich aber dadurch völlig von ihr, dass in ihr vier Sprachen unter-richtet wurden. Großes Gewicht wurde auf Fertigkeit im Rechnen und auf eine gute Handschrift gelegt; denn mit wenigen Ausnahmen traten die aus der Schule entlassenen Knaben als Lehrlinge in deutsche Handelshäuser ein, und sie für ihren Beruf vorzu-bereiten, galt als das Hauptziel der Anstalt. In der Oberklasse wurde außerdem recht eingehender Unterricht in Physik, Chemie und Mineralogie erteilt, weil es Herrn Hoermanns Lieblingsidee war, dass seine eigenen Söhne in diesen Fächern mit guten Kennt-nissen ausgerüstet würden, die ihnen hier im Lande des Salpeters und der Minen später nützlich werden könnten.“ (Wilckens, o.J., 24)

Die größten Probleme des Instituts ergaben sich aus der sozialen Zusammensetzung der Schülerschaft und aus deren zum Teil geringen Deutschkenntnissen. Wahrend nämlich die deutschen Familien ihre Kinder überwiegend in die deutsche Schule schickten, „besuchten Spanisch sprechende Kinder, die entweder deutscher Abstammung oder Chilenen waren, sowie Bolivianer, Peruaner, Engländer oder Franzosen“ das Deutsche Institut. (ebd., 183) Wegen der intellektuellen Unterschiede unter den Schülern führten Wilckens und Stoppenbrink eine Form der äußeren Differenzierung des Unterrichts ein: Sie legten den von ihnen in den beiden oberen Klassen gegebenen Unterricht parallel, so dass es möglich wurde, Leistungsgruppen zu bilden. Auf diese Weise konnte ein Schüler in einem Fach in der stärkeren Klasse sein, in einem anderen, in dem er nicht so begabt war, in der schwächeren. Ein System, das Jahrzehnte später in der Diskussion um die Reform des Schulwesens in Deutschland eingeführt wurde, um den Möglichkeiten jedes einzelnen Schülers gerecht zu werden. Da sich die Schülerschaft wenigstens zu großen Teilen aus unterschiedlichen Elternkreisen rekrutierte, ließen auch die Spannungen zwischen den beiden Schulen allmählich nach. Und so gelang es dem Vorsitzenden der Schulgemeinde, Friedrich Walter, Stoppenbrink und Wilckens zu überzeugen, das eigene Institut aufzugeben und in die Schulleitung der Deutschen Schule einzutreten. Der Entschluss hierzu fiel den beiden vor allem deshalb nicht schwer, weil sie in den letzten Jahren nur noch unter außerordentlich großen Anstrengungen, von der auch Wilckens Frau als Leiterin des Pensionats betroffen war, das eigene Privatinstitut hatten aufrechterhalten können.


3. Auf dem Weg zur anerkannten Schule (1900 - 1927)

Die folgenden Jahre der Schule weisen wie kaum andere vorher und später in kurzer Abfolge Höhen und Tiefen ihrer Geschichte auf: Nach zahlreichen Neuerungen im inneren und äußeren Aufbau stellt die Schenkung des Ferienheims in Limache zweifellos einen der Glücks-fälle in der Schulgeschichte dar. Ihr gegenüber stehen das Erdbeben von 1906 und die Auswirkungen des 1. Weltkrieges. Und trotz dieser Rückschläge wird die Schule im Jahr 1927 als Realschule von der Deutschen Reichsregierung anerkannt und stellt eine der besten deutschen Auslandschulen der Zeit dar.


3.1 Erweiterung der Gebäude und der Ausstattung

Die Zusammenlegung der beiden Schulen führte zu einer deutlichen Erhöhung der Schülerzahl von 192 im Jahre 1900 auf über 300 zu Beginn des neuen Schuljahres. Daher wurde 1902/03 ein Erweiterungsbau durchgeführt. Neben dem alten Schulhaus wurden zwei Klassenräume sowie ein Fachraum für Chemie und Physik und ein Sammlungsraum errichtet. Darüber hinaus wurde der Schulhof erweitert und die „Aborte wurden in zweckmäßiger und modernen Anforderungen entsprechender Weise umgebaut.“ (DSV 1905,10) Aber auch diese Ergänzungsbauten reichten schon bald nicht mehr aus, da die Schülerzahl sich innerhalb von 10 Jahren (1900 - 1910) fast verdoppelte. Daher wurde bereits 1910 auf dem Turnplatz ein zweistöckiges Gebäude für weitere vier Klassenräume errichtet. Der ver-loren gegangene Teil des Pausenhofs wurde dadurch wiedergewonnen, dass „mit Hülfe von Eisen und Cement am Bergabhange ein neues Terrain gewonnen“ wurde. (DSV 1920, 11) Zweifellos eine Besonderheit war die Bestuhlung dieser Räume: Die neuen Schulbänke wurden aus Lingue-Holz gefertigt und mit Eisenbeschlägen einer deutschen Firma versehen. Für diese Bänke erwarb die Schule das Patentrecht, vermutlich das einzige, das jemals eine deut-sche Schule in Chile besessen hat. Da durch die Erhöhung der Schülerzahlen auch die Einnahmen stiegen, konnten nunmehr allmählich auch die Lehrer besser bezahlt werden, mit der bereits erwähnten Stiftung Fi-schers wurde ein Pensionsfonds errichtet, und die noch zur Verfügung stehenden Gelder wurden für den Erwerb didaktischen Materials genutzt. Die neu errichteten Funktionsräume (Physik/Chemie) wurden mit Arbeitstischen ausgestattet, die den Schülern Experimente ermöglichten, Material für den „Anschauungsunterricht“ wie Karten, Bilder und Zeichnungen wurden erworben, und die Schülerbibliothek, die im Jahre 1911 bereits über 500 Bände enthielt, sowie die der Lehrer wurden ständig erweitert. Dabei wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass die Lehrer über die aktuellen Entwicklungen in Deutschland informiert wurden, was dadurch deutlich wird, dass mehr als 10 Zeit-schriften abonniert wurden und in den 20er Jahren bereits jedes Fach über eine Fachzeitschrift aus Deutschland verfügte. Mit Fug und Recht kann man daher behaupten, dass die Schule eine der am besten ausgestatteten ihrer Zeit war. Dies hat sicher auch dazu beigetragen, dass zunehmend Eltern aus ande-ren Ländern (neben Chilenen auch Österreicher, Holländer, Dänen und Engländer) ihre Kin-der auf die Schule schicken wollten. Der Vorstand sah sich daher genötigt, strenge Kriterien für die Aufnahme von Schülern zu formulieren, um auf diese Weise den Erhalt der deut-schen Sprache zu sichern.

== 3.2 Das Erdbeben 1906 ==


Eigentlich hatte das Jahr 1906 ein besonderes in der Geschichte der Schule werden sollen: Die große Zahl der neu angemeldeten Schüler bestätigte ihre erfolgreiche Arbeit, neue Bau-pläne wurden ins Auge gefasst, und am Jahresende wollte man mit den Vorbereitungen zum 50. Jubiläum beginnen. Einem Jubiläum, bei dem man zu recht mit Stolz auf die geleistete Arbeit und die Anstrengungen der deutschen Gemeinde zurückblicken wollte. Aber es kam ganz anders: Am 16. August zerstörte ein starkes Erdbeben große Teile der Stadt einschließlich der Schulgebäude und des Wohnheims für Schüler, das von Frau Wilckens geleitet wurde. Fünf Schüler des Pensionats verloren ihr Leben unter den Trümmern des Pensionats zusammen mit ihrer Leiterin. Ein Schüler, den sie mit ihrem eigenen Körper geschützt hatte, über-lebte. Der Vater einer Schülerin starb zusammen mit seiner Tochter. Ein zeitgenössischer Bericht im zweiten Teil dieser Festschrift schildert anschaulich die Zerstörungen und die Ängste der Menschen, daher sei hier nur kurz aus dem Jahrbuch der Schule zitiert:

„So viel Kummer und Sorgen wie in diesem Jahr haben wohl noch nie auf unserer Kolonie geruht, so lange sie hier, fern dem alten Vaterlande, ihr neues Heim gefunden hat; so viele Tränen sind wohl noch nie vergossen worden. Manchem ist die Frucht müh-seliger Arbeit vieler, langer Jahre vom Sturme abgerissen worden; andere stehen blutenden Herzens am Grabe ihrer Lieben, die in der Blüte des Lebens dahingerafft wurden durch das mitleidlose Walten der unheimlichen Naturkraft, die am 16. August unsere Stadt in einen wüsten Trümmerhaufen verwandelte.“ (DSV 1906, 10)

Wegen der Zerstörung der Gebäude fand einen Monat lang kein Unterricht statt, und ein Teil des gerade vor wenigen Jahren errichteten Neubaus konnte gar erst zum Schuljahrsbeginn 1907 wieder genutzt werden. Fast ebenso dramatisch war der Rückgang der Schülerzahlen: Statt der für 1906 angemeldeten 396 waren es nach dem Erdbeben nur noch 279! Einige Eltern hatten die Stadt ver-lassen, andere konnten ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken, weil das Beben ihnen ihre gesamte Habe genommen hatte, wieder andere behielten Kinder aus Angst zu Hause, weshalb zum Beispiel kein Kind zum Besuch des ersten Schuljahrs kam. Es dauerte einige Zeit, bis sich die Gemeinde und die Schule von diesem Schicksalsschlag erholt hatten. Dass dies schließlich doch gelang, dazu hat sicher auch die Hilfe von außen beigetragen:

„So gedenken wir dankbaren Herzens auch der Teilnahme, die aus weiter Ferne uns entgegengebracht worden ist. Trostesworte sind uns von nah und fern gesprochen worden, und selbstlose Mildtätigkeit hat auch in äußerer Weise versucht, die Not unter uns zu lindern. In reichlichem Maße sind uns Gaben aus der alten Heimat geworden.“ (ebd.)

Erst im Jahr 1925 erreicht die Schule wieder die Schülerzahl von 1906.


3.3 Auswirkungen des 1. Weltkrieges

Auch wenn die Arbeit in der Schule während des ersten Weltkrieges fortgesetzt wird, ja die Jahre vorher und nachher sogar als besonders reformfreudig und erfolgreich angesehen werden können (vg. 3.5), hat sich der Krieg dennoch auf die deutsche Kolonie und die Schule ausgewirkt, und zwar sowohl in ganz konkreten Ereignissen, insbesondere aber in der Stimmung.

Die Gründer des Deutschen Vereins und später die der Schule hatten noch die Zerrissenheit Deutschlands bedauert, das immer noch kein Nationalstaat war, und ihre Gründungen geradezu als ein Modell und als Verpflichtung im Sinne dieser Einheit verstanden:

„So wenig wir Deutschen leider in politischer Hinsicht unsere nationale Stellung , anderen Nationen gegenüber, geltend machen können, um so mehr müssen wir auf unsere deutsche Erziehung und Bildung Gewicht legen.“ (Schreiben des Vorstandes „an alle Deutschen“ 1863, Wilckens 1932, 15)

Um so begeisterter war man dann über die durch Preußens Waffen errungene Einheit des Jahres 1871 und den allmählichen Aufstieg Deutschlands zu einer Großmacht. Glaubte man doch, nunmehr den anderen Nationen mit erhobenem Haupt gegenübertreten zu können. Die Erinnerung an die Gründung des Deutschen Reiches, seine Größe und sein Anspruch auf eine entsprechende Stellung in der Welt wurden immer wieder betont:

„Der Gedanke, Deutschland sei entschlossen, sich einen Platz an der Sonne zu erobern, zündete auch in den Herzen der hier in Chile, dem entferntesten Erdenwinkel, lebenden deutschen Brüder.“ (Wilckens, o.J., 202)

Verschiedene Veranstaltungen der deutschen Gemeinde und der Schule hielten diese Vor-stellungen wach (u.a. Bismarck-Feier, Feier zur 100. Wiederkehr des Sieges über Napoleon, Kaisers Geburtstag). Diejenigen, die vorsichtiger waren, die wussten, was ein Krieg für Menschen und den Handel, von dem sie lebten, bedeutete, die versuchten, vor der Gefahr des deutschen Weltmachtstrebens zu warnen, wurden als „räudige Schafe“ gebrandmarkt. Insofern überrascht es nicht, dass bereits 1896 zu einer Sammlung der Deutschen in Chile für eine Kriegsflotte aufgerufen wurde, mit deren Geldern das Kanonenboot „Vaterland“ finanziert wurde, und am 15.12. 1911 wurde die „Ortsgruppe des Flottenvereins Valparaísos“ gegründet, der am selben Tag 300 Mitglieder beitraten. Mit Beginn des Krieges 1914 nahm die Bereitschaft zur Unterstützung der Heimat weiter deutlich zu: 67 ehemalige Schüler der deutschen Schule, obwohl ihrer Staatsangehörigkeit nach z. T. auch Chilenen, blieben in oder reisten nach Deutschland, um am Krieg teilzunehmen. 18 von ihnen kehrten aus den mörderischen Schlachten der Stellungskriege nicht zurück. Ausschüsse wurden gebildet, um Geldsammlungen als Hilfe für Deutschland zu organisieren, Listen für freiwillige Spenden angelegt, regelmäßige Bazare an der Schule durchgeführt, für die die Schüler und vor allem die Schülerinnen und deren Mütter wochenlang arbeiteten, häkelten, nähten und strickten, um das Angebot des Bazars zu vergrößern. Besonders stolz war man darauf, dass der größte während des Krieges durchgeführte Bazar der deutschen Kolonie mehr Geld einbrachte als ein von Engländern und Franzosen gemeinsam organisierter. Offiziere und Mannschaften deutscher Kriegsschiffe (u.a. „Dresden“ und „Leipzig“ sowie „Scharnhorst“ und „Gneisenau“) wurden mit Begeisterung empfangen, große Festessen und Bälle zu ihren Ehren veranstaltet. Im Geschichtsunterricht wurde noch mehr als bisher auf die ‘Großen’ der deutschen Geschichte, auf ihre Kämpfe und Siege eingegangen. Kriegs-literatur fand Eingang in die Bibliothek, Vorträge und Filme über den Krieg wurden gehalten und schließlich wurde 1916 der „Junghelferbund“ gegründet, der bis 1919 besonders aktiv war bei der Sammlung von Geldern für die Unterstützung der Heimat.

Im Zusammenhang mit dem 1. Weltkrieg entstand auch der Deutsch-Chilenische Bund. Er wurde 1916 gegründet

„zur Verteidigung gegen die Angriffe unserer Feinde, gegen ihren Versuch, den deutschen Handel in Chile lahmzulegen, gegen den Pressekrieg, gegen die Anschuldigungen und Ver-leumdungen unseres Volkes“,

wie Karl Wilkens, langjähriger Vertreter des Bundes der Region Valparaíso, in seiner Au-tobiographie schreibt. (a.a.O., S. 219) Mindestens für die damalige Zeit galt, dass sein Name

„insofern nicht ganz glücklich gewählt (war), als er leicht zu dem Irrtum Veranlassung gibt, als sei der Bund eine Vereinigung von Deutschen und Chilenen, während er in Wirk-lichkeit die Zusammenschließung der in Chile lebenden Deutschen ausdrücken soll ... Der Bund erstrebt die Vereinigung aller in Chile lebenden Reichsdeutschen und Deutsch-Chilenen.“ (ebd.)

Der DCB und insbesondere der „Schulausschuss“ des Bundes hat von seiner Gründung bis in die Gegenwart hinein Koordinierungs- und Beratungsaufgaben für die Schulen über-nommen und stellt damit so etwas wie das Bindeglied der über das ganze Land verteilten deutschen Schulen dar.

Die Aktivitäten in der Schule und der deutschen Gemeinschaft in Valparaíso zur Unter-stützung der Heimat ließen allmählich nach - hörten aber nie ganz auf - nachdem am 6. April 1917 die USA offiziell in den Krieg eingetreten waren. Es kamen keine Nachrichten mehr, da der Kabeldienst in den Händen der Engländer lag, und der Telegraphendienst, der über die USA gelaufen war, abgebrochen wurde. Materiell spürbar wurde der Krieg durch den Austritt der Schüler anderer Nationen aus der Schule, das Fernbleiben spanisch-sprachiger (chilenischer) Lehrer, das Ausbleiben von Schulmaterial und Lehrern aus Deutschland und durch die Aufstellung von (nacheinander) „Schwarzen“, „Grauen“ und „Weißen“ (Proskriptions-) Listen, die die deutschen Unternehmen existenziell bedrohten, da der Handel mit ihnen zunehmend eingeschränkt und schließlich verboten wurde.

Ebenso groß wie das Engagement während des Krieges waren schließlich Trauer und Be-stürzung über die Niederlage, deren Folgen für Deutschland unübersehbar waren, mit der man sich aber letztlich - wie viele in Deutschland - nicht abfinden wollte:

„Echtes deutsches Wesen wird sich Bahn brechen, und aus den Ruinen wird neues kräf-tiges Leben emporschießen.“ (DSV 1920,5)


3.4 Das Ferienheim

Seit ihren Anfängen hatte sich die Schule ganz wesentlich aufgrund der zahlreichen Spenden von Privatpersonen und Firmen in derart positiver Weise entwickeln können. Das Schulgeld allein hätte dafür nicht ausgereicht. Und trotz der großen Spendenbereitschaft in all den Jahren gibt es in der Schulgeschichte nur selten Augenblicke, in denen von einem einzelnen Geschenk solcher Bedeutung und Tragweite berichtet werden kann, wie von dem des Ferienheims. Zwar war im Schulvorstand schon des öfteren mit dem Gedanken gespielt worden, für die Schüler einen Ort der Erholung von der Stadt und der Begegnung mit der Natur zu erwerben, aber erst das Schicksal der Familie des damaligen Vorsitzenden (1915 - 1921) des Schulvereins, Walter Bade, war der Anlass dafür, dass sie der Schule das Ferienheim in Limache schenkte. Zwei ihrer Söhne, Hugo und Walter Bade, waren im Krieg gefallen. Zu ihrem Vermächtnis formulierte der Vorsitzende Bade:

„Niemals wieder werde ich das fröhliche Lachen meiner beiden Knaben vernehmen. Ich will versuchen, einen Ersatz dadurch zu finden, dass ich den Kindern meiner hier lebenden Landsleute eine Stätte der Freude und der Lust bereite. In Limache habe ich ein Haus mit Garten erworben, es ist die große, früher Herrn Hoermann gehörende Quinta. Der Schule mache ich sie zum Geschenk, damit sie ihren Schülern als Ferienheim diene. Ich bitte jetzt Sie, meine Freunde, helfen zu wollen, dass in allen Kreisen unserer Kolo-nie größere oder kleinere Spenden aufgebracht werden für die innere Einrichtung. Es würde mich freuen, wenn die ganze Kolonie das Ferienheim als ihr eigenes Heim ansä-he, zu dem jeder beigetragen hat. Meine Absicht ist, dieses Bewußtsein zu wecken, auf die Größe der Beihülfe kommt es mir nicht an, jeden verbleibenden Rest füge ich meiner Stiftung hinzu.“ (zit. nach: Wilckens o.J., 228)

Die erwarteten Beträge kamen zusammen, das Ferienheim wurde renoviert, der Garten unter Leitung von Konrektor Wilckens eigenhändig aufgeräumt und im September 1918 fand die Einweihung des knapp 40.000 m2 großen Geländes statt.

Zwei Berichte im zweiten Teil dieser Schrift erinnern an den damaligen Zustand des Gartens sowie an eine der zahlreichen Klassenfahrten, die in Zukunft von unzähligen Klassen dort-hin stattfinden sollten. Alle deutschen Schulen der Region haben im Laufe der Jahrzehnte daran teilgenommen. Für viele Schülerinnen und Schüler ist das Ferienheim verbunden mit den schönsten Erinnerungen an ihre Schulzeit, an Freundschaften, Spiele und Abenteuer, an Projekte und Besuche bei Firmen und Institutionen, an Begegnung mit der Natur, Untersuchungen der Flora und Fauna, den Aufstieg zur Campana und an den Wunsch, wieder dorthin zurückkehren zu können. Aber nicht nur die Schule hat großen Gewinn vom Ferienheim gehabt. Immer wieder treffen sich hier bis heute ehemalige Schülerinnen und Schüler, Institutionen der deutsch-chilenischen Gemeinschaft, Lehrer der deutschen Schulen, Familien mit ihren Angehörigen. Und alle zwei Jahre findet hier die „Kermesse“ statt, das größte Fest der deutsch-chilenischen Gemeinschaft der Region. Sie vereinigt Tausende Freunde und Förderer der Schule und alle, die an ihrem Gründungstag einige Stunden in geselliger Runde traditionelle deutsche Ge-tränke und Speisen genießen wollen. Insofern ist der Wunsch des Stifters mehr als nur in Erfüllung gegangen, wozu W. Bade aber selbst durch zahlreiche weitere Spenden und durch die Unterstützung bedürftiger Schüler bei ihren Aufenthalten in Limache beigetragen hat.


3.5 Kontinuität und Wandel: Schulstruktur und pädagogische Reformen

Am Ende der Ära Fiedler schien die Schule äußerlich im wesentlichen einer deutschen Volksschule zu entsprechen, tatsächlich jedoch waren die Anforderungen insbesondere im Hinblick auf die geforderten Fremdsprachenkenntnisse deutlich höher. Begann der Unter-richt im ersten Schuljahr mit 16 Stunden Deutsch, sechs Stunden Rechnen sowie zwei Stun-den Singen, kamen bereits im 3. Schuljahr vier Stunden Spanisch, in Klasse vier je zwei Stunden Naturwissenschaften, Geschichte, Geografie und Religion hinzu. In Klasse 5 folg-ten sechs Stunden Englisch und zwei Stunden Geometrie, und schließlich in Klasse 7 noch vier Stunden Französisch und zwei Stunden Algebra. Entsprechend der Zunahme der übrigen Fächer nahm die Stundenzahl im Fach Deutsch zwar ab (von 16 über 14 und 8 bis schließlich 6 vom vierten Schuljahr an), aber Schüler, die im Deutschen nicht sicher waren oder die Sprache neu erlernen mussten, hatten zusätzlich in den ersten Jahren sechs Stunden „Anschauungsunterricht für nicht Deutsch sprechende Kin-der“, und im übrigen fand der gesamte übrige Unterricht ebenfalls auf Deutsch statt. Und trotzdem sahen sich Schulleiter Stoppenbrink und sein Stellvertreter Wilckens gezwungen, die Eltern zu bitten, mit ihren Kindern zu Hause ständig Deutsch zu sprechen, denn die Schule könne

„unmöglich die volle Verantwortung auf sich nehmen für das Deutschtum der Kinder, deren Eltern dasselbe zu Hause selbst nicht genügend pflegen.“ (DSV 1905,12)

Um die Eltern davon zu überzeugen, dass die Schule gute Arbeit leiste, wurden vom Vorstand 1901 öffentliche Prüfungen am Ende jedes Schuljahres eingeführt, die außerdem den

„Eltern Gelegenheit geben (sollten), die Lehrer vor der Klasse zu beobachten, um die Art und Weise ihres Verkehrs mit den Kindern kennen zu lernen.“ (ebd., 5)

Offensichtlich haben sich diese Prüfungen oder deren öffentlicher Charakter nicht besonders bewährt, wurden sie doch bereits einige Jahre später wieder aufgehoben. Langfristig bedeutender und pädagogisch folgenreicher waren jedoch zwei andere Entscheidungen dieser Jahre: die Einführung eines Kindergartens im Jahre 1913 (vgl. dazu den Arti-kel im zweiten Teil) sowie die Verkürzung des Unterrichtstages. Um den Schülern einen freien Nachmittag zu verschaffen, ließ man zunächst 1908 den Unterricht am Sonnabend Nachmittag ausfallen, beschränkte den Nachmittagsunterricht ab 1910 auf zwei Nach-mittage, und schließlich wurde 1914 die so genannte „ungeteilte Unterrichtszeit“ eingeführt, d.h. Unterricht ausschließlich am Vormittag:

„So ist die nötige Zeit frei gelassen für Sport, Spiel und Bewegung in freier Luft, und ferner sind die Schüler in der Lage, sich an eine geregelte Arbeitszeit für ihre häusliche Aufgabe zu gewöhnen.“ (DSV 1914, 6)

Dieser einheitliche Vormittagsunterricht, der jahrzehntelang Kennzeichen der Schule war, war Teil einer umfassend und langfristig angelegten Schulreform, die der Vorstand 1913 zusammen mit dem Nachfolger Stoppenbrinks, Rudolf Stier, beschloss, nämlich „die Schule nach dem Muster einer Reichsdeutschen Realschule unter Berücksichtigung der Lehrpläne der chilenischen Staatslizeen“ zu erweitern. (ebd., 3) Ausgehend von den ungeheuren Fortschritten in Wissenschaft und Technik in Deutschland, das gerade dabei war, England auf industriellem Gebiet den Rang abzulaufen, sollten neben der Muttersprache Deutsch und den neueren Fremdsprachen (Spanisch, Englisch und Französisch) nun auch an der deutschen Schule in Valparaíso die „Realien“, Geografie, Physik, Chemie und Biologie, einen entsprechenden Stellenwert bekommen. Dabei ging es aber nicht nur um die Einführung neuer Fächer, eine andere Stundenverteilung und neue Lehrbücher, vielmehr sollten auch die Didaktik und Methodik einer radikalen Veränderung unterzogen werden:

„Weniger Wissen und mehr Können ist die Losung des Unterrichts. So soll der naturwissenschaftliche Unterricht sich nicht auf dem Vortrag des Lehrers allein aufbauen, son-dern der Schüler soll sich in praktischen Übungen nicht nur wohlverstandenes Wissen, sondern auch wohlgeübtes Können erwerben (...) Die durch diesen Unterrichtsbetrieb notwendige Beschränkung des Lehrstoffs wird mehr als ersetzt durch Erkenntnistiefe, Schulung des Beobachtungs- und Anschauungsvermögens und des praktisch-wissenschaftlichen Könnens. In allen Fächern ist alles Auswendiglernen nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Aneignung eines gewissen Vorrats positiver Kenntnisse, die ein jeder braucht, um sich in der Welt zu orientieren, soll durch verstandesmäßige Ableitung und nicht durch Vorsagen und Nachlernen gewonnen werden.“ (DSV 1914, 5)

Entsprechend sollte die Kenntnis der Fremdsprachen nicht nur der Kommunikationsfähigkeit dienen, sondern auch dazu, durch die fremdsprachige Literatur „einzudringen in fremdes Volkstum und fremde Anschauungen, die wiederum als Maßstab für das eigene (Volkstum) verwandt werden sollen.“ (ebd.) Um die Zahl der Stunden nicht zu hoch werden zu lassen, wurde den Schülern freigestellt, zwei der drei Sprachen Spanisch, Englisch und Französisch zu wählen, je nachdem welche Zukunft sie anstrebten:

„Der im Lande bleibende Kaufmann oder Techniker wird Spanisch und Englisch wäh-len, wer zum Staatslyzeum übergehen will, Spanisch und Französisch, wer seine Studien in Deutschland fortsetzen will, muss sich im Englischen und Französischen besonders zu vervollkommnen suchen.“ (ebd., 7)

Allerdings wurde die Wahl der Fremdsprachen bereits 1926 insofern eingeschränkt, da Eng-lisch als erste Fremdsprache neben Spanisch eingeführt wurde, während Französisch nur Wahlfach blieb.

Es ist bezeichnend für den Einsatz, die Energie und die Leistung des Schulvorstandes, der Lehrer und schließlich der gesamten Kolonie, dass diese zukunftsweisenden Veränderungen trotz des Krieges und des Rückgangs der Schülerzahlen mit großem Erfolg durchgesetzt werden konnten: Aufgrund der zahlreichen positiven Berichte der deutschen Aufsichtsbehörden erhielt die Schule 1927 von der Reichsregierung die volle Gleichstellung mit einer Realschule im Deutschen Reich und reihte sich damit ein in die Zahl der großen deutschen Aus-landsschulen wie Madrid, London oder Barcelona, denen sie auch in den Leistungen ihrer Schüler nicht nachstand. Gleichzeitig war damit nach genau 70 Jahren der erste Abschnitt der Entwicklung der Deutschen Schule Valparaíso abgeschlossen, der von der Gründung über den allmählichen Aus-bau zu einer Bürgerschule und schließlich zur deutschen Realschule geführt hatte. Dieser Weg macht aber zugleich deutlich, dass der Träger der Schule, die deutsche Kolonie in Val-paraíso, sich nach wie vor eher als „im Ausland wirkende Deutsche“ denn als „Aus-landsdeutsche“ betrachteten (CONDOR 1957,1). Für sie hatte die Schule im Hinblick auf die Ausbildung ihrer Kinder im wesentlichen drei Funktionen: die Erhaltung und Förderung des Deutschtums, die Möglichkeit des Eintritts in die deutschen Firmen oder den Übergang auf eine Schule in Deutschland mit anschließendem Studium. Angesichts dieses Selbstverständnisses wurde die Kritik an einem rein deutschen Schulabschluss, weshalb unter anderem Stoppenbrink als Schulleiter zurückgetreten war, schnell zum Verstummen gebracht. Wer einen anderen als die oben erwähnten Wege gehen wollte, musste die Schule wechseln und auf ein chilenisches Lyzeum gehen oder sich der Doppel-belastung unterwerfen, auf zwei Schulziele gleichzeitig hinzuarbeiten.


3.6 Besuche, Veranstaltungen und schulische Aktivitäten

Mit der Erweiterung der Zielsetzung der Schule, der dadurch notwendigen zusätzlichen Verpflichtung von Lehrern in Deutschland und den Veränderungen durch die Reformpädagogik wurden eine Reihe außerunterrichtlicher Aktivitäten neu begründet oder verstärkt. Sie traten neben diejenigen, die es schon immer gegeben hatte als sichtbares Zeichen der Verbindung mit Deutschland und der Pflege des Deutschtums.

Auch wenn der Besuch der (Kriegs-) Schiffe, deren Höhepunkt der des Kreuzergeschwaders mit den Prinzen und der Prinzessin von Preußen 1914 war, nach dem Krieg nachließ, stellten die Besuche des Segelschulschiffs „Bremen“ (1926) und des Geschwaders „Emden“ (1927) doch wichtige Ereignisse für die Schule dar, da sie verbunden waren mit gemeinsamen Veranstaltungen von Mannschaften und Schülern im „Sporting-Club“ in Viña del Mar. Zahlreiche Fest- und Gedenkveranstaltungen machten die sehr enge und bewusst betonte Verbindung mit der Heimat deutlich. So wurden neben den üblichen Feiern zum Geburtstag des Kaisers in den entsprechenden Jahren Pestalozzi, Beethoven, Schiller, ‘Turnvater’ Jahn, Kaiser Franz v. Österreich, Bismarck und Hindenburg gefeiert. Außerdem nahm die Schule teil an den Gedenktagen zur Einweihung der Denkmäler für die Opfer der „Dresden“ (1919), für die Toten der „Sais“ (1919), die Teilnehmer des 1. Weltkrieges (1923), für die Schlacht bei Coronel (1924) und zur Enthüllung des Gedenksteins in Limache (1924.) Während Schüler und Mitglieder der Kolonie bei diesen Veranstaltungen eher der Bindun-gen zu Deutschland gedachten, stellte der jährlich stattfindende Bazar so etwas wie eine Deutschlandfeier im eigenen Hause dar. Keine andere Veranstaltung war wie der Bazar, der im Deutschen Haus, in der Turnhalle und auf dem eigens dafür überdachten Innenhof der Schule stattfand, in der Art der Dekoration, der Musik, in den Gebräuchen, in den Ständen und dem Warenangebot und natürlich im Zusammentreffen der Deutschen Ausdruck der Pflege des Deutschtums und des engen Zusammenhalts der Kolonie. Ganz im Sinne der neuen Pädagogik diente neben den regelmäßigen Wanderungen von Lehrern und Schülern (wie die Besteigung des Cerro Roble und der Campana) die 1919 beginnende Nutzung des Ferienheims, die „zur körperlichen und geistigen Kräftigung der Jugend“ dienen sollte „hinzuführen zur Natur, ihre Sinne zu öffnen für ihre Wunder und Schönheiten.“ (DSV 1918,18) Neben diesem Zweck hatten die erstmals durchgeführten Studi-enfahrten zusätzlich das Ziel, die Schüler mit dem Land, seiner Geschichte, Kultur und Wirtschaft vertraut zumachen. Die erste dieser Reisen führte Anfang 1927 in den Süden Chiles, die zweite 1928 in den Norden. Und schließlich sollten die Erweiterung des Sportangebots (1920 Tennisriege auf dem Tennisplatz von Dr. Münnich, 1926 Eröffnung einer Schülerriege des Turnvereins) und die Pfle-ge der Theaterkultur Körper Geist und Seele der Schüler formen und ihnen das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft im Rahmen der deutschen Kultur vermitteln. Von den zahlreichen Stücken, die regelmäßig während der Schulfeste, der Bazare oder bei anderen Schul- und Gemeindeveranstaltungen aufgeführt wurden, seien nur einzelne beispielhaft erwähnt: „Wallenstein“ (1918), „Die Fledermaus“ (1922) mit 155 Teilnehmern, „Hänsel und Gretel“ (1925) und „Als ich noch im Flügelkleide“, ein Stück, das sogar im Stadttheater Santiago mit großem Erfolg aufgeführt wurde, „Schneewittchen“ und „Die zertanzten Schu-he“ (1930), „Der Wolf und die sieben Geißlein“ sowie „Der Wettlauf zwischen Hase und Swinegel“ (1931) und schließlich „Wilhelm Tell“ aus Anlass des 75-jährigen Jubiläums der Schule 1932.


4 Vom Ausbau zur Oberrealschule bis zur Integration ins chilenische Schulsystem (1932 - 1948)

Die dreißiger und vierziger Jahre stellen in mehrfacher Hinsicht eine besondere Phase in der Schulgeschichte dar, bilden in gewisser Weise Höhepunkt, Sackgasse und Neuanfang in einer relativ kurzen Zeitspanne: Äußerlich erhält der Schulbau das Gesicht, das er im wesentlichen bis zum Erdbeben 1985 behalten sollte, die Entwicklung der Schule als einer deutschen Schule erreicht mit dem Ausbau zur Oberrealschule ihren Höhepunkt, und schließlich bewirken Nationalsozialismus und Krieg das Ende des deutschen Schulweges und der Reifeprüfungen und die Übernahme ins chilenische Schulsystem.


4.1 Bauliche Veränderungen und Erweiterung des Schulziels

Bereits Ende der 20ger Jahre nahmen die Klagen der Schulleitung und der Eltern über die zu geringe Zahl der Klassenräume zu. 1928 hatte die Schule 14 Klassen (im ersten Schuljahr mit über 50 Schülern), aber nur 12 Klassenräume. Daher wurden in den Folgejahren einige Aushilfsbauten getätigt (1929 Nutzung des bisherigen Schülerheims als Schulraum, 1932 Ausbau eines Kellerraums als Werkraum), und 1933 wurde ein Teil des Altbaus aus dem Jahr 1869 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Zusätzlich wurde dem „Südflügel an der Calle Concepción ein Klassenzimmer aufgesetzt und durch Überbrückung des Hofein-ganges ein weiteres Klassenzimmer vorgesetzt.“ (DSV 1935, 3) Die zwei zusätzlichen Klassenräume reichten aber ebenfalls bald nicht mehr aus, da durch den Ausbau der Schule bis zum Abitur in den kommenden Jahren weitere Räume einschließlich der Fachräume erforderlich wurden. Aus diesem Grund wurde 1935 mit finanzieller Unterstützung aus Deutschland, mit Hilfe von Spenden und eigenen Aufwendungen der Schule der letzte große Aus- und Erweiterungsbau der Schule begonnen. Dabei wurden das Hauptgebäude und der Turm auf vier beziehungsweise sechs Stockwerke erhöht, neue Fachräume errichtet und die bisher getrennten Schulhöfe für Jungen und Mädchen zusammen-gelegt. Mit diesem Neubau und der einheitlichen Gestaltung der Fassaden des gesamten Komplexes erhielt das Schulgebäude 1936 das Aussehen, das Generationen von Schülern bis heute in Erinnerung haben. Insbesondere die Seite des Deutschen Hauses, die langgezogenen Mauern des Hauptgebäudes und der Turm bildeten, aus der Stadt oder vom gegenüber-liegenden Friedhof betrachtet, eine majestätische Kulisse, die durchaus auch Ausdruck des Selbstbewußtseins der Schule war.

Dieses Selbstbewußtsein hatte die Schule 1932 aus Anlass des 75-jährigen Jubiläums bei einer zweitägigen Feier auf dem Schulgelände und im Ferienheim unter dem Beisein zahl-reicher Ehrengäste zum Ausdruck gebracht. Die „Deutsche Zeitung für Chile“ widmete diesem Jubiläum eine sechsseitige Sonderbeilage, Reichspräsident von Hindenburg schickte ein Bild mit eigenhändiger Unterschrift, und der Generalkonsul gab erstmals öffentlich bekannt, der Vorstand beabsichtige, „die Schule zur deutschen Vollanstalt auszubauen und damit in die vorderste Reihe der deutschen Auslandsschulen zu stellen.“ (Wilckens 1932, 92) Mit diesem Beschluss fand die Entwicklung von der Bürgerschule über die Realschule zu einer Schule, die mit der Reifeprüfung, dem deutschen Abitur, und damit der Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland endete, ihren konsequenten Abschluss. Zur Verwirklichung dieses Vorhabens mussten zusätzlich Lehrer aus Deutschland verpflichtet werden, die die entsprechende Prüfungsberechtigung hatten, so dass im Jahre des ersten Abiturs von 21 Lehrern 18 aus Deutschland kamen. Sie unterrichteten alle Fächer (außer Spanisch), die zum Abitur führten, und zwar Deutsch (einschließlich Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte), Geschichte und Erdkunde, Englisch (Französisch und Latein waren zeitweise Wahlfach), Mathematik, Physik, Chemie und Biologie, Kunst, Sport und Musik sowie Werken für die Jungen und Handarbeit für die Mädchen. Seit 1940 wurde neben dem Erdkundeunterricht auch „Landeskunde von Chile“ (auf Spanisch) als zusätz-liches Fach gegeben. Außerdem gab es auf freiwilliger Basis eine Reihe von Arbeitsgemein-schaften. In der Abiturprüfung selbst mussten die Schüler schriftliche Arbeiten in Deutsch, den beiden Fremdsprachen und einer selbst gewählten Naturwissenschaft (Biologie, Chemie oder Phy-sik) schreiben. Die übrigen Fächer (Geschichte, Erdkunde und die beiden anderen Naturwis-senschaften) wurden in der Regel mündlich geprüft, und schließlich fand in Sport eine eigenständige praktische Prüfung vor dem gesamten Prüfungsausschuß statt.

Ein Blick auf die Schülerzahlen und die sprachliche Herkunft der Schüler macht deutlich, warum auch die Entscheidung, das deutsche Abitur als eigentliches Ziel der Schule einzuführen, zunächst (wie die frühere Einführung der Realprüfung) nicht unumstritten war: Im ersten Abiturjahrgang 1935 nahmen 7 Schüler an der Prüfung teil. Angefangen hatte dieser Jahrgang zwölf Jahre vorher mit 53 Schülern, von denen noch 34 in die Untersekunda (9. Klasse), aber nur noch 17 in die Obersekunda (10. Klasse) gelangten und schließlich nur sieben bis zur Abiturprüfung in der Schule blieben. Sechs von ihnen stammten aus Familien, in denen beide Elternteile Deutsch sprachen, was sonst - anders als rückblickend vielfach behauptet - keineswegs in allen Familien der Fall war: Von den 494 Schülern des Jahres 1934 sprachen zu Hause „277 vorwiegend deutsch, 159 vorwiegend spanisch und 25 vor-wiegend andere Sprachen.“ (DSV 1934, 19) Das deutsche Abitur war also von vornherein in erster Linie auf eine relativ geringe Zahl von Schülern zugeschnitten, die muttersprachlich Deutsch sprachen, an einer umfassenden deutschen Ausbildung interessiert waren und/oder vorhatten, in Deutschland zu studieren. Eine andere Perspektive gab es mit diesem Abschluss nicht, wie Schulleiter Hähnert bei Überreichen der Abiturzeugnisse mehrfach betonte:

„Wenn auch der materielle Vorteil der Reifeprüfung selbst gering (ist), da noch nicht die Anerkennung der Prüfung von Seiten des chilenischen Staates erreicht werden konnte, so (sind) doch die geistigen Gewinne um so höher hervorzuheben.“ (Prüfungsakten 1936, 67)

Diejenigen Schüler, die nicht das Abitur anstrebten oder anstreben konnten, traten wie früher in eine der deutschen Firmen ein oder sie wechselten auf ein chilenisches Lyzeum, was aufgrund des hohen Standards der deutschen Schule und mit Hilfe besonders eingerichteter Kurse, die auf die entsprechenden Prüfungen an den chilenischen Schulen vorbereiteten, möglich war, wenn auch häufig nur mit großen zusätzlichen Anstrengungen.. So blieben die deutschen oder deutschsprachigen Schüler (und ihre deutschen Lehrer) in den drei letzten Jahren unter sich, konnte ein Unterricht wie an einer Schule in Deutschland ge-geben und somit der Auftrag erfüllt werden,

„eine Pflanzstätte deutscher Kultur (zu sein), wo deutsche Sprache, deutsches Lied und deutsche Sitte gehegt und gepflegt wird, und wo unsere Kinder zu tüchtigen, brauch-baren und anständigen Menschen erzogen werden.“ (Kunze 1932, 103)

Insgesamt nahmen 154 Schüler und Schülerinnen an den 14 Abiturprüfungen teil, die zwischen 1935 und 1948 stattfanden. Rückblickend auf die ersten 100 Jahre der Deutschen Schule bemerkt der CONDOR 1957 hierzu:

„Der besondere Vorteil dieser Entwicklung (zum deutschen Abitur) lag vor allem im Sprachlichen und einer abgerundeten Ausbildung, die den Schülern mitgegeben werden konnte. Ein ehemaliger Schüler der Deutschen Schule Valparaíso war immer schon in dieser Eigenschaft im ganzen Land ausgezeichnet. Sein Einfühlen in die Gegebenheiten unseres Landes aber ist ihm nicht immer leicht geworden. Sehr oft war der Akzent des Ausländers stärker als die durch Geburt und Wirkungsfeld eigentlich logisch bedingte Einfügung in die Gesamtheit der chilenischen Wirklichkeit.“ (CONDOR Nr. 631 v. 23. Oktober 1957, S.1)


4.2 Schule in schwierigen Zeiten

Mit der Ausrichtung der Schule auf das deutsche Abitur, das unter der Aufsicht des „Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung“ stand, mussten Lernziele und Inhalte des Unterrichts mindestens in den letzten drei Schuljahren den in Deutschland formulierten Anforderungen entsprechen. Insofern darf die Frage gestellt werden, ob und inwieweit sich die zwischen 1933 und 1945 im Deutschen Reich herrschende nationalsozialistische Weltanschauung auch an der Schule bemerkbar gemacht hat. Es ist bereits erwähnt worden, daß sich der größte Teil der hiesigen Kolonie mit der Niederlage Deutschlands im 1. Weltkrieg nie abfinden wollte, „die schmachvolle Nachkriegszeit wie eine eigene Krankheit“ empfand (DSV 1934, 25) und die „Weimarer Republik innerlich nie anerkannt“ hat (DV 1938, 60). Letzteres hatte besonders der so genannte „Flaggenstreit“ zwischen den hiesigen deutschen Vereinigungen und dem Auswärtigen Amt gezeigt, in dem sich die deutschen Vereine weigerten, selbst bei offiziellen Anlässen die Fahne der Weimarer Republik zu hissen, und statt dessen an der schwarz-weiß-roten Reichsfahne festhielten. Aus diesem Grund wurde von vielen die nationalsozialistische Machtergreifung in Deutschland begrüßt, auch wenn sie in der Gemeinde insgesamt zunächst nicht unumstritten war, doch „immer mehr wurden auch die Deutschen hier draußen von der nationalsozialistischen Weltanschauung erfasst.“ (DV 1938, 71). Diese Mitglieder der deutschen Kolonie identifizierten sich insbesondere mit dem Ziel der Wiedergewinnung deutscher Größe und der Stärkung des Deutschtums. So wurden Vereinigungen gegründet, die in ihrer Organisationsstruktur den NS-Organisationen nachgebildet waren und die in ihren Veranstaltungen über die Entwicklung in Deutschland berichteten, Schulungen durchführten oder deutsches Volkstum und Geselligkeit pflegten. Aus der Vielzahl der hiesigen Gruppen seien nur die DAF (Deutsche Arbeitsfront), die NS-Frauenschaft, der NS-Reichskriegerbund und die Ortsgruppe der NSDAP mit ihren Block- und Zellen-leitern genannt. Diese führte regelmäßige Parteiveranstaltungen durch und veranstaltete Auf-märsche durch Valparaíso, mehrfach in Braunhemden und mit Hitlergruß, solange die vermeintlichen Erfolge der NS-Politik gemeldet wurden und der Krieg noch nicht begonnen hatte.

Angesichts dieser Haltung vieler Mitglieder der Kolonie war es nur zu verständlich, dass

„der gewaltige Umbruch in der Heimat mit seinen grundlegenden Auswirkungen auf so vielen Gebieten des Lebens natürlich auch in unserem Unterrichtsbetrieb seinen leben-digen Widerhall“ fand (DSV 1933, 7),

wie Schulleiter Hähnert bereits im Jahresbericht 1933 schreibt. Hiermit waren zunächst sicher die Veränderungen im Schulalltag gemeint, so etwa die Fei-ern zum „Geburtstag des Führers“ (DSV 1934, 17), die bereits stattfanden, bevor dies offiziell angeordnet war, und zu denen „sich die Schüler und Schülerinnen zu einer Schulfeier auf dem Mädchenhofe“ versammelten, um „im Anschluss an die Morgenfeier zu Spielen und sportlichen Wettkämpfen auf die Cancha in Viña del Mar“ zu ziehen (ebd.). Oder die Feiern zum „Tag der Nationalen Arbeit“, zu dem der 1. Mai von den Nationalsozialisten erklärt worden war, an dem „die Schule mit Sprechchören und Chorliedern tätigen Anteil“ nahm. (ebd.) Hierzu gehörten ebenfalls zahlreiche Veranstaltungen im Laufe der Jahre, bei denen die Erfolge der Politik des Deutschen Reiches gefeiert wurden und die Aufführung zahlreicher Filme, deren Titel bereits die Richtung erkennen ließen. Gedenkveranstaltungen, die es auch in früheren Jahren gegeben hatte, erhielten eine neue Richtung, und selbst die Feiern zu Ehren der großen deutschen Dichter wurden im Sinne der neuen Weltanschauung genutzt, wie etwa ein Vortrag mit dem Titel „Friedrich Schiller, der Deutsche und Kämpfer“ (ebd.) deutlich macht. Eine Reihe weiterer Veranstaltungen ließe sich anführen, da - wie es in den Jahresberichten heißt - in der Schule bis 1941 „der gro-ßen geschichtlichen Ereignisse in der deutschen Heimat stets in würdiger Form gedacht“ wurde. (DSV 1941, 1)

Neben diese äußeren Aspekte der Anpassung oder der aus Deutschland verordneten Feiern traten andere, die weniger sichtbar waren und wahrscheinlich von vielen Schülern auch kaum wahrgenommen worden sind. In einer Reihe von Fächern lässt sich nachweisen, dass den Schülern Inhalte vermittelt und Interpretationen mit auf den Weg gegeben wurden, die von der nationalsozialistischen Ideologie bestimmt waren. Im Deutschunterricht etwa wurden bei einigen Lehrern bestimmte Autoren gelesen und de-ren Texte der nationalsozialistischen Literaturauffassung entsprechend interpretiert, andere wurden ausgelassen oder als Negativbeispiel dargestellt. So wurde zum Beispiel in einer Abiturprüfung zum „Unterschied von Nationalsozialismus und Spengler“ festgehalten, dass „die Antworten des Prüflings (zeigen), dass er im Stande ist, vom Boden der nationalsozia-listischen Weltanschauung sicher zu urteilen.“ (Prüfungsakten 1939, 138; Schularchiv) Oder die Schüler mussten im deutschen Abituraufsatz Themen bearbeiten wie „Deutschlands Füh-rungsanspruch im neuen Europa; Voraussetzungen und Aufgaben“ oder „Die weltge-schichtliche Bedeutung des Jahres 1933.“ (ebd. 1943, o.S.) Auch die Behandlung der Geschichte war -wenigstens bei einigen Lehrern - nicht frei von ideologischen Deutungen wie Prüfungen über Hitlers „Mein Kampf“ oder Grimms „Volk ohne Raum“ zeigen. In Biologie ist die Rassenlehre ein häufig gestelltes Thema der Prüfungen („Was verstehen Sie unter Rassehygiene?“), und in Musik wurden „eine Anzahl alter Volkslieder und alle bekannten Lieder der Bewegung gesungen und eingeprägt“ (ebd. 1937, 68;) und die Entwicklung der jüngeren Musikgeschichte (Wagner) entsprechend gedeutet: „rassisch gesehen ist die Musik damit ... in die intime Sphäre der ostischen Seele verschoben.“ (ebd. 1935, o.S.)

Ohne auf weitere Beispiele einzugehen, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Schüler in der Absicht, sie zum Deutschtum zu erziehen, wenigstens teilweise einseitig beeinflusst, um nicht zu sagen mißbraucht wurden. Und so ist es nur zu verständlich, dass sich dies änderte, als die Schule 1943 ins chilenische System überführt wurde. Dort heißt es dann:

„Dass dieser Jahrgang nicht ganz so Deutsch erscheint wie manch vorangehender, mag auch seinen Grund in den durch den Krieg veränderten Verhältnissen haben, die Schule musste sich hüten, weltanschauliche Fragen anzuschneiden, da sie als Einmischung in die Politik des Landes empfunden werden konnten.“ (ebd. 1943, o.S.)

Weit über die beschriebene Entwicklung hinausgehend, erhielten die Schüler in dieser Zeit aber im ganzen eine strenge Erziehung sowie eine inhaltlich fundierte und in allen Fächern außerordentlich umfassende Ausbildung. Die Grundsätze der Erziehung dieser Zeit beschreibt der spätere Intendent der V. Region, Pablo Wunderlich, Schüler der Schule von 1933 bis 1939, im Rückblick:

„Mit tiefem Gefühl der Dankbarkeit erinnere ich mich an alle und jeden einzelnen mei-ner Lehrer. Von ihnen lernte ich mehr als Mathematik, Grammatik und Geschichte. Sie lehrten mich vor allem zu respektieren. (...) Wie vermochte es eine Schule, dieses Prinzip des Respekts den Schülern meiner Generation zu vermitteln? Auf vielfältige Weise, jede in sich verschieden, aber darauf gerichtet, dasselbe Ziel zu erreichen. Mit Hilfe einer strikten Schulordnung stattete man die Leh-rer mit einer unumstrittenen Autorität aus. Es gab Regelungen wie die, die die Schüler zwang, sich hinzustellen, wenn sie mit einem Lehrer sprachen, genauso wie es die gesamte Klasse tun musste, wenn der Lehrer die Klasse betrat. (...) Dies aber war nicht das einzige. Das Wichtigste war die Haltung der Lehrer gegenüber den Schülern, bei der folgende Prinzipien vorherrschten: ein untadeliges Verhalten, eine außerordentliche berufliche Qualifikation, Ehrenhaftigkeit in jeder Hinsicht, Korrektur im Sprechen, im Verhalten und in der Kleidung. Der ganze Lehrer war stets ein Vorbild dessen, was wir als Erwachsene sein sollten. Für genauso wichtig wie die Beziehung Lehrer - Schüler halte ich den tiefen Geist der Kameradschaft, den man in uns weckte. Die Freundschaft, die in der ‘Nona’ oder ‘Octava’ begann, wie man damals das erste und zweite Schuljahr nannte, dauert bis zum heutigen Tage an. (Wunderlich 1987, 6f.)

Ein kurzer Blick in einzelne Fächer macht die umfassende inhaltliche Ausbildung deutlich: Im Deutschunterricht wurde das gesamte Spektrum der deutschen Literaturgeschichte (und zum Teil weit darüber hinaus) bis in die jüngste Gegenwart erarbeitet. Dabei mussten die Schüler zahlreiche große Werke der Literatur zu Hause oder im Unterricht lesen, viele Texte (Szenen aus Dramen, Dialogteile, vor allem aber Gedichte) auswendig lernen und häufig auch in Dialogform oder als kleine Theaterszenen vortragen oder vorspielen. Im Geschichtsunterricht wurden Themen der Weltgeschichte in einem außerordentlichen Umfang behandelt, wobei nicht das Auswendiglernen im Mittelpunkt stand, sondern die ver-stehende Aneignung der Vergangenheit. Auch hier gelang es den Lehrern, viele Schüler zu eigener häuslicher Lektüre anzuregen, so dass sie sich weit über den Unterricht hinaus Wissen angeeignet haben. In Musik wurden die großen Werke der Musikgeschichte und die verschiedenen Gattungen gehört, besprochen und analysiert. Und wo immer es ging, setzte man sich damit schöpfe-risch und selbsttätig auseinander und führte selbst auf, wobei sich auch die Lehrer an Vor-spielen oder Konzerten beteiligten. In den Naturwissenschaften wurde nicht nur vom Lehrer vorgetragen und von den Schülern auswendig gelernt, sondern bereits experimentiert, da die Schule dank regelmäßiger Spenden auch der hiesigen Firmen über gut eingerichtete Fachräume verfügte und viele Schüler freiwillig an Arbeitsgemeinschaften nachmittags (oder gar nachts am Fernrohr auf dem Turm) teilnahmen. Aber es war nicht nur die hervorragende wissenschaftliche Ausbildung, die die Schule kennzeichnete, sondern daneben die Erziehung insgesamt, zu der Handarbeit und Werkunterricht gehörten, in dem die Schüler zum Beispiel praktische Dinge herstellten wie Drachen zum 18. September, Werkzeugschränke die Wetterfahne fürs Dach. Und dazu gehörten das über-ragende Angebot im Sport sowie die Gemeinschaftsveranstaltungen wie Wanderungen, Stu-dienfahrten oder die Aufenthalte im Ferienheim. So „wanderten die Herren des Lehrkörpers an vielen schönen Sonntagen mit ihren Schülern in die nähere und weitere Umgebung Valparaísos“ (DSV 1932,70), und es entstand eine Wandertradition auch in der Schule, die es in dieser Form in Chile bisher nicht gab. Sport- und Turnlehrer Milo hatte die Funktion dieser Wanderungen schon früher beschrieben:

„Zur Schärfung der Sinnesorgane bietet sich auf Ausflügen reichlich Gelegenheit. Für Heimatkunde, Geologie, Botanik usw. wird der Sinn durch Anschauung geweckt. Durch das Ertragen von Hitze und Durst, Ermüdung und Entbehrungen wird der Wille ge-stärkt, das gemeinsame Leben erzieht zur Kameradschaft.“ (DSV 1924,29)

Er hätte hinzufügen können, „wozu auch das gemeinsame Singen beiträgt“, an das sich viele der Schülerinnen und Schüler von damals ebenso erinnern wie an die Orte der Wanderun-gen, die zum Teil noch heute deutsche Namen tragen, und an die Spiele und den Spaß den man untereinander, aber auch mit den Lehrern, ja sogar mit dem Schulleiter hatte.

Und schließlich muss auch auf die außerordentlichen Angebote des Sportunterrichts verwiesen werden, in dem neben den traditionellen Sportarten wie Leichtathletik, Turnen, Rhyth-mische Gymnastik und Tanz Ballsportarten aller Art ebenso betrieben wurden wie Tennis, Schwimmen, Rudern, Hockey oder Fechten.

In Zusammenarbeit mit dem Turnverein haben die Lehrer Milo, Schmidt und Brodersen den Sport zu einem Aushängeschild der Deutschen Schule gemacht, einige der erfolgreichsten Sportler der chilenischen Sportgeschichte gefördert und die Grundlagen gelegt für eine sportliche Bildung, deren Wirkung bis in die Gegenwart weit über den Rahmen der Schule hinausgeht.


4.3. Die Übergangsphase

Die Übersicht über die Entwicklung der Schülerzahlen (vgl. Anhang) zeigt von 1941 an einen deutlichen Einbruch: Mit Beginn des Krieges, spätestens aber der deutschen Kriegs-erklärung an die USA, spürten die Mitglieder der deutschen Kolonie und spürte auch die Schule dessen Auswirkungen. Kinder anderer Nationalitäten, die bisher noch die Schule besucht hatten, wurden abgemeldet, die Neuanmeldungen gingen zurück. Schlimmer aber wurde es, als deutsche Firmen unter dem Druck der Amerikaner auf die „Schwarze Liste“ gesetzt, boykottiert und in nicht wenigen Fällen in den Ruin getrieben wurden. Selbst Familien, die sonst nichts weiter mit Deutschland zu tun hatten, deren Kinder aber auf der Deutschen Schule waren, sahen sich gefährdet, „und nicht wenige Eltern sahen sich daher gezwungen, als Folge der ‘Schwarzen Listen’ ihre Kinder aus der Deutschen Schule zu nehmen.“ (Haberkorn 1988, 5) Mit Fortschreiten des Krieges stellte aber nicht nur der Schülerrückgang ein Problem dar, sondern die Schule selbst war zunehmend in der Gefahr, geschlossen zu werden. In dieser schwierigen Situation zeigte sich aber die Bedeutung, die das fast 90-jährige Wirken der Deutsche Schule Valparaíso und der übrigen deutschen Schulen des Landes hatte: In allen Bereichen der chilenischen Gesellschaft, in Politik, Militär, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft gab es ehemalige Schüler, die der Beweis für die hervorragende Arbeit der Schule waren und die mit ihrer Arbeit wesentlich zur Entwicklung Chiles beigetragen hatten. Ihrem Einsatz, noch mehr aber der außerordentlich deutschfreundlichen Einstellung der chileni-schen Regierung ist es zu verdanken, dass das Erziehungsministerium dem Druck der Alliierten nicht nachgab und die Schule nicht schloß oder gar enteignete. Im Gegenteil: Das Dekret 4222 vom 25. Juni 1943 erklärte die Deutsche Schule Valparaíso zum „cooperador de la función educacional del Estado“ und integrierte sie damit in das chilenische Schul-system. Dies bedeutete zwar das Ende des deutschen Abiturs (das dann letztmalig 1948 ab-gehalten wurde), es bedeutete aber vor allem die Rettung und den Erhalt der Deutschen Schule. Weil er „durch sein kluges Verhalten“ dazu beigetragen habe, „dass während des zweiten Weltkrieges die Gefahr einer Schließung der deutschen Schule in Valparaíso abgewandt wurde“, erhielt der langjährige Vorsitzende des Schulvereins, Herr Leo Riegel, 1957 vom Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse verliehen. Mit ihm zusammen auch der langjährige Hausmeister der Schule, Herr Simon, an dessen Aussage „Ich und der Herr Dirrektor haben beschlossen...“ ehemalige Schüler sich noch heute erinnern. Nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen blieben deutschen Schule nun sich selbst überlassen, da alle anderen reichsdeutschen Institutionen das Land verlassen mußten. Kurz vor seiner Abreise aber übergab der Generalkonsul, der bisher für die Schulen zu-ständig gewesen war, einem „Dreierausschuß“ noch folgenden Auftrag:

„Die Leiter der Deutschen Schulen (in Valparaíso, Osorno und Santiago) werden beauftragt, für die Zeit, bis wieder eine diplomatische Vertretung in Chile ernannt wird, sich für die Belange der deutschen Schulen und der deutschen Lehrer in Chile einzusetzen, sie in ihrer Arbeit zu beraten und die bisher vom Deutschen Generalkonsulat in Valpa-raíso getätigten Geschäfte in Bezug auf die deutschen Schulen zu übernehmen. Die Hauptaufgabe der drei Schulleiter wird die Erhaltung der deutschen Schulen über die Dauer des Krieges hinweg sein. Die reichsdeutschen vermittelten Lehrer bleiben auf ih-ren Posten.“ (Haberkorn 1986, 49)

Spätestens von diesem Augenblick an war

„die Devise für die Schulen, ohne jede Einmischung in den Weltkonflikt still die Schularbeit zu tun, sich jeder Stellungnahme zu enthalten und eingedenk zu sein, dass es chilenische Lehranstalten waren, diese deutschen Schulen, und man den chilenischen Behörden, die den Schulen so gewogen waren, keinen Knüppel zwischen die Beine werfen durfte.“ (ebd. 51)

Bis 1952, als die diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen wurden, und die Leh-rer, die dies wollten, nach Deutschland zurückkehren konnten, koordinierte dieser Ausschuss die Arbeit der Schulen, die bitter unter dem Mangel an Lehrbüchern und Material, finanziel-ler und personeller Hilfe und nicht zuletzt auch bis 1945 an Information litten. Als dann nach dem 8. Mai 1945 das ganze Ausmaß des Krieges und der angerichteten Gräuel sichtbar wurde, war die Frage, wie die Bevölkerung Valparaísos und diejenigen, die ihre Kinder in Zukunft auf die Deutsche Schule schicken sollten, reagieren würden. Neben der Integration ins chilenische Schulsystem und dem Ansehen, das die deutsche Schule durch die große Zahl erfolgreicher ehemaliger Schüler auch weiterhin besaß, waren es vor allen Dingen einige Ereignisse der Jahre 1945 bis 1947, die die Vergangenheit schnell vergessen ließen: Zunächst führte die Schule noch 1945 ein viel beachtetes Konzert mit Werken deutscher Komponisten auf, und Ende des Jahres erinnerte eine „Faust“-Aufführung an die großen Leistungen der deutschen Literatur. Ins Bewußtsein einer breiteren Öffentlichkeit gelangte die Schule 1945 durch einen Schönheitswettbewerb beim Frühlingsfest, an dem ganz Valparaíso und Viña del Mar Anteil nah-men, und den die gemeinsame Kandidatin der Deutschen Schule und des Liceo I de Hombres, die Abiturientin Gudrun Zeh, gewann. Über die Wirkung dieses Ereignisses heißt es in den Schulakten:

„Das Auftreten der Frühlingskönigin .... war ein großer Gewinn für die Deutsche Schu-le. Es war das Zerreißen einer Lähmung, seitdem sich die Schule bei öffentlichen Anläs-sen nicht mehr hatte zeigen können. Sie wurde aus der Zurückhaltung befreit und mitten hinein in die Öffentlichkeit gestellt. Die Deutschen waren wieder ganz sympathische Leute geworden.“ (Prüfungsakten 1948, o.S.)

Zugleich konnte die Schule öffentlich durch Leistungen überzeugen: Bei den Prüfungen zur Erlangung des Bachillerato des Jahres 1945 erreichten zwei Schüler das beste Ergebnis in ganz Chile, und bei einem englischen Sprachwettbewerb zwischen allen Privatschulen der Region belegten zwei Schülerinnen der Deutschen Schule die beiden ersten Plätze. Und schließlich trugen die Gewinne der Südamerikanischen Meisterschaft über 100m und 200m durch die Schülerin Annegret Weller ebenso wie ihre Olympiateilnahme dazu bei, die Verdienste der Schule ins rechte Licht zu rücken. Nicht zuletzt, da sie bei Aufmärschen der Schule aus Anlass des 21. Mai die deutsche Fahne trug und von dem

„großen Beifall der begeisterten Menge ein schöner Anteil auch für die deutsche Schule abfiel; eine Tatsache, deren Bedeutung für das Bestehen unserer Anstalt und für ihren Ruf im Lande wir vielleicht gar nicht genug wägen.“ (ebd. S. 37)

So waren es die jahrzehntelange erfolgreiche Arbeit, das sympathische Auftreten einer Schülerin in der Öffentlichkeit, die hervorragenden Leistungen im Vergleich mit anderen Schulen und die sportlichen Verdienste für das Land Chile, die die Deutsche Schule nach Kriegsende schnell wieder zu einer der angesehensten Schulen der Region machten. Auf diese Weise konnte man gleichsam zur Tagesordnung übergehen, ohne dass eine wirk-liche Auseinandersetzung mit dieser Epoche der deutsch-chilenischen Geschichte statt-gefunden hätte. Eine Tatsache, die es insbesondere den auch hier von der Ausgrenzung Betroffenen und den zahlreichen hierher übergesiedelten deutschen Juden schwer oder ganz unmöglich machte (Krebs 1997) in Zukunft in Kinder in die Deutsche Schule zu schicken.


5. Vom ersten Bachillerato zur Gründung des Schulverbandes (1945/48 - 1970/73)

Die 25 Jahre zwischen 1945/48 und 1970/73 stellen nach einer kurzen Phase der Unsicherheit eine Zeit der kontinuierlichen erfolgreichen Arbeit dar, die durch wenig äußere Ein-flüsse, Kontinuität in der pädagogischen und erzieherischen Arbeit und nur allmähliche Veränderungen auch in der Struktur der Schule gekennzeichnet ist. Erst in den letzten Jahren dieses Zeitabschnitts treten aufgrund der politischen Entwicklungen im Lande und der Zusammenlegung der drei Schulen Valparaíso, Viña del Mar und Quilpué einige grundsätzliche Wandlungen ein.


5.1 Kontinuität und Wandel

Das Ende des Zweiten Weltkrieges stellte für die Schulgemeinschaft aus verschiedenen Gründen keinen wirklichen Bruch mit der eigenen Geschichte dar, wie dies in Deutschland der Fall war. Zwar zerstörten die „Schwarzen Listen“ die Existenz vieler Familien und ande-re zogen nach Santiago, so dass die Schülerzahlen deutlich zurückgingen. Aber man war trotz aller Anteilnahme nicht am Krieg beteiligt gewesen, und der chilenische Staat hatte zu erkennen gegeben, dass er weiterhin an den deutschen Schulen in Chile interessiert war. Darüber hinaus erfolgte die Eingliederung in das chilenische Schulsystem seit 1943 ganz allmählich, so dass mit dem letzten Abitur und dem ersten Abschluss der „Humanidades“ 1948 ein kontinuierlicher Übergang stattfand. Die meisten der noch als „Reichsdeutsche“ vermittelten Lehrer blieben bis 1953 an der Schule, einige schieden vorher aus dem Schuldienst aus, andere kehrten danach zurück, wieder andere wie Schulleiter Hähnert, der 1958 an seinem Schreibtisch in der Schule verstarb, Dr. Müller und Dr. Keuck blieben ganz an der Schule oder gingen an die 1894 gegründete Deutsche Schule Quilpué. Die Zahl der Lehrer aus Deutschland nahm zwischen 1945 und 1953 von 18 auf 13 ab, während - bedingt durch die Umstellung - die der chilenischen Ortskräfte allmählich zunahm, so dass 1948 erstmals in der Geschichte der Schule die Zahl der Ortskräfte (und der chilenischen Lehrer) die der aus Deutschland kommenden überstieg. Auch die Lehrbücher konnten zum Teil weiter verwendet werden, oder es mussten für die Fächer, die jetzt auf Spanisch unterrichtet wurden, neue angeschafft werden. Dort, wo es wegen des Ausbleibens der Lehrmittelspenden aus Deutschland in den ersten Jahren keine deutschsprachigen Bücher gab, machte man aus der Not eine Tugend: Ein neues Mathema-tikbuch wurde an unserer Schule erstellt, ein Geschichtsbuch entstand in Santiago. Dr. Mül-ler hatte bereits früher zwei Bände deutscher Gedichte herausgegeben, an die sich viele Ehemalige bis heute erinnern. So wurde in schwieriger Zeit eine alte Tradition wieder aufgenommen: die Herausgabe von Lehrbüchern durch Lehrer der Schule. Bereits Dr. Fiedler hatte ein Lehrbuch für den Religionsunterricht geschrieben und 1892 seine „Kultur- und Literaturbilder“ verfasst, ein Handbuch für den Deutschunterricht, und während des Ersten Weltkrieges war eine Fibel an der Schule entstanden und in Eigendruck herausgegeben worden. Auch in den folgenden Jahren erarbeiteten Lehrerinnen und Lehrer immer wieder neue Unterrichtsmaterialien und Lehrbücher, die zum Teil auch an anderen Deutschen Schulen verwendet wurden. Es zeugt von großem Engagement und Idealismus, wenn sich immer wieder Kolleginnen und Kolle-gen bereit fanden, neben ihrer Unterrichtstätigkeit, der Vorbereitung und den Korrekturen sich noch die Zeit zu nehmen, auf diese Weise die Arbeitsmittel von Kollegen und die Möglichkeiten der methodischen Arbeit im Unterricht zu verbessern.

So behalf man sich in materiellen Dingen, „von größeren Anschaffungen wurde abgesehen“ (DSV 1949,2), während Unterricht und Erziehungsarbeit in der gewohnten Weise fortgesetzt wurden. Nach wie vor wurden die Schüler in strenger Form erzogen, Disziplin, Ordnung und Kontrolle waren zentrale Werte, und von den Lehrern wurde weiterhin erwartet, dass sie in jeder Hinsicht Vorbild waren. Insofern hat die oben zitierte Beschreibung der Erziehungsziele der Schule weiterhin Gültigkeit. Daneben aber gab es eine andere Seite der Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer, die in einem Dankesschreiben an den Vorsitzenden des Schulverbandes, Walter Stehr, deutlich werden. Darin schreibt ein Mutter über die Erziehung in der Schule:

„Sie haben meine Erziehungsarbeit mit einem außerordentlichen Einsatz, mit Liebe und Wohlwollen unterstützt und ergänzt; Sie haben meiner Tochter eine umfassende materiel-le und geistige Bildung mit auf den Weg gegeben; Sie haben ihre Ausbildung mit einer solchen Hingabe und Zuneigung erfüllt, dass Ihnen meine Dankbarkeit für immer sicher ist.“ (Schreiben an den Vorsitzenden vom Dezember 1957, Archiv)

Vermutlich ist es die Kombination der Elemente, die in diesem Brief und dem oben zitierten Text von Wunderlich deutlich werden, die den Ruf der deutschen Schule für lange Jahre und zum Teil bis heute prägt: Eine umfassende Bildung sowie eine Erziehung, die einerseits durch Disziplin, manchmal Strenge, äußere Ordnung und die Pflicht zur Einhaltung der Re-geln gekennzeichnet war, andererseits aber auch durch Wohlwollen und Zuneigung zu den Kindern. Diese selbst sahen in der Schule mehr als einen Ort des Lernens: Immer wieder wird von Ehemaligen die enge Freundschaft hervorgehoben, die in den Jahren des Schulbesuchs, wäh-rend der Aufenthalte im Ferienheim, auf Klassenfahrten, Wanderungen oder anderen Schul-veranstaltungen entstanden ist und über Jahre, häufig Jahrzehnte anhält.

Allmählich wurden auch die Veranstaltungen und schulischen Aktivitäten wieder aufgenommen, die den Verlauf eines Schuljahres markieren: Die Fahrten nach Limache nahmen kontinuierlich zu, so dass bereits 1952 „vom 5. Schul-jahr bis zum VI. Humanidades alle Klassen für längere oder kürzere Zeit das Landheim auf-gesucht haben“ (DSV 1952,2), wobei sozial schwächeren Schülern die Teilnahme auch weiterhin durch großzügige Spenden des früheren Vorsitzenden Walter Bade ermöglicht wurde. Nach einigen Jahren der Unterbrechung, in denen viele Schüler mit dem „Jugendbund“ in den Süden gefahren waren, wurden 1951 die Studienfahrten wieder aufgenommen, die zu-nächst in den Kleinen Norden, später auch ins Ausland (Argentinien und Bolivien) führten, ehe sich erst in den 70er Jahren die Studienfahrt in den Norden durchsetzte. Und schließlich nahmen die Schüler nach drei Jahren, in denen nur Kränze am Prat-Denkmal niedergelegt wurden, seit 1946 auch wieder an der Parade zum 21 Mai teil. Offen-sichtlich mit einer solchen Selbstverständlichkeit und gründlichen Vorbereitung im Hof der Schule, dass sie 1959 „mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurden“ und „als besondere Anerkennung zwei Araukarien (erhielten), die in Limache im Park des Schullandheims ein-gepflanzt wurden.“ (DSV 1959,1)

Gegenüber der Kontinuität in diesen Bereichen blieb der Wandel durch die Übernahme ins chilenische System zunächst eher äußerlich oder es bedurfte nur einer formalen Anpassung. Die notwendige Veränderungen in der Stundenverteilung und in den Lehrplänen für die jetzt so genannten „Preparatorias“ (1 - 6) und „Humanidades“ (7 - 12) fielen insofern nicht schwer, da es bereits früher neben dem normalen Unterricht vorbereitende Kurse für die Jah-resprüfungen am „Liceo I de Hombres“ gegeben hatte, an denen Schüler unserer Schule teil-genommen hatten, die nicht das Abitur machen wollten. Außerdem konnte der Unterricht in der Unterstufe auch weiterhin auf Deutsch erteilt werden, während in den „Humanidades“ zunehmend auf Spanisch unterrichtet wurde, um den Anforderungen des „Bachillerato“ gerecht zu werden. Trotzdem hatten die Schüler bis Ende der 60er Jahre auch in der Oberstufe zahlreiche Stunden auf Deutsch, wie ein Blick in die Stundentafel zeigt:

Fächer und Stundenzahl auf Deutsch im Jahre 1959

Fach/Klassenstufe I (7.) II (8.) III (9.) IV (10.) V (11.) VI (12.) Deutsch 7 7 8 6 6 7 Mathematik 5 4 4 --- --- --- Geschichte 2 2 2 2 2 2 Erdkunde 2 --- --- --- --- --- Zeichnen 2 2 2 2 2 2 Musik 1 1 1 1 1 1 Handarbeit/Werken 2 2 2 2 --- --- Sport 2 3 3 2 2 2

Außerdem wurden Englisch und Französisch (Wahlfach) von deutschen Lehrern unterrichtet.


5.2 Deutschunterricht als Spiegel des Wandels

Bereits mehrfach wurden die Ermahnungen verschiedener Schulleiter an die deutschsprachigen Eltern erwähnt, zu Hause mit ihren Kindern Deutsch zu sprechen, um so die Schule bei der Erhaltung und Förderung der deutschen Sprache zu unterstützen. Tatsächlich war diese Forderung über viele Jahre hinweg eher vorbeugender Art, zeigten doch die o.a. Verteilung der Stunden, die guten Ergebnisse in den Deutschprüfungen und das ebenso gute Deutsch, das ehemalige Schüler dieser Jahre bis heute sprechen, dass die deutsche Sprache unmittelbar nicht in Gefahr war. Diese Situation änderte sich auch nur allmählich, und man versuchte zunächst durch eine stärkere Auslese der Schüler dafür zu sorgen, dass die Deutschkenntnisse wenigstens nicht zurückgingen. Trotzdem ließ sich aber auf lange Sicht nicht mehr übersehen, dass sich die Zusammensetzung der Schülerschaft ständig veränderte: Im Jahr 1948 besuchten erstmals mehr Schüler spanischsprachiger Familien die Schule als solche aus deutschsprachigen. Und eine statistische Erhebung im Jahr 1960 ergab,

„dass in den Preparatorias von acht Kindern eins, in den Humanitätsklassen von vier Schülern einer deutsch als Sprache im Haus angeben. Aber auch diese sprechen außerhalb des Hauses Spanisch und zum großen Teil auch im Hause, da die Verhältnisse es gar nicht anders ermöglichen. (...) Deutsch ist kaum noch Muttersprache, es ist Schul-sprache geworden und ist es auch da nur für wenige Stunden in der Woche.“ (DSV 1960, 7f.)

Diese Entwicklung war eine Folge des Ruins deutscher Firmen aufgrund der „Schwarzen Listen“ und des Wegzugs von Unternehmen nach Santiago, vor allem aber der zunehmenden Integration der hier lebenden Deutschen in die chilenische Gesellschaft. Sie zwang die Schule zu organisatorischen und didaktischen Veränderungen, die zunächst im Fach Deutsch vorgenommen wurden. Bis 1960 hatte man Deutsch als Muttersprache unterrichtet und die Schüler je nach Sprach-beherrschung in zwei Gruppen eingeteilt. Diese Einteilung wurde jetzt in Frage gestellt und statt dessen erstmals gefordert, einen „lebendig betriebenen und erweiterten Fremd-sprachenunterricht“ (ebd., 8) in Deutsch einzuführen. Damit begann eine Reformphase, die mit der Einführung des Lese- Schreiblehrgangs und des Sachkundeunterrichts auf Spanisch im Jahre 1969 ihren vorläufigen Abschluss fand, mit dem Deutsch für einige Jahre nur noch als Fremdsprache unterrichtet wurde. Hierfür wurden zunächst in bewährter Eigenarbeit Unterrichtsmaterialien und Lehrbücher entwickelt, die vom Verein deutschsprachiger Lehrer in Chile gedruckt und auch an andere Schulen geliefert wurden. Gemeinsame Konferenzen der Deutschlehrer der Region fanden statt, ein neuer Lehrplan wurde erarbeitet, und schließlich wurde der Unterricht in Deutsch in Stamm- und Kursunterricht geteilt. Im Stammunterricht hatten alle Schüler einer Klasse gemeinsam Deutsch, im Kursunterricht wurden sie je nach Sprachbeherrschung aufgeteilt und entsprechend gefördert. Als begleitende Maßnahme wurde 1963 der Präkindergarten eingeführt, ausdrücklich mit der Begründung, „eine bessere Vorbereitung in der deutschen Sprache“ zu ermöglichen. Und seit 1967 nahmen Schüler der 5. und 6. Humanidades am „Kleinen Sprachdiplom“ des Goethe-Instituts teil, das erstmals in Chile durchgeführt wurde und bei dem die Schüler unserer Schule das beste Ergebnis in Chile erzielten. Alle diese Maßnahmen sollten „dazu dienen, das Deutschtum in Chile zu erhalten und zu pflegen und der Kulturbegegnung zu dienen.“ (ebd., 10.)

Ebenfalls in den Zusammenhang mit dem Bemühen um die Förderung der deutschen Spra-che gehört der Versuch von Schulleiter Schulz-Streek und dem Vorstand unter Leitung von W. Stehr, „mit Ende des Schuljahres 1961 wieder die Berechtigung zur regelmäßigen Ab-haltung der deutschen Reifeprüfung“ zu erlangen. Damit sollte außerdem die Attraktivität der Schule erhöht und die Möglichkeit geboten werden,

„nach dem Besuch einer deutschen Schule in Chile auch die deutsche Reifeprüfung abzulegen, die auf Grund des Europaabkommens über die Gleichwertigkeit von Reifeprüfungen zum Studium in jedem der Mitgliedsstaaten (der Europäischen Gemeinschaft) berechtigt.“ (ebd., 5)

Zwar genehmigte die Kultusministerkonferenz in Deutschland den Antrag, das Abitur wurde aber nicht wieder eingeführt, „weil die Genehmigung nicht der Absicht entsprach, die Reifeprüfung unabhängig von den chilenischen Prüfungen abzulegen“ (ebd., 6), und man den Schülern nicht zumuten wollte, neben den zahlreichen chilenischen Prüfungen auch noch die Abiturprüfung zu machen. Damit blieb es bei der Regelung, die 1959 im Kulturabkommen zwischen Chile und der Bundesrepublik Deutschland getroffen worden war, wonach Schüler, die die Berechtigung zum Studium an einer chilenischen Universität haben, auch in der Bundesrepublik studieren können, wenn sie die entsprechenden Deutschkenntnisse nachweisen können. Diese Rege-lung gilt bis heute, wenn auch seit zwei Jahren mit der zusätzlichen Bedingung, dass sie mindestens 600 Punkte in der chilenischen Hochschulzugangsprüfung (PAA) und in einem Spezialfach erreichen müssen. Dass das Kulturabkommen unseren Schülern diese Möglichkeit bietet, bestätigt einmal mehr die guten Beziehungen der beiden Länder und darf sicher auch als Anerkennung der Arbeit der deutschen Schulen in Chile gesehen werden.


5.3 Öffnung der Schule: Augenblickliches und Bleibendes

Neben den Veränderungen im Deutschunterricht findet insbesondere in den 60er Jahren auch in anderen Bereichen ein Prozeß des Wandels statt. Einige der damals eingeleiteten Neuerungen waren nur vorübergehender Natur, andere gehören bis heute zum selbstverständlichen Bestandteil der Schule. Nachdem 1959 erstmals am Schuljahrsanfang Elternabende in allen Klassen stattgefunden hatten, wurde 1961 zum ersten Mal ein Elternsprechtag durchgeführt, bei dem „sämtliche Lehrer der Humanitäts- und der oberen Preparatoriaklassen den apoderados zur Verfügung standen, die innerhalb weniger Stunden alle Lehrer ihrer Kinder befragen konnten.“ (DSV 1961, 5) Wegen des ermutigenden Ergebnisses (25 % der Eltern nahmen teil) wurde dieser Sprechtag, inzwischen zweimal jährlich, zu einer ständigen Einrichtung.

In diesen Jahren beginnt auch die Diskussion um eine stärkere Beteiligung der Eltern am Schulgeschehen. Da immer mehr spanischsprachige Schüler in die Schule aufgenommen wurden, gab es zunehmend Eltern, die nicht Mitglied im Schulverein werden konnten und daher von der Mitwirkung an der Schule ausgeschlossen waren. Dementsprechend hieß es in einer Empfehlung des Deutsch-Chilenischen Bundes:

Da sich also „Schulverein und Schulgemeinde nicht mehr decken, erscheint es zweckmäßig, an andere Formen zu denken, um dem nicht deutschsprachigen Teil der Eltern-schaft eine entsprechende Beteiligung am Schulbetrieb zu gewähren. Hierbei bietet sich der Elternrat an.“ (Schreiben des DCB an den Vorstand. 1965. Archiv)

Es bedurfte aber noch langwieriger Diskussionen und des engagierten Einsatzes einiger El-tern und Lehrer, bis „ein Wunsch vieler Eltern endlich in Erfüllung ging“ und im Juni 1969 der Schulelternbeirat („Centro de Padres“) gegründet wurde, dessen erster Vorsitzender Herr Mario Alegría wurde, Vater der Präsidentin des Schulelternbeirats im Jubiläumsjahr 1997, Paulina Alegría. Seit dieser Zeit stellt der Schulelternbeirat einen nicht mehr wegzudenkenden Teil der Schulgemeinschaft dar. Zwar hat es im Laufe der Jahre immer wieder auch schwierige Phasen im Verhältnis zwischen ihm und dem Schulvorstand oder der Schulleitung gegeben, erinnert sei zum Beispiel an die Diskussion um die Zusammenlegung der Schulen, die Eröffnung der Neuen Sekundarstufe oder die Einführung der Muttersprachenklassen, trotzdem aber haben sich immer wieder Eltern bereit gefunden, die nicht einfache und außerordentlich arbeitsaufwendige Arbeit im Schulelternbeirat zu übernehmen. Sie haben ganz wesentlich zur Integra-tion der Eltern nach der Zusammenlegung der Schulen von Valparaíso, Viña del Mar und Quilpué beigetragen und einen wesentlichen Beitrag zur Identifikation der Eltern mit der Schule geleistet. Darüber hinaus hat der Schulelternbeirat mit Hilfe der Klassenelternbeiräte und vieler Eltern immer wieder mit Spenden- und Solidaritätsaktionen für Schüler und Schule, für in Not geratene Mitarbeiter oder für durch Naturkatastrophen betroffene Men-schen ein Vorbild an Solidarität und sozialer Verantwortung gegeben. Und schließlich tragen Elternbeirat und Eltern bei zur Ausstattung der Schule, zur Verbesserung der Infrastruktur, zur Organisation von Veranstaltungen aller Art und zur Lösung von Problemen des Schulalltags.

Auch im Bereich der Schülerschaft machten sich ein Wandel und ein Prozeß der Be-wußtwerdung bemerkbar, häufig unterstützt von engagierten Kolleginnen und Kollegen. Im September 1964 wurde „eine Schülervereinigung namens ‘Interact’ gegründet“, die sich als erste Gruppe an einer Schule der V. Region im Kontakt mit dem Rotary-Club für soziale Aufgaben einsetzte und u.a. „Kleidungs- und Büchersammlungen für Bedürftige“ (DSV 1964,6) durchführte. Diese Öffnung zu außerschulischen Institutionen wurde fortgesetzt mit zahlreichen Veranstaltungen zur Berufsberatung sowie mit Sozialpraktika, bei denen Ende der 60er Jahre

„der Klasse dadurch ein Einblick in die Lage des Proletariats ermöglicht wurde, dass jeder einzelne Gelegenheit bekam, Fürsorgerinnen während eines Arbeitstages bei ihren Gängen zu begleiten sowie den Sprechstunden im Fürsorgeamt beizuwohnen.“ (DSV 1964, 4)

Schließlich kam 1967 die „Schülermitverwaltung“ , das Centro de Alumnos, „unter kräftiger Mitwirkung von Lehrern und des Schulleiters Sauer zustande (DSV 1967, 4), die ihre Arbeit mit der „academía científica“ begann, betreut von Herrn Carrizo, und in den kommenden Jahren durch zahlreiche soziale Aktionen auf sich aufmerksam machte:

„Die SMV organisierte Arbeitsgemeinschaften, Wandzeitungen, Schülerzeitung und die Sozialarbeit des Centro Juvenil: ständige Betreuung eines Jugendheims mit Vorträgen, Filmen, Sportwettkämpfen und materieller Hilfe. Gemeinsam mit der evangelischen Kirche, Eltern und Lehrern wurde beträchtliche Erdbebenhilfe geleistet, unter anderem dreimal in einem schwer betroffenen Dorf nördlich von Valparaíso.“ (DSV 1971, 2).

Seit seinen Anfängen hat das Centro de Alumnos sich als Vertretung der Schüler verstanden, sich für deren Interessen eingesetzt und gleichzeitig Veranstaltungen durchgeführt, die den Zusammenhalt der Schüler und die Identifikation mit der Schule gefördert haben. Gleichzei-tig aber waren Schüler immer wieder bereit, sich für soziale Zwecke zu engagieren, beispielsweise für die Hilfe für Erdbebenopfer, durch die Betreuung von Kindern im ‘Hospital de Niños“, durch die ständige Hilfe im „Hogar José Obrero“ oder wie kürzlich für die Opfer der Unwetterkatastrophe. In dieser Weise zeigen Mitglieder des Schülerrates und Freiwillige immer wieder, dass sie sich ihrer gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung bewusst sind, dass sie bereit sind, sich einzusetzen für eine gute Sache, dass sie - mit einem Wort - solidarisch sind. Dies ehrt die Schülerinnen und Schüler, aber sicher auch Eltern und Schule, die sie erziehen.


5.4 Kleine Probleme - große Erfolge

Betrachtet man die 50er und 60er Jahre im Überblick, so stehen neben den bereits genannten noch eine Reihe weiterer kleiner Probleme, die zu lösen waren, und auf der anderen Seite außerordentliche schulische Leistungen und herausragende Erfolge und Aktivitäten im musi-schen, künstlerischen und sportlichen Bereich.

Die jährlich stattfindenden Prüfungen in den Humanitätsklassen (7-12) wurden weiterhin vor einer externen Prüfungskommission abgehalten. In anderen Bereichen aber wirkten sich die verschiedenen Reformen im chilenischen Bildungswesen auch auf die Schule aus. Dabei zeigte sie sich aber stets flexibel in der Anpassung an die neuen gesetzlichen Regelungen. So führte beispielsweise eine neue Zensurenregelung, nach der „nur die Zensuren von 4,0 aufwärts als ausreichend anerkannt wurden“ an den meisten Schulen zu einer „Verwirrung, die zu Streiks der Schülerschaft und zur Ungültigkeitserklärung der im ersten Trimester er-teilten Noten unter 4,0 führte. Unsere Schule wurde davon nicht betroffen“ (DSV 1959,3), da man sich hier rechtzeitig darauf eingestellt hatte. Ebenso problemlos gelang die Umsetzung der Bildungsreform Ende der 60er Jahre, die unter der Regierung des Präsidenten Frei Montalva eingeleitet wurde: 1965 fand das letzte Bachillerato statt, seit dieser Zeit gibt es eine zentrale Hochschulzugangsprüfung (PAA). 1968 wurde das erste Jahr der neuen „Enseñanza Media“ (Oberstufe) eingeführt, 1970 beendeten die letzten Schüler der „Humanidades“ die Schule, und mit dem Jahr 1971 ist die Reform praktisch durchgeführt, einschließlich der Umsetzung der neuen Lehrpläne. Seit dieser Zeit besteht die Grundstufe (Básica) aus den Klassen 1 - 8 und die Oberstufe (Media) aus Klasse 9 - 12. Schwieriger gestalteten sich die Probleme der Infrastruktur der Schule: Die steigende Schülerzahl machte neue Räume notwendig, die je nach Bedarf ergänzt wurden, das Erdbeben von 1965 beschädigte den Turm der Schule derart, dass 6 Meter abgetragen werden mussten, „wobei der Gebäudekomplex sehr an ästhetischem Wert einbüßte“. (DSV 1965,4) Der alte Teil des Ferienheims musste gar ganz abgerissen werden, konnte aber bald durch den Neubau ersetzt werden, der bereits vorher begonnen worden war. Und schließlich stellte der Wegzug vieler Familien aus Valparaíso den Schulort grundsätzlich in Frage.

Trotz alledem gehörte die Schule ohne Zweifel weiterhin zu den besten des Landes. Erfolge bei den Aufnahmeprüfungen zu den Universitäten und in der PAA bestätigen dies, bei denen die Schüler immer wieder zu den erfolgreichsten gehörten. Aus der Fülle der Belege seien nur wenige zitiert:

„...höchste Punktzahl und in ‘Matemática’ die drei ersten besten der Region.“ (DSV 1949,1)

„...Unsere Schule steht an zweiter Stelle der Provinz.“ (DSV 1952,1)

„...nimmt unsere Schule in Bezug auf die Durchschnittspunktzahl von allen Schulen der Provinz die erste Stelle ein.“ (DSV 1955,2)

„...drei Schüler erreichten die höchste Punktzahl, die erreicht wurde.“ (DSV 1962,2)

„...reiht die Schüler in die Spitzengruppe der Provinz ein, in der ‘mención matemática’ steht einer unserer Absolventen an erster Stelle.“ (DSV 1964,2)

„..3% der Schüler erreichte im Landesdurchschnitt mehr als 700 Punkte (in der PAA), von unseren Schülern 13,5%.“ (DSV 1966,2)

„...Die Deutsche Schule war die einzige Schule des Landes, die es schaffte, dass alle ih-re Bewerber bei den Aufnahmeprüfungen (für die Offizierslaufbahn) der Streitkräfte bestanden.“ (Brief an den Vorstand, 16.3.71, Archiv)

Dasselbe ausgezeichnete Bild zeigt sich im Fach Englisch beim „Essay-Competition“ der Privatschulen der Zone, die das chilenisch-britische Kulturinstitut jahrelang durchführte („vier von fünf möglichen ersten Plätzen), bei Aufsatzwettbewerben der deutschen Schulen Chiles oder beim 1967 erstmals durchgeführten „Kleinen Sprachdiplom“ im Fach Deutsch.

Diese hervorragenden Leistungen sind aber nur eine Seite dessen, was die Deutsche Schule in dieser Zeit auszeichnete. Über den Rahmen der Schule hinaus war sie großen Kreisen der Bevölkerung vor allem durch ihre Arbeit im musischen, künstlerischen und sportlichen Be-reich bekannt. Jahrelang wurden die Abschlußfeiern der Schule thematisch um bedeutende Autoren oder Komponisten gruppiert und dadurch die literarischen und musikalischen Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler unter Beweis gestellt: Bach (1951), Das Volkslied im Wandel der Zeiten (1952), Schiller (1955 u. 59), Schubert und Schumann (1956), Eichendorff (1957). Auftritte des Chores bei zahlreichen Anlässen und Veranstaltungen in der Aula und im Deutschen Verein, in der Stadtverwaltung, auf der Plaza Victoria und in Quilpué, auf der Han-seatic, im Rundfunk und Fernsehen (1968 u. 73) sowie im Stadttheater von Santiago berei-cherten das musikalische Leben der Region. Die Aufführung der Jugendoper „Die Wanderuhr“ (1965) unter Beteiligung von 11 Lehrern und über 100 Schülern in der Aula und in Santiago erregte spektakuläres Aufsehen, und der Sieg im Chorfestival (1971) mit Werken von Bach, Bartok und einer Tonada nach Neruda und nochmals 1972 zeigten ebenso den hohen Stand der Musikerziehung wie die Auf-führung des „Schulmeisters“ von Telemann. Besonderen Verdienst erwarben sich die Lehrer Schmidt und Hanselmann durch ihre Arbeit mit dem Chor, mit dem der letztere sogar eine Schallplatte veröffentlichen konnte.

Auch in Kunst und darstellendem Spiel präsentierte die Schule Eltern und der Öffentlichkeit ihre hervorragenden Arbeiten. Fast jährliche Ausstellungen im Museo de Bellas Artes, im Goethe-Institut oder in anderen Institutionen machten das Ziel des Unterrichts deutlich, nämlich „die Entfaltung der schöpferischen Kräfte unserer Schüler.“ (DSV 1960,4) Auch wenn es im Kunstunterricht selbst gelegentlich sehr streng zuging, die Farbstifte mussten spitz sein, Sauberkeit am Arbeitsplatz war selbstverständlich, so zeigten doch die Gewinne zahlreicher Kunstwettbewerbe neben den guten Leistungen auch, dass zwischen Ordnung und Kreativität nicht unbedingt ein Widerspruch bestehen muss. Ein weiteres Aushängeschild blieb in den 25 Jahren zwischen 1948 und 1973 der Sport. Die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer und die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Turnverein trugen weiterhin ihre Früchte: In den verschiedenen Sportarten (Leichtathletik, Turnen, Schwimmen) errangen Schülerinnen und Schüler sowohl als Mannschaften als auch in Einzelwertungen so viele Siege und erste Plätze, dass eine lange Liste nötig wäre, sie alle aufzuzählen. Deshalb seien auch hier nur wenige Beispiele genannt:

„... nahmen teil an den Sportwettkämpfen der Privatschulen in Valparaíso und Umgebung, bei denen wir in den Jungen- und Mädchengruppen in allen Klassen eindeutig gewannen.“ (1958)

„... Sieg in der Mannschaftswertung beim Turnvergleichswettkampf der Schulen Valparaísos.“ (1959)

„... erster Platz beim Interescolar mixto.“ (1960)

„... Sieger beim Schwimmwettkampf interescolar.“ (1961/63)

„... verschiedene Jungen und Mädchen nahmen am Deutschen Turnfest in Essen teil, wobei sich alle den Siegerkranz verdienten.“ (1963) Ebenso 1968 beim Turnfest in Berlin.

„... erster Platz bei den Schwimmwettkämpfen und den Mannschaftsspielen.“ (1969)

„... Drei unserer Mädchen gehörten zu der Gruppe, die chilenische Meister im Geräteturnen wurden, und zwar in der Mannschafts- wie in der Einzelwertung.“ (1970)

„... wieder erster Platz im Turnwettkampf der Mädchen.“ (1970)

Zusammen mit all den hier nicht genannten Erfolgen zweifellos eine beeindruckende Serie, vor allem wenn man bedenkt, dass diese Leistungen und damit die Stellung der Schule über Jahre hinweg gehalten werden konnten.


5.5 Aus 3 wird 1: Die Gründung des Schulverbandes in unruhigen Jahren

Der Gedanke, die deutschen Schulen Valparaíso und Viña del Mar zusammenzulegen und eventuell mit Quilpué und Villa Alemana in einem Schulverband und in einem gemeinsamen Gebäudekomplex zusammenzufassen, war durchaus nicht neu und hatte verschiedene Ursachen. Bereits seit der Gründung der Schule in Viña del Mar hatten diese und die Schule in Valparaíso in methodisch-didaktischer Hinsicht, bei der Abstimmung der Lehrpläne, der Vor-bereitung von Prüfungen und bei verschiedenen Veranstaltungen zusammengearbeitet, da die Schüler aus Viña nach Valparaíso in die Oberstufe wechselten. So heißt es zum Beispiel im Protokoll einer Sitzung der beiden Vorstände im Jahre 1962:

„Da nun zwischen den beiden Schulen eine immer größere Zusammenarbeit besteht, die durch die baldige (!) Übersiedlung Valparaísos noch verstärkt wird, wird angeregt, die Vorstände beider Schulen zu verschmelzen.“ (Protokoll vom 27.9.1962, Archiv)

Hinzu kam, dass seit Jahren, zunächst allmählich, dann stetig zunehmend, immer mehr El-tern aus Valparaíso wegzogen, vor allem nach Viña, und die dortige Schule stetig wuchs, während die unteren Klassen in Valparaíso kleiner wurden und die Schule ihren Schwer-punkt zunehmend in der Oberstufe hatte. Aus diesen Gründen erwarb der Schulverein am 3. Dezember 1962 ein Grundstück in der Calle Los Plátanos in Miraflores, wo „die Humanidades zusammengefasst werden“, während in Viña „die Preparatorios bleiben“ sollten. „Das jetzige Schulgebäude (in Valparaíso) soll(te) verkauft werden.“ Zweifellos machten diese Planungen auch die organisatorische Zusammenführung der Schulen von Viña del Mar und Valparaíso nötig. Ein anderer Grund ließ auch die Integration der Schule von Quilpué in den Verbund sinnvoll erscheinen: Da den Schulen in Valparaíso und Quilpué

„die geeignete Anzahl deutschsprachiger Kinder fehlt, ist der erzieherische Erfolg die-ser Schulen mehr als problematisch, ganz abgesehen von der unrationellen Situation, zahlreiche Vollanstalten geographisch dicht beieinander zu haben.“ (Schreiben das Vor-standes an das Generalkonsulat vom 31.12.1965, S. 2. Archiv)

Daher waren Schulverbund und Neubau in Miraflores „als „Mittelpunktschule“ geplant, ein Begriff, der aus Deutschland stammte, wo in diesen Jahren ebenfalls die Auflösung kleinerer Schulen und deren Zusammenfassung in Schulzentren und Mittelpunktschulen begann:

„Die neue Schule ist als Mittelpunktschule gedacht, der die übrigen deutschen Schulen, insbesondere Viña del Mar, Quilpué und Villa Alemana, ihre Kinder nach Absolvierung der Unterstufe, d.h. der ersten sechs Jahre, zuführen. Sie soll daher nur die sechs letzten Schuljahre, also die Mittel- und Oberstufe führen. Auch hierdurch hoffen wir einen wesentlich stärkeren Prozentsatz deutscher Kinder zu haben als bisher. Der Plan macht die organisatorische Zusammenlegung der Deutschen Schulen in Val-paraíso und Viña del Mar notwendig, die weiterhin in getrennten Gebäuden aber unter einheitlicher Leitung arbeiten sollen.“ (ebd., S. 3)

Die Pläne zum Bau dieses Schulzentrums in Miraflores nach Deutschland eingereicht, um so eine finanzielle Unterstützung zu erhalten, und der Turnverein nutzte inzwischen das Ge-lände als Sportplatz. Die weiter steigende Schülerzahl ließ aber sehr bald erkennen, dass das geplante Gebäude sich als zu klein erweisen würde. War die Zusammenlegung in einem Gebäude damit zunächst scheinbar aufgeschoben, so beschleunigte der Wandel in der deutschen Auswärtigen Kulturpolitik nach 1969 den Zu-sammenschluss. Im Rahmen dieser Neuorientierung sollten vornehmlich solche Schulen finanziell und personell gefördert werden, in denen „der Einfluss deutscher Bildungselemente nicht so geringfügig ist, dass von einer kultur-politischen Ausstrahlungskraft nicht oder kaum noch gesprochen werden kann.“ (Schreiben des AA 1965. Archiv) Diese Forderung sowie die Konzentrierung der Fördergelder aus der Bundesrepublik zwan-gen schließlich zu einer organisatorischen Zusammenlegung der drei Schulen, die am 31.8.1971 formell beschlossen wurde. Während einer Übergangsfrist bis zum Schuljahr 1973 sollten die drei Schulen in den „Deutschen Schulverband Valparaíso“ integriert werden, der von einem Schulverein getragen und von dessen Vorstand geleitet werden sollte. Erster Vorsitzender des Schulvereins und des Vorstandes wurde Prof. Dr. Herbert Karlsruher, der bereits als Vorsitzender von Valparaíso wesentlich zum Gelingen des Unternehmens beigetragen hatte. Die Schule selbst wurde von einem Verbandsleiter geleitet, dem die drei Teilschulleiter un-terstanden sowie ein Vizerektor, der im Auftrag des Schulleiters für die Verbindung zu den chilenischen Behörden zuständig sein sollte. Wenn auch die genannten Gründe für eine Zusammenlegung sprachen und die Konzentrierung der Fördermittel aus Deutschland kaum eine andere Wahl ließen, stieß der Zusammenschluß doch nicht auf einhellige Zustimmung. Insbesondere die Eltern aus Quilpué waren aus Gründen, die aus ihrer Sicht durchaus verständlich waren, eher gegen die Gründung, die für sie die Aufgabe einer eigenständigen Schule und längere Fahrtwege für die Oberstufenschüler bedeutete. Aber auch in Kreisen der Eltern und Lehrer der beiden anderen Schulen gab es kritische Stimmen, da man mit organisatorischen und pädagogischen Problemen, zusätzlichen Fahrtwegen, Versetzungen an einen anderen Schulort und anderen Un-abwägbarkeiten rechnete.

Der Zusammenschluss der drei Schulen wurde überlagert von der politischen Entwicklung in Chile während der Regierung der Unidad Popular, insbesondere in den beiden letzten Jah-ren, 1972/73, in denen die Vereinigung zum Abschluss gebracht werden sollte. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation und die zahlreichen Streiks während dieser Jahre ließen auch die Schule nicht unberührt. Bereits 1972 führten die Streiks u.a. des Mittelstandes dazu, dass der Unterricht mehrere Tage ausfiel oder viele Schüler aufgrund der Transportprobleme nicht am Unterricht teilnehmen konnten. Diese Situation verschärfte sich im Jahr 1973 noch erheblich, in dem zahlreiche Streiks und Besetzungen einen regulären Unterricht nahezu unmöglich machten. Erstmals in der Geschichte der Schule beteiligten sich auch der Schulelternbeirat und der Schülerrat an einem Streik, so dass insgesamt „12 Unterrichtstage verloren“ gingen, „an denen der Schulbesuch nur etwa 10% betrug.“ (DSV 1973,1). Wegen der sich verschärfenden Situation und des Militärputsches wurden schließlich die Winterferien verlängert, und der Schulbetrieb wurde erst am 19. September 1973 wieder aufgenommen. In welch einer Situation sich Schule, Vorstand und Schulleitung zeitweise befanden, macht ein Zitat aus der Schulleiterbesprechung vom 10. September 1973 deutlich:

„Herr R. berichtet über die angespannte Lage in Quilpué. Mit Einverständnis des Vorstandes wird dort kein Unterricht gehalten. Linkskreise fordern Unterricht, obwohl die Besetzung der Schule dann durch Rechtskreise droht. Den Linken soll daher versuchs-weise Unterricht angeboten werden nach Rücksprache mit den Rechten.“ (Archiv)

Auch innerhalb der Schule selbst machten sich die politische Entwicklung des Landes bemerkbar. Die bereits erwähnte soziale Öffnung wurde weiter fortgesetzt, durchaus wohlwollend unterstützt aus Deutschland, wo seit 1969 eine Regierung aus Sozialdemokraten und Liberalen an der Macht war. Seit 1969

„leitete eine Lehrerin einen intensiven Deutschkurs in der 4. Klasse der Villa Berlin, um die Möglichkeit zu prüfen, begabten Schülern den Weg in die Schule zu öffnen, auch wenn sie nicht in den Kindergarten eintraten. Dieses Experiment wurde von den Schul-behörden sehr begrüßt und endete mit einem vorläufigen Erfolg, da drei begabte Kinder in das 4. bzw. 3. Schuljahr aufgenommen werden konnten.“ (DSV 1969, 3)

Einige der aus Deutschland kommenden Lehrer brachten den Elan der Studentenbewegung mit, angezogen von einem Land, in dem eine sozialistische Regierung an die Macht gekommen war, fielen bereits äußerlich durch Kleidung und Haartracht auf, verbrüderten sich mit Schülerinnen und Schülern, die sie zu ihren Festen einluden und mit denen sie selbst auf Feste gingen und verwickelten Schüler, Lehrer und Eltern in politische Diskussionen. Dabei stellten sie bisher geltende Normen und Autoritäten in Frage und betrachteten sich selbst nicht selten als die Avantgarde politischer und sozialer Veränderungen. Umgangsformen lockerten sich, Wandzeitungen und Diskussionen unter den Schülern, im Schülerrat und im Schulelternbeirat waren an der Tagesordnung, und auch im Kollegium gab es - als Spiegel der allgemeinen Situation - Diskussionen über die weitere Entwicklung im Lande. Die Veränderung der Atmosphäre in der Schule hatte durchaus auch ihre positiven Seiten und einige der damals von Lehrern, deren Frauen und Eltern begonnenen Projekte bestehen bis heute. Insgesamt aber wirkte sich die Zuspitzung der wirtschaftlichen und politischen Situation auch für die Schule negativ aus: Zahlreiche Familien von Schülern der Schule zo-gen weg, und deutschsprachige Eltern vor allem aus dem Mittelstand emigrierten nach Deutschland, was „zu einer beträchtlichen Verringerung der Schülerzahl“ führte und den Anteil deutschsprachiger Kinder in der Schule weiter (deutlich) sinken ließ.

So war der Abschluss dieser Phase, waren die Jahre 1972/73 aus vielerlei Gründen, innerschulisch durch den Zusammenschluss der drei Schulen und die Schließung des Kindergartens und der Grundstufe in Valparaíso (1972) sowie durch einen sehr unregelmäßigen und häufig ausfallenden Unterricht, außerschulisch durch die politische und soziale Ent-wicklung im Lande und schließlich den Militärputsch sicher einer der unruhigeren Abschnitte der Schulgeschichte.


6. Von Valparaíso nach Viña del Mar (1973 - 1985/88)

Die letzten 25 Jahre der Schulgeschichte sind den meisten Lesern noch so gegenwärtig, dass eine etwas knappere Darstellung dieses Abschnitts aus diesem Grund ebenso angebracht erscheint wie aufgrund des Fehlens der historischen Distanz für eine abgerundete Darstellung.


6.1 Das Zusammenwachsen der Teilschulen

Wegen der politischen Situation im Lande fiel der Unterricht 1973 von Juli bis Mitte September aus und begann am 19. September unter der neuen Militärregierung wieder. Die Schule selbst wurde durchsucht und zwei Lehrer aus Quilpué wurden vorübergehend verhaftet, aber bald wieder freigelassen. Darüber hinaus waren es eher äußere Aspekte des Schulbetriebs, in denen sich die neue Richtung bemerkbar machte, während die Inhalte des Unterrichts nur zum Teil betroffen waren. Die Aufsicht über die Schule wurde verstärkt, einzelne Lehrbücher wurden überprüft, im Laufe der Zeit zum Teil neue Lehrpläne in Kraft gesetzt und erstmals wöchentliche „actos cívicos“ eingeführt, die es bisher nicht gegeben hatte. Dabei mussten

„mindestens an jedem 2. Montag Schüler eine Rede anlässlich des acto cívico halten. Dieser Rede wird eine Note mit coeficiente 2 im Fach Ciencias Soziales zugeteilt.“ (DSV 25.6.75, Archiv)

Schulveranstaltungen und Konferenzen mussten wegen der Sperrstunde vor 20 Uhr beendet sein, die chilenische Flagge durfte „nicht in enger Verbindung mit anderen und nicht vor 8 Uhr“ gezeigt werden. Die Feier zum 25. Jahrestag des Grundgesetzes im Jahre 1974 wurde abgesagt, in

„Ca und Cs sollen Lehrer Sprüche, die der Erziehung dienen, plakativ anbringen lassen. Hinweise auf Uniform, Kleidung und Schmuck (soll) im üblichen Sinn gegeben werden. In den Klassenräumen dürfen weder politische noch Pop-Plakate angebracht werden. Centro de Padres und Centro de Alumnos funktionieren nur intern, nicht nach außen. Zu-sammenschlüsse sind nicht erlaubt.“ (DSV 19.3.1974, Archiv)

Einige der angeordneten Maßnahmen wie die Einhaltung der Uniformordnung und die For-derung, dass Schüler mit kurzem Haar zu Schule kommen mussten, waren lediglich Bestäti-gungen bereits früher gültiger Regelungen, die aber zum Teil immer weniger beachtet worden waren, andere waren neu wie die, „La oración al Maestro“ von Gabriela Mistral für alle deutlich sichtbar aufzuhängen, das Verbot des öffentlichen Verkaufs von Losen durch Schüler, politischer Aussagen in der Schule, die Pflicht zur Einrichtung einer Verkehrswacht („Brigada de tránsito“) und auch Aufforderung an die Lehrer, auf ihr Äußeres strenger zu achten. Die genannten Anordnungen sowie eine Reihe weiterer, die die Ordnung und Disziplin be-trafen, wurden der Schule in regelmäßigen Zusammenkünften mit dem Militärbeauftragten („Delegado Militar“) mitgeteilt und von diesem kontrolliert.

Parallel zu diesen Veränderungen im Schulalltag machte

„der Zusammenschluss der drei Teilschulen zu einem einheitlichen Ganzen große Fortschritte. In vielen pädagogischen Grundsatzfragen, aber auch in alltäglichen Problemen, konnte eine Vereinheitlichung erreicht werden.“ (DSV 1974, 1)

Hierzu gehörte auch die Unterstellung unter die Aufsicht des ‘Liceo Eduardo de la Barra’, das jetzt für die Legalisierung von Akten und Zeugnissen aller drei Teilschulen zuständig wurde.

Nach wie vor gab es jedoch Widerstände gegen den Zusammenschluss, insbesondere bei Eltern in Quilpué, die nicht verstanden, „dass man in einem aufstrebenden Lande, das aktive Bildungspolitik betreibt, eine angesehene Schule reduziert.“ (ebd.) Und so ist es nur zu verständlich, dass sich „ohne die Übernahme der Buskosten (von Quilpué nach Valparaíso) der Zusammenschluss nicht hätte durchführen lassen.“ (ebd.)

Auch ein anderer, vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik angeregter Reformversuch stieß auf Widerspruch bei Eltern: Die „Neue Sekundarstufe“ wurde eingeführt, ein „Seiten-einstieg“ von besonders begabten Schülern, die bis zur 4. Klasse eine chilenische Grund-schule besucht hatten. Der Grundgedanke dieses Schulversuchs war es, auch Schülern aus sozial schwachen Schichten den Zugang zur Deutschen Schule zu ermöglichen. Die Schul- und Transportkosten für angenommene Schüler wurden von der Bundesrepublik getragen. Wegen der Beunruhigung in der Elternschaft, die „das Eindringen sozial nicht adäquater Schichten fürchteten“ (ebd.), und veränderten äußeren Bedingungen wurde dieser Versuch nach wenigen Jahren eingestellt.

Eine andere Reform dagegen fand breite Zustimmung und gehört bis heute zu einer der wichtigsten Einrichtungen der Schule und der meisten deutschen Schulen in der Welt: 1974 wurde das „Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz“ eingeführt. Eine Sprachprüfung, die aus den Teilen Hörverstehen, Leseverstehen, Grammatik und Wortschatz und der Erstellung eines längeren Aufsatzes besteht, in Deutschland ausgearbeitet und dort auch korrigiert wird. Das Bestehen dieser Prüfung berechtigt zusammen mit dem der chilenischen Hochschul-zugangsprüfung (P.A.A.) zum unmittelbaren Zugang zu allen deutschen Hochschulen und Universitäten. Zunächst nahm nur ein Teil der Schüler an dieser Prüfung teil, inzwischen ist das DSD II (später wurde eine weitere Prüfung in der 10. Klasse eingeführt) für alle Schüler obligatorisch und ein wichtiger Gradmesser für die Deutschkenntnisse unserer Schüler.

Auch in der Struktur des Schulverbandes und bei seinen Einrichtungen gab es im Laufe die-ser Jahre einige Veränderungen: Bereits 1974 wird die Teilschule Viña del Mar bis zur 8. Klasse erweitert, die Schülerbibliotheken der Teilschulen werden ausgebaut (1980), Lese-räume in Quilpué und Valparaíso eingerichtet, Quilpué erhält im selben Jahr eine Turnhalle, zwei Jahre später einen Sportplatz. 1981 werden Präkindergärten in Viña und Quilpué ein-gerichtet, die Fachschaften werden neu organisiert, was zur „intensiveren methodischen und personellen Zusammenarbeit der einzelnen Kollegen einer Fachschaft im ganzen Schulver-band beitragen“ soll. Im Laufe der kommenden zwei Jahre werden eine Reihe von Ord-nungen (u.a. die Dienst- und Konferenzordnung) neue formuliert, um sie den veränderten Bedingungen anzupassen. Und schließlich findet 1983 „erstmals eine gemeinsame Konfe-renz aller Lehrer statt, die am Deutschen Schulverband Valparaíso unterrichten“. Weit über den Rahmen der alltäglichen Diskussionen über den Deutschunterricht hinaus ging eine Veranstaltung zum Thema „Begegnung“, die im Ferienheim Limache mit Teilnehmern der Botschaft, des Erziehungsministeriums, des Goethe-Instituts, des Schulvorstandes, von Universitäten und anderen Institutionen stattfand und Anregungen bot für die künftige Ge-staltung dieser für die Schule zentralen Zielsetzung.


6.2 Neubaupläne in „El Salto“

Nachdem das Auswärtige Amt der Bundesrepublik die finanzielle Unterstützung für den geplanten Schulneubau in Miraflores auch wegen der unsicheren politischen Situation in den Jahren 1972/73 zunächst zurückgestellt hatte, wurde das Neubauprojekt unter dem neuen Vorsitzenden des Schulvorstandes, Dieter Wegner, ab 1974 wieder aufgenommen. Im Beschluss des Vorstandes heißt es dazu:

„...haben wir feststellen müssen, dass der Platz in Miraflores unzureichend ist, um dort dem heutigen Stand gemäß ein Schulgebäude aufzubauen. Der damalige Plan war, eine 12-Klassen-Schule für die Oberstufe des Raumes Valparaíso/Viña zu bauen. Da nun durch den Schulverband und Zusammenschluss mit Quilpué noch weitere Oberstufenklassen hin-zukommen, wäre es erst im Jahre 1986 möglich, laut dem letzten Strukturplan, diese Schule benutzen zu können. Außerdem ist die Oberfläche des Grundstücks zu klein. ... Nun bietet sich die Gelegenheit, im Salto einen Bauplatz von ca. 54.000 m2 zu kaufen. ... Es wäre natürlich angebracht, auf diesem Platz eine größere Schule zu bauen, die gleichzeitig die Unterstufen der Teilschulen Valparaíso/Viña und die Oberstufe des Schulverbandes aufnehmen könnte.“ (DSV 7.10.1974, S. 2. Archiv)

Mit dem einstimmigen Beschluss des Vorstandes, dieses Grundstück zu erwerben, begann eine lange Phase der Diskussion und Planung. Da keineswegs alle Mitglieder der Schulgemeinschaft davon überzeugt waren, dass Beschaffenheit und Lage des Grundstücks am Ran-de eines Industriegebietes für einen Schulneubau geeignet seien, und es weiterhin Kritik gab an der geplanten Aufgabe der alten Schule in Valparaíso, bedurfte es langer Diskussionen und zahlreicher Besichtigungen des Grundstückes durch Eltern, Schulverein, Turnverein und Mitglieder anderer Institutionen, um diese zu überzeugen, ehe schließlich aus Anlass der Feiern zum 120. Jubiläum der Schulgründung am 16.10.1977 der Grundstein für das neue Gebäude und den ersten Bauabschnitt gelegt werden konnte. Inzwischen war das Neubaukonzept zu dem eines Schul- und Kulturzentrums der deutsch-chilenischen Gemeinschaft erweitert worden: Geplant war

„ein Schulgebäude mit 26 Klassenräumen, 8 Spezialräumen für Physik und Chemie und Sprachlaboren, einem Filmsaal für 180 Personen und Verwaltungsbüros.“ Außerdem „ein Stadion mit Hockeyplatz, Faustballplatz, 400m-Aschenbahn, mit einer besonderen 8bahnigen 100 m-Strecke, mit Tribünen, Tennisplätze, Mehzweckplätze, z.B. für Volleyball und Basketball, anschließend ist eine Grünanlage in Terrassenform geplant und gleich da-hinter ein überdachtes Schwimmbad, das im Sommer auch halbbedeckt benutzt werden kann. Weiter war „ein Gebäude geplant, das dann später als eine Art Klubhaus ausgebaut werden soll, mit einem Festsaal für 600 Personen, der auch als Film- und Theaterraum benutzt wer-den kann und der auch sogar dafür gedacht ist, sonntagsmorgens als Kirche zu dienen.“ (DSV 1977, 22)

Auch wenn man bei der Finanzierung des Baus auf die Unterstützung der Bundesrepublik rechnete, waren doch außerordentliche Anstrengungen des Schulvereins notwendig, um die nötigen Mittel zur Verfügung stellen zu können. Dies insbesondere auch deshalb, weil in all den Jahren der Planung und des Baus auch weiterhin Verbesserungen und Veränderungen an den drei Teilschulen vorgenommen wurden. So mussten die erheblichen Schäden des Erdbebens von 1975 beseitigt werden, wurde 1979 ein neues Labor für die Naturwissenschaften in Valparaíso eingerichtet und ein Jahr später wurde in Viña ein Fertiggebäude erstellt, um die drei Präkindergärten unterzubringen, und in Quilpué wurde die Turnhalle eingerichtet und übergeben. Trotz dieser Aufwendungen konnte am 27. September 1981 der erste Bauabschnitt mit Sportplatz, Laufbahnen, Umkleidekabinen und Duschen auf dem Gelände im Salto eingeweiht werden. Damit verfügte der Schulverband über eine der modernsten Sportanlagen der V. Region, noch ehe das Schulgebäude selbst in Angriff genommen worden war.


6.3 Das Erdbeben von 1985 und die Folgen

Noch ehe mit dem eigentlichen Schulneubau begonnen werden konnte, zerstörte am 3. März 1985, unmittelbar vor Beginn des Schuljahres, ein Erdbeben der Stärke 8,0 auf der Richter-Skala die Gebäude der Teilschulen Quilpué und Valparaíso fast völlig. „Das traditionsreiche Gebäude in Valparaíso musste aufgegeben werden“, da es angeblich so starke Beschädigungen an der Struktur und Statik aufwies, dass eine schnelle Wiederherstellung nicht möglich schien. In Quilpué blieben lediglich der Kindergartenteil, der Musiksaal und zwei Klassen mit nur leichten Beschädigungen nutzbar, alle übrigen Gebäude mussten vollständig abgerissen werden. Es dürfte wohl das einzige Mal in der Geschichte des deutschen Auslandsschulwesens gewesen sein, dass zwei gerade zum 1. März neu an die Schulen vermittelte Schulleiter (Ver-bandsleiter Nahamowitz und der Leiter von Quilpué, Behrend) ihren Dienst antreten wollten und nur noch Ruinen vorfanden. Zugleich bedeutete die Zerstörung der beiden Teilschulen auch das Ende der bisherigen Überlegungen für den Neubau, da nun zunächst Vorsorge für die folgenden Wochen und Monate getroffen werden musste, gleichzeitig aber zu entscheiden war, wie der künftige Neubau aussehen sollte und wie man ihn in möglichst kurzer Zeit würde fertig stellen kön-nen.

Zunächst wurden die Schüler aus Valparaíso in Viña del Mar unterrichtet, wo in zwei Schichten, vormittags und nachmittags Unterricht erteilt wurde. Ebenso verfuhr man in Quilpué: Präkindergarten, Kindergarten und die Klassen 1 - 4 hatten am Vormittag, die Klassen 5 - 10 am Nachmittag Unterricht. Mit Hilfe einer unbürokratischen und schnellen finanziellen Unterstützung aus der Bundesrepublik wurden in kurzer Zeit 24 Fertigbau-Montageklassen („Modulos“) auf der Beton-decke der Tiefgarage im Salto und in Quilpué errichtet. Hier wurden bereits ab August die Klassen 7 - 12 (7o - IVo) der zerstörten Schule in Valparaíso sowie die Klassen 9 und 10 (Io und IIo) aus Quilpué unterrichtet.

Die pädagogische Arbeit der kommenden Jahre verlangte von Lehrern und Schülern außerordentliche Geduld angesichts der unzureichenden äußeren Bedingungen:

„Im Salto steht ein Provisorium, 16 aneinandergekleisterte Fertigbaumontage-Klassenräume, schlecht belüftet, unzureichend schallisoliert. Die Lehrer sind in einer bunkerartigen Betonzelle ohne natürliches Licht eingepfercht. Keine Bibliothek, Physik, Chemie, Biologie ohne Möglichkeit, zeitgemäßen Fachunterricht zu erteilen. Musik, Kunst und Sport unter freiem Himmel. Hier werden die Klassen 7 bis 12 ‘versorgt’. In Quilpué sind der Kindergarten und die Klassen 1 bis 8 in ähnlicher Weise, z.T. noch notdürftiger un-tergebracht.“ (DSV 1986, 12)

Die bisherigen Pläne für einen Kulturkomplex der deutsch-chilenischen Gemeinschaft im Salto wurden aufgegeben und neue Pläne für den Bau eines Schulzentrums erstellt. Nach langen und zum Teil kontroversen Diskussionen beschloß schließlich eine außerordentliche Generalversammlung des Schulvereins „eine hohe Kreditaufnahme, um gegebenenfalls einen Schulneubau im Salto aus eigener Kraft finanzieren zu können, obgleich dies ein großes Risiko für kommende Generationen“ (DSV 1985) bedeutete. Nach erneuter Überarbeitung der Baupläne werden diese im Juli in Bonn zur Genehmigung eingereicht, und am 23. Oktober 1985 bestätigte der Finanzminister der Bundesrepublik die finanzielle Unterstützung des Bauvorhabens, die etwa 50% der Bausumme betragen sollte.

Trotz der schwierigen Bedingungen fand in den Jahren 1985 bis 1987 eine außerordentlich lebhafte und kontroverse Diskussion des Schulgeschehens in einem neuen Organ statt, dem „Forum“, das die bisherigen Jahrbücher der Schule vorübergehend ersetzte und sich als offenes Diskussionsorgan verstand:

„Alle, die die Vergangenheit der deutschen Schule mitgestaltet haben, die die Gegenwart der Schule repräsentieren und die Zukunft mitverantworten, sind aufgerufen und herzlich eingeladen, an dieser Zeitung mitzuarbeiten. Zensur findet nicht statt. Satire ist erwünscht. Humor wird begeistert begrüßt. Meinungen, Kommentare, Nachrichten, Informationen sind unentbehrlich“ (DSV 1985,1)

Diesem Motto entsprechend wurden die Situation nach dem Erdbeben, die provisorisch-endgültigen „Modulos“ und der Unterricht unter freiem Himmel ebenso aufs Korn genommen wie Schulleitung, Lehrer, Eltern und die Disziplin der Schüler. Daneben gab es Er-innerungen an die Schule in Valparaíso und Trauer über ihre Zerstörung, aber auch Aufrufe dazu, den Geist aus Valparaíso hinüber zu tragen in den künftigen Neubau im Salto.

Es ist der Geduld und dem Verständnis aller Beteiligten, voran der von den schlechten Ar-beitsbedingungen am meisten betroffenen Lehrer und Schüler zu danken, dass die drei Jahre des Übergangs ohne größere Einbußen an schulischen Angeboten und Leistungen überstanden werden konnten. Und so begann man dann zunächst sich mit dem Provisorium einzurichten und gleichzeitig Vorbereitungen für den allmählichen Umzug zu treffen, der in einem ersten Schritt zu Be-ginn des Schuljahres 1987 erfolgte, als die Klassen 5 bis 8 der Viña-Schule zum Salto umzogen und von nun an hier beschult wurden. Auch in Quilpué wurden die Arbeitsbedingungen durch den im selben Jahr eingeweihten Neubau der Schule sichtbar verbessert, und die Feiern zum 130. Jubiläum der Schule im No-vember desselben Jahres zeigten in Form einer „Bunten Wiese“ im Stadion El Salto bereits, welche Möglichkeiten die neuen Sportanlagen boten, als über 1000 Schülerinnen und Schü-ler einen ganzen Tag lang ein buntes Festprogramm mit Sport, Tänzen und Spielen aufführten, während der Neubau noch mit Baugerüsten umgeben war. Schließlich begann im März 1988 der Unterricht der nun zusammengelegten Teilschulen Viña und Valparaíso sowie der Schüler der Oberstufe aus Quilpué, ehe am 4. November 1988 die offizielle Einweihung des Neubaus mit zahlreichen Ehrengästen aus Politik, Mili-tär, Wirtschaft und Kultur stattfand, unter denen sich zahlreiche ehemalige Schüler der Schule befanden.


6.4 Pädagogische Erfolge trotz schwieriger Bedingungen

Sicher gehörten die Jahre von 1973 bis 1988 zu den bewegtesten und dramatischsten der Schulgeschichte. Die Gründung des Schulverbandes, die organisatorische Zusammenführung der Teilschulen, lang anhaltende Diskussionen über die Entwicklung des Deutschunterrichts an der Schule, die verschiedenen Planungen zum Neubau, das Erdbeben und schließlich Neubau, Provisorium und Umzug zum Salto hatten derartige Veränderungen mit sich ge-bracht, dass manche dem Tempo der Veränderungen kaum folgen konnten und es zu hefti-gen Auseinandersetzungen in der Schulgemeinde kam:

„Die gewaltig bewegende Kraft aus der Tiefe (das Erdbeben von 1985) hat auch den Schulverein erfasst, den Schulvereinsvorstand bewegt, das Lehrerkollegium erschüttert, die Elternschaft aufgeweckt und die Schüler empfindlicher gemacht.“ (DSV 1985, 1)

Diese Unruhe und die über drei Schuljahre andauernden ungünstigen Arbeitsbedingungen hatten zu der Befürchtung geführt, dass die Verhältnisse „unabsehbare Leistungsverluste in den empfindlichsten Bereichen, im Sprachdiplom und in der Universitätseignungsprüfung (PAA)“ mit sich bringen würden. Und tatsächlich gingen die Ergebnisse im Sprachdiplom 1985 und 1986 leicht zurück, er-reichten aber bereits 1988 die bis dahin beste Punktzahl in der Geschichte der Schule. Und auch die Resultate in der PAA ließen in den genannten Jahren etwas nach, um dann aber wieder allmählich auf die bekannt guten und allmählich ausgezeichneten Durchschnittsergebnisse anzusteigen. Insofern sind die befürchteten Leistungsverluste nicht ein-getroffen, und man konnte wieder an das Ergebnis von 1979 anknüpfen, bei dem

„unter den 14 von ASIVA ausgezeichneten Jugendlichen, die in der 5. Region die besten Ergebnisse der Universitätsaufnahmeprüfung erzielt hatten, drei aus dem Deutschen Schulverband Valparaíso waren. Keine andere Schule konnte so viele Schüler unter den Preisträgern zählen.“ (DSV 1979, 4)

Und ausgerechnet 1985, im Jahr des Erdbebens, erreichte ein Schüler der Schule das zweitbeste PAA-Ergebnis in Chile.

Die bei der Gründung des Schulverbandes verabschiedete Schulordnung nennt als eines der wesentlichen Ziele die umfassende Persönlichkeitsbildung der Schüler, also neben der För-derung ihrer intellektuellen auch die der physischen, künstlerischen und musischen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Im Sinne dieses Zieles waren auch die Jahre zwischen 1973 und 1988 sehr erfolgreich, wenn auch die Zerstörung der Schule und das dadurch bedingte Fehlen von Fach- und Probe-räumen während der Jahre 1985 bis 1988 die Arbeit gerade in den musisch-künstlerischen Fächern erschwerten. Im sportlichen Bereich führten die Bildung des Schulverbandes, das vergrößerte Angebot an Sportunterricht und Arbeitsgemeinschaften und die Koordination des Unterrichts zu außerordentlich positiven Ergebnissen. Damit sind nicht in erster Linie die Spitzenleistungen zweier Schüler gemeint, die chilenische Jugendmeister wurden und einen südamerikanischen Rekord hielten, sondern die große Zahl der Schülerinnen und Schüler, die in verschiedensten Sportarten die erfolgreiche Arbeit der Sportlehrer unter Beweis stellten:

„... erster Platz im Wettbewerb der Schulen der Region im Rudern“ und „drei neue chilenische Jugendrekorde in Leichtathletik.“ (1979)

„... erster Platz (Mädchen) und 2. Platz (Jungen) bei den Leichtathletikmeisterschaften der V. Region.“ (1979, 1981, 1982)

„.... erster Platz Jungen und zweiter Platz (Mädchen) bei den Leichtathletikmeisterschaften der deutschen Schulen Chiles.“ (1981)

„... zwei chilenische Jugendmeister im Hochsprung und Dreisprung (südamerikanischer Rekord) (1981)

„... erster Platz bei den ersten Rudermeisterschaften der deutschen Schulen Chiles.“ (1981)

„... erster Platz bei den ersten Tennis-Schulmeisterschaften der V. Region“ (1982)

„... Campeón del año 1985 de la Asociación Atlética de Valparaíso.“ (1985)

Im Kunstunterricht konnte zum einen an die erfolgreiche Arbeit der 50er und 60er Jahre lükkenlos angeschlossen werden. Zum anderen ließ die stärkere Förderung der Kreativität der Schüler diese freier werden im Umgang mit Farbe, Form und Inhalten und zeigte im Verlauf der Jahre derart positive Ergebnisse, dass unsere Schule bei zahlreichen Wettbewerben und Ausstellungen immer wieder erfolgreich abschnitt. Einem größeren Publikum wurden die Ergebnisse des Unterrichts in mehreren Ausstellungen im „Centro Cultural“ vorgestellt, außerdem beteiligte sich die Schule an einer großen Aus-stellung im „Museo Nacional de Bellas Artes“ in Santiago. Von den vielen Wettbewerben, an denen unsere Schüler mit Erfolg teilnehmen, seien beispielhaft nur zwei erwähnt:

1980 „entfiel der 1. Preis für Chile beim internationalen Wettbewerb der Lufthansa auf einen Schüler der Schule. Weiter wurden mehrere 1. und 2. Plätze bei regionalen Wettbewerben gewonnen“ (Schulleiterbericht 1980, Archiv), und 1986 errang die Schule „einen er-sten, zweiten und dritten Preis auf regionaler Ebene im Wettbewerb zur Gestaltung der schönsten Weihnachtsbriefmarke. Außerdem den 1. Preis auf nationaler Ebene im glei-chen Wettbewerb; die von einer Schülerin unserer Schule entworfene Briefmarke wird mit einer Auflage von einer Million Exemplaren gedruckt.“ (Schulleiterbericht 1983, Archiv)

Auch die Musikerziehung und das Musikleben konnten in den 80er Jahren noch erheblich ausgeweitet werden. Wie bereits in den Jahren zuvor gewann der Chor mehrfach das Chorfestival der 5. Region und nahm teil bei zahlreichen außerschulischen Anlässen, unter anderem beim Musikfestival von 25 Schulen der Region. Das vom Schülerbeirat organisierte „Festival de Voces Juveni-les“ war ebenso jahrelang ein großer Erfolg wie die Auftritte des 1979 gegründeten Blasorchesters, von denen der im Nationalstadion von Santiago (1981) einer der Höhepunkte war. Und schließlich machte 1983 die Jazz-Gruppe „Felsenblau“ von sich reden, die unter anderem am Jazz-Festival in Concepción teilnahm. Angesichts dieses breiten Spektrums der musikalischen Arbeit war man froh, dass im September 1986 mit dem Umzug in den neuen Probenraum im Salto „für die ca. 100 Chormitglieder und die übrigen Musikgruppen der Schule ein Zeitraum der Probenarbeit unter er-schwerten Bedingungen zu Ende ging.“ (DSV 1986) und damit auch ein entsprechender Übungsraum für den neu gegründeten „Singkreis“ von Eltern, Ehemaligen und Lehrern vorhanden war. Sichtbares Zeichen der besseren Arbeitsbedingungen waren die großen Konzerte aller Mu-sikgruppen der Schule im Stadttheater von Viña.

Auch im dritten Bereich der kulturellen Arbeit, dem Theater, konnte die Schule vor allem in den 80er Jahren besondere Erfolge vorweisen: Theatergruppen in deutscher Sprache an allen Teilschulen und schließlich im Schulzentrum in Viña zeigten, dass die Schüler (und Lehrer) auch trotz widriger Umstände in der Lage waren, größere Stücke ohne Probleme dem Publikum hier und an verschiedenen Spielorten in Santiago und im Süden Chiles zu präsentieren. „Emil und die Detektive“ (1980), „Wie in einem Spinnennetz“ (1981), „Der zerbrochene Krug“ (1983), „Räuber Hotzenplotz“ (1984) und „Auf hoher See“ (1987) waren nur einige der Stücke, die den Schülern zusätzliche Sprechanlässe auf Deutsch boten sowie eine gemeinsame Arbeit von Schülern unterschiedlichen Alters ermöglichten. Und so steigerten die erfolgreichen Aufführungen das Ansehen der Schule und das Selbstbewußtsein der Schüler gleichermaßen.


7 Die jüngste Vergangenheit (1988 - 1997)

Nach dem Umzug in die neue Schule im Salto und der feierlichen Einweihung galt es für den Schulvorstand (seit 1986 unter Leitung von Dr. Ing. Pedro Roth) und die Schulleitung mit Clemens Mayer-Schuchardt als Verbandsleiter vor allem, drei Aufgaben zu lösen: die äußere Gestaltung des Neubaus, die innere Gestaltung und damit die Zusammenführung von Schülern, Eltern und Lehrern der früheren Teilschulen Viña, Valparaíso und der Oberstufe aus Quilpué und schließlich die Klärung der Frage, was aus den zerstörten Gebäuden auf dem Cerro Concepción werden sollte.

Zunächst begann man damit, in einer großen Pflanzaktion („grüne Woche“) das Schul-gelände zu begrünen. In einer gemeinsamen Arbeit aller am Schulleben beteiligten Gruppen wurden Bäume, Büsche und Blumen gepflanzt, um der Anlage ein freundlicheres Aussehen zu geben, grüne Lungen anzulegen und dem Gedanken des Umweltschutzes Rechnung zu tragen. Jahre später (1997) sollte eine ähnliche Aktion wiederholt werden, bei der die Schüler vom Präkindergarten bis zur Oberstufe in Zusammenarbeit mit dem Schulelternbei-rat 1800 Gewächse pflanzten, die in den kommenden Jahren die Anlage noch schöner und natürlicher erscheinen lassen werden. Die Gebäude selbst, Klassen, Flure, Aufgänge und Treppenhäuser wurden 1989 in einer Malaktion mit Zahlen (für die Stockwerke) und Gemeinschaftsbildern versehen, die unter Anleitung der Fachschaft Kunst entstanden und zur Identifikation mit der Schule beitragen sollten. Auch diese Aktion wurde Jahre später während einer Projektwoche (1996) ergänzt, als weitere Wandgemälde von verschiedenen Gruppen erstellt wurden. Nach einem Wettbewerb zur Gestaltung des Pausenhofs der Unterstufe wurde dieser 1992 (und noch einmal 1995) mit Schatten spendenden Sitzmöglichkeiten („Totoras“) versehen. Und schließlich wurde 1993 die Mensa eingeweiht, die den Schülern die Möglichkeit bietet, vor dem Nachmittagsunterricht oder den Arbeitsgemeinschaften in der Schule zu Mittag zu essen.

Auch die Teilschule Quilpué, jetzt unter der neuen Direktorin Heidi Reinke, erfuhr im Laufe der Jahre zahlreiche Verschönerungen, insbesondere aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums der Schule im Jahre 1994. Ein Jahr vorher war die neue Turnhalle als letztes der nach dem Erdbeben in Quilpué wieder zu errichtenden Gebäude eingeweiht worden, (auch wenn der Fußboden erst fast zwei Jahre später endgültig fertig gestellt wurde).

Die innere Gestaltung der Schule fand auf verschiedenen Ebenen statt: einer eher formalen, der Veränderung der Schulstruktur, der Schaffung (oder Wiederaufnahme) von Traditionen sowie der Ermöglichung der Begegnung von Schülern unterschiedlichen Alters und ver-schiedener Herkunft. Die im Jahr 1990 verabschiedete neue Schulordnung faßt nicht nur Rechte und Pflichten von Schülern, Eltern und Schule zusammen, sondern sie beschreibt auch deren Ziele. Dabei ste-hen nach wie vor die Erhaltung und Förderung der deutschen Sprache sowie die Begegnung von Chilenen und Deutschen an vorderster Stelle. Darüber hinaus versteht sich die Schule als Leistungsschule, die ihren Schülern eine umfassende Bildung sowie ein Bewußtsein ihrer Verantwortung gegenüber dem Nächsten, der Gesellschaft und der Umwelt vermitteln will. Diese Ziele sind seit 1996 einer umfassenden Überarbeitung und Neuformulierung unter-worfen worden, an denen Vorstand, Schulleitung, Lehrer, Eltern und Schüler mitgewirkt haben. Dazu sind für die interkulturelle, intellektuelle, ethische, soziale, musisch-künstlerische und die Umwelterziehung konkrete Teilziele und Wege der Umsetzung formuliert worden, die in den kommenden Jahren verwirklicht werden sollen. Außerdem will der Schulvorstand eine Gesamtkonzeption für die Schule der kommenden Generation ausarbeiten, um auf diese Weise eine Vorstellung davon zu entwickeln, wohin der Weg der Deutschen Schule in Zukunft gehen soll.

Der Identifikation mit der Schule und der Begegnung von Schülern, Lehrern und Eltern die-nen eine Reihe von jährlich wiederkehrende Aktivitäten, die sich im Laufe der letzten Jahre bereits zu einer guten Tradition entwickelt haben. Hierzu gehören unter anderem so unter-schiedliche Veranstaltungen wie der Laternenabend und die Nikolaus-Feier im Kindergarten, die Spielabende in der Grundschule, Literatur- und Lesewettbewerbe, musikalische Vor-spielabende von Schülern, Ehemaligen, Eltern und Lehrern, Literaturcafés, verschiedene Veranstaltungen der Schulelternbeiräte und des Schülerrates und natürlich die zahlreichen Sport- und Kulturveranstaltungen sowie das Schulfest. Eine besondere Stellung nimmt im Rahmen dieser Aktivitäten die Projektwoche ein, die seit 1989 in Quilpué und im Salto gleichzeitig durchgeführt wird. Unter dem Motto „lernen mit Kopf, Herz und Verstand“ arbeiten Schülerinnen und Schüler eine Woche lang in jahrgangs-übergreifenden Gruppen an selbst gewählten Projekten, deren Ergebnis sie am Ende der Woche einer breiten Öffentlichkeit präsentieren. Die Inhalte der Projektwochen der vergangenen Jahre deckten dabei ein breites Themen-spektrum ab und ermöglichten den Schülern neue Erfahrungen, boten Einsicht in gesellschaftliche Zusammenhänge, ließen sie in Gruppen arbeiten und förderten die Selbständigkeit und das Selbstbewußtsein der Schüler: „Los Mapuches“ (1989), „Umwelt“ (1991), „500 Jahre Beziehungen zwischen Europa und Amerika“ (1992), „Gesundheit“ (1994) und „Wir machen Kunst“ (1996). Das breite Echo und die große Zustimmung zu dieser neuen Form des Lernens zeigten die positiven Reaktionen aller Beteiligten sowie zahlreiche Glückwunschschreiben von Eltern und unbeteiligten Besuchern der Tage der Projektvorstellungen.

Eine besondere Neuerung war die seit 1992 beginnende (Wieder-) Einführung eines Mutter-sprachenzweiges. Waren seit Jahren praktisch alle Schüler außer in Deutsch als Fremd-sprache in allen Fächern auf Spanisch unterrichtet worden, wurde jetzt die Möglichkeit geschaffen, dass eine Klasse pro Jahrgang in allen Fächern (außer in Spanisch und Gesell-schaftslehre) auf Deutsch unterrichtet wurde. Mit der Einführung dieser Muttersprachen-klassen ermöglichte man Schülern, die Deutsch sprachen oder solchen, die aus chilenischen Familien kamen, aber eine besondere Sprachbegabung haben, ihre Fähigkeiten und Fertig-keiten in Deutsch zu verbessern und wirkte damit dem allmählichen Rückgang der deutschen Sprache entgegen. Die Einführung des M-Zweiges war zunächst nicht unumstritten und bedurfte der Unter-stützung nicht nur der Schulleitung und des Vorstandes, sondern auch der besonders engagierter Eltern. Inzwischen aber ist der M-Zweig integraler Bestandteil der Schule und gibt zusammen mit dem Fremdsprachenzweig der Schule ihr besonderes Gepräge, das es in dieser Form außer in Santiago an keiner anderen deutschen Schule in Chile mehr gibt.

Gegenüber dieser Strukturveränderung war die Abschaffung des obligatorischen Sportnach-mittags zu Gunsten eines breiteren Angebots an Arbeitsgemeinschaften im musisch-künstlerischen Bereich (1990) nur eine kleine Änderung. Sie hat aber dazu geführt, dass die Schule inzwischen über ein derart breites Angebot an Arbeitsgemeinschaften verfügt, dass die meisten Schüler praktisch Ganztagsunterricht haben, allerdings eher auf freiwilliger Ba-sis. Dieses ständig wachsende Angebot ist vor allem aber auch deshalb möglich geworden, weil sich der Schulvorstand (seit 1993 unter Leitung von Dr. Ronald Hoehmann) auch nach der Fertigstellung des Neubaus ständig um die Verbesserung und Erweiterung der Infrastruktur gekümmert hat. Erwähnt seien hierfür der Bau von drei neuen Funktionsräumen, die Ein-richtung eines Computerraums und dessen Ausstattung mit Multimediageräten sowie der Neubau von Aula, Schwimmbad, Großküche und Musikräumen. Auf diese Weise hat sich die Schule nicht nur ständig den Bedürfnissen der Gegenwart angepaßt, sondern auch Ent-scheidungen für die Zukunft getroffen.


8 Die Schule heute

Abschließend soll vor dem Hintergrund der 140-jährigen kurz die heutige Situation der Schule skizziert werden. Dabei müssten im Vergleich mit früher sowohl Kontinuität und Wandel der Zielsetzung sowie der pädagogischen Arbeit der Schule deutlich werden.

Die Schule verfügt über eine Infrastruktur, die in der Region einmalig ist und gute Voraussetzungen für die pädagogische Arbeit bietet. Auch wenn die Schulvorstände der ersten Jahrzehnte nach der Gründung der Schule zu Recht über den ständigen Geldmangel geklagt haben, so ist das ständige Bemühen um eine Verbesserung der Ausstattung sicher eines der herausragenden Merkmale der Schulgeschichte. Beigetragen haben hierzu die Vorstände, zahlreiche Einzelpersonen, Firmen, El-tern und Freunde der Schule sowie Institutionen, die eng mit ihr verbunden waren. Erinnert sei nur noch einmal daran, dass bereits 1885 eine der damals modernsten Turnhallen im Lande eingeweiht wurde und schon 1910 Physik- und Chemiesäle errichtet wurden, als es in vielen Gegenden des Landes noch an der elemtaren Ausstattung mit Schulgebäuden mangel-te. Heute gibt es Fach- und Vorbereitungsräume für alle Naturwissenschaften (Physik, Chemie, Biologie), ausgestattet mit modernsten Geräten für Experimente von Schülern und Lehrern sowie Multimedia-Computern. Je zwei Fachräume für Kunstunterricht, Musik und Werken, dazu Übungs- und Spezialräume, ebenfalls ausgestattet mit den entsprechenden Instru-menten, Geräten oder Maschinen, ermöglichen ein breites inhaltliches Angebot und praktische Tätigkeiten der Schüler. Ein großes Sportstadion, Turnhalle, Schwimmbad und die Aula als Mehrzweckhalle ermöglichen alle Arten des Sports und ein breites Angebot an Arbeitsgemeinschaften. Und schließlich runden eine Lehrer- und Schülerbibliothek, ein Medienzentrum, Warteräume für Kindergarten und Grundschule und die Kantine das Bild eines Bildungszentrums ab, das in den kommenden Jahren durch einen Neubau für den Kindergarten sowie das erste und zweite Schuljahr wohl seine bauliche Abrundung finden wird.

Die Schule ist auch weiterhin eine deutsch-chilenische Begegnungsschule. Dies bedeutet, dass sich in ihr Schüler, Lehrer und Eltern beider Kulturen in gemeinsamer Arbeit mit ihren Traditionen, Einstellungen, Werten und Erfahrungen begegnen; es bedeutet aber auch, dass niemand versucht, dem anderen sein System aufzuzwingen, sondern dass im Gespräch ge-meinsame Lösungen für die Bewältigung der pädagogischen Aufgaben gesucht werden. Ausdruck dieser Begegnung ist, - dass deutsche und chilenische Schüler, einschließlich solcher, die jahrelang in Deutschland gelebt haben, miteinander und voneinander lernen und ihre Unterschiede respektieren; - dass sich deren Eltern nicht nur auf Elternabenden begegnen, sondern gemeinsam in viel-fältiger Weise und besonders im Schulelternbeirat für die Schule wirken; - dass deutsche, deutsch-chilenische und chilenische Lehrer ihre Erfahrungen austauschen und im täglichen Miteinander sowie auf Fachkonferenzen und Fortbildungsveranstaltungen Ziele und Methoden des Unterrichts gemeinsam formulieren; - dass deutsche und chilenische Schüler beim Schüleraustausch wechselseitig das jeweils andere Land kennen lernen und Vorurteile überwinden können; - dass zahlreiche unserer ehemaligen Schüler in Chile oder Deutschland studiert haben und jetzt hier oder dort ihren Beruf ausüben, für den sie Erfahrungen, Fähigkeiten und Erkennt-nisse aus beiden Ländern mitbringen und so zur Entwicklung und zur Verständigung der beiden Länder beitragen.

Die Schule ist eine Einrichtung mit hohem Leistungsanspruch, die ihre Schüler mit Fähig-keiten und Kenntnissen ausstattet, die es ihnen ermöglichen, in Chile, in Deutschland oder in einem englisch sprachigen Land den Anforderungen des Studiums und ihrer späteren Berufe in einem Höchstmaß gerecht zu werden. Die Ergebnisse in den staatlichen Prüfungen, insbesondere in der Hochschulzugangsprüfung (P.A.A.) zeigen, dass wir dabei auf dem richtigen Weg sind. Aber die Ausbildung unserer Schüler reicht nicht nur bis zum Ende der Schulzeit, vielmehr wird uns immer wieder von den verschiedenen Universitäten bestätigt, das unserer Schüler das von ihnen gewählte Stu-dium auch durchstehen, sie also zu denen gehören, die die Erwartungen der Universitäten auch langfristig erfüllen. Diese Tatsache beruht zunächst sicher darauf, dass das Erlernen von drei Sprachen bereits eine besondere Herausforderung darstellt. So sprechen der deutsche Philosoph Wittgenstein und sein englischer Kollege Best davon „dass das Erlernen von Sprachen das Erlernen des Denkens bedeutet.“ Und insofern war es nur konsequent, dass die Schule den Beginn des Englischunterrichts in die 5. Klasse vorverlegt hat. Hierdurch und durch die Teilnahme von Schülern an englischsprachigen Examen auf verschiedenen Niveaus wird deutlich, dass die Schule sich inzwischen zu einer dreisprachigen Bildungsanstalt entwickelt hat, auch wenn der Anspruch einer bikulturellen Schule nach wie vor erhalten bleibt. Trotz dieser besonderen Bedeutung, die das Erlernen der Sprachen an der Schule hat, wäre es falsch, sie als bloße Sprachenschule zu bezeichnen. Vielmehr zeigen die langjährigen gu-ten Ergebnisse in Mathematik sowie die mehrfachen Gewinne der regionalen Olympiaden in Physik, Biologie und Chemie, dass die Schüler auch in diesen Fächern sehr gute Leistungen erbringen. Ein Blick zurück zeigt deutlich, dass die Schule sich im Bereich des Leistungsanspruchs am weitesten von ihren Ursprüngen entfernt hat: War sie in den Anfängen auf ein ganz prakti-sches Ziel ausgerichtet, nämlich den Eintritt ihrer Schüler in deutsche Firmen, ist sie inzwischen zu einer Schule geworden, deren Abgänger fast ausschließlich in die Universitäten des Landes übergehen.

Die Schule erhebt den Anspruch einer umfassenden Persönlichkeitsbildung ihrer Schüler. Es bestehen 150 Arbeitsgemeinschaften in den Bereichen Kultur, Sport und Technik, die Auftritte der Chöre und des Blasorchesters, spanisch- und deutschsprachige Theater-gruppen und Ausstellungen des Faches Kunst.

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Literatur

  • Arenda (1921) Arenda/Llarenas/Tenajo: La Colonia Alemana en Chile.Santiago 1921.
  • Bartelt (1940) Bartelt, Hans: El idioma Alemán en la vida diaria.Bd. 1: Valparaíso 1940.
  • Böhm (o.J.) Böhm, Günter: Deutsche Juden in Südamerika. In: Amerika 1492-1992. Hrsg. vom Ibero-Amerikanischen Institut. O.J.
  • DSV (Jahr) Jahresberichte der Deutschen Schule Valparaíso. Hrsg. vom Vorstand und der Schulleitung der Deutsche Schule Valpa-

raíso. Angegeben ist jeweils das Erscheinungsjahr. Liegen keine Jahresberichte vor, wird aus den Schulleiterberichten zitiert.

  • DV (1938) Hundert Jahre Deutscher Verein zu Valparaíso. 1838-1938. Festschrift im Auftrag des Vorstandes bearb. v. O. Höfling.

Valparaíso 1938.

  • DV (1988) 150 Jahre Deutscher Verein zu Valparaíso (1838-1988). Hrsg. vom Vorstand des Dt. Vereins. Valparaíso 1988.
  • Emmerich (1996) Emmerich, Fernando: El Colegio Alemán de Valparaíso y su trayectoria. Unveröffentlichtes Manuuskript, verfasst i.A. des Vorstandes der Deutschen Schule. Viña del Mar 1996.
  • Haberkorn (1986) Haberkorn, Johannes: „Der Dreier-Ausschuß.“ In: Haberkorn, Johannes, Plaudereien über Schule und Natur. Santiago 1988, S. 49 - 51.
  • Haberkorn (1988) Haberkorn, Johannes: „Es ging ums Überleben.“ In: Haberkorn, Johannes: Plaudereien über Schule und Natur. Santiago 1988, S.41 - 45.
  • Ivens (1888) Ivens, Josef: Jahr- und Adressbuch der deutschen Kolonie in Chile. Santiago 1888.
  • Karlsruher (1988) Karlsruher, Herbert: „Geschichte der deutschen konsularischen Vertretungen in Valparaíso.“ In: DV (1988), S. 36f.
  • Krebs (1963) Krebs, Richard: „Deutschtum und Deutsche Schulen in Chile.“ In: Die Deutsche Schule in Chile. Hrsg. vom VdLiCh. Santiago 1963.
  • Krebs (1997) Gespräch mit Ricardo Krebs: „Quo vadis, Chile“. CONDOR Nr. 3268 vom 12.9.1997, S. 16
  • Kunze (1932) Festansprache zum 75-jährigen Jubiläum der Deutschen Schule Valparaíso. In: Wilckens (1932), S. 103 - 105.
  • Mann (1917) Mann, Wilhelm: Die Deutschen Schulen Chiles. Santiago 1917.
  • Thierfelder (1957) Thierfelder, Franz, Die deutsche Sprache im Ausland. Bd. 2: Die Verbreitung der deutschen Sprache in der Welt. Hamburg 1957.
  • Turnverein (1930) Festschrift für das sechste Gauturnfest des Bundes deutscher Turnvereine in Chile - Gau Chile der deutschen Turnerschaft. Hrsg. von E. Manz. Valparaíso 1930.
  • Wilckens (1907) Wilckens, Karl: Die Deutsche Schule in Valparaíso. Ein Beitrag zur Geschichte derselben. Valparaíso 1907.
  • Wilckens (1922) Wilckens, Karl: Hundert Jahre Deutscher Handel und Deutsche Kolonie in Valparaíso. Valparaíso 1922.
  • Wilckens (1932) Wilckens, Karl: 75 Jahre Deutsche Schule Valparaíso. Valparaíso 1932.
  • Wilckens (o.J.) Wilckens, Karl: Fünfzig Jahre Freuden und Leiden eines Schulmeisters in Südamerika. Unveröffentlichtes Manuskript.
  • Wunderlich (1987) Wunderlich, Pablo: Reflexiones de un marino, ex-alumno del Colegio Alemán de Valparaíso. In: Forum especial: 130 Jahre Colegio Alemán. Valparaíso 1987.

Autor: Hans Heinrich Viebrock