Flatus
Ein Flatus, vulgo Furz oder medizinsprachlich Darm-Wind, Blähungen oder Meteorismus, ist die meist methanhaltige Ausdünstung des menschlichen bzw. tierischen Magen-Darm-Traktes, die unter anderem durch die Zersetzung organischer Substanzen durch Mikroorganismen (Colibakterien) entstehen. Andere Ursachen für unsere Abgase sind: willentlich oder unbewusst geschluckte Luft, durch chemische Reaktionen verursachte Gase und durch die Darmwand diffundierte Gase aus dem Blutkreislauf.
Fürze bestehen ebenso wie Luft zum überwiegenden Teil aus Stickstoff. Sauerstoff wird durch die Darmwände absorbiert und kommt in den Abgasen meist nicht vor. Essen, das im Magen mit Salzsäure reagiert, setzt oft CO2 frei. Proteine, wie sie zum Beispiel in Eiern, Blumenkohl oder Fleisch vorkommen, enthalten viel Cystein, das von Bakterien in Schwefelwasserstoff umgesetzt wird. Wiederum andere Bakterien produzieren Wasserstoff und Methan. Bohnen verursachen mehr Darmwind, dafür aber einen nicht so unangenehmen Geruch wie Eier.
Ein Mensch entlässt im Durchschnitt 0,5 bis 1,5 Liter Gase pro Tag. Eigentlich entstehen im Darm bis zu 15 Liter Gase pro Verdauungsvorgang, das meiste diffundiert aber in den Blutkreislauf und wird durch die Lunge ausgeatmet. Männer und Frauen bilden die gleichen Mengen Gas. Milchzucker erhöht den Ausstoß an Gasen, was daran liegt, dass dieser Zucker nicht vom Menschen verwertet wird, sondern von nützlichen Bakterien in unseren Gedärmen. Dabei entstehen besagte Abgase.
Flatuse bestehen aus 99 Prozent aus geruchlosen Gasen. Der Flatus kann mit dem unangenehm riechenden Gas Schwefelwasserstoff stark angereichert sein. Dies gilt insbesondere für die umgebenden Menschen, falls der Flatus lautlos entwichen ist. Besonders für die Nase belastend ist der Geruch nach dem Verzehr von Zwiebeln und dem Biertrinken.
Ebenfalls im Flatus enthalten ist der Stoff Skatol, der bei der Verdauung erzeugt wird.
Merkmale des Flatus
Bakterien
Der Großteil der Abwinde wird durch Bakterien erzeugt:
- Clostridium difficile
- Bacteroides vulgatus
- weitere 500 Arten, darunter
- Methanobrevibacter smithii, eine Mikrobe, die jedoch nur in jedem dritten Menschen nachgewiesen werden kann.
Bestandteile
Die Bestandteile der Abwinde sind
- Wasserstoff
- Methan
- Kohlendioxid
- Schwefelverbindungen
Bakterien produzieren im menschlichen Darm bis zu 24 Liter Wasserstoff und 6 Liter Methan, von denen jedoch nur ca. ein Liter abgeht. Ein großer Teil der produzierten Gase werden von weiteren Bakterien in nichtflüchtige Substanzen umgewandelt oder über das Blut gelöst und über die Lunge abgeatmet.
Geruchtsverursacher
Bakterien im Darm produzieren auch die beiden stark übelriechen Substanzen
- Indol und
- Skatol.
Indol
Indol entsteht als Abbauprodukt der Aminosäure Tryptophan und wird in der kosmetischen und pharmazeutischen Industrie verwendet zur Herstellung von Farbstoffen und Arzneimitteln. Stark verdünnt riecht Indol nach Blumen, in größerer Konzentration aber nach Fäkalien.
Skatol (3-Methylindol)
Wie Indol ist Skatol ein Abbauprodukt der Aminosäure Tryptophan und ist Hauptverursache des Geruchs des menschlichen Kots (Fäzis). Wie Indol riecht Skatol in geringen Konzentrationen angenehm und wird deswegen in Spuren Parfümen beigemengt.
Schwefelwasserstoff
Das Gas Schwefelwasserstoff blockiert im Körper Sauerstoff tranportierende Enzyme und ist deswegen stark giftig. Es riecht nach faulen Eiern und kommt nur in mikromolaren Konzentrationen im Flatus vor. In Kloaken und Güllegruben wird durch Bakterien ebenfalls dieses Gas produziert, wodurch es schon tragische Unfälle gab.
Dimethylsulfid (CH3-S-CH3)
Dimethylsulfid ist eine Flüssigkeit, die bei 38 °C siedet und verursacht einen fauligen Geruch. Dimethylsulfid ist auch für Mundgerucht verantwortlich.
Abwinde verursachende Nahrungsmittel
Ursächlich für den Flatus sind die Zuckermoleküle Rhamnose und Stachyose, die vom Verdauungsapparat des Menschen nicht aufgespaltet werden können. Vielen Menschen fehlt durch einen genetischen Unterschied das zum Abbau von Laktose notwendige Enzym. Bakterien vergären diese Stoffe zu den genannten großen Gasmengen. Rhamnose und Stachyose kommen in höheren Konzentrationen in folgenden Nahrungsmitteln vor:
- Zwiebeln
- Staudensellerie
- Hülsenfrüchte wie
- Erbsen und
- Bohnen, z.B. Sojabohnen.
- Laktose kann von vielen Menschen nicht verdaut werden.
Im Durchschnitt verlassen 15 Winde täglich den Darm.
Historisches, Anekdotisches
- Der römische Kaiser Tiberius Claudius brachte aus Sorge um die Gesundheit ein Gesetz heraus, das furzen bei Banketten erlaubte.
- Martin Luther wird das geflügelte Wort zugeschrieben: „Warum rülpset und furzet Ihr nicht? Hat es Euch nicht geschmecket?“
- Edward de Vere, Earl of Oxford, furzte, während er Elisabeth I. von England die Treue schwor. Er ging dafür konsequenterweise für sieben Jahre ins selbstauferlegte Exil. Es wird berichtet, dass die nicht eben humorlose Königin ihm nach seiner Rückkehr versicherte: „Mein Lord, ich habe Euren Furz nicht vergessen!“
- Schüttelreim: „Der Ringer schwingt die derbe Hüfte, dem Arsch entquellen herbe Düfte.“
- Mit gewissen Talenten ausgestattete Menschen können durch Anspannen der zuständigen Muskeln mittels der Abwinde bestimmte Toneffekte erzielen. So erzielte der legendäre Kunstpfurzer Joseph Pujol in 22 Berufsjahren (ab 1892, gestorben 1945) im Pariser Varieté Noulin Rouge (Rote Mühle) große Erfolge durch die Imitation von Gewittern, von Kanonenschlägen oder auch durch die Intonation von Nationalhymnen. Die Technik des Petomanen ("Der Pfurz" heißt auf Französisch der Pfurz "le pet") bestand nicht in der Verwendung natürlicher, bakteriell produzierter Gase, sondern in nur mit Talent möglichen Gabe mit dem Hintern Luft holen zu können.
- Goethe erzählte seinem Vertrauten Eckermann: Ein abscheulicher Herr gibt in bester Gesellschaft und in Anwesenheit von Damen unanständige Dinge von sich. «Mit Worten war gegen ihn nichts auszurichten.» Doch da begeht ein stattlicher Herr sehr laut eine große Unanständigkeit. Der Schwadroneur ist dermaßen eingeschüchtert, dass er endlich den Mund hält. «Das Gespräch nahm von diesem Augenblick an eine anmutige heitere Wendung.»
Siehe auch: Flatulenz, Meteorismus
Weblinks
- englische Referenz zum Flatus
- Fakten zu Winden in medizinischen Artikeln eng.
- http://www.darmgas.de – Die nicht allzu ernste Seite enthält von Witzen bis hin zu chemischen Formeln alles, was man zum Thema wissen muss (zur Zeit nicht verfügbar).
Flatulus ist der Gott der Winde auf der Scheibenwelt, einer fiktiven Welt von Terry Pratchett.