Galeere

Eine Galeere ist ein mit Riemen versehenes und besegeltes Kriegsschiff. Ein wichtiges Kennzeichen ist in der Regel der Rammsporn am Bug.
Als Galeeren im eigentlichen Sinne werden in der Regel nur die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Ruderkriegsschiffe des Mittelmeerraums bezeichnet, doch wird der Begriff untechnisch oft auch auf ihre antiken Vorgänger übertragen. Mehr dazu siehe Ruderschiff.
Historische Entwicklung
Antike
Die ältesten Galeeren der Phönizier und Griechen, lange, offene Boote meist mit Decks am Bug kamen um 850 v. Chr. zum Einsatz. Schon die Assyrer bauten zweireihige Galeeren mit einem vollständigen Kampfdeck über der oberen Rudererreihe. In Griechenland kamen um 700 v. Chr. ebenfalls Galeeren mit zwei Reihen von Ruderern auf, die Biremen. Vom 6. bis zum 3. Jahrhundert v. Chr. war dann die Triere das wichtigste Kriegsschiff der Seemächte im Mittelmeer, allerdings gab es bald auch vier- und fünfreihige Galeeren. Mit dem Aufstieg Roms zur einzigen Seemacht im Mittelmeer waren die Trieren aber zu schwer und zu langsam für die neue Hauptaufgabe, die Jagd auf Piraten. Kleine schnelle Kriegsschiffe wie die Liburne wurden zur neuen Hauptwaffe der römischen Flotte.
Der Einsatz der geruderten Kriegsschiffe bot im Mittelmeerraum allgemein eine Reihe von Vorteilen. Ein gerudertes Schiff war vom Wind unabhängig und konnte so im Gefecht beliebige Manöver durchführen, und Wendigkeit ist in einem so stark gegliederten Seegebiet wie dem Mittelmeer immer ein Vorteil. Außerdem konnte ein gerudertes Schiff für kurze Zeit auf erheblich höhere Geschwindigkeit gebracht werden als ein gesegeltes, und nicht zuletzt bot ein Schiff ohne Segel dem Gegner erheblich weniger Angriffsfläche für Brandwaffen, denn seit jeher war Feuer an Bord die größte Gefahr für ein Schiff.
Das antike Schiffbauerbe lebte in der Dromone, dem Kriegsschiff des byzantinischen Reiches, fort. Dromonen hatten einen Unterwasserrammsporn, zwei Riemenreihen und ein Rahsegel. Die Dromone stand somit am Ende einer langen Entwicklung und war ein ausgereifter Schiffstyp, der aber technisch ausgeschöpft war und kaum noch Potential für die Weiterentwicklung bot.
Im 7. und 8. Jahrhundert eroberten die Araber große Teile der Mittelmeerküste und begannen, den Mittelmeerschiffbau zu beeinflussen. Wesentliche Elemente des arabischen Schiffbaus wie das trapezförmige Luggersegel und der stark ausfallende Steven sind noch heute in der Dau zu sehen. Die Dau war ein reines Segelschiff, für das der stetige Monsunwind des Indischen Ozeans ein hervorragender Antrieb ist, aber als Kriegsschiff im Mittelmeerraum wäre sie zu langsam und zu träge gewesen.
Mittelalter
Mit den Kreuzzügen wuchs der Seeverkehr im Mittelmeerraum rapide. Davon profitierten vor allem italienische Städte wie Genua und Venedig, die es durch Transport und Handel zu Wohlstand brachten. Die Staaten hatten sowohl das Bedürfnis, ihre Seewege zu sichern, als auch die finanziellen Mittel, Flotten zu bauen und zu unterhalten. Im 11. und 12. Jahrhundert wurden so verschiedene Ruderschiffe gebaut, die teilweise Kopien von Dromonen waren, aber auch schon einige arabische Elemente besaßen. Ende des 12. Jahrhunderts schälte sich die eigentliche Galeere als neues Kriegsschiff heraus. Sie war ein wendiges schnelles Schiff mit einer Riemenreihe und einem ausfallenden Vorsteven, der in einem Überwasserrammsporn endete. Sie war der Dromone an Geschwindigkeit überlegen und außerdem sehr viel wendiger als eine Dau.
Ab dem 13. Jahrhundert gab es im Mittelmeerraum nur noch einen Kriegsschiffstyp, die Galeere, die im 14. Jahrhundert ihre Vervollkommnung erlebte. Zum Ende des Mittelalters machte der Schiffbau in ganz Europa rasante Fortschritte, und die Einführung des Heckruders und der mehrmastigen Takelage machte auch vor der Galeere nicht halt, die nun nicht mehr auf die unhandlichen Riemen angewiesen war und als Tarida einen zweiten, kleineren Mast am Heck dazubekam. Im 15. Jahrhundert begann man, noch einen dritten Mast am Bug aufzustellen. Bei diesem Schiffstyp trugen alle drei Masten ein Lateinersegel.
Mit Einführung der Feuerwaffen auf See im 15. Jahrhundert wurde auch die Galeere mit Kanonen bestückt. Da die Galeere, deren Hauptwaffe der Rammsporn war, direkt auf ihren Feind zufuhr, wurden die Kanonen auf der Back, in Fahrtrichtung zeigend, installiert. Damit hatte die Galeere ihre endgültige Form erreicht, die sie über Jahrhunderte beibehalten sollte.
Die nordafrikanischen Korsaren der Barbareskenstaaten bevorzugten etwas kleinere und wendigere Galeeren, die sogenannten Fustas mit 15 bis 22 Ruderbänken, für ihre Raubzüge auf dem Mittelmeer.
Im Marinemuseum in Istanbul ist die Galeere Kadirga (türkisch für „Galeere“) zu sehen (ohne Masten). Das Schiff stammt aus dem späten 15., nach anderen Angaben aus dem 16. Jahrhundert und ist die einzige erhaltene Galeere der Welt. Bis 1839 war sie im Dienst. Sie ist 37 m lang, 5,7 m breit und hat einen Tiefgang von ca. 2 m. 144 Ruderer bewegten mit 48 Riemen das 140 Tonnen schwere Schiff.
Neuzeit




Die Erfindung der Stückpforte um 1500 machte es möglich, eine größere Zahl schwerer Geschütze in Breitseitenaufstellung zu platzieren. Dies war nur bei Segelschiffen, nicht jedoch bei den Galeeren möglich, da bei ihnen die Breitseiten mit Riemen und Ruderern belegt waren. Der Galeere erwuchs somit ein neuer Gegner, der anfangs jedoch im Mittelmeer nicht viel zum Einsatz kam, da Galeeren an Geschwindigkeit und Wendigkeit überlegen waren und die Feuerwaffen noch zu schwach, um dies zu kompensieren.
Um jedoch mit der Entwicklung Schritt halten zu können, versuchte man, die Galeere so groß zu bauen, dass sie zusätzlich zu den Ruderern noch ein Batteriedeck tragen konnte. Dieses Schiff nannte man Galeasse. Doch die Galeasse hatte durch ihre Größe und Masse den Bonus an Geschwindigkeit und Wendigkeit eingebüßt, den die Galeere besaß, konnte aber nicht so viele Geschütze tragen wie ein reines Segelschiff. Damit war klar, dass die Galeere ihr Entwicklungspotential erschöpft hatte und es nur eine Frage der Zeit war, bis das stark armierte Segelschiff die Galeere als primäres Kampfschiff ablösen würde.
Doch bis es soweit war, wurden im 16. Jahrhundert im großen Stil Galeeren gebaut und eingesetzt. 1571 kam es bei Lepanto zur größten Galeerenschlacht der Geschichte. Die spanische Armada von 1588 bestand unter anderem aus Galeeren und Galeassen, und in den Kriegen der Spanier gegen die Niederländer kamen auf spanischer Seite auch zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch Galeeren zum Einsatz.
Anlässlich des vierhundertsten Jahrestages der Seeschlacht von Lepanto wurde im Museu Marítim von Barcelona 1971 eine spanische Galeere dieser Zeit originalgetreu nachgebaut; sie ist seitdem dort ausgestellt. Es handelt sich dabei um das Flaggschiff Don Juan de Austrias, die Real, mit der er als Oberbefehlshaber die Flotte der Heiligen Liga anführte. Die Real war 60 m lang, hatte eine Breite von 6,2 m und einen Tiefgang von 2,1 m, wurde von 290 Ruderern bewegt und trug in der Schlacht von Lepanto etwa 400 Mann seemännische Besatzung und Soldaten. Ihrer Bedeutung gemäß waren ihre Aufbauten prächtig verziert und das ganze Schiff in den Farben Rot und Gold gehalten. Mit ihr trug Don Juan entscheidend zum Sieg der Liga bei, indem er das Flaggschiff des osmanischen Admirals Ali Pascha, die Sultana, angriff und nach hartem Enterkampf bezwang.
Die Real war allerdings weitaus größer als die zu ihrer Zeit typischen Galeeren des Mittelmeeres. Die venezianischen Großgaleeren bei Lepanto waren 46 m lang und 5,5 m breit (7,3 m mit den Riemenauslegern), hatten 1,8 m Tiefgang, und wogen leer etwa 180 Tonnen; die normalen Kriegsgaleeren waren 42 m lang und 5,1 m breit (6,7 m mit den Auslegern), hatten 1,7 m Tiefgang und wogen 140 Tonnen. Die Schiffe der osmanischen Flotte waren etwas länger (50 m) und breiter (6 m), aber leichter gebaut.
Den europäischen Admiralitäten wurde jedoch schnell bewusst, dass die Galeere aufgrund ihrer geringen Feuerkraft und ihrer fehlenden Hochseetauglichkeit für die Kolonisierung der Welt und zur Sicherung überseeischer Interessen nicht geeignet war. Das neue Kriegsschiff des 17. Jahrhunderts, das Linienschiff, war aufgrund seiner Größe und Bewaffnung mit Galeeren nicht zu bezwingen.
In den Marinen des Orients wurden Galeeren nach wie vor gebaut, noch bis ins 18. Jahrhundert hinein. Aufgrund der ausschließlichen Flottentätigkeit im Mittelmeerraum war die fehlende Hochseetauglichkeit nicht wichtig, Piraterie und Sklavenhandel lieferten Nachschub an billigen Ruderkräften, und Galeeren waren billiger und einfacher zu bauen als die Linienschiffe, die damals die aufwendigsten und komplexesten technischen Systeme waren. Aus ähnlichen Gründen kamen auch in der flachen Ostsee noch im 18. Jahrhundert Galeeren zum Einsatz.
Obwohl sich die Galeere kaum weiterentwickelte, blieb sie nicht ohne Einfluss auf den neuzeitlichen Mittelmeerschiffbau. Ihre Rumpfform diente als Vorbild für die Entwicklung von Schebecke und Polacker im 18. Jahrhundert.
Seeschlachten mit Galeeren
Lepanto
Die Schlacht von Lepanto war die letzte große Seeschlacht mit geruderten Galeeren. Am 7. Oktober 1571 besiegte eine Flotte der Heiligen Liga unter Don Juan de Austria eine Flotte des Osmanischen Reichs unter Ali Pascha. Die Flotte der Heiligen Liga, eines vom Papst initiierten Bündnisses gegen die „Ungläubigen“, bestand zum größeren Teil aus spanischen, zum kleineren Teil aus venezianischen Schiffen. Mit dieser Schlacht wurde die seit dem Fall Konstantinopels 1453 als Bedrohung des Abendlandes empfundene osmanische Expansion eingedämmt. Die europäischen Staaten konnten im Mittelmeer wieder Fuß fassen. Die Macht Spaniens, des Reiches, in dem die Sonne nie unterging, erreichte ihren Zenit.
(Ein Nachbau von Don Juans Flaggschiff, der Galeere Real, befindet sich seit 1971 im Museu Maritim in Barcelona.)
Untergang der Spanischen Armada
Zur Spanischen Armada gehörten vier Galeeren unter dem Kommando von Diego de Medrano und vier Galeassen unter Huc de Montcada.
Leben an Bord

Trotz ihres beengten Raumes gab es auf der Galeere zwei Welten, die wenig gemein hatten.
Vom Achterdeck aus, das oft mit Täfelungen und Schnitzereien reichlich geschmückt und verziert war und über dem ein Sonnensegel Schatten spendete, wurde das Schiff befehligt und gesteuert. Vom Achterdeck aus kam man über eine schmale Stelling, die mittschiffs von vorne bis achtern verlief, auf die Back. Dort warteten die Seesoldaten auf ihren Einsatz im Enterkampf, später standen hier auch Kanonen, die in Fahrtrichtung ausgerichtet waren und mit denen die schnellen Galeeren Jagd auf ihre Gegner machten. Normalerweise gab es auf den Mittelmeergaleeren des 16. und 17. Jahrhunderts links und rechts je eine kleine Plattform (anstelle jeweils einer Ruderbank), wo das Schiffsboot bzw. der Kochherd standen. Auch hier konnten Seesoldaten zum Nahkampf bereitgestellt werden.
Ein, je nach Größe der Galeere, Deck oder Halbdeck tiefer saßen die Ruderer. Bei kleinen Galeeren waren es 80, bei großen Galeassen mehrere hundert. Sie waren häufig, aber nicht unbedingt, Sklaven, Sträflinge oder Kriegsgefangene. Zwei bis fünf von ihnen bedienten je einen Riemen. Allerdings gab es auch Galeeren, bei denen jeder Ruderer sein eigenes Ruder bediente. Je weiter der Ruderer vom Drehpunkt des Riemens entfernt saß, desto größer war der Weg, den er bei jedem Schlag zurücklegen musste. Während derjenige, der direkt an der Bordwand saß, nur den Oberkörper zu bewegen brauchte, musste der Ruderer, der zur Schiffsmitte hin saß, bei jedem Schlag aufstehen und einen Schritt vor und zurück machen. Die Sterblichkeit unter den Ruderern war sehr hoch. Es war meist billiger, einen neuen Ruderer zu beschaffen, als einen Kranken oder Verletzten gesund zu pflegen.
Antike griechische und römische Ruderschiffe wurden in aller Regel von Freien gerudert. In Ausnahmesituationen wurden jedoch gelegentlich Sklaven auf die Ruderbänke gesetzt, denen aber meistens vor oder nach dem Einsatz die Freiheit gewährt wurde. Die Galeerenstrafe für verurteilte Verbrecher war im Altertum gänzlich unbekannt.[1]
Schiffsbewaffnung
Die wichtigste und ureigenste Bewaffnung bestand ursprünglich, neben der zum Entern vorgesehenen kämpfenden Besatzung, aus dem Rammsporn am Bug. Dieser diente dazu, gegnerische Schiffe zu rammen und zu versenken. Bei allen weiteren Waffen standen der Nutzung viele Schwierigkeiten im Wege. Zwei Probleme waren vorrangig: Der hohe Preis der Anschaffung und die Wartung der teils sensiblen Technik. Weiterhin waren speziell ausgebildete Geschützmeister zur Bedienung nötig, die von mindestens einem halben Dutzend Hilfskräfte unterstützt werden mussten. Darüber hinaus hatten die Waffen und auch ihre Munition oft ein beträchtliches Eigengewicht.
Als Hilfsmittel zum Entern befand sich auf römischen Galeeren teilweise ein sog. "Rabe" (Corvus), eine herunterklappbare Enterbrücke mit einem Sporn am Ende.
Weblinks
- Colleccions (Webseite des Museu Maritim von Barcelona zum Nachbau der Galeere Real, auf Katalanisch)
- Galeere (Detaillierter Artikel mit vielen instruktiven Bildern, auf deutsch. Aus dem Internetarchiv)
Literatur
- H. D. L. Viereck: Die römische Flotte. Koehler, Herford 1975, ISBN 3-7822-0106-X.
- Hugh Bicheno, Crescent and Cross: The Battle of Lepanto 1571, Phoenix Paperback, London, 2004, ISBN 1-84212-753-5
- Edmond Paris, Lothar Eich, Ernest Henriot, Luise Langendorff: Die große Zeit der Galeeren und Galeassen. Verlag Delius Klasing, 1973, ISBN 3-7688-0163-2 .
Anmerkungen
- ↑ Außer einem möglichen Fall im Ptolemäischen Ägypten. Lionel Casson: Ships and Seamanship in the Ancient World. Princeton University Press, Princeton 1971, S. 325–326.