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Plötzlicher Herztod beim Sport

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Der plötzliche Herztod bei Sportlern (auch als Plötzlicher Sporttod bezeichnet) ist eine spezielle Form des plötzlichen Herztods, der in den letzten Jahren speziell bei Fußballspielern gehäuft aufgetreten ist. Diese Todesfälle haben zu einer breiten Diskussion um die medizinische Betreuung von Profi-Sportlern geführt.

Ursachen

Ursache für den Herztod von Sportlern könnte in den häufigsten Fällen ein Herzfehler gewesen sein. Darunter versteht man eine angeborene Struktur- oder Funktionsanomalie des Herzens oder der angrenzenden Gefäße, die zu Funktionseinschränkungen des Herz-Kreislauf-Systems oder des Herz-Lungen-Systems führen. Diese können besonders bei starker sportlicher Belastung über lange Zeit, wie bei Leistungssportlern und Sportprofis üblich, zum Tod führen. So können im Zusammenhang mit der sportlichen Belastung ein nicht entdeckter angeborener Herzfehler, eine durch Viren oder Bakterien hervorgerufene Herzmuskelentzündung (Myokarditis), krankhafte Veränderungen des Herzens, Störungen in der Erregungsleitung oder Doping für den Zusammenbruch des Sportlers verantwortlich sein.

Plötzliche Todesfälle sind bei Sportlern unter dem 35. Lebensjahr zu etwa 40% einer koronaren Herzkrankheit anzulasten und zu über 30% Folge einer meist unbemerkten Herzmuskelentzündung (Myokarditis). Bei Über-35-Jährigen dominiert mit etwa 80% die koronare Herzerkrankung. Diese Daten wurden anhand einer Autopsiestudie aus der Schweiz, Deutschland und Österreich gewonnen. An der Studie beteiligten sich 84 Pathologie-Institute.

Eine italienische Studie ergab, dass Spitzensportler im Vergleich zu Freizeitsportlern ein 2,5-fach höheres Risiko haben, am plötzlichen Herztod zu sterben. Häufige Ursachen sind angeborene und bisher nicht diagnostizierte Herzerkrankungen, bei einem Drittel der Fälle von plötzlichem Herztod spielen Herzmuskelveränderungen eine Rolle. In Italien sind seit mehr als 25 Jahren Herzuntersuchungen von Spitzensportlern vor sportlichen Wettkämpfen vorgeschrieben.

Verhinderung

Mittlerweile versuchen viele Fußballvereine in Deutschland aus der Fußball-Bundesliga und Zweiten Bundesliga ihre Spieler regelmäßig auf Anfälligkeiten hin medizinisch zu untersuchen.

Der Bund deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) richtete 2004 sogar einen internationalen Trainerkongress (ITK) zum so genannten Plötzlichen Herztod beim Bundesliga-Fußball aus. Bis zu 600 Teilnehmer, darunter 40 Trainer aus 20 Ländern, wurden von Medizinern auf dem Kongress auf mögliche Ursachen des Plötzlichen Herztodes hingewiesen. Insgesamt betrachtet seien die Vorfälle des Plötzlichen Herztodes eher selten, jedoch haben trotzdem die regelmäßigen sportmedizinischen Untersuchungen große Bedeutung zur Vorbeugung.

Verstorbene Fußballspieler

  • Michael Klein (1959-1993), rumänischer Fußball-Nationalspieler, seit 1990 bei Bayer 05 Uerdingen, starb im Training bei einem Dauerlauf am 2. Februar 1993 in Krefeld.
  • Bruno Pezzey (1955-1994), österreichischer Fußball-Nationalspieler, verstarb vollkommen überraschend bei einem Jux-Eishockeyspiel am Silvestertag des Jahres 1994 an einem plötzlichen Herztod im Alter von nur 39 Jahren.
  • Der Nigerianer Emmanuel Nwanegbo (SSV Reutlingen) brach am 30. August 1997 in der vierten Minute des Regionalligaspiels SSV Reutlingen - SC Weismain tot zusammen.
  • Axel Jüptner vom damaligen Zweitligisten FC Carl Zeiss Jena verstarb am 24. April 1998, zwei Tage vor seinem 29. Geburtstag. Er brach am 22. April kurz nach einem leichten Regenerationstraining bewusstlos zusammen und starb zwei Tage später an den Folgen eines Herzinfarktes.
  • Markus Paßlack, der Profi-Torwart von Fortuna Düsseldorf, brach 1998 beim Training nach einem Herzstillstand zusammen und konnte nicht mehr reanimiert werden.
  • 2003 starb der brasilianische Zweitligaspieler Max von Botafogo Riberao Preto nach einem Training.
  • Marc-Vivien Foé (1975-2003), kamerunischer Mittelfeldspieler, zuletzt bei Manchester City starb im Alter von 28 Jahren bei einem Länderspiel gegen Frankreich beim Konföderationen-Pokal 2003.
  • Innerhalb eines Monats beklagte der ukrainische Verein Arsenal Kiew gleich zwei Todesfälle - Anfang Januar 2004 verstarb der georgische Nationalspieler Schalwa Apchasawa 23-jährig an den Folgen eines Herzinfarktes, kurze Zeit später brach sein 18-jähriger Klubkollege Andrej Pawitskij während des Trainings zusammen und starb.
  • Miklós Fehér (1979-2004), ungarischer Fußballnationalspieler, erlitt im Alter von 24 Jahren in der Nachspielzeit während eines Ligaspiels für Benfica Lissabon gegen Vitoria Guimarães einen tödlichen Herzinfarkt, nur Sekunden nachdem er eine gelbe Karte noch lachend entgegengenommen hatte.
  • Am 15. Mai 2004 verstarb das portugiesische Nachwuchstalent Bruno Baião von Benfica Lissabon im Alter von 18 Jahren. In der Woche vor seinem Tod erlitt er zwei Herzstillstände und fiel dann in ein Koma, aus dem er nicht mehr erwachte.
  • Im Juni 2004 brach der deutsche Fußballschiedsrichter Volker Raquet bei einem Jugendspiel tot zusammen. Er pfiff für den DFB Spiele der 2. Bundesliga und war als Assistent auch in der ersten Bundesliga aktiv.
  • Serginho (1974-2004) brasilianischer Profi-Fußballspieler (Vorstopper) des Fußballvereins AD São Caetano, erlitt im Alter von 30 Jahren während eines Spiels einen plötzlichen Herz- und Atemstillstand; er soll schon früher über Herzprobleme geklagt haben.
  • Cristiano de Lima Junior (1979-2004), brasilianischer Profi-Fußballspieler, zuletzt beim indischen Verein Dempo Sports Club; brach im Alter von 25 Jahren, nachdem er gerade ein Tor erzielt hatte und dabei mit dem gegnerischen Torwart zusammengeprallt war, tot zusammen.
  • Nedžad Botonjič (1979-2005), slowenischer Torhüter bei NK Olimpija Ljubljana, brach im Alter von 25 Jahren im Training nach einem Herzinfarkt zusammen und verstarb.
  • Der portugiesische Mittelfeldspieler Hugo Cunha von União Leiria verstarb am 25. Juni 2005, nachdem er während eines Freizeitspiels zusammengebrochen war.
  • Am 28. August 2007 verstarb der spanische Fußballspieler Antonio Puerta im Alter von 22 Jahren nachdem er drei Tage zuvor während eines Ligaspiels mehrmals kollabiert war und reanimiert wurde.
  • Am 29. August 2007 brach der sambische Fußballspieler Chaswe Nsofwa während eines Trainingspiels zusammen. Der 28-Jährige verstarb später an einem Herzstillstand.
  • Phil O’Donnell, Kapitän des Premier-League-Klubs FC Motherwell. Der 35-jährige Mittelfeldspieler war am 29. Dezember 2007, beim 5:3 gegen Dundee United auf dem Spielfeld zusammengebrochen und wenig später auf dem Weg ins Krankenhaus verstorben.

Weitere verstorbene Sportler

  • Chuck Hughes (en) (1943-1971), US-amerikanischer Football-Spieler, starb während eines Spiels an einem Herzinfarkt
  • Karen Krantzcke (fr) (1947-1977), australische Tennisspielerin (war 1970 auf Platz 7 der Weltrangliste), starb im Alter von 30 Jahren unmittelbar nachdem sie ein Match gewonnen hatte
  • Heiko Fischer, ein deutscher Eiskunstläufer, brach am 21. November 1989 beim Squashspielen mit Freunden zusammen. Er starb mit nur 29 Jahren an den Folgen einer chronischen und akuten Herzmuskelentzündung im Sindelfinger Krankenhaus.
  • Sergej Grinkov (1967-1995), russischer Eiskunstläufer, starb im Alter von 28 Jahren an einem Herzinfarkt
  • Bei Florence Griffith-Joyner (1959-1998, US-amerikanische Leichtathletin) konnte die Todesursache nicht eindeutig geklärt werden. Doping-Experten wie Werner Franke sind der Meinung, daß die Ursache des Todes in der Doping-Vergangenheit der Sportlerin zu finden sind.[1]
  • Stéphane Morin (1969-1998), kanadischer Eishockeyspieler, zuletzt bei den Berlin Capitals, starb im Alter von 29 Jahren während eines Eishockeyspiels, als er auf der Bank saß
  • James Tanui (1974-2003), für den SC DHfK Leipzig startender kenianischer Langstreckenläufer und Sieger des Wachau-Marathons 2000, brach während eines Trainingslaufs in seiner Heimat zusammen und konnte auch nach Einlieferung in ein Krankenhaus nicht wiederbelebt werden.
  • Sergejs Žoltoks (1972-2004), lettischer Profi-Eishockeyspieler, zuletzt beim Club Riga 2000, starb während eines Spiels, hinter der Bande stehend, an einem Herzinfarkt.
  • Beim lettischen Basketballer Raimonds Jumiķis blieben alle Wiederbelebungsversuche noch auf dem Parkett erfolglos. Der 23-Jährige war bei einem Spiel der schwedischen Profiliga zusammengebrochen.
  • Auch der 34-jährige litauische Basketballspieler Tauras Stumbrys starb während eines Matches in Kaunas.
  • Mit Arno Wallaard verstarb am 28. Februar 2006 der 13. Radrennfahrer an einer plötzlich und unerwartet auftretenden, ungeklärten Ursache.
  • Der ehemalige Formel-1-Weltmeister Denis Hulme starb 1992 am Steuer eines Tourenwagens auf dem Mount Panorama Circuit in Bathurst, Australien an einem Herzinfarkt, nachdem er den Wagen an der Streckenbegrenzung abgestellt hatte.
  • Der Schwenninger Basketballspieler Jean-Oscar Matongo erlitt im Mai 2007, beim Zweitligaspiel des MTV Kronberg und des KGJ Wahl Schwenningen, in der 27. Minute direkt nach seinem Freiwurf einen Herzstillstand. In der Sporthalle waren zwei Mediziner (zwei Zahnärzte) zu Gast, die den Spieler wiederbeleben konnten. Jean-Oscar Didier Matongo verstarb aber trotzdem am Abend des 5. Mai 2007 im Krankenhaus in Bad Homburg.
  • Darcy Robinson, der 26-jährige Verteidiger des italienischen Eishockey-Clubs Asiago, brach im ersten Saisonspiel am 27. September 2007, mit einem Herzstillstand zusammen und konnte nicht reanimiert werden. Robinson hatte wenige Tage zuvor noch die medizinischen Kontrolluntersuchungen vor dem Saisonstart ohne Befund hinter sich gebracht.
  • Ryan Shay (1979-2007), US-amerikanischer Langstreckenläufer, erlitt beim US-Ausscheidungsmarathon für die Olympischen Sommerspiele 2008 einen plötzlichen Herzstillstand.
  • Thomas Grosser (1965-2008, Ex-Fußballprofi) brach am 12. Februar 2008 während des Hallentrainings der Unterhachinger Seniorenmannschaft tot zusammen.
  • György Kolonics (1972-2008), Kanute, starb während des Trainings, offenbar an einem Herzstillstand.

Verwandte Phänomene

Todesfälle wie z. B. die von Birgit Dressel (1960-1987), wo Doping als Todesursache ihres Organversagens angenommen wird, sowie z. B. des Schwergewichts-Ringers Chris Taylor (1950-1979), der offenbar nicht während einer sportlichen Betätigung starb, werden nicht unter dem Begriff Plötzlicher Sporttod gefasst.

Ein erhöhtes Risiko für (meist nicht tödliche) Herzinfarkte und Herzrhythmusstörungen besteht offenbar auch für Zuschauer, die eine spannende Fußballübertragung (z. B. Elfmeterschießen) im Stadion oder vor dem Fernsehgerät verfolgen.[1]

Literatur

  • B Marti, B Villiger, M Hintermann, R Lerch: Stellungnahme der Schweizerischen Gesellschaft für Sportmedizin: Plötzlicher Herztod beim Sport: sinnvolle Vorsorgeuntersuchung und Präventionsmassnahmen. In: Schweizerische Zeitschrift für Sportmedizin. Band 46, Nr. 2, 1998, S. 83–85.
  • Wilfried Kindermann, Axel Urhausen: Plötzlicher Herztod beim Sport. Bundesinstitut für Sportwissenschaft, Köln 2000, ISBN 3-89001-131-4, S. 1–55 (Fulltext im Web (pdf)).
  • M. Hochrein, I. Schleicher, Herz und Überanstrengung, in: Medizinische Klinik, Jg. 1958, S. 41-47 und 81-87.
  • L. Schmid, Z. Hornhof, J. Král, Sportunfälle mit tödlichem Ausgang und Maßnahmen zu ihrer Verhütung, Ostberlin 1962.
  • H. Ofer, Akute, nichttraumatische Zusammenbrüche während oder nach körperlichen Höchstleistungen von Sportlern und Soldaten, Diss. Mainz 1978.
  • H. Ofer, H.-V. Ulmer, Kasuistiken zum plötzlichen Tod gesunder Sportler und Soldaten, in: Sport an der Grenze menschlicher Leistungsfähigkeit, hg. v. H. Rieckert, Westberlin 1981.
  • C. Raschka, M. Parzeller, W. Banzer, Zum plötzlichen Sporttod in der Bundeswehr, in: Sportverletzung Sportschaden, Jg. 1998, S. 42f.
  • G. Hart, Exercise-induced cardiac hypertrophy: a substrate for sudden death in athletes?, in: Experimental Physiology. Jg. 88.2003, S. 639-644.
  • D. Corrado, C. Basso, M. Schiavon, G. Thiene, Does sports activity enhance the risk of sudden cardiac death?, in: Journal of Cardiovascular Medicine, Jg. 7.2006, S. 228-233.

Einzelnachweise

  1. vgl. http://www.stern.de/wissenschaft/medizin/:M%FCnchner-Studie-Herzinfarkt-Fu%DFball-WM/608587.html , http://www.sueddeutsche.de/wissen/artikel/734/155329/ (Süddeutsche Zeitung vom 31. Januar 2008). Die Originalarbeiten sind: Douglas Carroll u. a., Admissions for myocardial infarction and World Cup football: database survey, in: British Medical Journal, Jg. 325.2002, S. 1439-1442 und: Ute Wilbert-Lampen u. a., Cardiovascular Events during World Cup Soccer, in: New England Journal of Medicine, Jg. 358.2008, S. 475-483