Deutschhof (Heilbronn)

Der Deutschhof in Heilbronn ist eine ehemalige Hauskommende des Deutschen Ordens. Das Deutschordensmünster St. Peter und Paul und die umliegenden Ordensgebäude bilden seit dem 13. Jahrhundert den Kleinen Deutschhof, der im 18. Jahrhundert um den Großen Deutschhof erweitert wurde. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde der Deutschhof ab 1958 weitgehend seiner historischen Gestalt folgend wieder aufgebaut.
Geschichte

1219 starben mit Graf Poppo VI. die Linie der Grafen von Lauffen im Mannesstamm aus. Durch die Heirat von Poppos Tochter Mechthild mit Konrad I. von Dürn gingen die Lauffener Königslehen, darunter auch Güter in Heilbronn, auf die Herren von Dürn über. Ulrich II. von Dürn trat 1224 in den Deutschen Orden ein und wurde von seiner Familie mit den Besitztümern in Heilbronn ausgestattet, worauf 1225 die Kommende Heilbronn des Deutschen Ordens gegründet wurde. 1268 wurden Konventsgebäude errichtet. 1401 weilte König Ruprecht von der Pfalz im Deutschhaus. 1414 berief Kaiser Sigismund die deutschen Fürsten nach Heilbronn zu einer Zusammenkunft ein und wohnte während dieser Zeit im Deutschhof, 1495 war Kaiser Maximilian I. Gast des Komturs. Im 16. Jahrhundert wurde die Anlage im Stil der Renaissance erneuert, wobei der kleine Deutschhof im Wesentlichen in seiner heutigen Form mit Komtureigebäude und Ritterherberge entstand. Außerdem wurde die Anlage nach Süden um das Wagen- und Kornhaus erweitert. Dieses heute nicht mehr bestehende Gebäude an der Stelle des heutgen Stadtarchivs untrschied sich von anderen Zehntscheunen durch seine repräsentative Gestaltung mit zwei gotischen Kreuzgewölben.
Im Deutschen Bauernkrieg erfolgte 1525 die Plünderung des Deutschhofes. Mit der Vernichtung sämtlicher schriftlicher Unterlagen der Deutschordens-Verwaltung, welche sie in den vorbeifließenden Kirchbrunnenbach warfen, erhofften die aufständischen Bauern, sich ein für alle Mal ihrer Verpflichtung gegenüber dem Orden entledigen zu können. Dass sie ihr Ziel auf diese Weise nicht erreichten, mussten sie allerdings zu ihrem großen Leidwesen bald feststellen. Den Deutschherren selbst war kein Leid geschehen. Der Komtur berechnete seinen Schaden später auf 20.653 Gulden – eine gewaltige Summe, wegen der sich Kommende und Stadt, die den Bauern ohne Zwang die Tore geöffnet hatte, noch Jahre stritten.
Während des Dreißigjährigen Kriegs litten die Stadt Heilbronn und ihre Dörfer stark. Nach der Schlacht bei Wimpfen wurde 1622 Neckargartach niedergebrannt. 1631 wurde Heilbronn von Truppen des Kaisers besetzt, aber noch im selben Jahr gelang es den Schweden, die Stadt einzunehmen. Unter Vorsitz des schwedischen Kanzlers Axel Oxenstierna fand 1633 der Heilbronner Konvent im Deutschen Haus statt, bei dem der Heilbronner Bund zwischen Frankreich und Schweden sowie den protestantischen süddeutschen Reichsständen geschlossen wurde.
Kaiser Joseph I. nahm am 21. Juli 1702 Quartier im Deutschen Haus auf dem Weg zur Reichsarmee am Oberrhein. Ihm zu Ehren wurde eine Nachtmusik dargebracht. Es muss ihm gut gefallen haben, weil er bei anderer Gelegenheit am 26. September wieder dort einkehrte, als er sich auf der Reise zur Besichtigung der Belagerung von Landau befand.
1712 wurde unter Komtur Georg Adolf von Speth und Baumeister Wilhelm Heinrich Behringer im Südwesten der Anlage mit der Errichtung des „Neuen Baus“ begonnen, der einen dort befindlichen in krummer Linie stehenden alten und schadhaften irregulären Bau ersetzte, später nach dem Baumeister Behringerbau genannt wurde und den heutigen großen Deutschhof umschließt.
Prinz Eugen und Herzog Karl Alexander von Württemberg machten 1734 nacheinander das Deutsche Haus zu ihrem Hauptquartier, von wo aus sie als Inhaber des Oberkommandos die Truppenbewegung des deutschen Heeres gegen Frankreich leiteten.
1784 wurde die bisherige Hauskommende zur Landkommende der Deutschordensballei Franken erhoben. 1789 wurde die Ballei Franken mit dem Staat des Hoch- und Deutschmeisters zu einem neuen Verwaltungsgebilde vereinigt und der Deutschorden Heilbronn gehörte zum neugebildeten Neckaroberamt des Hoch- Deutschmeisterums in Franken. Die Ballei Franken wurde damals in drei Oberämter, zu Ellingen, an der Tauber und am Neckar aufgeteilt. Das Oberamt am Neckar bestand aus sechs Ämtern, darunter Heilbronn mit Sontheim und Talheim. De jure war der Heilbronner Deutschordenshof Residenz des Landkomturs der Ballei Fanken, der bisher in Ellingen in Mittelfranken residiert hatte, weil die Residenzverlagerung für den damaligen Landkomtur Zobel von Giebelstadt eine der Vertragsbestimmungen des neuen Verwaltungsgebildes war. [1] [2].
Die Säkularisation der Deutschordenskommende Heilbronn bedeutete 1803 das Ende des Deutschordens in Heilbronn: der Heilbronner Oberamtmann Johann Friedrich Zeller nahm den Deutschordenshof für Württemberg in Besitz. Von 1805 bis 1850 war die Anlage dann Kaserne, wovon noch der Name der Kasernengasse in der Nähe der Kirchbrunnenstraße herrührt. Ab 1856 war der Deutschhof dann Sitz von Land- und Schwurgericht.

Im Mittelbau des Deutschhofs war ab 1856 neben dem Schwurgericht auch eine Synagoge für die Heilbronner Juden eingerichtet. Die Verhältnisse im Deutschhof wurden infolge der angewachsenden jüdischen Glaubensgemeinschaft (1871 hatte sie bereits 610 Mitglieder) unhaltbar, so dass an der Alle eine neue Heilbronner Synagoge errichtet wurde, die am 7. Juni 1877 mit der Einbringung der sieben Thorarollen aus der alten Synagoge im Deutschhof eröffnet wurde.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Deutschhof am 4. Dezember 1944 beim Luftangriff auf Heilbronn zerstört, lediglich Teile der Umfassungswände blieben intakt. Nachdem ab 1951 das Deutschordensmünster wiederaufgebaut wurde, erfolgte ab 1958 in mehreren Bauabschnitten auch der Wederaufbau des Deutschhofs unter Verwendung bestehender Mauerreste (Staffelgiebelhaus) oder als Nachbildung historischer Gebäude (Ritterhaus). Die Innenausstattung übernahmen bekannte Heilbronner Künstler, darunter Walter Maisak (1912–2002), Erich Geßmann (1909–2008) und Maria Fitzen-Wohnsiedler (1908–1989). Die Gebäude wurden lediglich in ihrer äußeren Form wiederhergestellt, im Inneren aber zweckmäßg zu kulturellen Zwecken (Volkshochschule und Stadtbücherei) eingerichtet. Bis zum Beginn des dritten Bauabschnitts (Archivgebäude) war neben dem Deutschhof bereits ein Kaufhaus errichtet worden, so dass man sich 1974 aus städtebaulicher Sicht zum Abriss des erhaltenen historischen Südgiebels von Korn- und Wagenhalle und Bau eines modernen, 1977 fertiggestellten Archivgebäudes entschloss. 1978 erwarb die Stadt Heilbronn die restlichen Gebäude im Deutschhof und richtete im Anschluss auch eine städtische Kunstgalerie dort ein.
Beschreibung

Der Deutschhof ist in den Kleinen und den Großen Deutschhof gegliedert. Der Kleine Deutschhof geht auf den ursprünglichen Umfang der Anlage aus dem 13. Jahrhundert mit dem Deutschordensmünster St. Peter und Paul und den im 16. Jahrhundert erneuerten Komtur- und Verwaltungsbauten zurück. Der Große Deutschhof entstand durch Erweiterung der Anlage im 18. Jahrhundert.
Kleiner Deutschhof
Den Auftakt des kleinen Deutschhofes bildet das 1512 aus Sandsteinen errichteten Komturhaus. Das Erdgeschoss wies kräftige, von massiven Sandsteinsäulen getragene Kreuzgewölbe auf. Im Obergeschoss lag die Wohnung des Komturs. Verschiedene Räumlichkeiten beherbergten Diener, Teile des Archivs und die Kasse. Auch ein kleiner Saal war vorhanden. Im Jahre 1704 wurde das Gebäude unter Friedrich von Stein-Kallenfels nach Westen erweitert. Eine Absetzfuge etwa drei Meter östlich des Westgiebels erbrachte den Beweis, dass der Bau des 16. Jahrhunderts nur bis zu dieser Stelle reichte. Außerdem wurde an der Ecke der ursprünglichen Giebelwand ein Wappenstein des Komturs Hans von Welden aus dem Jahr 1512 gefunden. Das Komturhaus wurde unter Friedrich von Eltz-Rotendorf 1744/45 renoviert und ist über eine balustergerahmte Brücke im Obergeschoss mit der ehemaligen Trappanei, dem so genannten Stein-Kallenfelsischen Bau, verbunden.
Nach Osten schließt sich das 1546-48 errichtete Staffelgiebelhaus an. Dessen Westseite ziert eine rechtwinklige mit einer Balustrade geschmückte Freitreppe. Der Aufgang führt zum Obergeschoss des Komturhauses. Die Außenwand des ersten Stocks schmückt ein rechtwinkliger Erker, der von Steinkonsolen getragen wird. Dieser Erker hatte eine kreuzgewölbte Decke, in deren Schlussstein das Wappen des Komturs Alexis Diemer mit der Zahl 1548 eingearbeitet ist. An der östlichen Giebelseite befindet sich der gleiche Erker. Unterhalb des Erkers an der Westseite befand sich ein Sandsteinkopf mit Tierohren und weit aufgesperrtem Mund. Ein Sandsteinquader an dieser Stelle trug die Inschrift: Ich bin genannt hornung. Wit unde groz ist mir min slug („Ich werde Hornung genannt. Weit und groß ist mir mein Schlund“). Nach Norden schließt sich ein rechteckiger turmartiger Anbau mit Fachwerk an das Staffelgiebelhaus an. Ein rundbogiges Portal führt hinein. Über diesem Portal in dem turmartigen Sandstein-Fachwerkbau ist ein Dreipassbogen mit dem Ordenswappen und der Jahreszahl 1550. Von der Tür führt eine Wendeltreppe mit hohler Spindel in die oberen Sockwerke. Das dritte Stockwerk ist in Fachwerk ausgeführt. Unter diesem Anbau führte eine Treppe durch ein stark profilierten Rundbogen in einen geräumigen Keller. Dieses Gebäude wird auch alte Synagogegenannt, weil sich im 19. Jahrhundert (bevor die Synagoge an der Allee gebaut wurde) in diesem Gebäude die Synagoge der Heilbronner Juden befunden hat.
Die ehemalige Ritterherberge wurde 1556 nördlich des Staffelgiebelhauses errichtet. Das heutige Gebäude ist äußerlich eine ungefähre Nachbildung des historischen Baukörpers und ist mit dem Staffelgiebelhaus durch eine hochgelegene Brücke verbunden. Die südwestliche Ecke des Ritterhauses trägt einen fünfseitigen Erker, über und unter dessen Fenstern Deutschordenswappen angebracht sind. Den Boden des Erkers bildet eine polygonale Konsole. Das Gebäude war nach dem Zweiten Weltkrieg mehrere Jahrzehnte Sitz der Stadtbücherei, heute befindet sich dort die Volkshochschule.
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Das Staffelgiebelhaus wurde unter Beibehaltung der historischen Sandsteinmauern wiederaufgebaut
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Die Ritterherberge ist eine ungefähre Nachbildung des historischen Gebäudes
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Alte Brücke zwischen Komturhaus und Stein-Kallenfelsischem Bau
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Brücke zwischen Ritterherberge und Staffelgiebelhaus
Großer Deutschhof

Im Südwesten der Anlage wurde 1712 mit dem sogenannten Neuen Bau begonnen, an dessen Platz ursprünglich ein in krummer Linie stehende alter und schadhafter irregulärer Bau stand. Die Schäden sollten zuerst ausgebessert werden, doch entschloss man sich zu einem Neubau. Baumeister war der gräflich Öttingische Rat und Ingenieur Wilhelm Heinrich Behringer. Nach seinen Plänen sollte die Baulinie an der Westseite des Deutschhofgebiets gegenüber dem Stadtgebiet begradigt werden. Zur Ausschmückung der langen Westfront gedachte Säulen, die auf städtisches Gebiet zu stehen gekommen wären, wurden von der Stadt Heilbronn abgelehnt. Es entstand ein heute noch bestehender zweistöckiger Bau unter den Komturen von Reinach und von Hoheneck. Der erste Bauabschnitt reichte von der Kirche bis zum Haupteingang des Deutschhofs. In den Jahren 1714 bis 1716 entstand der anschließende Teil bis zur Südwestecke. Der Südflügel wurde anschließend bis 1718 gebaut. Die ganze Fassade der beiden langgestreckten 24-achsigen Flügel wird mit ionischen Pilastern, betonten steinernen Fensterlaibungen, wuchtigen Dachmansarden und kräftigen Werksteingesimsen und drei Ziergiebeln gegliedert. Der Südflügel ist einfacher gehalten. Am östlichen Ende führt ein kleines rundbogiges Tor in den Innenhof. Über dem Eingang in der Mitte des Westflügels befand sich eine Madonna, die Beschützerin des Ordens. Heute befindet sich dort ein modernes, abstraktes Württembergisches Landeswappen aus den 1950er Jahren. Der erste Stock umfasste mehrere Kammern, eine Gaststube, Dienerstuben und eine Torstube. Im zweiten Stock befanden sich sieben geräumige Zimmer und der bekannte, schöne und große Truchsesssaal[3].
Den südöstlichen Flügel bildet das 1977 erbaute, äußerlich schlichte städtische Archivgebäude an der Stelle des ehemaligen Wagen- und Kornhauses von 1512. Das mehrstöckige Gebäude hat drei Untergeschosse und enthält neben Archivräumen und Büros auch Ausstellungsflächen im Erdgeschoss, wo eine Dauerausstellung zur Heilbronner Stadtgeschichte zu sehen ist.
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Außenfassade des Behringerbaus
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Stilisiertes Wappen am Behringerbau
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Archivgebäude
Literatur
- Archiv und Museum der Stadt Heilbronn im Kulturzentrum Deutschhof, Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn, Band 9, Heilbronn 1977
- Dieter Brunner, Pfeiffer, Brunner, Jacob, Andras Pfeiffer (Hrsg.): Zehn Jahre Städtische Museen Heilbronn im Deutschhof. Stadt Heilbronn, Heilbronn 2001, ISBN 393081188X