Geschichte der römisch-katholischen Kirche
Die Römisch-Katholische Kirche versteht sich gemeinsam mit der Orthodoxen Kirche als die Kirche Jesu Christi in ungebrochener geschichtlicher Kontinuität seit dem Pfingsttag.
Ihr Bischofsamt führt sie, ebenso wie die orthodoxe, anglikanische und altkatholische Kirche über eine nie unterbrochene "Reihe der Handauflegungen" - Apostolische Sukzession - auf die Apostel zurück.
Im Kampf gegen die Gnosis, eine Strömung verschiedener das Materielle abwertender Geheimlehren, kristallisierten sich im 2. Jahrhundert die Grundstrukturen der Kirche heraus: der Kanon der Heiligen Schriften und das dreigegliederte Amt von Bischof, Priester und Diakon.
Der Ehrenprimat des Patriarchats von Rom, dessen Gemeinde die Gräber der "Apostelfürsten" hütete, war rechtlich und dogmatisch zunächst nicht definiert, als solcher aber in Ost und West unumstritten. Im ersten Konzil von Konstantinopel wurde der Ehrenrang der Patriarchate offiziell auf Rom > Konstantinopel > Alexandria > Antiochia > Jerusalem festgelegt.
Da Rom und der lateinische Westen ab dem 5. Jahrhundert in den Wirren der Völkerwanderung keinen einheitlichen weltlichen Herrscher mehr hatte, entwickelte der Bischof von Rom im Westen eine zentrale Stellung und Autorität.
Politische Stütze der Katholischen Kirche wurde das Reich der germanischen Franken nach deren Abwendung vom Arianismus. Pippin II. und Karl der Große begründeten und sicherten den Kirchenstaat, wodurch der Papst zugleich weltlicher Herrscher wurde.
Die zunehmende theologische, politische und kulturelle Entfremdung zwischen der römischen und den östlichen Kirchen führte zu Schismen im 9. und 11. Jahrhundert woraus dann infolge der Plünderung von Konstantinopel definitiv das Große Schisma wurde.
Das Mittelalter ist gekennzeichnet vom Streben nach einer religiös-politischen Einheitskultur. Die nach dem Zusammenbruch des Römerreichs neu entstandenen germanischen Staatenbildungen verstanden sich als christliche Reiche. Kreuzzüge gegen den vorgedrungenen Islam und Inquisition gegen abweichende Glaubensrichtungen, von Königen teilweise leidenschaftlicher betrieben als von Bischöfen, galten der Sicherung dieser gesuchten Einheit. Auch die katholischen Herrscher Spaniens waren religiös motiviert, als sie in der Reconquista die Eroberung der iberischen Halbinsel durch die Mauren rückgängig machten.
Entscheidend für die Entwicklung des Westens war die Bipolarität von Papst und Kaiser, die das Entstehen von Staatskirchen verhinderte. Beim Investiturstreit des 12. Jahrhunderts zwischen Kaiser und Papst ging es vordergründig um die Vollmacht zur Ernennung von Bischöfen (Investitur), letztlich um den Vorrang und die Grenzen von geistlicher und weltlicher Macht.
Die Scholastik holte den verlorenen Geisteshorizont der Antike - teils vermittelt durch islamische Tradenten - unter christlicher Perspektive wieder ein. Die anfangs nur formale und oberflächliche Christianisierung der Bevölkerung wurde vertieft und fand ihren Ausdruck in Architektur, Kunst, Dichtung und Musik, in religiösen Bewegungen und Ordensgründungen, in zahlreichen karitativen Einrichtungen und Initiativen sowie im Fest- und Alltagsleben der Menschen.
Durch die Reformation verlor die Katholische Kirche weite Gebiete Nord- und Mitteleuropas. Parallel dazu vollzog sich die politisch motivierte Abspaltung der Anglikanischen Kirche, die sich in der Folge in moderater Weise der Reformation anschloss.
Die frühe Neuzeit ist geprägt durch den Konfessionalismus. Der teilweise religiös motivierte Dreißigjährige Krieg verheerte Deutschland und schwächte seinen politische Zusammenhalt im Kaisertum.
Nach der Entdeckung Amerikas folgten den spanischen und portugiesischen Eroberern katholische Missionare. In Lateinamerika - wie auch in Afrika - entstanden starke katholische Ortskirchen, die jedoch bis heute ihre Verflechtung in koloniale Strukturen nicht restlos ablegen konnten. Die Ostasienmission blieb dagegen weitgehend erfolglos.
Die Aufklärung und die französische Revolution veränderten die geistige Situation und die kirchliche Ordnung Europas grundlegend. Die Zeit der geistlichen Fürstentümer in Deutschland endete. Mit der Romantik des 19. Jahrhunderts begann jedoch ein Wiedererstarken der Katholischen Kirche, das im Ersten Vatikanischen Konzil mit der Dogmatisierung der Unfehlbarkeit des Papstes - abgelehnt u.a. durch die deswegen abgespaltene Altkatholische Kirche - einen triumphalen Höhepunkt fand.
Das 20. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch die Auseinandersetzung der Kirche mit den totalitären Herrschaftssystemen des Nationalsozialismus und des stalinistischen Kommunismus sowie mit der "Moderne" in Gestalt von historischem, weltanschaulichem und moralischem Relativismus. Diese Auseinandersetzung wurde teils mit Kompromissen, teils in strikter Abgrenzung bis zum Martyrium geführt. Das Zweite Vatikanische Konzil markiert eine Periode der Öffnung und Modernisierung. Das Pontifikat Johannes Pauls II. ist durch das von ihm mitbewirkte Zusammenbrechen des Kommunismus, aber auch durch innerkirchliche Restaurationstendenzen geprägt.