Vordernberg
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Vordernberg ist eine Marktgemeinde im Norden der Steiermark, ca 15 km nordwestlich der Bezirkshauptstadt Leoben.
Geografie
Geografische Lage
Vordernberg liegt am Fuß des Präbichl in den Eisenerzer Alpen. Das Vordernbergertal trennt die Gebirgsgruppen der Eisenerzer Alpen und des Hochschwabs.
Nachbargemeinden
Im Nordwesten Eisenerz, im Nordosten Tragöß und im Südosten, Süden und Südwesten Hafning bei Trofaiach.
Ortsteile
Vordernberg hat drei Ortsteile Friedauwerk, Präbichl und Vordernberg.
Geschichte
Der Ort Vordernberg war von seinem Entstehen an bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eine bei den Schmelzöfen der Roheisenerzeugung bestehende Siedlung, in der die Eisenbauern bzw. die Radmeister, die Hüttenarbeiter, die Fuhrleute, das sonstige Gesinde und verschiedene Handwerker und Händler mit ihren Familien wohnten und arbeiteten.
Ein großer Teil des am nahen Steirischen Erzberg abgebauten Erzes wurde hier zu Roheisen geschmolzen. Als ein Zentrum der Roheisenerzeugung war Vordernberg jahrhundertelange einer der bedeutendsten Industrieorte in Mitteleuropa. Seit der Einstellung der mittels Holzkohlehochöfen betriebenen Eisenerzeugung und der Verlagerung der Roheisenproduktion vor allem nach Leoben-Donawitz, ist Vordernberg ein schrumpfender Ort mit vielen Relikten aus seiner industriellen Vergangenheit.
Die ersten Spuren von Eisengewinnung sind gegen Ende des 1. Jahrtausends nach Christus nachweisbar. Die ältesten Schmelzöfen lagen direkt beim Erzberg. Durch deren allmähliche Vergrößerung reichte die menschliche Kraft nicht mehr für die Betätigung der Blasbälge aus. Dadurch erfolgte eine Verlegung aller Hüttenplätze einerseits südlich an den Vordernberger Bach und andererseits nördlich des Erzberges an den Erzbach. Ab dem 13. Jahrhundert wurden die Schmelzhütten mit Wasserrädern betrieben, worauf der heute noch geläufige Ausdruck Radwerk zurückgeht. Diese Radwerke wurden im Laufe der Zeit immer mehr bachabwärts gebaut, da ständig stärkere Wasserkräfte gebraucht wurden.
Im 13. Jahrhundert wurde das Gebiet um den Erzberg „Aerze" genannt, und galt zunächst als eine Verwaltungseinheit. Seit dem 14. Jahrhundert wurden durch Verfügung des Landesfürsten die Erzeugung und der Vertrieb im Süden und Norden des Erzberges klar getrennt. Was unterhalb der „Ebenhöhe“ (ungefähr bei 1200 Höhenmeter) des Erzberges gewonnen wurde, ging nach „Innerberg“, dem heutigen Eisenerz, was oberhalb abgebaut wurde und so relativ leicht über den Präbichl gebracht werden konnte, nach „Vordernberg“. 1453 verfügte Kaiser Friedrich III. (HRR) die endgültige Trennung, indem er Vordernberg und Innerberg je ein Marktwappen und das Marktrecht verlieh.
In Vordernberg lag das Schwergewicht der Siedlung im 14. Jahrhundert im Gebiet der heutigen Almhäuser (Altenmarkt) und im 15. Jahrhundert rund um die Laurentiuskirche. Es verlagerte sich dann mehr und mehr nach Süden unterhalb der Einmündung des Rötzgrabens. Maßgebend für die Gliederung des Ortes waren die 14 Radwerke, welche von Norden nach Süden in der Reihenfolge in der sie am Bachlauf angebracht waren, nummeriert waren. Diese Nummerierung begann mit dem Radwerk I und endete außerhalb des Ortes in Richtung Trofaiach mit dem Radwerk XIV. Etwa seit dem Jahre 1500 sind die Besitzer der 14 Radwerke in Vordernberg bekannt. Es gibt eine Liste der Radwerksbesitzer, die lückenlos alle Eigentümer aufzählt. Sie schließt 1911 mit der Österreichisch-Alpine Montangesellschaft, die den Betrieb stilllegte.
Wesentlich für die Entwicklung des Eisenwesens der Region war das am 12.März 1314 erlassene Verbot des Landesherrn an die Rad- und Hammergewerken von Vordernberg und Trofaiach, ihr produziertes Roheisen unter Umgehung der Stadt Leoben an andere Orte zu bringen. Herzog Friedrich der Schöne verlieh Leoben das „Verlagsrecht für Eisen“, was bedeutete, dass alles Roheisen aus dem Gebiet südlich des Präbichl und südlich von Rottenmann nach Leoben abgeliefert werden musste. Die Wertschöpfung aus dem Roheisen musste also mit den Leobner Bürgern geteilt werden. Diese verkauften das erworbene Eisen an die Hammergewerken weiter, die als Unternehmer der Finalindustrie daraus eine Fülle von Endprodukten machten. So entstanden aus dem Leobnerischen Roheisen in den Schmieden und Hammerwerken der Täler des steirischen Oberlandes Sensen, Waffen, Geräte, Nägel, Blech und Draht.
Die Förderung von Eisenerz über den Präbichl war von jeher an sehr schwierig und hart, besonders auf der Vordernberger Seite. Während man auf der Eisenerzer Seite das Erz einfach über einen Schrägaufzug hinab befördert werden konnte, musste man es auf der Vordernberger Seite auf einer längeren Strecke mit Pferdekarren oder per Sackziehen (mithilfe einer Art hölzernern Sackrodel) befördern. Deswegen beauftragte Erzherzog Johann den früherern Bleiberger Hutmann (Berghauptmann) Johann Dulnig mit dem Bau einer Transportstrecke mit Schrägaufzügen, Horizontaltrassen und Erzbunkern. Diese begann mit der ersten etwa fünf Kilometer langen Horizontalbahn, auf der Zugpferde zwei oder drei Hunte auf hölzernen Schienen vom Erzberg über die Passhöhe und den sogenannten "Lauf" zum ersten Erzbunker, der Handlalmhalde, zogen. Die Laufstrasse und die mittlerweile eingestürzten Mauern der Halde erinnern noch heute daran. Diese fasste ungefähr 13.000 Tonnen noch unbehandeltes Erz und stellte damit einen Teil der Erzversorgerung im Winter dar, wenn Schneeverwehungen und Lawinenabgänge den Pass unpassierbar machten. Das Erz wurde über eine weitere Horizontalbahn zur Handlalmbremse, dem ersten Schrägaufzug befördert. Weiter ging es über die dritte Horizontalbahn zur Bremse am Kohlberg, diese wird im Volksmund als die "Glaslbremse" bezeichnet. Das Eisenerz wurde auf Fußpunkt der "Glaslbremse" durch einen Räter gesiebt und in Fein- und Groberz unterteilt, auch die unterschiedlich ergiebigen Gesteinsklassen wurden dabei getrennt. Dannach gelangte das Erz zur Weinberghalde, welche mit einem Fassungsvermögen von über 85.000 Tonnen die Rohstoffversorgung selbst in den strengsten und längsten Wintern sicherstellte. Das Erz gelangte über den Dachboden in die Halde hinein und über einen Sturzschacht und einen Sohlstollen wieder hinaus. In der nach der naheliegenden früherern Pfarrkirche von St. Lorenz als "Laurenzi-Röst" bezeichneten Röstanlage wurde das Roherz schonend erhitzt, um ihm Schadstoffe, vor allem Schwefel, auszutreiben. Erzherzog Johann selbst ließ später noch die Neukamhalde mit der entsprechenden Röstanlage hinzufügen, um die Kapazitäten zu erhöhen. Das nun für den Schmelzvorgang günstige Ausgangsprodukt wurde in der Neuberghalde gespeichert. Dannach gelangte es noch über einen weiteren Sohlstohlen mit anschließender Horizontalbahn zur alten Schönauhalde. Auch hier ließ Erzherzog Johann einen Erweiterungsbau, die neue Schönauhalde, mit einem gigantischen Fassungsvermögen von über 100.000 Tonnen entstehen. Dieser Erzbunker brannte im Jahre 1960 ab und beherbergt seit Sprengung der Innnenmauern 1981 mehrere Tennisplätze. Von beiden Halden aus konnte das Erz nun über kürzere Strecken durch den Ort Vordernberg zu den einzelnen Hochöfen befördert werden. Die Überreste der genannten Halden und Horizontalbahnen können heute großteils besichtigt werden, vor allem wenn man den "Erzwanderweg" vom Präbichl nach Vordernberg begeht. Dieser ist sehr gut mit großen Tafeln beschildert, die über die einzelnen Bauwerke detailiert Auskunft geben.
- Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zu einer schweren Krise der Vordernberger Eisenindustrie.
- 1822 Erzherzog Johann wird Vordernberger Radmeister und kauft das "Meranhaus" (heute Hauptstraße 85) als Wohnhaus; Anna Plochl die Gemahlin des Erzherzogs, hat hier einige Jahre vor ihrer Verehelichung gelebt.
- 1829 Unter maßgeblichem Einfluss von Erzherzog Johann wurde die Vordernberger Radmeisterkommunität gegründet. In dieser haben sich 13 von den 14 Vordernberger Radmeistern (Hochofenunternehmern) zu einem Quotenkartell zusammengeschlossen und ihre Anteile am Erzberg zu einem gemeinsamen Eigentum zusammengelegt und rationeller als vorher bearbeitet. Dazu wurde auch der übrige Einkauf und die Erzzufuhr neu geordnet. 1827 ersteigerten die Radmeister das aufgehobene Stift Göss, zu dem ein umfangreicher Waldbesitz gehörte.
- 1840 erfolgte die Gründung der bergmännischen Lehranstalt in Vordernberg durch Erzherzog Johann.
- 1849 wird die bergmännische Lehranstalt nach Leoben verlegt. Aus ihr geht die heutige Montanuniversität hervor.
- 1869-1870: Die meisten Radwerke (bisher im Einzelbesitz der meist sehr wohlhabenden Radmeister) gehen in gesellschaftliches Eigentum über.
- 1881: Erwerbung dieser Radwerke durch die neugegründete Österreichisch-Alpine Montangesellschaft, die mit Ausnahme des Radwerkes XIV auch in den Besitz aller Erzanteile auf dem Erzberg gelangt.
- 1891: Inbetriebnahme der Zahnradbahn Vordernberg - Eisenerz.
- Um die Wende des 19. Jhdt. verliert das Holzkohleneisen wegen Brennstoffmangel immer mehr an Bedeutung.
- 1891: Der enorme Eisenbedarf führt zur Errichtung des ersten Donawitzer Kokshochofens. Diese wirtschaftlichere Eisenerzeugung zwingt zur Einstellung der meisten Radwerke in Vordernberg.
- 1911: Das Radwerk IV wird ausgeblasen und später zu einem Eisenmuseum umgestaltet.
- 1922: Einstellung des letzten Holzkohleofens (Radwerk XIV); die ruhmreiche Eisenindustrie Vordernbergs geht zu Ende.
- 1945: Bei einem Todesmarsch zu Kriegsende kommt es am Präbichl zu einem Massaker an ungarischen Juden mit mehr als 200 Toten.
- 1986: Einstellung der Erzlieferung vom Erzberg nach Donawitz über den Präbichl.
- 1988: Einstellung des gesamten Eisenbahnverkehrs auf der Erzbergbahn durch die ÖBB.
- 1991: Eröffnung der Erzbergbahn (Vordernberg - Eisenerz) als Museumsbahn
- 1999: Eröffnung der um S 150 Mio. neu errichteten Liftanlagen am Präbichl - Eigentümer sind das Land Steiermark zu 75% und die Marktgemeinde Vordernberg zu 25%
- 2000: Abschluss der Errichtung einer öffentlichen Kanalisationsanlage für das gesamte Gemeindegebiet von Friedauwerk bis Präbichl.
Religionen
römisch-katholisch | 68,4 % |
evangelisch | 5,6 % |
islamisch | 1,3 % |
ohne rel. Bekenntnis | 23,8 % |
andere | 0,9 % |
Einwohnerentwicklung
Jahr | Einwohner | ||
1869 | 2468 | ||
1880 | 3012 | ||
1890 | 3118 | ||
1900 | 3112 | ||
1910 | 2770 | ||
1934 | 2516 | ||
1939 | 2781 | ||
1951 | 2739 | ||
1961 | 2896 | ||
1971 | 2519 | ||
1981 | 2109 | ||
1991 | 1832 | ||
2001 | 1391 | ||
2007 | 1203 |
Söhne und Töchter der Gemeinde
- Peter Wirnsberger, * 13. September 1958 in Vordernberg, ehemaliger Schirennläufer
- Gustav Hackl Dr.* 2. August 1892 in Vordernberg; † 24. April 1962, Primararzt und Werksarzt im Hüttenwerk Donawitz mit bemerkenswerten sozialen Initiativen, Heimatforscher und Schriftsteller.
- Viktor Zack, * 13. April 1854 in Vordernberg; † 26. Januar 1939 in Graz; Bedeutendster Volksliedforscher der Steiermark, Volksliedsammler.
- Elisabeth Maria Stampfer * 28. März 1638 in Vordernberg; † 7. Oktober 1700 in Obervellach, Radmeistersgattin, verfasste das „Hausbüchl der Stampferin“ , in dem das nicht immer leichte Leben im 17. Jahrhundert sehr anschaulich beschrieben wird.
Partnergemeinde
Partnergemeinde von Vordernberg ist Berg (Pfalz) in Deutschland.
Weblinks
- 61118 – Vordernberg. Gemeindedaten der Statistik Austria