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Wolf-Hirschhorn-Syndrom

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Wolf-Hirschhorn-Syndrom (auch als Wolf-Syndrom oder Chromosom 4p- Syndrom bekannt) ist eine seltene angeborene Erbkrankheit, die durch eine sogenannte strukturelle Chromosomenaberration bedingt ist. Ursache ist der Verlust eines kleinen Abschnitts (Deletion) am Ende des kurzen Arms von Chromosom 4. Die beschriebenen Deletionen sind unterschiedlich groß. Es genügt jedoch ein Verlust der äußersten Bande 4p16.3, um ein Wolf-Hirschhorn-Syndrom hervorzurufen. Etwa 90 % aller Deletionen entstehen im betroffenen Individuum neu (de novo) und zwar meist im väterlichen Chromosom, werden also nicht von einem der Eltern geerbt. Bei de-novo-Deletionen besteht kein erhöhtes Wiederholungsrisiko für weitere Nachkommen der Eltern. Die übrigen Fälle werden durch sogenannte balancierte Translokationen bei einem Elternteil verursacht. Hierbei beträgt das Wiederholungsrisiko bei weiteren Kindern 50 %.


Häufigkeit

Die Häufigkeitsrate liegt heutzutage bei 1:50000, ein Drittel der Betroffenen stirbt bereits im ersten Lebensjahr. Das Problem beim Wolf-Syndrom liegt darin, dass es nur schwer diagnostizierbar ist (meistens werden dazu Augen-, HNO-, Herz- und Nierenuntersuchungen durchgeführt).

Häufig auftretende Symptome sind extremes Untergewicht, Kopfhautdefekte, Gehirnfehlbildungen (z. B. Mikrocephalie), Klumpfüße, Taubheit, Blindheit, Leistenbrüche, Herzrhythmusstörungen und Nierenfehlbildungen.

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  • Äußerliche Merkmale:
    • Hypertelorismus (ungewöhnlich großer Augenabstand und sehr breiter Schädel)
    • herabhängende Augenlider (Ptosis)
    • schräge Liddachstellung
    • überschüssige Haut in der inneren Ecke des Auges (Epikanthus medialis)
    • spärliche Behaarung der Augenbrauen im Mittelbereich
    • Kopfhautdefekte
    • nach unten gezogene Mundwinkel mit „fischartigem“ Mund
    • kurze Oberlippe und schmale Philtrum
    • präaurikulare Anhängsel
    • vorspringende Stirn
    • Verdopplung des Daumens oder der Großzehe
  • Allgemeine Symptome:
    • Kognitive Behinderung
    • Statomotorische Retardierung
    • Psychomotorische Retardierung
    • Infektanfälligkeit der oberen Luftwege
  • Wachstum/Gewicht:
    • niedriges Geburtsgewicht
    • niedrige Geburtsgröße
    • verzögertes Knochenalter
    • verzögertes Wachstum/Wachstumsmangel
  • Bewegungsapparat / Muskulatur:
    • Hüfte:
      • Hüftdysplasie
      • Hüftgelenksluxation (Gelenk springt aus seiner Kapsel)
    • Füße:
    • Muskulatur:
      • Muskelhypotonie / Muskelschwäche
      • Leisten- und Nabelbrüche
      • Kyphoskoliose (Verbiegung der Wirbelsäule nach seitlich, meist auch nach hinten mit Verdrehung der Wirbelkörper)
  • Herz
    • Herzerkrankungen allgemein
    • Herzklappenfehler
    • Herzrhythmusstörungen
    • Pulmonalklappenstenose
  • Lunge:
    • Anfälligkeit für Lungenentzündungen
  • Geschlechtsorgane:
    • Hodenhochstand (Kryptorchismus)
    • unterentwickeltes Schambein
    • vorzeitige Pubertät (Pubertas praecox)

Therapie

Das Wolf-Syndrom ist nicht heilbar, es müssen daher vielseitige symptomatische Therapien angewandt werden.

Zu diesen zählen unter anderem die medikamentöse Therapie (antikonvulsive Behandlung), hochkalorische Ernährung, Krankengymnastik, Ergotherapie, chirurgische Therapie (Behandlung der Klumpfüße, Benutzung von Ernährungssonden (PEG, Verschluss der Lippenspalte), Betreuung, Eingliederung in soziale Gesellschaft.

Literatur

  • Hogenboom, Marga: Menschen mit geistiger Behinderung besser verstehen. Angeborene Symptome verständlich erklärt. (2003)
  • Neuhäuser, Gerhard und Steinhausen, Hans-Christoph (Hrsg.): Geistige Behinderung. Grundlagen. Klinische Syndrome. Behandlung und Rehabilitation. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. (1999)
  • Piper, Christine: Verlaufsstudie bei vier häufigen Chromosomenaberrationen (u.a. Wolf-Hirschhorn-Syndrom)