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Antonow An-12

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Eine sowjetische Antonow An-12 zur U-Bootaufklärung

Die Antonow An-12 (NATO-Codename: Cub = Flegel, Tollpatsch, junges Tier) ist ein militärisches Transportflugzeug mit vier Propellerturbinentriebwerken, das aus der An-10, einem Passagierflugzeug mit Druckkabine entwickelt wurde. Der Erstflug fand am 16. Dezember 1956 statt. Die Besonderheiten dieses Flugzeugtyps sind, dass im Heck keine feste Fahrzeugrampe eingebaut ist, sowie die Heckbewaffnung von zwei 23-mm-Kanonen.

Technischer Aufbau

Die An-12 ist als freitragender Hochdecker mit vier Propellerturbinen als Antrieb. Der stromlinienförmige Rumpf hat einen runden Querschnitt. Auf Höhe des Tragflächenmittelstückes befinden sich langgezoge Fahrwerksbehälter. Der hinter Rumpf ist hochgezogen um Raum für die Laderampe und zur Beladung durch Bodenfahrzeuge zu schaffen. Am Bug befindet sich die Kanzel des Navigators, dahinter in erhöhter Position ist das Cockpit mit einer vierköpfigen Besatzung. Dieser Bereich der Kabine ist druckbelüftet. Der Kabinenfrachtraum ist 3,5 m breit und 2,6 m hoch. Der Kabinenboden ist aus Stahl und Titan konstruiert und mit 1500 kg/m² belastbar. Die Frachtraumklappen am Heck sind dreiteilig ausgeführt, wobei die beiden vorderen Rampentüren seitlich nach innen und die Heckklappe nach oben öffnet. Für die Beladung mit Fahrzeugen muss eine separate Rampe mitgeführt werden. Zum Frachtladesystem gehört weiterhin ein schienengeführter Deckenkran mit einer Traglast von bis zu 2300kg.

Die Tragflächen sind als Trapezflügel ausgelegt. Die Tragflügelvorderkante ist mit einer leichten Pfeilung versehen, während die hintere Kante gerade ausgeführt wird. Die An-12 verfügt über keine Vorflügel, jedoch sind die Teile der Nasenkantenverkleidung für die Triebwerkswartung abnehmbar. Die Landeklappen an der Tragflächenhinterkante sind als zweiteilige Fowlerklappen ausgelegt und werden hydraulisch betätigt. Die Außenflügel der An-12 haben eine 4° negative V-Stellung, was die Stabilität um die Längsachse erhöht. Im Bereich der Außenflügel ist die Nasenkante mit Warmluftkanälen zur Enteisung ausgerüstet. Die Querruder sind zweiteilig ausgelegt und haben Trimmruder. Die Querruder werden manuell angesteuert. In den Tragflächen sind 22 Gummitanks zur Aufnahme von maximal 18.100l Treibstoff ausgelegt.

Das Leitwerk ist als konventionelles Kreuzleitwerk ausgeführt. Das verhältnismäßig kleine Seitenleitwerk sitzt dabei auf einer relativ voluminösen Rückenfinne. Höhen- und Seitenleitwerk sind eine Zweiholm-Torsionskasten-Konstruktion. Die Ruder sind einteilig und mit elektrisch angesteuerten Trimmrudern ausgestattet. Die Vorderkanten der Leitwerke werden elektrisch enteist.

Das Bugfahrwerk ist zweirädrig und hydraulisch lenkbar. Das Hauptfahrwerk besteht aus zwei Fahrwerksbeinen mit je vier Fahrwerksräder und an je zwei Achsträgern. Das Hauptfahrwerk ist mit hydraulisch betätigten Scheibenbremsen ausgestattet, welche über ein Antiblockiersystem verfügen. Die Reifen haben einen niedrigen Reifeninnendruck, um sie für den Einsatz auf Feldflugplätzen verwenden zu können. Für den Einsatz auf verschneiten Feldflugplätzen stehen weiterhin Leichtmetall-Schneekufen zur Verfügung, welche zusätzlich elektrisch beheizt sind. Das Hauptfahrwerk ist in den seitlichen länglichen Fahrwerksbehältern untergebracht. Im Backbord Fahrwerksbehälter ist im vorderen Teil die Klimaanlage untergebracht, im hinteren Teil befindet sich die APU. An beiden Fahrwerksbehältern sind einziehbare Landescheinwerfer eingebaut.

Angetrieben wird die An-12 von vier Propellerturbinen vom Typ Iwtschenko AI-20K, mit einer Leistung von 2944KW (4000WPS). Einige Modelle sollen die Triebwerksversion AI-20M verwenden. Die Triebwerke sind in Motorgondeln unter den Tragflächen hängend nach vorn gerichtet angebracht, welche durch Zapfluft enteist werden. Für den Vortrieb sorgen Vierblatt-Verstellpropeller des Typs AV-68 oder AV-68B mit einem Durchmesser von 4,50 m. Die Propellerblätter sind mit elektrischen Enteisungsmatten an den Blattwurzeln ausgestattet.

Besatzung

Die An-12 verfügt in der Variante des Militärtransporters eine 6 Mann Besatzung. Im druckbelüfteten Cockpit sitzen vorn backbord Pilot/Flugkapitän und steuerbord Copilot. Hinter dem Flugkapitän sitzt mit Blick in Flugrichtung der Bordfunker/Radarbeobachter. Hinter dem Copiloten sitzt der Bordingenieur mit Blickrichtung zur Seite. Er kann aber seinen Stuhl nach vorn drehen, um die Besatzung bei Start- und Landemanöver zu unterstützen. Durch eine Verbindungstür gelangt der Navigator in den verglasten Bugraum. Dort verfügt dieser über einen Drehschemel und einen seitlichen Kartentisch. Der Einstieg der vorderen Bestatzung erfolgt über eine nach vorn ausschlagende Tür mit Rollscheinwerfer unterhalb des Cockpits. Bei den militärischen Versionen befindet sich am Heck noch eine Kanzel für den Heckschützen. Diese Kanzel, ähnlich der Heckstation der Tu-16, verfügt über eine manuell optisch bediente Zwillingsmaschinenkanone vom Typ NR-23.

Die An-12 ist in der Lage bis zu 100 Fallschirmjäger aufzunehmen und innerhalb einer Minute über die Heckrampe abzusetzten. Für 60 Fallschirmjäger sind an den Seitenwänden ständig 60 Klappsitze angebracht. Für 90 Personen lassen sich Sitze in den Bodenverankerungen installieren. Der Einstieg der Besatzung/Passagiere erfolgt entweder über die Hecktore oder über eine Einstiegstür auf der Backbordseite.

Zur sicheren Evakuierung sind an den Kabinenseiten mehrere Notausstiegsfenster mit Bullaugen integriert. Zwei weitere Notausstiegsluken sind auf der hinteren Rumpfoberseite vor der Rückenfinne, sowie eine Notausstiegsluke auf der Rumpfoberseite im Bereich des Cockpits eingelassen.

Avionik

Die An-12 ist standardmäßig mit einer Funk- und Navigationausrüstung aus den fünfziger/sechziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts ausgestattet. Ursprünglich mußte der Navigator noch mit Koppelnavigation das Flugzeug lenken. Auf dem hinteren Rumpfrücken befindet sich eine lange Blattantenne als ADF-Peilantenne. Zwei weitere Schleifenantenne auf dem vorderen Rumpfrücken sind ebenfalls Peilantennen. Auf den Unterseiten des Höhenleitwerkes sind zwei Antennen des Funkhöhenmessers angebracht. Unter der Navigatorenkanzel befindet sich unter einem Radom das Bodendarstellungs- und Wetterradar. Frühere Ausführungen der An-12 verfügten dabei über das im I-Band-Bereich arbeitende Toadstool. Weitere Antennen zur Funknaviagtion befinden sich auf der vorderen Rumpfunterseite.

Für den Funkverkehr im Kurzwellenbereich sind versenkte Antennen im Seitenleitwerk und, für Verbindungen über große Entfernungen, zwei Antennendrähte vom Seitenleitwerk zum Cockpit vorhanden. Vor den Frontscheiben ist eine IFF-Antenne angebracht.

Einsatz

Lange Zeit gehörte die An-12 zu den am meisten benutzten Transportflugzeugen der sowjetischen Luftwaffe. Bis zum Produktionsende 1973 wurden etwa 1.250 Maschinen dieses Typs gefertigt, davon wurden ca. 200 für zivile Zwecke beispielsweise bei der Aeroflot eingesetzt. Die An-12 bewärte sich als robustes und zuverlässige Flugzeug in vielen Einsätzen. Die Sowjetunion setzte die An-12 als Transporter und zur elektronischen Kampfführung Elint in Afghanistan ein, wobei mehrere Flugzeuge verloren gingen. Oft wurden Seepatrouillenflugzeuge und Aufklärer über der Ostsee abgefangen. Indien verwendete die An-12 im Krieg mit Pakistan in einer Vielzahl von Rollen. Dabei wurden 500kg Bomben auf Paletten gepackt und per Hand aus dem Hecktor geworfen. Jugoslawien setzte zwei zivile An-12 im Frachtcharterverkehr ein, wobei eine Maschine, YU-AID, im Rahmen der UN-Hungerhilfe in Afrika abstürzte.

Unfälle

25.Mai.2008: 9 Tote wegen eines Feuer an Bords. Unfallstelle: 30 Kilometer von Tscheljabinsk entfernt

Versionen

  • An-12 "Cub" - Bezeichnung für Versionen ohne Heckwaffenturm
  • An-12BP - Standardtransporter der sowjetischen Luftstreitkräfte
  • An-12 "Cub-A" - Bezeichnung für erste Elint-Version, zusätzlichen Blattantennen am Rumpf
  • An-12 "Cub-B" - zur Elint umgerüstete Transporter, bei den GUS-Marinefliegern im Einsatz, u.a. zwei blasenförmige Verkleidungen auf der Rumpfunterseite
  • An-12 "Cub-C" - Elintversion zur aktiven elektronischen Störung, Störsender in Verkleidungen auf der Rumpfunterseite und eine blasenförmige Verkleidung anstelle der Heckkanzel
  • An-12 "Cub-D" - Elintversion zur aktiven elektronischen Störung, andere Ausrüstung als Cub-C
  • Shaanxi Y-8 - chinesisches Lizenzmodell mit einigen Modifizierungen und Wojiang-6 Triebwerken (modifizierte AI-20K)
  • Shaanxi Y-8X - chinesische Seepatrouillenversion

weitere Versionen zur Seepatrouillie ohne bekannte Bezeic

Technische Daten der AN-12BP

An-12 der Kosmos Airlines
Kenngröße Daten
Baujahre 1956-1973
Hersteller Antonow
Spannweite 38,00 m
Länge 33,10 m
Höhe 10,53 m
Flügelfläche 121,70 m²
Flügelstreckung 38,00 m
Leergewicht ca. 28 t
Nutzlast ca. 22 t
Startgewicht ca. 61 t
Passagiere max. 132 siehe Versionen
Besatzung 5
Reisegeschwindigkeit 670 km/h
Höchstgeschwindigkeit 777 km/h
benötigter Startweg/Landeweg ca. 350 m
Reichweite 3.600 km
Triebwerk(e) vier Iwtschenko AI-20M Propellerturbinen
Leistung je 3.126 kW (4.250 PS)

Einsatzländer

  • Ägypten: erhielt ursprünglich 24 Maschinen, wovon Mitte der 1990er-Jahre noch fünf Maschinen in Betrieb gewesen sein sollen. In den 1970er-Jahren sollen von Ägypten aus mehrere sowjetische Cub-B mit sowjetischen Besatzungen aus zur elektronischen Aufklärung aus operiert haben.
  • Algerien: erhielt ursprünglich acht Maschinen.
  • Äthiopien: 15 Maschinen wurden geliefert, welche noch im Dienst stehen sollen.
  • Bangladesch: verfügt möglicherweise noch über eine Maschine.
  • China: baut die An-12 als Shaanxi Y-8 in Lizenz. Die Y-8 wird als Transporter, Lufttanker und als Seepatrouillenflugzeug eingesetzt.
  • Republik Guinea: erhielt mindestens zwei Maschinen
  • Indien: erhielt in mehreren Schüben insgesamt 41 Maschinen. Diese Flugzeuge wurden als Transporter, Bomber, Seeaufklärer, SAR-Flugzeuge und als luftgestützte Jägerleitstellen eingesetzt. Die An-12 ist in Indien größtenteils durch die Il-76 ersetzt worden.
  • Irak: der Irak erwarb zehn An-12. Neben dem Einsatz als Transporter wurden einige Exemplare als Lufttanker für Mirage-F1 zum Angriff auf iranische Ölförderanlagen eingesetzt.
  • Jordanien: bis 1985 flog die jordanische Lufwaffe drei An-12
  • Ehemaliges Jugoslawien: verfügte über eine Transportstaffel mit zwölf Flugzeugen. Der aktuelle Status ist unbekannt.
  • Madagaskar: das Land soll mindestens eine Maschine erworben haben.
  • Polen: soll zwischen 12 und 20 Maschinen besessen haben.
  • Syrien: erhielt sechs An-12.
  • Tschechien und Slowakei: betrieben bis zur Teilung zwei Maschinen, wovon später mindestens eine an die Slowakei ging.
  • GUS: in der Transporterrolle soll die An-12 größtenteils durch die Il-76 abgelöst sein, aber bis zu 260 Exemplaren stehen noch Sonderausführungen bei den Luftstreitkräften. Etwa 25 Flugzeuge werden von der Marine betrieben.

Literatur

de Agostini Aircraft (Die neue Enzzyklopädie der Luftfahrt). TOPIC Verlag GmbH, München-Karlsfeld 1995

Commons: Antonow An-12 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien