Bachelor
Als Bachelor (engl. für Junggeselle bzw. Geselle) wird in den USA und Europa der erste akademische Abschluss eines meist praxisbezogenen Studiums bezeichnet. In vielen europäischen Ländern werden zur Zeit im Rahmen des Bologna-Prozesses die traditionellen vier- bis fünfjährigen Studiengänge durch Bachelor-/Masterstudiengänge abgelöst, wobei der Bachelorstudiengang zwischen sechs Semester (drei Jahre) und acht Semester (vier Jahre) dauert, woran sich ein vertiefender Master-Studiengang oder in Einzelfällen bereits eine Promotion (bzw. Doktorstudium) anschließen kann. Trotz des gleichen Namens bestehen Unterschiede in Aufbau des Studiums und Anerkennung der Abschlüsse zwischen dem amerikanischen und dem europäischen Bachelor.
Begriff
Im deutschen Sprachraum gab es den Bakkalaureus (oder Baccalaureus, evtl. lateinisch für Stabträger von baculum Stab; Beispiel: Baccalaureus Artium oder lateinisch für junger Edelmann/einfacher Geistlicher) bereits im Mittelalter (seit dem 13. Jahrhundert), er geriet dann aber zunehmend in Vergessenheit. Für den Studienabschluss wird in Deutschland heute anstatt des Bakkalaureus die anglisierte Form verwendet.
In Österreich heißt der Bachelor-Abschluss Bakkalaureat, der Absolvent bzw. die Absolventin ist dann wieder der Bakkalaureus bzw. die Bakkalaurea. Im Französischen wird der Abschluss als licence bezeichnet, der englische Name birgt eine Verwechslungsgefahr mit dem französischen baccalauréat, das dem Abitur oder der Matura entspricht.
Der Bachelor-Abschluss in Europa
Aufbau und Umfang
Der Bachelor versteht sich als erste Phase eines mehrstufigen Studienmodells. Nach sechs (in Einzelfällen bis zu acht) Semestern Regelstudienzeit erreichen die Studierenden einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss. In dieser Zeit erwerben die Studierenden nach Maßgabe der jeweiligen Studien- und Prüfungsordnung 180 Leistungspunkte (Credit Points). Ein Credit Point repräsentiert eine Arbeitsbelastung von ca. 25 - 30 Stunden. Damit ist ein nach diesem System organisiertes Studium als Vollzeitstudium zu betrachten.
Mit dem Abschluss der Ausbildungsphase erhalten die Studierenden in Abhängigkeit von ihrer Studienrichtung und Universität den akademischen Titel eines "Bachelor of …", häufig "Bachelor of Arts" (B.A.) in Geistes- und Sozialwissenschaften und "Bachelor of Science" (B.Sc.) in den Naturwissenschaften. Einige Universitäten, zum Beispiel die Universität Cambridge, verleihen traditionell den "Bachelor of Arts" in allen Fachrichtungen.
Mit diesem können sie, wenn sie möchten, die Hochschule verlassen und in das Berufsleben einsteigen. Alternativ kann ein aufbauendes Master-Studium angeschlossen werden. Hierbei kann entweder das eigene Fach wissenschaftlich vertieft werden, oder – etwa mit einem MBA – praxisrelevante Kenntnisse in einem anderen Fachgebiet erworben werden. Insbesondere in Großbritannien kann bei besonders guten Leistungen zusätzlich zum Bachelor ein "Honours" oder "Hons"-Degree vergeben werden, z.B. "Bachelor of Architecture with Honours" oder "Bachelor of Architecture (Hons)" (B.Arch.(Hons)).
In Deutschland darf der Bachelor-Titel nur von Fachhochschulen und Universitäten verliehen werden, in Baden-Württemberg auch von Berufsakademien in Zusammenarbeit mit englischen Universitäten; in den meisten anderen europäischen Staaten ist dies ähnlich.
Manche US-Universitäten wollen den deutschen Bachelor nicht als Voraussetzung für einen Master-Abschluss anerkennen. Eine Mehrzahl der amerikansichen Unis akzeptiert den europäischen Bachelor nicht, wenn er statt vier drei Jahre dauert. Denn der kürzere europäische Bachelor an den deutlich weniger teuren Europäischen Universitäten, könnte ausländische Studierende von den US-Unis weglocken. In Australien hingegen wird beispielsweise der 3jährige Bachelor problemlos anerkannt.
Studium und Beruf
Ziel der Einführung eines Bachelor-Abschlusses in Europa war neben der Vereinheitlichung innerhalb der EU und einer kürzeren Studiendauer auch ein stärkerer Praxisbezug des Studiums. Da in den Geistes- und Sozialwissenschaften die möglichen Berufsfelder oft nicht klar eingegrenzt werden können, werden in der Regel zwei oder drei Fächer studiert sowie Inhalte aus dem Bereich "General Studies" ergänzt. In den natur-, ingenieur- und wirtschaftswissenschaftlichen Fächern wird meist schon zu Beginn ein einzelnes Fach gewählt.
Argumentation für und gegen den Bachelor in Europa
Pro
Durch den Bachelor wird die Einheitlichkeit der Studienabschlüsse in Europa angestrebt. Dies ermöglicht eine bessere internationale Vergleichbarkeit. Zusätzlich soll eine straffere Struktur der Studiengänge ermöglicht werden, die auch zu einer Verkürzung der Studiendauer führen soll, was Auswirkungen auf die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat. Hinzu kommt der Wunsch nach einer größeren Praxisorientierung.
Der Student erwirbt so bereits früher als bisher einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss und kann danach sein Studium mit dem Ziel des Master-Abschlusses fortsetzen. Ein weiterer Vorteil ist die verbesserte "Durchlässigkeit" des Hochschulbereichs, da auch nach einem Bachelor an einer Fachhochschule das Studium zu einem Master an einer Universität (oder andersherum, Bachelor an einer Universität, Master an einer Fachhochschule) fortgesetzt werden kann.
Ebenso ist nach dem Bachelor eine fachliche Umorientierung möglich, d.h. man kann in einen Masterstudiengang wechseln, der nicht auf den eigenen Bachelor aufbaut, was jedoch meist einen zusätzlichen Qualifikationsnachweis erfordert. Bei einem 9- bis 10-semestrigen Diplomstudiengang wäre eine späte Umorientierung nur ohne einen ordentlichen Abschluss des Diplomstudiengangs möglich.
Contra
Der Umsetzung steht insbesondere in Deutschland das föderale System im Weg. Hierdurch wird eine Vereinheitlichung erschwert. Kritiker sehen Probleme, wie in nur drei Jahren Studium bereits ausreichende praktische und theoretische Kenntnisse vermitteln werden können und fürchten ein Schmalspurstudium. Augenblicklich ist zudem noch von einer mangelnden Bekanntheit und Akzeptanz der Abschlüsse in der Wirtschaft auszugehen. Dies dürfte sich aber mittelfristig ändern. Darüber hinaus wird die anglisierte Benennung der Abschlüsse und deren Unübersichtlichkeit kritisiert; insbesondere auch die mangelnde Vergleichbarkeit mit dem US-amerikanischen Bachelor.
Zunehmend wird kritisiert, dass ein Abschluss an der Universität nicht von dem Abschluss an der Fachhochschule unterschieden werden kann, da in Deutschland, anders als in Österreich, keine Zusätze zum Bachelor und Master, wie (FH) oder (Univ), gestattet sind.
Im Rahmen der Diskussion um die Einführung von Studiengebühren in Deutschland wird befürchtet, dass ein kostenfreies Erststudium nach dem Bachelor-Abschluss beendet wäre und ein aufbauender Master kostenpflichtig werden könnte. Dies ist bisher jedoch in keinem Bundesland der Fall. In vielen anderen europäischen Ländern kostet bereits das Bachelor-Studium Gebühren.
Siehe auch Bologna-Prozess, Akkreditierung, Leistungspunkt, Modul (Hochschule)
Der Bachelor-Abschluss in den USA
In den USA erreicht man den Bachelor-Abschluss nach einer Studiendauer von 4 Jahren an einem College. Dabei werden typischerweise in den ersten 1-2 Jahren allgemeinbildende Fächer absolviert, bevor die Studierenden ein Hauptfach und eventuelle Nebenfächer wählen. Bei erfolgreichem Abschluss von Fortgeschrittenenkursen an der High School besteht die Möglichkeit, den allgemeinbildenden Teil zu überspringen und damit die Studiendauer entsprechend zu verkürzen.
Die gängigsten Bachelor-Grade sind Bachelor of Arts (BA - meist geistes- und sozialwissenschaftliche Studiengänge), Bachelor of Science (BSc - meist naturwissenschaftliche Studiengänge), Bachelor of Engineering (BEng - in den Ingenieurwissenschaften) und Bachelor of Laws (Ll.B - in den Rechtswissenschaften). Die Bedeutung eines solchen Abschlusses und damit die Möglichkeiten für einen Berufseinstieg oder ein Anschlussstudium an einer anderen Universität hängt sehr stark vom Ruf des gewählten Colleges ab, da sehr große Qualitätsunterschiede in der Lehre bestehen. Das drückt sich auch in stark variierenden Studiengebühren aus, die jedoch generell über europäischem Niveau liegen.
Weblinks
- Neue Studienwege - Bachelor und Master
- Informationen und weiterführende Links zu einem Studium in Österreich
- studieren.de Interessante Aspekte zum Bachelor
- studis-online.de Anerkennung des Bachelors im Ausland bleibt umstritten
- "Deutscher Bachelor in Amerika (noch) nicht gefragt" (Bericht auf br-online)
- TU-9: Initiative der neun größten Technischen Universitäten Deutschlands