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Steuer

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Dieser Artikel befasst sich mit der Steuer als Abgabe. Weiteres siehe: Steuer (Begriffsklärung).


Steuern (althochdeutsch stiura = Unterstützung) sind Abgaben, die der Staat oder ein anderer Träger von Hoheitsgewalt unabhängig von konkreten Gegenleistungen erhebt. Mit Steuern verschafft sich der Staat die finanziellen Mittel, die gesetzlich vorgegebenen Aufgaben zu erfüllen.

In Deutschland sind auch die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften berechtigt Kirchensteuer zu erheben. Fast alle machen hiervon auch Gebrauch. Die meisten von diesen haben wiederum die Finanzämter der Bundesländer mit der Erhebung beauftragt.

Für das Einziehen der Steuern sind in der Bundesrepublik Deutschland die Finanzämter (Besitz- und Verkehrssteuern), die Hauptzollämter (Zölle und Verbrauchsteuern) und die Gemeinden für die Gemeindesteuern zuständig. In der Schweiz sind Bund, Kanton (Schweiz), Gemeinden und Kirche befugt eine Steuer zu erheben. Wobei die Schweizer Bevölkerung jährlich ein Steuerformular ausfüllen und die darauf folgende Rechnung zahlen muss.

Man unterscheidet direkte und indirekte Steuern. Eine direkte Steuer ist z. B. die Einkommensteuer, weil sie direkt vom Bürger abzuführen ist. Indirekte Steuern sind z.B. die Mehrwertsteuer und die Mineralölsteuer, sie werden stellvertretend für den Bürger - in der Regel vom Handel - abgeführt.


Definition

Steuern sind nach § 3 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein. Zölle und Abschöpfungen (= Abgaben im Rahmen der EG-Agrarpolitik) sind Steuern im Sinne der Abgabenordnung.

Steuersystem

In Deutschland wird die Steuerverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden primär in der Finanzverfassung (Art. 104a ff. Grundgesetz) geregelt.

Der äußere Rahmen des Steuerrechts ist durch die Abgabenordnung (AO) gegeben.

Arten von Steuern in Deutschland

Im Jahr 2001 hatte die Einkommensteuer einschließlich Lohnsteuer und Zinsabschlag mit 150,4 Mrd. € einen Anteil von 32,7 Prozent am gesamten Steueraufkommen (=446,2 Mrd. € ).

Steuerart Aufkommen 2001 Aufkommen 2002 Aufkommen 2003
Gesamtaufkommen 446,2 Mrd € 441,7 Mrd € 442,2 Mrd €
Lohnsteuer + Einkommensteuer 141,4 Mrd € 139,7 Mrd € 137,7 Mrd €
Umsatzsteuer 138,9 Mrd € 138,2 Mrd € 137,0 Mrd €
Mineralölsteuer 40,7 Mrd € 42,2 Mrd € 43,2 Mrd €
Gewerbesteuer 24,5 Mrd € 23,5 Mrd € 24,1 Mrd €
Kapitalertragsteuer 20,9 Mrd €  
Tabaksteuer 12,1 Mrd € 13,8 Mrd € 14,1 Mrd €
Solidaritätszuschlag 11,1 Mrd € 10,4 Mrd € 10,3 Mrd €
Grundsteuer 9,1 Mrd € 9,3 Mrd € 9,7 Mrd €
Kfz-Steuer 8,4 Mrd € 7,6 Mrd € 7,3 Mrd €
Versicherungssteuer 7,4 Mrd € 8,3 Mrd € 8,9 Mrd €
Grunderwerbsteuer 4,9 Mrd € 4,8 Mrd € 4,8 Mrd €
Zinsabschlagsteuer 9,0 Mrd € 8,5 Mrd € 7,6 Mrd €
Kirchensteuer Kirchensteuern bringen keine Staatseinnahmen
Sonstige; u.a.
Hundesteuer, Jagdsteuer, Erbschaftsteuer,

Branntweinsteuer, Körperschaftsteuer

18,2 Mrd €  

Die deutsche Umsatzsteuer ist im Vergleich zu anderen europäischen Staaten gering.

Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) im internationalen Vergleich
Land Steuersatz
Luxemburg 15%
Deutschland 16%
Tschechien 16%
Vereinigtes Königreich 17,5%
Estland 18%
Griechenland 18%
Lettland 18%
Litauen 18%
Niederlande 19%
Portugal 19%
Slowakei 19%
Rumänien 19%
Frankreich 19,6%
Italien 20%
Österreich 20%
Spanien 20%
Bulgarien 20%
Belgien 21%
Irland 21%
Finnland 22%
Polen 22%
Dänemark 25%
Schweden 25%
Ungarn 25%

Es ist allerdings damit zu rechnen, dass im Zuge des Senkungswahns bei Steuern für Unternehmen und Gutverdienende die Mehrwertsteuern auch in Deutschland steigen werden und so vor allen Dingen Geringverdiener relativ höher belasten werden.

Einkommensteuerreform 2000

Aktuelle Diskussion

EU-Staat Nominale Steuerbelastung
von Kapitalgesellschaften 2004
Deutschland 38,7 %
Frankreich 35,4 %
Spanien 35,0 %
Griechenland 35,0 %
Niederlande 34,5 %
Belgien 34,0 %
Österreich 34,0 % (ab 2005: 25,0 %)
Italien 34,0 %
Portugal 33,0 %
Luxemburg 30,4 %
Vereinigtes Königreich 30,0 %
Dänemark 30,0 %
Finnland 29,0 %
Tschechien 28,0 %
Norwegen 28,0 %
Schweden 28,0 %
Estland 26,0 % (0,0 % für im Land reinvestierte Gewinne)
Slowenien 25,0 %
Polen 19,0 %
Slowakei 19,0 %
Ungarn 16,0 %
Zypern 15,0 %
Litauen 15,0 %
Lettland 15,0 %
Irland 12,5 %


Besonders das deutsche Einkommensteuerrecht gilt als problematisch: zahlreiche auf Druck der Unternehmenslobby eingeführte Ausnahmen und Sonderregelungen führen zu Intransparenz und höheren Steuersätzen, d.h. die effektiven Steuersätze sind erheblich niedriger als die nominellen. Nach Berechnung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung liegt die effektive Besteuerung auf privates Kapitaleinkommen 22,6%. Auf ein ähnliches Niveau beziffert die EU-Kommission und die OECD die effektive Belastung. Durchschnittlich liege sie effektiv bei 29,8% in den EU-15-Staaten.

Kernpunkt aller Einkommensteuerreformvorschläge ist eine Vereinfachung und weitere Absenkung der Steuersätze. Aktuell führe die erhöhte Mobilität von Firmen und Gutverdienern, verbunden mit einem verschärften weltweiten Steuerwettbewerb, zu einem Verfall der Steuereinnahmen und einer Aushöhlung der staatlichen Gestaltungsmöglichkeiten.

Steuersenkungen auf Kapitaleinkommen und Senkungen des Spitzensteuersatzes erfolgten seit den 1970er Jahren mehrmals:

  • Abschaffung der Doppelbesteuerung durch Einführung des Anrechnungsverfahrens am 1. Januar 1977
  • Abschaffung der Lonsummensteuer zum 1. Januar 1980
  • Abschaffung der Börsenumsatzsteuer zum 1. Januar 1991
  • Abschaffung der Gesellschaftssteuer zum 1. Januar 1992
  • Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer zum 1. Januar 1998
  • Aussetzung der Vermögensteuer zum 1. Januar 1997
  • Einführung eines besonderen Einkommenspitzensteuersatzes von 47% statt 53% auf gewerbliche Einkünfte zum 1. Januar 1994
  • Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 48,5% auf 40% zum 1. Januar 1999
  • Einführung des Halbeinkünfteverfahrens bei der Körperschaftsteuer und Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 25% zum 1. Januar 2001. Die Gewerbeertragssteuer darf jetzt mit der Einkommensteuer verrechnet werden.
  • Senkung des Einkomensteuerspitzensatzes auf 45% zum 1. Januar 2004 und Einführung eines Erschaftssteuer-Freibetrags von 225 00 Euro und Umstellung der Berechnungsgrundlage vom Verkehrswert auf den Ansatz der Steuerbilanz
  • Senkung des Einkommensteuerspitzensatzes auf 42% zum 1. Januar 2005

Steuergeschichte

Steuern gibt es schon seit dem frühen Altertum. Wo gemeinschaftliche Bedürfnisse entstanden und befriedigt werden mussten, waren auch die entsprechenden finanziellen Mittel erforderlich. Das Wort Steuer kommt aus dem althochdeutschen "stiura" und bedeutet soviel wie Stütze, Beihilfe oder auch nur Hilfe.

Frühere Steuerarten

Die Bezeichnungen für die Steuer im Mittelalter und der Frühen Neuzeit sind regional sehr verschieden: Bede, Schoß, Schatz, Contribution, Hilfe; besondere Steuerarten: Trankgeld, Hofanlaggeld, Schiltgeld usw.

Vorrangig wurde der Grund und Boden besteuert, aber auch andere Vermögensgegenstände konnten in die Steuer einbezogen werden. Die besitzlose Bevölkerung zahlte Kopfsteuern oder Einkommensteuern. Die Steuern konnten klassifiziert oder proportional berechnet werden. Gerne wurden auch Repartitionssteuern erhoben, bei denen eine Gemeinde einen pauschalen Steuerbetrag auferlegt bekam, den sie nach eigenem Ermessen auf die Bewohner umlegte.

Seit dem späten Mittelalter erhob die Obrigkeit auch immer häufiger indirekte Steuern (Akzise) auf Getränke wie Bier und Wein, auf Salz etc.

Man kann

  1. Steuern im Reich (z.B. der gemeine Pfennig),
  2. Städtische Steuern und
  3. Steuern der Landesherren

unterscheiden.

Die Steuern sind nur schwer abzugrenzen von anderen auf Herrschaft gegründeten Abgaben, wie den Feudalabgaben in Naturalien (s. Rauchhuhn) und Dienstleistungen, die einem Grundherrn zustanden als Gegenleistung für den Schutz, den er den Hörigen bieten musste.

Der Adel entzog sich im Laufe des Mittelalters immer mehr der Steuerpflicht, mit dem Argument, daß er durch lehnsrechtliche Bindungen verpflichtet sei, dem Lehnsherrn mit Rat und Tat beizustehen.

Auch als die zentrale Verwaltung allmählich wuchs und damit teurer wurde, erwartete man von einem tugendhaften Herrscher, dass er diese aus seinem Eigengut bestreiten könnte. Musste der Herrscher darüber hinaus Steuern einziehen, war das ein Hinweis auf Verschwendung, und deutete an, dass der Herrscher seiner Aufgabe nicht ganz gewachsen war.

Steuern wurden nur in Ausnahmefällen erhoben und mussten von den Ständen bewilligt werden. Klassische Anlässe waren Krieg, der Romzug zur Kaiserkrönung, wenn ein Lösegeld zu zahlen war, wenn eine Prinzessin eine Mitgift brauchte, oder 'Allgemeine Not'. Da die Steuern nur in größeren Abständen erhoben wurden, konnten die Steuersätze auch verhältnismäßig hoch sein (z.B. gewöhnlich 5% des gesamten Vermögens), da sie nicht regelmäßig erhoben wurden. Im 16. Jahrhundert werden diese außergewöhnlichen Steuern in immer dichterer Folge und für immer längere Zeiträume erhoben, so dass sie jährlichen Steuern sehr nahe kommen.

Die Erhebung von Steuern war für den Herrscher nicht nur finanziell attraktiv. Sie waren eine der wenigen Möglichkeiten, mit denen er mit seinen Untertanen direkt in Kontakt treten konnte, denn Steuern wurden von jedermann eingezogen. Ansonsten konnte der Herrscher nur mit seinen großen Lehnsträgern in Kontakt treten, so dass Entscheidungen des Königs nur über den Umweg der Lehnspyramide an alle Untertanen weitergegeben wurden. Überspitzt könnte man sagen, dass Steuern älter sind als der Staat. Steuern haben auf jeden Fall einen wichtigen Beitrag zur Entstehung des modernen Staats (territorialer Anstaltsstaat) geleistet haben.

Besonders erwähnenswerte Arten von Steuer

Politischer Streit über die Steuererhebung

Durch die finanziellen Auswirkungen auf den Bürger sind Steuern und die Steuergesetzgebung ein ständiger politischer Streitpunkt und vielfacher Kritik ausgesetzt. Die Kritik erstreckt sich im Wesentlichen auf die Punkte Gerechtigkeit und Angemessenheit, Wirksamkeit (bei Steuern als Lenkungsfunktion - z.B. der Ökosteuer), Durchsetzbarkeit und die ökonomischen Folgen. Verschiedene politische Richtungen führen gegen bestimmte Steuern - und manche Gruppierungen sogar gegen die Steuer an sich - Argumente an, die teilweise wissenschaftlich umstritten sind.

Steuererhebung führt stets zu Nettowohlfahrtsverlust, ist also a priori nachteilig.

Zweck der Steuererhebung

Steuern haben einen Fiskalzweck: Steuern generieren Staatseinnahmen, mit denen der Staat seine Ausgaben finanziert.

Steuern haben einen Lenkungszweck: Bestimmte Steuern sollen dazu dienen, bestimmte Verhaltensweisen zu beeinflussen. So kann man beispielsweise versuchen, mit einer hohen Tabaksteuer das Rauchen einzudämmen oder mit einer Umweltsteuer den Schadstoffausstoß zu verringern. Letztlich eignen sich Steuern insbesondere also als Maßnahmen bei Marktversagen.

Steuern haben einen Umverteilungszweck: Steuern können über die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit dazu dienen, eine politisch erwünschte soziale Verteilung des Einkommens zu erreichen. Einige Kritiker fordern eine internationale Mindestbesteuerung, um Sozialabbau entgegenzutreten.

Nachteile der Steuererhebung

Das wohl bedeutendste Argument gegen Steuern ist, dass sie grundsätzlich zu einem Nettowohlfahrtsverlust führen.

Zu hohe Steuern nehmen Anreize zum Wirtschaften, wie sich mit der allerdings umstrittenen Laffer-Kurve zeigen lässt.

Steuern sind im Allgemeinen nicht entscheidungsneutral. Gerade in der angelsächsischen Literatur wird deshalb oft darauf hingewiesen, Steuern auf solche Märkte zu erheben, deren Nachfrage auf Preise unelastisch reagiert (siehe auch Preiselastizität).

Steuern, so wird behauptet, finanzierten neben der notwendigen und angemessenen auch ineffiziente Staatstätigkeit.

Kosten: Steuererhebung und -durchsetzung verursacht teilweise erhebliche Kosten, vor allem bei Steuern mit niedrigem Aufkommen (Bagatellsteuern).

Bei einer einseitigen Betrachtung, wonach Steuern der einzige internationale Vergleichsparameter ist, schafften Steuern einen Wettbewerbsnachteil. Beispielsweise würden sich bei sonst gleichen Bedingungen Unternehmen in Staaten ansiedeln, in denen die Steuerlast geringer ist als anderswo. Langfristig könnten damit Steuern zu Arbeitslosigkeit führen. Im Wettbewerb der Steuersysteme wäre daher eine Anpassung an Staaten mit geringen Steuern zu erwarten. Nur internationale Abkommen zur Harmonisierung der Steuern könnten diesen Handlungszwang zur Steuerdumping beenden. Dies ist vorerst nicht zu erwarten.

Eine weitere Fragestellung beschäftigt sich mit der Steuerinzidenz. Bei der Einführung der Steuer sollte geklärt werden, wer die eigentliche Last der Steuer trägt. Der Steuerschuldner zahlt die Abgabe entsprechend der gesetzlichen Richtlinie (Zahllast). Der Steuerträger trägt die Last der Abgabe (Traglast). Der Steuerschuldner ist aber nicht mit dem Steuerträger gleichzusetzen, da der Steuerschuldner bei der Steuerüberwälzung die Zahllast auf den Steuerträger abwälzen kann. Ob dies erfolgreich ist, hängt von der Marktform, der Art der Steuer (Mengensteuer, Wertsteuer) und der Preiselastizität von Angebot und Nachfrage ab.

Siehe auch

Cross-Border-Leasing, Einkommensverteilung, Internal Revenue Service, Laffer-Kurve, Lenkungssteuer, Lorenz-Kurve, Pauschalsteuer, Quellensteuer, Steuerhinterziehung, Steuerrecht, Steuerschätzung, Steuerzahler, Steuerschuldner, Steuerverweigerung

Vorlage:Wikiquote2


minnan:Sòe-kim