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Baptisterium San Giovanni

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Baptisterium

Das Baptisterium San Giovanni ist eine im 11. Jahrhundert in Florenz nach dem Vorbild des römischen Pantheon erbaute Kirche und eines der zentralen Werke der florentinischen Protorenaissance.

Geschichte

Florentiner Baptisterium innen

Entstehung, Baubeginn, Kontroverse

Obwohl darüber vielfach geforscht wurde, ist die Frage nach der Entstehungzeit des Baus weitgehend ungeklärt. Bis ins 18. und 19. Jahrhundert hinein, glaubte man, das Baptisterium sei ein Alter römischer Marstempel aus augustinischer Zeit. Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts, fand man bei Ausgrabungen Reste alter römische Gebäude und Mosaikfußböden aus der Zeit zwischen dem 1. und dem 3.Jhd. nach Chr. Dies spricht dagegen, dass die Kirche ein altes römisches Gebäude ist und legt nahe, dass es auf den Fundamenten eines römischen Bauwerks entstanden ist. Aber ob es ein Bauwerk aus den ersten Jahrhunderten des Christentums in Florenz ist, und direkt unter dem Einfluss der römischen Baukunst entstand, oder aber der Baubeginn erst zum Zeitpunkt der Weihe der Gebäudes, am 6. November 1059 durch Papst Nikolaus II. (vormals Bischof von Florenz) stattfand, bleibt bis heute ungeklärt. Die klassische Form des Gebäudes liesse sich bei dem späten Entstehungszeitpunkt mit der mittelalterlichen Neuorientierung der Baukunst an der römischen Antike erklären. Andererseits wird schon 897 eine ecclesia erwähnt, die Johannes dem Täufer geweiht war, und gegenüber dem Bischofspalast stand.

Bauphasen

Im Jahre 1128 wurde das Taufbecken aus der Basilika Santa Rapata, deren Reste noch heute unter dem Dom Santa Maria del Fiore zu berücksichtigen sind, in das Baptisterium gebracht. In der Mitte des 12. Jhd. wurde die Laterna in Auftrag gegeben, die einer Villanis Überlieferung nach, die bis dahin nach oben offene Kuppel abschloss. Finanziert wurde die Laterne von den Wolltuchhändlern, die im Gegenzug ihr Emblem, ein Adler mit einer Wollrolle in seinen Klauen, an mehreren Stellen am Äußeren der Taufkirche anbrachten. Die Wolltuchhändler waren bis zum Jahre 1770 mit der Verwaltung des Baptisteriums betraut, als Peter Leopold von Lothringen die Florentiner Zünfte abschaffte. 7 Jahre später wurde die Verwaltung an das Dombauamt Santa Maria del Fiore übertragen. Im Jahr 1202 wurde die halbrunde durch eine rechteckige Apsis ersetzt, so wie man sie heute sehen kann. Zu der prunkvollen Marmorausstattung der Apsis gehörte auch ein Altar der, nach dem Abbau in der Barockzeit, teilweise verloren ging. Im Jahr 1225 begann man, die Kuppel mit Mosaiken zu verkleiden. Die Arbeit der vielen Maler und Mosaikkünstler war so überzeugend, dass man die Mosaikverkleidung auch auf Galerie, ein begehbarer Gang in der Innenwand, ausdehnte. Im Jahre 1288 beauftragte man den Architekten Arnolfo di Cambio einen neuen Fußboden für den Platz um das Baptisterium zu bauen. Dabei kam es zu einer Anhebung des umliegenden Strassenniveaus, wodurch die Proportionen des Baptisteriums verändert wurden, nun wirkt der Bau leicht "versunken". Leonardo da Vinci wollte diesem durch eine Anhebung des gesamten Baus begegnen, der Plan wurde jedoch wieder fallengelassen. Giorgio Vasari zufolge vekleidete Arnolfo di Cambio auch die Eckpilaster aus Sandstein, mit der Streifenmusterung aus Marmor. Ob es sich dabei um eine neue Streifeninkrustination, oder eine Ersetzung der alten durch eine neue handelte, war schon damals umstritten.

erste Skulpturen und die Portale

Vom Jahr 1309 bis zum Jahre 1320 wurden von Tino di Caimaino eine von den Wollhändlern finanzierte Skulpturengruppen geschaffen, die über die Portale platziert wurden. Im Jahre 1322 wurde Andrea Pisano beauftagt ein vergoldetes Bronzeportal zu bauen, das er 1336 vollendete. Diese ursprünglich als Hauptportal für die Ostseite geschaffene Tor, wurde 1424 durch das erste Portal von Ghiberti ersetzt wurde und ist heute an der Südseite zu sehen. Als im Jahre 1348 eine schreckliche Pest über die Stadt hineinbrach, wurden die arbeiten am Baptisterium vorerst aufgegeben. Nach Jahren der ökonomischen Krise, Hungersnöten und Mißernten, begann Florenz wieder zu prosperieren und man plante eine Verschönerung des Baptisteriums. 1401 wurde durch die Wollhändler ein Wettbewerb ausgeschrieben, dessen Gewinner die anderen beiden Portale gestalten sollten. Lorenzo Ghiberti setzte sich schließlich, gegen sechs weitere Mitbewerber durch, darunter Francesco di Valdambrino, Jacobo della Quercia und Filippo Brunelleschi. Die Wettbewerbsbeitrage sollten im Vierpassrahmen, so wie Pisanos Portal ausgeführt werden und die Opferung Isaaks zum Thema haben. Die meisten Beitrage sind leider verloren gegangen, nur der Bronzeguss Brunelleschis und Gibhertis sind noch erhalten, sie sind heute im Museum di Bargello zu sehen. Im Jahre 1493 wurde Ghibertis Werkstatt schließlich mit der Schaffung eines Bronzeportals beauftragt, das sich an der Struktur von Pisanos Portal orientieren sollte. Zeitweise waren über zwanzig Helfer an der Schaffung des Portals beteiligt, dannoch zogen sich die arbeiten bis ins Jahre 1924 hin. Zum Osterfest wurde das Portal feierlich angebracht an der Ostseite angebracht. Ein Jahr später beauftragte man Ghiberti mit der Schaffung eines weiterem Portals. Ein Brief belegt, dass Leonardo Buni, der Kanzler der Republik sich ursprünglich für ein Portal mit 24 Tafeln, nach dem Vorbild der anderen beiden, zum Alten Testament einsetzte. Ghiberti, der mittlerweile ein hohes Ansehen genoss, konnte jedoch seine eigenen künstlerischen Vorstellungen durchsetzten und entschied sich für 10 großformatige Tafeln. Im Jahre 1452 beendete er schließlich das zweite Tor, dass wiedereum an der dem Dom gegenüberliegenden Ostseite angebracht wurde, und Ghibertis älteres Tor ersetzte, das nun an der Nordseite angebracht wurde. Giorgio Vasari zufolge soll Michelangelo beim Anblick der Tafeln gesagt haben, "Sie sind so schön, dass sie sich gut an den Pforten des Paradieses ausnähmen". Die Bezeichnung Parasiespforte allerdings wurde auch schon für andere Portale davor verwendet, so dass nicht belegt ist, dass das Tor tatsächlich nach Michelangelos Ausspruch benannt wurde.

Religiöse und soziale Bedeutung

Die Kirche war von zentraler Bedeutung für das religiöse Leben der Stadt, sie war lange Zeit Bischofskirche und bis ins 19. Jahrhundert wurden alle gebürtigen Florentiner hier getauft.

Die Marstempelthese

Ursprünge

Die Marstempelthese besagt, dass das Baptisterium aus einem dem römischen Kriegsgott Mars geweihten Tempel der römischen Kaiserzeit hervorgegangen sei. Diese Legende geht wohl auf den Chronisten und Magistralbeamten Giovanni Villani zurück, der sie im frühen 14.Jhdt. formulierte. Seiner Ansicht nach hatten die Florentiner Siedler einige Jahre nach Gründung der Stadt unter Mithilfe römischer Bauleuten einen Marstempel errichtet. Dieses Bauwerk charakterisierte Villani als achteckiges Gebäude, mit geöffnetem Dach ähnlich dem Pantheon, dass um die Gestalt einer Reiterstatue des Mars gebaut wurde. Bis heute wird in Reiseführen, aber auch von Forschern (Jacob, Busigniani) Dante Alighieri als ursprünglicher Urheber oder erster Autor der Marstempelthese bezeichnet. Dabei verweist Dante lediglich, vermittelt über die Äusserungen eines Selbstmörders, den er in Begleitung von Vergil in der Hölle trifft (in der göttlichen Komödie) auf eine Reiterstatue an einer Arnobrücke in Florenz, die dem Kriegsgott Mars geweiht ist. Mars war tatsächlich einst der Schutzpatron der Stadt. Villani greift diese Legende der Marsstatue auf, und entwickelt, in Anspielung auf Dante, in dessen Werk der Begriff Marstempel jedoch kein einziges Mal erwähnt wird, die Marstempelthese. Das eigentliche Ziel Villanis war es mit dieser Legende Florenz zum legitimen Erbe Roms zu erklären und seiner aufstrebenden Heimatstadt ein Denkmal zu setzen. Erst durch den Kommentar Giovanni Boccaccios zu Dantes "göttlicher Komödie" wird die ursprüngliche Erwähnung der Marstempelthese vollends fälschlicherweise Dante zugeschrieben. Die Marstempelthese wird zur offiziellen Florentiner Staatsdoktrin und auch von Leonardo Bruni und Angelo Poliziano vertreten. Erst im 17. Jhdt. wird sie zunehmend hinterfragt.

Rekonstruktionen des Marstempels

Unter den Medici, die ihre eigene noble römische Herkunft belegen wollten, wird die Marstempelthese zum quasioffiziellen Gründungsmythos der Stadt. Cosimo I. beauftragt Giorgio Vasari mit der bildlichen Darstellung der 'Marstempelthese' im Palazzo Vecchio, Vincenzo Borghini sollte die These historisch belegen. In dem 1584 publizierten Discorsi legt allerdings auch Borghini eine visuelle Rekonstruktion vor. Vasaris malt im Rahmen des Bildes Fondazione di Florentia (1563), das die Decke der Sala dei 500 im Palazzo Vecchio schmückt, seine Vorstellung des ursprünglichen Marstempels. Sein Marstempel ist eine einstöckige, hoch aufragende, offene Säulenarchitektur die auf einem Sockel mit einem zweistufigen Stylobat steht. Anders als das Pantheon ist das Bauwerk in keiner Weise überdacht, wie es Giovanni Villani vorschwebte. Zwar bleibt die oktogonale Grundform erhalten, das Gebäude ist aber nichr dreigeschossig, wie das spätere Baptisterium, sondern eingeschossig. Neben der achteckigen Form übernahm Vasari vom Baptisterium einzig und allein die Streifeninkrustation der Kantenpfeiler, welche jedoch, Vasaris Viten (1550) zufolge, ein Merkmal mittelalterlicher Architektur Arnolfo di Cambios sind. Erst 1568, in einer neu verfassten Vita des Arnolfo di Cambio, geht Vasari davon aus, dass die Streifeninkrustination schon vorher vorhanden war, und nur der Sandstein durch besseres Marmor ersetzt wurde. Es bleibt bis heute unklar, ob Vasari bei seiner Marstempelrekonstruktion, tatsächlich von der verbreiteten Marstempelthese ausging, die besagte, dass das Baptisterium ein, mit Umbauten erhaltener, Marstempel aus römischer Zeit war. Die Widersprüche, in die sich Vasari bei der Rekonstruktion verstrickt, sind Gerhard Strähle zufolge entstanden, weil Vasari zwar mit der Rekonstruktion beauftragt wurde, aber "bei den gründlichen Antikenkenntnissen, die er besaß, das Florentiner Baptisterium niemals für ein antikes Bauwerk gehalten hat."

Architektur

Florentiner Baptisterium innen

Die Größe des Bauwerks ist erstaunlich, misst man sie an der geringen Bevölkerungszahl im Florenz des 11. Jahrhunderts. Die Höhe des Pantheons wird nur um 1/5 unterschritten; in der Raumweite werden immerhin 2/3 des römischen Vorbildes erreicht. Praktische Erfordernisse können die Dimensionen nicht erklären. Es handelt sich vielmehr um „Architektur als Bedeutungsträger“: um einen Repräsentationsbau, mit dem im Zeitalter des Investiturstreites (1077: Gang nach Canossa) die herausgehobene Stellung von Florenz als einem Vorposten der päpstlichen Richtung dokumentiert werden sollte. Der Bau ist stark an antiken Vorbildern orientiert.

Fassade

Paradiespforte

Die Fassade des Gebäudes wurde mit weißem, rotem und grünen Marmor gestaltet. Dieser Stil wird als Inkrustationsstil bezeichnet und knüpft unmittelbar an die Antike an.

Innenraum

Der Innenraum des Battistero liegt etwas tiefer als die Strasse, daher steigt man zuerst einige Stufen hinab und betritt einen mit geometrischen Mosaiken ausgekleideten Fußboden, in dessen Zentrum noch ein leerer Platz den Standort des 1557 entfernten, mächtigen Taufbeckens markiert.

Wie die Fassade ist auch der Innenraum durch Marmorinkrustationen geschmückt. Vor diesen wurden in zwei Geschossen Säulen, Pilaster und (vor der Empore) Bögen plaziert, sie gliedern den Innenraum und lösen die Flächen der Wände plastisch auf.

Wie der Gesamtbau ist auch der Innenraum das Resultat einer jahrhundertelangen Bemühung, besonders auffällig ist dabei das sich an der Wand unmittelbar rechts des Altars befindende Grabmal des Gegenpapstes Johannes XXIII., der ein grosses Legat zur weiteren Ausschmückung des Battistero hinterliess und so diesen prominenten Bestattungsort erhielt. Das Grabmal ist prachtvoll von Donatello und Michelozzo in Marmor und vergoldeter Bronze gearbeitet worden und ist als Baldachingrabmal ausgeführt, das erste seiner Art in der Renaissance. Auf einem Sockel sind drei allegorische Skulpturen aufgestellt als Repräsentanten für Glaube, Liebe und Hoffnung, die den Sarkophag des Verstorbenen tragen. Über diesem findet sich eine außergewöhnlich detaillierten Darstellung des Verstorbenen auf dem Totenbett, überkrönt von einem in Stein gehauenen Baldachin.

Kuppel

Die Kuppel wurde ab 1225 mit 26 m Durchmessern in acht Ringen von so berühmten Künstlern wie Giotto oder Cimabue mit einem der weltweit grössten Mosaikzyklen ausgestaltet, nach fast 100 Jahren erst wurde dieses, von einer gewaltigen Christusfigur beherrschte Mosaik fertiggestellt.

Bronzeportale

Detailansicht Paradiespforte

Berühmt sind außerdem die drei vergoldeten Bronzetüren. Sie entstanden innerhalb eines Zeitraumes von rund 120 Jahren. Die erste Türe (1330) wurde von Andrea Pisano gearbeitet und orientiert sich noch rein an der Gotik, während sich zwischen der zweiten und der dritten Türe, die beide von Ghiberti stammen, der Wechsel zur Frührenaissance vollzieht: 1. Tür 1403-1424, 2. Tür („Paradiespforte“) 1425-1452.

Literatur

  • Rolf C. Wirtz, "Florenz", Köln, 1999