Ein Vierervektor ist ein Vektor in einem reellen, vierdimensionalen Raum mit einem indefiniten Längenquadrat. In zwei gegeneinander bewegten Inertialsystemen hängen die Komponenten des Vierervektors durch eine Lorentztransformation miteinander zusammen. Beispielsweise sind die Zeit- und Ortskoordinaten eines Ereignisses in der Raumzeit die Komponenten eines Vierervektors, ebenso sind die Energie und der Impuls eines Teilchens die Komponenten eines Vierervektors.
Ortsvektor
Bei Ereignissen ist wie bei Verabredungen wichtig, wann und wo sie stattfinden.
Diese Angaben faßt der Orts-Vierervektor oder kürzer Ortsvektor in einem Spaltenvektor zusammen, den wir allerdings im laufenden Text des Druckbildes wegen als Zeile
schreiben. Die obenstehenden Zahlen bedeuten hier keinen Exponenten, sondern zählen die Komponenten ab.
Die Nullkomponente des Ortsvektors ist die mit der Lichtgeschwindigkeit multiplizierte Zeit,
zu der das Ereignis stattfindet, die nächsten drei Komponenten,
bezeichnen den Ort.
Genauer sind dies die kartesischen Koordinaten, mit denen ein gleichförmig bewegter Beobachter, der sich nicht dreht, angibt, wann und wo das Ereignis stattfindet. Aus dem Zusammenhang erschließt man, ob
für den Vierervektor oder seine erste räumliche Komponente steht.
Wir verwenden als Längeneinheit die Strecke, die Licht in einer Sekunde zurücklegt und nennen sie eine Sekunde. Dann ist die Lichtgeschwindigkeit dimensionslos und hat den Wert
. In solchen Maßsystemen ist der Ortsvektor

Die Menge aller Ereignisse ist die Raumzeit. In ihr ist das Längenquadrat
mit 
wegen des folgenden physikalischen Sachverhalts wichtig:
Auf einer mit Geschwindigkeit

bewegten Uhr, die das Ereignis
durchläuft, vergeht die Zeit

bis sie das benachbarte Ereignis
durchläuft.
Diese zeitliche Entfernung, die Eigenzeit, ist in der relativistischen Physik für das Messen von Zeiten und Längen ebenso wichtig wie in Euklidischer Geometrie die Länge von Strecken.
Daher nennt man die quadratische Form, die das Längenquadrat definiert, auch wenn sie nicht positiv definit ist, die Metrik der Raumzeit. Die Bilinearform

heißt das Skalarprodukt der Vierervektoren
und
Bei Lorentztransformationen ändern sich die Komponenten des Ortsvektors in

Dabei bleibt das Längenquadrat ungeändert

denn Lorentztransformationen erfüllen definitionsgemäß

Vierervektoren, deren Zeitkomponente überwiegt,
nennt man zeitartig,
überwiegen die räumlichen Komponenten,
, so heißt
raumartig, ist der räumliche Teil so groß wie der zeitliche,
so heißt
lichtartig.
Ist bei zwei Ereignissen
und
die Differenz
zeitartig oder lichtartig und ist
, dann kann
die Auswirkung von
sein. Falls
raumartig ist, kann es sich bei
und
nicht um Ursache und Auswirkung handeln.
Vierergeschwindigkeit
Die Vierergeschwindigkeit
eines Teilchens, das eine Weltlinie
durchläuft, ergibt sich durch Ableiten nach der Eigenzeit

Die Vierergeschwindigkeit ist der auf Einheitslänge normierte Tangentialvektor an die Weltlinie des Teilchens.
Viererimpuls
Die Vierergeschwindigkeit eines Teilchens, mit seiner Masse
multipliziert, ergibt den Viererimpuls

Seine Nullkomponente ist die Energie
, seine räumlichen Komponenten sind die Komponenten der Impulses
des relativistischen Teilchens. Unabhängig von der Geschwindigkeit hängen Energie und Impuls durch die
Energie-Impuls-Beziehung mit der Masse zusammen,

Das Verhältnis von Impuls zu Energie ist die Geschwindigkeit

Viererkraft
Die Bewegungsgleichung besagt, dass sich der Impuls des Teilchens mit der Zeit um den übertragenen Impuls ändert. Der pro Zeit übertragene Impuls ist die Kraft

Für die Ableitung nach der Eigenzeit besagt dies

und für den Viererimpuls

Die hierbei auftretende Viererkraft
hat nicht vier frei vorgebbare Komponenten. Da stets die Energie-Impuls-Beziehung
gelten muss, steht die Viererkraft senkrecht auf dem Viererimpuls

das heißt, die pro Eigenzeit übertragene Energie muss mit der Kraft und dem Impuls durch

zusammenhängen. (Je nach Zusammenhang bezeichnet der Punkt das Skalarprodukt von Vierer- oder Dreiervektoren.) Die pro Zeit übertragene Energie ist gleich der pro Zeit verrichteten Arbeit

Ko- und kontravariante Vektoren
Die Komponenten eines kontravarianten Vierervektors
gehen bei Lorentztransformationen
in

über. Man schreibt seine Komponenten
mit oben stehenden Zahlen.
Unten stehende Indizes
kennzeichnen Komponenten eines kovarianten Vierervektors mit dem kontragredienten (entgegengesetzten) Transformationsgesetz

Die beiden Transformationsgesetze sind nicht gleich, aber äquivalent, denn Lorentztransformationen erfüllen definitionsgemäß

Daher sind
die Komponenten eines kovarianten Vektors,

wenn
die Komponenten eines kontravarianter Vektor sind.
Beispielsweise sind die partiellen Ableitungen einer Funktion
die Komponenten eines kovarianten Vektors. Lorentztransformationen bilden
auf
ab und definieren die transformierte Funktion
durch die Forderung
, dass die transformierte Funktion am transformierten Ort denselben Wert habe, wie die ursprüngliche Funktion am ursprünglichen Ort

Die partiellen Ableitungen transformieren wegen der Kettenregel kontragredient,

Literatur
- L. D. Landau, E. M. Lifschitz: Lehrbuch der Theoretischen Physik - Band 2 - Klassische Feldtheorie. Verlag Harri Deutsch, 1997.
- T. Fließbach: Allgemeine Relativitätstheorie. BI Wissenschaftsverlag, 1990. (mit einem Kapitel über Spezielle Relativitätstheorie)
- Walter Greiner, Johann Rafelski: Spezielle Relativitätstheorie. Verlag Harri Deutsch, 1989.
Weblinks