Bootstrapping (Elektrotechnik)

In der Elektrotechnik werden mit dem Bootstrapverfahren Spannungsquellen realisiert, die auch außerhalb einer vorhandenen Versorgungsspannung, z. B. einer Batterie, eine zweite Versorgungsspannung für einen Schaltungsblock bereitstellen können.
Die Basisidee besteht darin, einem Schaltungsteil eine eigene, von der Batterie möglichst unabhängige Versorgungsspannung, mitzugeben. Dies könnte z.B. eine weitere Batterie sein. Das ist jedoch unpraktisch und teuer, da diese irgendwann ausgetauscht werden müsste. Wird ein Kondensator verwendet, so muss nur dafür gesorgt werden, dass der Kondensator regelmäßig aufgeladen wird.
Angewendet wird diese Bootstraptechnik bei elektronischen Schaltern, wie beispielsweise Halbbrückenschalter oder High-Side-Schalter, wenn ein Schalter zum schalten nicht die richtige Polarität aufweist. In einer Halbbrücke, die eine Last an den positiven oder negativen Pol einer angelegten Batterie schalten kann, kann der untere Schalter mit einem NMOS realisiert werden. Der NMOS weist die richtige Polarität auf, dass heißt, ein einfaches Anlegen einer positiven Gatespannung reicht aus, damit der NMOS einschaltet, so dass zwischen Drain und Source lediglich eine geringe Restspannung verbleibt. Für den oberen Schalter hätte ein PMOS die richtige Polarität. Aus Kostengründen wird oft ein NMOS verwendet. Die positivste Spannung die an dessen Gate angelegt werden kann, ist die Batteriespannung, so dass die Restspannung in diesem aus der Thresholdspannung und der Spannung zum Ansteuern besteht. Für den oberen Schalter (High-Side-Schalter) würde diese hohe Restspannung zu sehr hohen Verlusten führen. Abhilfe kann hier das Bootstrapverfahren verschaffen, indem der High-Side-Schalter und seine Treiberschaltung durch einen Kondensator versorgt wird, der sämtliche Spannungsbewegungen mitmacht und ab und zu mal aufgeladen wird. Ist der Kondensator aufgeladen und mit der Source des High-Side-Schalters verbunden, kann der High-Side-Schalter bis auf eine geringe Restspannung eingeschaltet werden, da die Gatespannung nun über der Batteriespannung liegen kann.
Bildlich: Die Bootstrap/Stiefelschlaufen/Gate des High-Side-Schalters werden von Münchhausen so hoch gezogen, bis die Stiefelsohle/Source auf den Pulspol der Batterie ruht.
Anhand der Grafik lässt sich die Funktion beschreiben:
FET 1 (Es sollen die preiswerteren und leistungsfähigeren n-Kanal-Anreicherungstyp-MOSFETs verwendet werden) benötigt zum Durchschalten am Gate (Pin 7) eine Spannung von +15V bezüglich des Potentials B. Potential B „floatet“ aber, d.h. je nach Schaltzustand ist Potential B gegenüber Bezugspotential (ground bzw. GND) entweder auf 0V (FET 2 ist eingeschaltet, FET 1 ist ausgeschaltet) oder auf Ui (FET 1 ist eingeschaltet, FET2 ist ausgeschaltet).
Des Weiteren gibt es noch den Zustand, bei dem das Potential B Ui/2 bzw. undefiniert ist, wenn beide FETs sperren, und Zwischenzustände, während die FETs gerade schalten. Wenn also FET 1 durchschalten soll, benötigt er an seinem Gate eine Spannung von Ui + 15V, da beim Durchschalten von FET 1 Potential B auf Ui liegt - seine Gatespannung ist auf dessen Source bezogen. Um nun dem Gate diese Spannung zur Verfügung zu stellen, wird der FET-Treiber mit einer Spannung gespeist, die ein dynamisches Bezugspotential hat und 15V über dem Potential B liegt. Dies wird durch die Reihenschaltung von Kondensator, Widerstand und Diode erreicht: wenn FET 2 durchschaltet, liegt Pin 5 (nahezu) auf Masse, und der Bootstrap-Kondensator C wird über die Diode D und den Widerstand R (dieser dient nur der Strombegrenzung) auf 15V aufgeladen. Wenn nun FET 2 wieder sperrt und sich Potential B erhöht, liegt an Pin 1 (Betriebsspanungsanschluss) des Treibers eine Spannung an, die immer um 15V höher ist als die von Potential B. Die Diode verhindert, dass sich der Kondensator dabei in die 15V-Spannungsquelle entlädt. Der FET-Treiberschaltkreis kann nun entsprechend seinem Eingangssignal (dessen potentialgetrennte Ansteuerung ist hier nicht dargestellt) FET 1 bezogen auf B bzw. dessen Source-Anschluss ansteuern.