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Cornelia Sollfrank

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Cornelia Sollfrank (*1960 in Feilershammer) ist deutsche Netzkünstlerin und Vertreterin des Cyberfeminismus. Außerdem ist sie als Journalistin tätig und veröffentlicht kunsttheoretische Arbeiten.

Leben

Von 1987 bis 1994 studierte Sollfrank Malerei an der Kunstakademie in München (bei Professor Helmut Sturm) und Freie Kunst an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (bei Professor Berhard Johannes Blume). Sie schloss ihr Studium mit Auszeichnung ab. Bereits während ihres Studiums ist sie Gründerin und Mitglied zweier Künstlerinnengruppen: 1990 entsteht in Hamburg mit neun anderen Künstlerinnen die Gruppe frauen-und-technik. frauen-und-technik beschäftigte sich weniger mit der Geschlechterfrage – wie der Titel vermuten lässt – als vielmehr mit Strategien von Marketing und Werbung. Die Entwicklung eindeutiger Zeichen (Logos) oder Erscheinungsbilder (Corporate Identity) Ende der 1980iger Jahre, die die Philosophie eines Unternehmens repräsentieren, wurde nun nicht mehr nur für das Produkt eines Wirtschaftsunternehmens, sondern mit der zeitgleichen Entwicklung des Kultursponsoring auch für die Kunst nutzbar gemacht.[1] Daraus resultierten Werbeeffekte, die frauen-und-technik zugleich nutzten und aufdeckten. Sollfrank nahm mit frauen-und-technik u.a. 1992 an dem Fernsehprojekt Piazza Virtuale während der documenta IX teil. 1993 ging aus frauen-und-technik eine neue Gruppe hervor. –Innen ging es um die Schaffung einer gemeinsamen Identität und somit um die Kollektivierung von Autorschaft. Fragen zum Thema Urheberrecht, Originalität und Autorenschaft im Netz wurden zu zentralen Themen. In der künstlerischen Forschung, den Performances und Interventionen fand eine medienkritische Auseinandersetzung, insbesondere mit dem Fernsehen statt.[1] –Innen produzierte u.a. für den Hamburger Offenen Kanals 1996 eine Gameshow und intervenierte auf der Computermesse CeBIT in Hannover. 1996 löste sich die Gruppe auf, seither arbeitet Sollfrank als freischaffende Künstlerin, Journalistin und Theoretikerin im Bereich Netzkultur und Netzkunst.

Sollfranks Interesse am kollektiven Arbeiten führte zur Gründung des Netzwerks [OBN] (Old Boys Network) 1997 in Berlin, gemeinsam mit einigen ehemaligen Mitglieder von –Innen (Ellen Nonnenmacher und Susanne Ackers) sowie Mitgliedern der australischen Künstlerinnengruppe VNS Matrix (Julianne Pierce und Josephine Starrs).[1] Diese Allianz aus Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen und Aktivistinnen praktiziert bis heute einen experimentellen Umgang mit Netzwerkstrukturen, um Cyberfeminismus[2] nicht nur zu thematisieren oder theoretisieren, sondern strukturbildend zu verwirklichen: „The Mode is the Message – The Code is the Collective.“ Ebenfalls 1997 organisierte Sollfrank mit den Kolleginnen des Old Boys Network die erste internationale Cyberfeminismus-Konferenz, die die hundert Anti-Thesen zur Frage, was Cyberfeminismus sei, aufsetzte: „Cyberfeminism is not an ism. Cyberfeminismus ist keine Entschuldigung. Cyberfeminisme n’est pas une pipe...“ Dieses internationale Treffen von Medienkünstlerinnen und Medientheoretikern (first Cyberfeminist International), das im Medienlabor HybridWorkspace auf der documenta X in Kassel stattfand, fokussierte das Thema Frauen in der Netzkunst bzw. Netzkultur. 1999 und 2001 folgten zwei weitere Konferenzen.[3] Im Zentrum der Arbeit zum Thema Cyberfeminismus steht für Sollfrank die Erforschung künstlerischer Strategien im Hinblick auf ihre politischen Potenziale.

Seit 1999 doziert Sollfrank an verschiedenen Hochschulen und Universitäten, unter anderem an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, der Universität Lüneburg, der Universität Oldenburg und an der Bauhaus-Universität Weimar.[4] 2000 wurde Sollfrank als aussichtsreiche Kandidatin der künstlerischen Geschäftsführerin der Linzer Ars Electronica in Nachfolge Gerfried Stockers gehandelt.

Künstlerische Strategien

Sollfrank dekonstruiert seit Mitte der neunziger Jahre tradierte Begriffe und Konzepte wie etwa das Werk, die Originalität, die Genialität oder die Autorschaft, die noch heute den Kunstbetrieb oder das gültige Urheberrecht bestimmen. Mittels künstlerisch-subversiver, zum Teil auch gender-spezifischer Strategien erprobt sie im digitalen Medium neue Formen von performativer, kollaborativer und vernetzter Autorschaft. Bezeichnend für Sollfranks Arbeiten ist der spielerische Charakter ihrer Interventionen in sozialen Systemen und ihr Changieren zwischen Zweckfreiheit und politischer Intention.

Ausgehend von Social Engineering und Social Hacking definiert Florian Cramer die Kunst Sollfranks als einen Hack des Sozialen mit digitalen und nicht-digitalen Mitteln. Hierbei konzentriere sich die Künstlerin mit dem Kunstbetrieb und der Computerkultur auf zwei Subsysteme, die sich mit der spielerischen Manipulation von Systemen im Allgemeinen und ihrer selbst im Speziellen befassen.[5]

Sollfrank selbst bezeichnet ihre Arbeit als situativ, d. h. sie macht Einschnitte in soziale Systeme, deren Teil sie selbst ist. Sie will hierdurch nicht sichtbare, aber durchaus einflussreiche Beziehungen und Machtverhältnisse aufdecken, die sonst im Verborgenen bleiben würden.[6] So kritisiert Sollfrank beispielsweise den Umgang mit Netzkunst im musealen Bereich (Femal Extension). Sie stört und unterwandert das System Museum und macht sich die Strukturen dieser Institution zu nutze, um die Probleme, die durch diese Strukturen vor allem für die Netzkunst auftreten, aufzuzeigen: „Netzkunst hatte für mich nichts mit Galerien und Museumsbetrieb zu tun, mit Jurierung und Preisen, weil das der ‚Natur’ des Netzes widerspricht. Netzkunst ist einfach im Netz, und dazu ist kein Museum erforderlich und kein Juror, der entscheidet, was die beste Netzkunst ist.“[7]

Ausgewählte Werke

Female Extension

Bei der Arbeit Female Extension handelt es sich um einen Hack, dessen Ziel es war, die Ausschreibung der Hamburger Kunsthalle zum Thema „Extension. Das Internet als Material und Gegenstand“ im Jahr 1997 zu stören. Sollfrank sah den Mangel an Autoren, die sich an diesem Wettbewerb beteiligten, speziell den Mangel an weiblichen Autorinnen voraus und kreierte 289 fiktive Künstlerin mit internationalen Identitäten, vollständigen Adressen, Telefonnummern und Mailadressen. Als nächstes schuf sie mit Hilfe eines net.art generators scheinbar individuelle Werke, die sie ihren Künstlerinnen zuordnete. Sollfrank bekam für jede einzelne Netzkünstlerin ein Passwort, d.h. alle Künstlerinnen wurden von der Kunsthalle für den Wettbewerb zugelassen. Anschließend übertrug sie 127 Arbeiten der Künstlerinnen auf den Museumsserver. Innerhalb des Kunstkontext, also der Ausschreibung des Museums, wurden die Netzkünstlerinnen kritiklos als Künstlerinnen anerkannt. Die Unterwanderung des Wettbewerbs wurde auch nach Einsendschluss nicht bemerkt. Erst mit der Bekanntgabe der Sieger, zwei Tage vor der Preisverleihung, gab Sollfrank eine Presseerklärung ab, in der sie ihre Intervention aufdeckte. Die Kunsthalle hätte den Hack wahrscheinlich nie bemerkt. Während der laufenden Ausschreibung schmückte sich die Galerie der Gegenwart insbesondere mit der hohen weiblichen Beteilung von zwei Dritteln der 280 Teilnehmer. Einen Preis sollte zwar keine der Frauen erhalten, aber die Juroren (Uwe M. Schneede, Rainer Wörtmann, Dellbrügge&deMoll, Valie Export und Dieter Daniels) nutzen die fingierte Beteiligung, um in der Öffentlichkeit hervorzuheben, wie aktuell und nah die neue Ausstellungshalle doch am gegenwärtigen Kunstgeschehen sei. Die schlechte Qualität des „HTML-Schrotts“ wurde wohl wahrgenommen, aber nicht weiter hinterfragt.[8]

Net.art generator

Der Generator, der in der Arbeit Female Extension zur Herstellung von 127 Netzkunstprojekten diente, ist seit 1999 als eigenständige Arbeit jedem User zugänglich. Für die Arbeit net.art generator beauftragte die Künstlerin die Programmierer Ryan Johnston, Luka Frelih, Barbara Thoens und Ralf Prehn, unterschiedliche Softwarelösungen zu entwickeln, die sich in ihrer Suchstruktur und in der Komplexität der Ergebnisse unterscheiden. Die Künstlerin ironisiert damit, die allgemeine Vorstellung von Netzkunst als Website-Kunst, in dem sie gerade Webseiten zu Kunst erklärt, die aus zufällig zusammen gestelltem Bild- und Textmaterial des Netzes entstehen. Jeder kann hier zum Netzkünstler werden, ganz nach dem Motto „Smart Artist makes the maschine do the work“: die Maschinen erledigen die eigentliche Arbeit. Das Motto der Webseite suggeriert dem User, dass er zum Netzkünstler werden kann. Doch das trifft nur bedingt zu: Durch das Abspeichern der collagierten Kunst häuft der belustigte User Kunst an, die Sollfrank unter ihrem Namen ausstellt. Ute Vorkoeper erweitert auf Grund dieser Tatsache das Motto der Website: „A smart artist orders programs which make the user do the work“.[9]

MuseumShop

Der MuseumShop ist eine Agentur, die hochwertige Reproduktionen einiger ausgewählter Werke aus der Sammlung des Märkischen Museums Witten produziert und verkauft. Das Märkische Museum, das weder eine Datenbank, noch eine eigene Homepage besitzt, ist in seiner finanziell angespannten Situation darauf angewiesen, langfristig die eigenen Ressourcen nutzbar zu machen, wie z. B. seien Rechte und Eigentumspositionen an den künstlerischen Werken auszuwerten. In diesem Projekt erforscht Sollfrank den Zusammenhang zwischen praktischer Museumsarbeit und geschützzten Urheberrechten. „Dabei ergeben sich vielfältige Widersprüche zwischen privaten und öffentlichen Interessen, die das Projekt „MuseumShop“ mit künstlerischen Mitteln auf die Spitze treiben wird.“[10]

Ausstellungen und weitere Werke

1992:

  • Penisspiele, Beitrag zur documenta IX (Kunstfernsehen mit van-Gogh TV), Kassel

1993:

  • Narzissmus in den Medien am Beispiel Fernsehen, Performance, Produzentengalerie Kunstitut, Stuttgart
  • The New Woman, Postkartenaktion

1994:

  • information art, Performance, Hochschule für bildende Künste, Hamburg

1996:

  • New Media - Old Roles, Intervention bei der Computermesse CeBit, Hannover
  • Reality Check, net.art Event im Rahmen des Projektes 'Skin Laboratory', Hamburg
  • Remote Viewing, Ars Electronica, Linz, AT

1997:

  • Female Extension
  • Hybrid Workspace, documenta X, Kassel (Projekt des Old Boys Network)

1998:

  • The New Woman, NEID Show, Künstlerhaus Bethanien, Berlin
  • First Cyberfeminist International, Reader-Präsentation, Ars Electronica, Linz, AT

1999:

  • Net.art generator

2000:

  • Have Code-Will Destroy, 'Tenacity - Cultural Practices in the Age of Global Information- and Biotechnologies, Shedhalle, Zürich
  • Have Code-Will Destroy, UFO Strategies', Medienkunsthaus Oldenburg
  • Liquid Hacking Laboratory, Log-in, Kunstverein Nürnberg
  • Unauthorized Access, CrossFemale-Metaphors of the Female, Künstlerhaus Bethanien, Berlin

2001:

  • Künstlerbilder, Galerie Mesaoo Wrede, Hamburg
  • networked reality, Solo Show, Galleri 21, Malmö, SE
  • improved television, cyberfem spirit, Medienkunsthaus, Oldenburg

2002:

  • net.art generator, GENERATOR, Spacex Gallery, Exeter, GB
  • Guided tour through hackerland, Performance, Chaos Communication Congress, Berlin

2003:

  • fem snd - party & workshop, mit Musikerinnen (elektronische Musik), (Laurence Rassel and Maya C. Sternel), Melkweg Amsterdam in Zusammenarbeit mit next5minutes, Amsterdam, NL
  • net.art generator, Sammlung für zeitgenössische Kunst der Volksfürsorge, Le Royal Meridien, Hamburg

2004:

  • have script, will destroy, Mostra Internacional de Film deDones, Barcelona, ES
  • Automatisch generierte Autorschaft, Hörspiel, Reihe des ORF-Kunstradios, Wien, AT

2005:

  • Warhol Flowers, Verkaufsshow, HGKZ, Zürich, CH
  • TammTamm – Künstler informieren Politiker

2006:

  • THIS IS NOT BY ME, Einzelausstellung, Kunstverein Hildesheim

2007:

  • MuseumShop, Märkisches Museum Witten
  • I DON’T KNOW, Interview mit Andy Wahrhol, Video-/Installation (1968/2006), Shift Festival der elektronischen Künste, Basel, CH
  • Kunstmaschinen Maschinenkunst, Schirn Kunsthalle, Frankfurt

Aktuelles Schaffen

Sollfrank ist Betreiberin der Webpräsenz artwarez.org, hier informiert sie über ihre eigene Arbeit, publiziert Interviews und betreut einen Blog. Seit 2006 ist Sollfrank Initiatorin und Mitbetreiberin der Internetplattform für Kunst und Kritik THE THING Hamburg, die an die Tradition der „Institutional Critique“ der achtziger Jahre sowie des 1992 in New York installierten unabhängigen Kommunikations- und Informationsnetzwerkes THE THING anknüpft und sich in das internationale THE THING-Netzwerk Rom, Amsterdam, Wien, Frankfurt und Berlin einreiht. Sollfrank arbeitet zur Zeit an ihrer Dissertation an der Universität in Dundee, Schottland zum Thema ‚An Artistic Investigation of the Conflicting Relationship of Copyright and Art‘.

Einzelnachweise

  1. a b c Sollfrank, Cornelia: Erfolgsstrategien und Selbstboykott. Wie entkomme ich dem Kunstmarkt und werde gleichzeitig eine erfolgreiche Künstlerin?, http://www.obn.org/inhalt_index.html (letzter Zugriff 04.02.2008)
  2. Oldenburg, Helene von, What is Cyberfeminism?, http://www.obn.org/reading_room/writings/html/statistics.html. Weitere Texte zum Thema Cyberfeminismus vgl. http://obn.org.
  3. 1999 fand die Konferenz next Cyberfeminist International in Rotterdam statt. http://www.obn.org/nCI/ (letzter Zugriff 04.02.2008) 2001 wurde die Konferenz very Cyberfeminist International von OBN organisiert. http://www.obn.org/obn_pro/vCI/start.html (letzter Zugriff 04.02.2008). Weitere Texte und Reader der Konferenzen vgl. http://www.obn.org/inhalt_index.html.
  4. Vgl.: Curriculum Vitae, in: http://www.artwarez.org/?p=20 (letzter Zugriff 07.06.2007)
  5. Cramer, Florian: Social Hacking, revisited, in: http://plaintext.cc:70/all/social_hacking_revisited_sollfrank/social_hacking_revisited_sollfrank-deutsch.pdf (letzter Zugriff 04.02.2008)
  6. http://www.artnet.de/magazine/features/quest/quest01-11-07.asp.
  7. Sollfrank in einem Interview mit Tilla Telemann zur Hack-Aktion Female Extension, vgl. http://www.artwarez.org/femext/content/interview.html.
  8. Vgl. u.a. http://wwww.artwarez.org/femext
  9. Ute Vorkoeper: Programmierte Verführung. Cornelia Sollfranks Netzkunstgeneratoren testen das Autorenmodell. (letzter Zugriff 04.02.2008).
  10. Ausstellungsbeschreibung auf knotenpunkte.de

Siehe auch

Literatur

  • Cornelia Sollfrank: net.art generator. Verlag für moderne Kunst, Nürnberg 2004. ISBN 3-936711-30-5
  • Matthias Weiß: Das Gütersloher Netzkunst-Buch. Kultursekretariat NRW, Gütersloh 2004. ISBN 3-937828-07-9