Fledermäuse
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Die Fledermäuse (Microchiroptera) stellen eine Unterordnung der Fledertiere (Chiroptera) dar. Die zweite Unterordnung sind die Flughunde (Megachiroptera). Fledermäuse kommen auf allen Kontinenten der Erde mit Ausnahme der Antarktis vor.
Allgemein
Sie sind deutlich kleiner als Flughunde, manche haben eine Körperlänge von nur wenigen Zentimetern. Die meisten Fledermausarten ernähren sich von Insekten, die sie teilweise im Flug erbeuten. Größere Arten fressen auch kleinere Säugetiere, Frösche und Fische. Von einer Art ist bekannt, dass sie andere, kleinere Fledermausarten in der Luft jagt. In den Tropen und Subtropen gibt es aber auch eine Menge vegetarisch lebender Arten, die Früchte fressen oder Nektar trinken. Diese Arten spielen eine wichtige Rolle für die Pflanzen, deren Samen oder Pollen sie verbreiten.
Die in Mitteleuropa beheimateten Arten der Fledermäuse halten Winterschlaf. Bei einigen Arten, wie zum Beispiel der Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) findet in dieser Zeit die Verpaarung statt. Die brünstigen Männchen wecken dazu die schlafenden Weibchen durch Nackenbisse. Die Männchen sind bei der Verpaarung voll aktiv, während die Weibchen meist noch in der Aufwachphase sind. Eine Werbung um die lethargischen Weibchen ist nicht erforderlich. Bei der Suche nach Weibchen kriechen die Männchen auch über im Cluster hängende Tiere. Dabei kann es vorkommen, dass lose hängende Tiere herabfallen. Der Fall aus teilweise mehreren Metern Höhe wird durch die Flügel abgebremst, die durch einen Reflex vom schlafenden Tier ausgebreitet werden.
Die Weibchen finden sich zu so genannten Wochenstuben zusammen, in denen die Jungtiere geboren und gemeinsam aufgezogen werden. Diese Wochenstuben umfassen meistens 20 bis 50 Muttertiere, die sich alljährlich wieder zusammen finden. Die Tragezeit der mitteleuropäischen Arten ist vom Nahrungsangebot abhängig. Sollte es für das trächtige Weibchen wenig zu fressen geben, so „regelt“ es Kreislauf und Stoffwechsel herunter. Die Tragzeit kann dadurch zwischen 40 und 70 Tagen variieren.
Für den Winterschlaf legen die Fledermäuse spezielle Fettvorräte an, deren alleiniger Zweck es ist, während des Aufwachens die notwendige Energie zu liefern, mit der wieder die normale Körpertemperatur erreicht werden kann. Während des Winterschlafes sinkt die Körpertemperatur bis auf wenige Zehntel Grad über der Temperatur, bei der das Blut nicht mehr in der Lage ist, Sauerstoff zu transportieren.

Ein erstaunliches Merkmal der Fledermäuse ist ihr Echoortungssytem. Dabei stoßen sie kurze Schreie im Ultraschallbereich aus und empfangen die reflektierten Echos. Dadurch sind sie in der Lage, sich auch in völliger Dunkelheit zu orientieren. Das Echoortungssytem der Fledermäuse ist so genau, dass sie damit fliegende Insekten in der Luft orten und jagen können. Interessanterweise verändern sie zur präziseren Ortung beim Schrei die Tonhöhe und stoßen beim Jagen andere Schreie aus als beim Suchen. Derartige Ortungs-Techniken kommen auch bei Radargeräten von Jagdflugzeugen zur Anwendung. Im Gegensatz hierzu ist das menschliche Richtungshören (ohne Ausstoßung von Wellen) eben keine Ortung, sondern wird mit Lokalisation bezeichnet.
Die Annahme, dass bei den Fledermäusen der optische Sinn aufgrund der Entwicklung der Echoortung stark reduziert sei, ist durch Verhaltensversuche widerlegt worden. Fledermäuse können schwarz-weiß sehen und wie aufgrund jüngster Untersuchungen festgestellt wurde, können einige Arten auch UV-Licht sehen, das von einigen Blüten verstärkt reflektiert wird, die sie dann zur Nektaraufnahme anfliegen.
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Kleiner Abendsegler (Nyctalus leisleri), Foto: Manuel Werner, Nürtingen
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Tote Langohr-Fledermaus-Mutter mit totem Baby auf einem Dachboden (Plecotus auritus), Foto: Manuel Werner, Nürtingen
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Hängende Fledermäuse
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Fledermäuse schwärmen kurz vor Sonnenuntergang aus einer Höhle in Thailand
Heimische Fledermäuse
In Deutschland leben 24 Fledermausarten, die größtenteils in ihrem Bestand gefährdet sind. 17 der heimischen Arten werden in den Gefährdungskategorien der Roten Liste Deutschlands geführt. Ihre Gefährdung geht vor allem durch Zerstörung ihrer Lebensräume aus, etwa durch die Sanierung von Altbauten und die Versiegelung von potentiellen Schlafplätzen, durch die Zerstörung von Totholzbeständen und die Vergiftung mit Insektenschutzmitteln und Holzschutzfarben.
Das Fledermausjahr
Alle europäischen Fledermäuse haben einen Jahresablauf, der ihnen von unserem Klima diktiert wird. So benötigen sie Quartiere, die ihnen Schutz vor der Witterung und vor potentiellen Feinden bieten. Dabei lassen sich prinzipiell Sommer- von Winterquartieren unterscheiden. Diese verschiedenen Quartiere spielen ein wichtige Rolle im Leben der Fledermäuse.
Im Spätsommer, etwa ab Ende August, suchen die meisten europäischen Fledermausarten nach geeigneten Winterquartieren, die ihnen für die kalten Monate ausreichend Schutz bieten. Fledermäuse sind Winterschläfer und entsprechend während des Winters abhängig von Unterschlupfmöglichkeiten, wo sie gleichmäßige Witterungsbedingungen vorfinden und gleichzeitig für ihre Feinde nicht gut erreichbar sind. Perfekte Winterquartiere stellen Höhlensysteme (siehe auch Höhlentiere) dar, aber auch Stollen und Festungsanlagen werden gerne angenommen. So ist das größte bekannte Winterquartier ein etwa 50 Meter unter der Erde liegendes Bunkersystem aus dem Zweiten Weltkrieg in Westpolen bei Miedzyrzecz. Hier überwintern jährlich bis zu 30.000 Fledermäuse in zwölf Arten. Weitere wichtige Quartiere sind die Kalkberghöhle in Bad Segeberg und die Zitadelle Spandau, eine Festungsanlage in Berlin. Häufiger sind jedoch Quartiere, die nur eine relativ geringe Anzahl der Tiere beherbergen. In diesen Winterquartieren findet häufig auch die Paarung der Tiere statt. Dabei suchen erwachte Männchen die Weibchen unter den meist in Gruppen hängenden Tieren auf und umklammern sie mit den Flügeln. Durch diese Behandlung wacht das Weibchen auf und wird, sobald es erwacht ist, vom Männchen begattet. Nach dem Geschlechtsakt suchen sich beide Tiere wieder einen Schlafplatz. Im Laufe des Winterschlafes kann ein Weibchen mehrfach von verschiedenen Männchen begattet werden. Die Befruchtung der Eizelle erfolgt jedoch nicht im Anschluss an die Paarung, sondern erst nach Beendigung des Winterschlafes. So wird verhindert, dass das Weibchen durch die Schwangerschaft einen zu hohen Energieaufwand hat und die Jungtiere noch in der kalten Jahreszeit geboren werden. Nach Beendigung des Winterschlafes, etwa Ende März, wandern die Fledermäuse in ihre Sommerquartiere. Dabei suchen sich die Männchen meist Tagesquartiere, die als Ausgangspunkt für die Jagd dienen. Die Weibchen sammeln sich in den Wochenstuben, in denen sie ihre Jungen gebären. Auch die Weibchen jagen. Dabei lassen sie die Jungtiere im Quartier zurück, wo sie gemeinsam mit anderen verlassenen Jungtieren regelrechte Fledermaustrauben bilden. Nach dem Jagdflug erkennt jede Mutter ihr Junges und setzt es an ihren Zitzen zum Säugen an. Ab Ende August werden die Jungen dann von ihren Müttern verlassen und finden sich selbständig in den Winterquartieren ein
Heimische Arten
Zu den heimischen Fledermäusen gehören die folgenden Arten. In der Liste sind auch einige Arten der Nachbarländer und Irrgäste aufgeführt.
- Hufeisennasen (Rhinolophidae)
- Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum)
- Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposiderus)
- Mittelmeer-Hufeisennase (Rhinolophus euryale)
- Blasius-Hufeisennase (Rhinolophus blasii)
- Meheley-Hufeisennase (Rhinolophus mehelyi)

- Glattnasen (Vespertilionidae)
- Wasserfledermaus (Myotis daubentonii)
- Teichfledermaus (Myotis dasycneme)
- Große Bartfledermaus (Myotis brandtii)
- Kleine Bartfledermaus (Myotis mystacinus)
- Wimperfledermaus (Myotis emarginatus)
- Fransenfledermaus (Myotis nattereri)
- Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)
- Großes Mausohr (Myotis myotis)
- Kleines Mausohr (Myotis blythii)
- Großer Abendsegler (Nyctalus noctula)
- Kleiner Abendsegler (Nyctalus leisleri)
- Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)
- Nordfledermaus (Eptesicus nilssoniis)
- Zweifarbfledermaus (Vespertilio murinus)
- Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)
- Rauhhautfledermaus (Pipistrellus nathusii)
- Weißrandfledermaus (Pipistrellus kuhlii)
- Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus)
- Alpenfledermaus (Hypsugo savii)
- Braunes Langohr (Plecotus auritus)
- Graues Langohr (Plecotus austriacus)
- Balkan Langohr (Plecotus kolombatovici)
- Alpen bzw. Kaukasisches Langohr (Plecotus macrobullaris)
- Sardisches Langohr (Plecotus sardus)
- Kanaren-Langohrfledermaus (Plecotus teneriffae)
- Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus)
- Langflügelfledermaus (Miniopterus schreibersii)
Eine Reihe weiterer Arten sind in Südeuropa heimisch, darunter auch ein Vertreter der Bulldoggfledermäuse (Mollossidae), die Europäische Bulldoggfledermaus Tadarida teniotis.
Nur ganze 3 Arten in Südamerika, der Gemeine Vampir (Desmodus rotundus), der Weißflügelvampir (Diaemus youngi) und der Kleine Blutsauger, auch Kammzahnvampir genannt, (Diphylla ecaudata ) ernähren sich vom Blut anderer Säugetiere oder Vögel. Dabei saugen sie ihrem Opfer, z.B. Rindern, das Blut nicht aus, sondern ritzen mit ihren messerscharfen Zähnen die Haut etwas ein und lecken das ausfließende Blut auf, was ihre Opfer normalerweise nicht bemerken. Ihr Speichel enthält ein Enzym, das die Blutgerinnung unterbindet. Synthetisierte Präparate, die das Enzym enthalten, unterdrücken die Blutgerinnung bis 20 mal länger als herkömmliche Mittel und es soll nach ersten Studien bis zu 150 mal stärker sein.
Vampirfledermäuse besitzen ein hoch entwickeltes Sozialverhalten; beim Gemeinen Vampir werden hungrige Tiere von Artgenossen gefüttert, weil diese Tierart auf tägliche Nahrungsaufnahme angewiesen ist.
Vampire können dem Menschen nur als Krankheitsüberträger gefährlich werden. Besonders die Tollwut wird von ihnen übertragen.
Fledermäuse in Mythologie und Symbolik
In China gilt die Fledermaus als Symbol für Glück und Gewinn, in Europa hingegen werden sie seit dem frühen Mittelalter dämonisiert. Fledermäuse werden mit der Seele und deshalb mit dem Tod assoziiert, auf einigen Darstellungen aus dem 14. Jahrhundert verlassen die Seelen beim Sterben den Körper in Form einer Fledermaus. Daraus könnten auch die europäischen Vampirsagen entstanden sein, die es bereits gab bevor die mittelamerikanischen Vampirfledermäuse bekannt waren.
Ein alter Aberglaube besagt, dass sich Fledermäuse gerne in Frauenhaare wickeln. Dieser entstand vermutlich aus dem christlichen Vorstellung heraus, dass die Haare von Frauen Dämonen bzw. allgemein "das Böse" anziehen (weshalb in vielen Glaubensvorstellungen Frauen ihre Haare bedeckt halten müssen).
Sonstiges
Am 24. November 2002 verursacht ein Fledermausbiss den ersten Tollwutfall bei einem Menschen in Großbritannien seit 100 Jahren.
Literatur
- Niethammer J, Krapp F (Hrsg): "Handbuch der Säugetiere Europas. Band 4/1: Fledertiere; AULA Verlag, Wiesbaden 2001, ISBN 3-89104-638-3 (sehr detailliertes und aktuelles Fachbuch)
- Niethammer J, Krapp F (Hrsg): "Handbuch der Säugetiere Europas. Band 4/2: Fledertiere; AULA Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-89104-639-1 (sehr detailliertes und aktuelles Fachbuch)
- Björn Siemers/Dietmar Nill (Hg.): "Fledermäuse - das Praxisbuch" Echo-Ortung, Jagdverhalten, Quartiere, Fledermausdetektoren. blv
- Wilfried Schober/ Eckhard Grimmberger (Hg.): "Die Fledermäuse Europas. Erkennen - bestimmen - schützen." Kosmos
- Simmons, N. B. & J. H. Geisler. 1998. Phylogenetic relationships of Icaronycteris, Archeonycteris, Hassianycteris, and Palaeochiropteryx to extant bat lineages, with comments on the evolution of echolocation and foraging strategies in microchiroptera. Bulletin of the American Museum of Natural History, 235:1-82.
Siehe auch: Europäische Fledermausnacht, The Bat Conservation Trust
Weblinks
- Fledermausschutz: http://mausohr.home.pages.de/ und
- http://www.fledermausschutz.de/
- Arten: http://www.nabu.de/batnight/fledermaeuse/arten/index.html
- The Bat Conservation Trust: http://www.bats.org.uk/ (engl.)
- Bat Conservation International: http://www.batcon.org/ (engl.)
- Fledermausschutz Schweiz: http://www.fledermausschutz.ch
- Jürgen Gebhard (Schweizer Fledermaus-Koryphäe): http://www.fledermaus.ch
- Manuel Werner: Fledermäuse: http://membres.lycos.fr/manusemper/
- W-Wie-Wissen (ARD): http://www.daserste.de/wwiewissen/thema_dyn~id,vpf0mqq6cb24ppqx~cm.asp
- Tree of Life (englisch)
- Bauanleitung: Fledermauskasten: http://www.fledermausverband.de/artbeschreibung/bilder/bauanleitung.gif
- Bilder von tropischen Fledermäusen: http://www.biologie.uni-ulm.de/bio3/mtschapka/bats.html (engl.)