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Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Deutschen Eck in Koblenz. Eine andere Bedeutung findet man unter Deutsches Eck (Verkehr).


Deutsches Eck in Koblenz. Im Vordergrund die Mosel, im Hintergrund die Festung Ehrenbreitstein am rechten Rheinufer

Das Deutsche Eck ist eine Landzunge in Koblenz an der Mündung der Mosel in den Rhein, auf der 1897 ein monumentales Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. errichtet wurde. Der Denkmalssockel diente von 1953 bis 1990 als "Mahnmal der Deutschen Einheit".

Geschichte

Ursprüngliche Bedeutung

Das "eigentliche" Deutsche Eck - Deutschherrenhaus mit dem Kreuz des Deutschen Ordens

Erzbischof Diether von Trier rief 1216 die Ritter des Deutschen Ordens nach Koblenz und schenkte ihnen einen Teil des Geländes der Kastorkirche. Unmittelbar an der Ecke, wo die Mosel in den Rhein fließt, entstand bald danach die Deutschordensballei. Diese Ballei war dem Hochmeister des gesamten Ordens direkt unterstellt. Seit dieser Niederlassung des Deutschen Ordens trug diese Stätte zunächst die Bezeichnung "Deutscher Ordt" und dann den Namen "Deutsches Eck". Im 19. Jahrhundert wurde das Areal über eine Mole mit einer vorgelagerten Sandbank verbunden um einen Nothafen an der Moselmündung zu schaffen. Mole und Sandbank trugen im Koblenzer Volksmund den Namen "Honsschwanz", weil sie geografisch den letzten Ausläufer des Hunsrücks bildeten. Am Ende des Jahrhunderts wurde der Hafen aufgeschüttet, um einen repräsentativen Standort für das Reiterstandbild zu schaffen, das die preußische Rheinprovinz dem 1888 verstorbenenen Kaiser Wilhelms I. widmete. Damals erhielt das Deutsche Eck seine heutige Gestalt.

Das Denkmal bis 1945

Das Denkmal wurde nach den Plänen des Architekten Bruno Schmitz und des Bildhauers Emil Hundrieser erbaut und 1897 im Beisein Kaiser Wilhelm II. eingeweiht. Es ist insgesamt 37 Meter hoch; alleine das bronzene Reiterstandbild misst 14 Meter. Es zeigt den Kaiser in Generalsuniform mit wallendem Mantel. Eine Siegesgöttin führt das Pferd und trägt in der anderen Hand die Kaiserkrone.

Das Denkmal war Ausdruck des wilhelminischen Zeitgeistes und wurde bereits zur Zeit seiner Entstehung wegen seiner überladenen, nationalistischen Symbolik kritisiert. Der französische Dichter Guillaume Apollinaire sprach beispielsweise von einem "monument affreux gigantesque". Nach dem Ersten Weltkrieg schrieb der Satiriker Kurt Tucholsky in seiner Reportage Denkmal am Deutschen Eck:

Wir gingen auf der breiten, baumbestandenen Allee; [...] dann standen da keine Bäume mehr, ein freier Platz, ich sah hoch ... und fiel beinah um. Da stand - Tschingbumm! - ein riesiges Denkmal Kaiser Wilhelms des Ersten: ein Faustschlag aus Stein. Zunächst blieb einem der Atem weg.
Sah man näher hin, so entdeckte man, daß es ein herrliches, ein wilhelminisches, ein künstlerisches Kunstwerk war. Das Ding sah aus wie ein gigantischer Tortenaufsatz und repräsentierte jenes Deutschland, daß am Kriege schuld gewesen ist - nun wollen wir sie dreschen! In Holland.
Zunächst ist an diesem Monstrum kein leerer Fleck zu entdecken. Es hat die Ornamenten-Masern. Oben jener, auf einem Pferd, was: Pferd! auf einem Roß, was: Roß! auf einem riesigen Gefechtshengst wie aus einer Wagneroper, hoihotoho! Der alte Herr sitzt da und tut etwas, was er all seine Lebtage nicht getan hat: er dräut in die Lande, das Pferd dräut auch, und wenn ich mich recht erinnere, wallt irgend eine Frauensperson um ihn herum und beut ihm etwas dar. Aber da kann mich meine Erinnerung täuschen ... vielleicht gibt sie dem Riesenpferdchen nur ein Zuckerchen. Und Ornamente und sich bäumende Reptile und gewürgte Schlangen und Adler und Wappen und Schnörkel und erbrochene Lilien und was weiß ich ... es war großartig. Ich schwieg erschüttert und sah Jakoppn an. "Ja", sagte Jakopp, "das ist das Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck."

Das Denkmal seit 1945

Moselmündung und Deutsches Eck von der Festung Ehrenbreitstein aus gesehen; am linken Bildrand die namengebende ehemalige Komturei des Deutschen Ordens

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, im Frühjahr 1945 wurde das Reiterstandbild durch eine amerikanische Artilleriegranate zerstört. Am 18. Mai 1953 widmete Bundespräsident Theodor Heuss den verbliebenen Sockel um zum Mahnmal der deutschen Einheit. Am Umgang des Sockels wurden die Wappen aller deutschen Länder - auch die der DDR und der ehemaligen Ostgebiete - angebracht. Die Stelle des zerstörten Reiterstandbilds nahm bis 1993 ein Flaggenstock mit der Bundesflagge ein. Nach dem Fall der Berliner Mauer wurden neben dem Denkmal drei originale Betonelemente der Mauer aufgestellt.

Seit dem Krieg waren immer wieder Vorschläge über ein Neugestaltung des Denkmals diskutiert worden. Alle Pläne scheiterten jedoch entweder an der fehlenden Finanzierung oder daran, dass sie sich nicht mit der Idee des Mahnmals vertrugen. Durch die Wiedervereinigung Deutschlands 1990 verlor das Mahnmal jedoch seinen sinnstiftenden Gedanken. Eine private Stiftung des Koblenzer Verlegerehepaares Theisen ermöglichte nun die Rekonstruktion des Reiterstandbilds.

Das Vorhaben wurde in Koblenz kontrovers diskutiert, vor allem, da ein Denkmal für Wilhelm I. von vielen als nicht mehr zeitgemäß empfunden wurde. Seine Realisierung wurde erst möglich, nachdem das Land Rheinland-Pfalz seine Besitzrechte an dem Denkmal auf die Stadt Koblenz übertragen hatte. Der Stadtrat akzeptierte die Schenkung des Ehepaars Theisen, und der Düsseldorfer Bildhauer Raimund Kittl wurde mit der Nachbilduung der 1945 zerstörten Skulpturengruppe beauftragt. Das neue Reiterstandbild wurde 1993 eingeweiht. Heute ist das Denkmal am Deutschen Eck vor allem eine Touristenattraktion. Das vorgelagerte Gelände an der Moselmündung wird auch für Großveranstaltungen wie z.B. Rockkonzerte genutzt.

Commons: Deutsches Eck – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien