Kupferhaus
Ein Kupferhaus (engl. copperhouse) ist ein Haustyp, der von dem Architekten Robert Krafft und dem Ingenieur Friedrich Förster entwickelt wurde und von 1930 bis 1934 vom Eberswalder Unternehmen Hirsch Kupfer- und Messingwerke 51 mal produziert worden ist. Die Häuser sind vor allem wegen ihrer prägnanten zwischen gold-braun und schwarz variierenden Kupferplatten-Fassaden gut zu erkennen.

Man kann diesen Haustypus als einen Vorläufer der Fertigbauhäuser, die heute produziert werden, ansehen. Es handelte sich um vorfabrizierte, leicht zu transportierende und zusammensetzbare Allkupferhäuser, die in ca. 8 Tagen bezugsfertig waren. Sie wurden in unterschiedlichen Größen und Typen samt Inneneinrichtung, also inklusive Heizung, Bad, Küche und Elektrik hergestellt.
Die Produktion der Kupferhäuser endete 1934. Da mit der militärischen Aufrüstung Kupfer zu einem kriegswichtigen Rohstoff wurde, wurde sein Export und eine anderweitige Nutzung verboten. Das Kupferhaus-Experiment geriet in Vergessenheit, als der jüdische Unternehmer vor der heraufziehenden Barbarei emigrierte. Die Hirsch Kupfer- und Messingwerke gingen in Konkurs.
Standorte der Kupferhäuser
Außer einer Werkssiedlung am Firmenstandort in Eberswalde wurden 1930 / 1931 sieben Musterhäuser für Angestellte in der Messingwerksiedlung errichtet, um Häuser und Materialien auf Wohnkomfort und Wetterbeständigkeit durch Werksangehörige testen zu lassen. Die Typenhäuser aus Kupfer erregten bald Aufsehen, so dass bereits nach einer nur kurzen Erprobungsphase mit ihrer Vermarktung begonnen wurde.
In der Berliner Denkmalliste sind zehn Kupferhäuser verzeichnet, die bis heute in ursprünglicher Form erhalten sind. Drei davon stehen in Köpenick, weitere drei in Reinickendorf, jeweils eins in Steglitz, Zehlendorf und in Spandau. Ein weiteres, noch fast im Originalzustand erhaltenes Haus wurde 1933 in Berlin-Frohnau errichtet. Hier findet sich sogar in den meisten Zimmern, im Bad und in der Küche noch die ursprüngliche Wandverkleidung aus geprägten Stahlblechen, die inzwischen natürlich mehrfach in verschiedenen Farben überstrichen worden ist. Auch sind sowohl die Kupferfassade als auch das Dach noch original erhalten. Zusätzlich existieren in Zeuthen noch zwei dieser Kupferhäuser.
Als nach der Machtübernahme der Nazis immer mehr Juden nach Palästina emigrierten, waren dort wegen der Wohnungsnot Fertighäuser gefragt. Die Hirsch Kupfer- und Messingwerke exportierten zwischen 1933 und 1934 insgesamt 14 Kupferhäuser nach Palästina, 11 davon stehen in Haifa.
struktureller Aufbau der Kupferhäuser
Kupfer besitzt einige Eigenschaften, die es für die Verwendung im vorfabrizierten Hausbau geeignet erscheinen lässt, zum Beispiel ein niedriges Eigengewicht sowie eine hohe Feuer- und gute Korrosionsbeständigkeit. Die Experimente, vorfabrizierte Kupferhaus-Bauelemente zu entwickeln, begannen 1930, nachdem die Herstellerfirma die Rechte an dem von Friedrich Förster und Robert Krafft erfundenen »Box-Frame-System« erworben hatte.
Die Aussenfassade der Fertighäuser wurde aus vielen Einzelelementen aufgebaut. Sie bestanden aus schmalen, hochrechteckigen Eternitplatten, die mit einer Außenhaut aus geripptem Kupferblech belegt waren. Aluminiumfolie diente der Isolierung. Eine Holzrahmenkonstruktion bildete die Grundlage für das Haus. Die einzelnen Elemente verfügten über patentierte Universalendungen, die einfach zusammengeschraubt werden konnten, die Kanten waren von außen mit einem Kupferblechstreifen abgedeckt. Der Vorzug dieser Häuser lag in ihrer Variabilität und der leichten Montage. Solch ein Gebäude konnte mit der Familie mitwachsen. Alles in allem leichte, einfach zu transportierende Bauelemente für eine schnelle Montage und Demontage. Für die Dachdeckung wurden ursprünglich Kupferbleche mit Rautenmuster verwendet. Die Kupferdächer sind nur vereinzelt erhalten.
Anstelle von Tapeten standen für Innenwände und Decken sechs verschiedene Reliefmuster, geprägt auf Stahlblech, in Farben wie Nilgrün, Pastellblau oder Korallenrot zur Auswahl. Die Wandverkleidungen im Innern existiert nur noch bei einigen Gebäuden. Die Käufer genossen den Komfort einer komplett eingerichteten Küche sowie eingepasster Einbauschränke, fertig verlegter Elektroinstallationen, Sanitäranlagen und Zentralheizung.
Kritische Betrachtung
Die Kupferhäuser wurden auf der Internationalen Kolonialausstellung 1931 in Paris mit dem Gand Prix ausgezeichnet und fanden seitdem international Beachtung. Sie stehen heute in Deutschland unter Denkmalschutz. Es wurde damals jedoch auch Kritik geäußert: So bemängelte man die architektonische Qualität und befürchtete wegen der Metallwände einen Hitzestau. Die Häuser hatten eine ausgezeichnete Wärmedämmung und waren rückblickend sehr pflegeleicht und beständig. Zum prognostizierten Hitzestau kam es nicht.
Es gab einige wesentliche Unterschiede zu Ziegelsteinbauten. Die Häuser waren sehr hellhörig. Das Metall wirkte wie ein riesiger Faraday´scher Käfig und bewirkte dadurch eine Blitzabschirmung. Schwierigkeiten gab es allerdings mit dem Radio- und Fernsehempfang.
Wirtschaftlicher Erfolg
In einem Katalog von 1931 werden die sechs unterschiedlich großen Haustypen unter wohlklingenden Namen wie Kupfercastell, Juwel, Frühlingstraum, Villa Kupferstolz oder Haus Lebenssonne angeboten. Ein Haus sollte etwa 10 900 Reichsmark kosten. Die Häuser wurden in Berlin und anderen Teilen Deutschlands erfolgreich verkauft, am häufigsten waren die größeren Typen wie zum Beispiel das »Kupfercastell« gefragt.
Durch die Auswanderungswelle deutscher Juden nach Palästina während der Nazi-Zeit stieg der Bedarf an Wohnraum dort immens an und ebenso das Interesse an vorfabrizierten Häusern, die sich für den Export nach Palästina eigneten. Die Deutsche Kupferhausgesellschaft reagierte sofort und in ihren Prospekten tauchten bald Kupferhaustypen mit den Namen »Haifa«, »Jerusalem« oder »Sharon« auf.
Die Häuser basierten zwar auf den Typenhäusern von Eberswalde, wurden aber dem Charakter der Häuser vor Ort angepasst. Den Unterlagen kann man entnehmen, dass es möglich war, den zweigeschossigen Typ »Haifa« in 34 Pakete zu verpacken, die ein Gesamtgewicht von 15.313 kg hatten. Ende 1933 waren die ersten von 14 Häusern in der Nähe von Tel Aviv und Haifa bezugsfertig.
Zusammenarbeit mit Walter Gropius
Die Architektur der Allkupferhäuser wird oftmals mit dem Bauhaus verwechselt. Anfang der 30er Jahre arbeitete nämlich auch der Bauhaus-Architekt Walter Gropius kurze Zeit für die Eberswalder Hirsch Kupfer- und Messingwerke. Die Zusammenarbeit mit Gropius beschränkte sich jedoch nur auf die Ausarbeitung von zwei Musterhausplänen für die Fertigbaureihe. Die wichtigsten Veränderungen, die Gropius an den Häusern vornahm, waren Aluminiumtafeln anstelle des Stahlblechs im Innenbereich, einfachere Eckverbindungen und ein verändertes optisches Erscheinungsbild. Der Einfluss von Walter Gropius auf die Kupferhäuser wird überschätzt. Das Bauhaus hat damit nichts zu tun.
Literatur
- Kunkel, Ulrike - ...in die Jahre gekommen, deutsche bauzeitung, 02.01.2006
- Wagner, Martin - Das wachsende Haus, mit einem Beitrag von Walter Gropius: Kupferhaus. Bericht über das Kupferhaus der Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG Finow, Berlin / Leipzig 1932
- Zaremba, Michael - Reinickendorf im Wandel der Geschichte, bebra-verlag "Konradshöhe-Tegelort"
- Bosenius, Jürgen - Zeuthen, Das Kupferhaus ist abwaschbar, Berliner Zeitung 02.02.1999 [1]
- Linzer, Ulrike - Leben in der Luxusblechdose, taz Berlin lokal Nr. 7150 Seite 36, 6.9.2003