Geschichte der Stadt Pirmasens

Die Geschichte der Stadt Pirmasens beschreibt die Entwicklung einer kleinen Siedlung zu einer Garnisonsstadt und einem Zentrum der deutschen Schuhindustrie. Als Siedlungsursprung gilt das Gebiet um den Wedebrunnen in Pirmasens.
Keltische Besiedlung
Die ältesten Besiedlungsspuren in Pirmasens stammen von keltischen Bauwerken nahe den heutigen Ortsteilen Gersbach und Windsberg.[1] Diese umfassen auch Reste von Opferstätten, die dem keltischen Gott Vogesus (auch Vosagus), Namensgeber für die Vogesen und den Wasgau, geweiht waren und im Jahr 1830 entdeckt wurden.[2]
Der Namensgeber Pirminius

Namenspatron von Pirmasens ist der Heilige Pirminius, der 742 sein letztes Kloster in Hornbach gründete und 753 dort starb.[3] In dieser Zeit wurde die sehr waldreiche Hornbacher Waldmark dem Schutzpatron übereignet. Die Hornbacher Waldmark umfasste ein Landgebiet mit den später darin entstandenen Siedlungen: Pirmasens, Ruhbank, Simten, Winzeln, Gersbach, Fehrbach, das untergegangene Dorf Hunscheid (auf der Husterhöhe), den auf dem linken Ufer der Rodalb gelegenen Teil des Dorfes Münchweiler, Ruppertsweiler und das nordwestlich von Lemberg untergegangene Dorf Gutenbach, dessen Bann mit dem von Lemberg vereinigt wurde. Abgesehen von einigen Ausnahmen war die damalige Waldmark identisch mit dem Gebiet der heutigen Stadt Pirmasens.
Besiedlung
Das Kloster Hornbach trieb die Besiedlung voran, und die Mönche gründeten 820 ein Kloster in dem Gebiet, das heute Pirmasens heißt. Seine erste urkundliche Erwähnung fand Pirmasens um 860 als „Pirminiseusna“ (auch „Pirminisensna“), eine dem Kloster Hornbach unterstehende Siedlung. Die Endungen seusna bzw. sensna stehen im Althochdeutschen für allein; d.h. es handelte sich um eine einsame Waldsiedlung, in der das klösterliche Vieh gehalten wurde.[4]
Für eine Ansiedlung war eine Straßenanbindung sehr wünschenswert. Die schon lange existierende Salzstraße eignete sich ideal dafür. Sie kam aus dem lothringischen Salzgau (Saulnois) bei Château-Salins. Das dort liegende Städtchen Dieuze oder „Duss“, wie dieser Ort früher hieß, gab der Straße den Namen „Duser Straße“. Sie führte durch Hornbach, weiter nach dem nach ihr benannten Dusenbrücken und südlich an Höheischweiler vorbei, wo sie sich mit der von Zweibrücken kommenden Straße vereinigte. Diese zweite Straße kam aus dem gallischen Gebiet, überquerte westlich von Zweibrücken die Blies, führte durch Zweibrücken, stieg südöstlich einen Höhenrücken hinauf, führte dann weiter durch die heutige Bärenhütte bei Nünschweiler und vereinigte sich südlich von Höheischweiler mit der Salzstraße. Die nun gemeinsame Straße verlief an Fehrbach vorbei auf das Dorf Pirmasens zu und führte durch die damalige Landstraße (heutige Hauptstraße) oder die Alte Straße (heutige Alleestraße). Dieser Hauptverbindungsweg durchquerte nicht das Dorf, sondern streifte es nur. Von Pirmasens ging die Straße auf Lemberg zu, um dort in Richtung Osten weiter zu verlaufen. Der Salzbach wurde über die alte Salzbrücke unweit von Salzwoog überquert, um dann weiter in Richtung Hinterweidenthal und an Hauenstein vorbei in Richtung Rheinebene zu verlaufen. Damals war diese Straße in keiner Weise befestigt, sondern ein gewöhnlicher Feldweg.[5]
Die Schutzfunktion über das Kloster Hornbach, die auch mit dem Begriff „Vogtei“ bezeichnet werden kann, lag zunächst in den Händen des Bischofs von Metz[6]. 1100 wurde Hornbach Eigenkloster des Bistums Speyer und ging um 1179/1180 an die durch Erbteilung entstandene Grafschaft Saarbrücken über.
Im Jahr 1150 erhielt das Dorf Pirmasens seine erste Kirche, die in der Gegend zwischen dem Wedebrunnen und der heutigen Pirminiusstraße ihren Standort hatte.
Teilung der Grafschaft
1180 wurde die Grafschaft Saarbrücken zwischen den beiden gräflichen Brüdern Simon und Heinrich aufgeteilt. Simon erhielt den westlichen Teil, Heinrich alle Ländereien östlich der Blies und damit auch die Hornbacher Waldmark sowie die Lothringer Lehen. Er nannte sich fortan „Graf Heinrich von Zweibrücken“ und ließ sich in Zweibrücken ein Wasserschloss erbauen. Ihm wurde auch die Vogtei über das Kloster Hornbach zugesprochen, womit auch die „Gerechtsamkeit“ verbunden war. Alljährlich an Mariä Geburt saß er im Kloster zu Gericht und schlichtete Streithändel, die zwischen den Rittern, Leibeigenen, Hubern und sonstigen Klosterbauern vorgefallen waren. Für diese Tätigkeit hatte ihm der Abt stets 12 Heller für Fleisch und Brot sowie ein Maß Wein und für sein Pferd 20 Bund Stroh auszuhändigen.
Zur Sicherung der Waldmark mit den Weilern, Dörfern und Höfen, aber auch der Straßen, wollte Heinrich I. in Lemberg eine Burg errichten. Da er aber in diesem Gebiet über keinen Grundbesitz verfügte, kaufte er 1198 vom Abt Wernher, dem damaligen Vorsteher des Klosters Hornbach, den Gutenberg und den Ruprechtsberg mit der entsprechenden Umgebung. Hier baute er 1200 die Lemberger Burg zusammen mit der Wachtburg Ruppertsstein. Die Lemberger Burg war anfangs eine echte Vogteiburg. Sie wurde nicht vom Grafen bewohnt, sondern von Vögten. Diese waren Edelleute, die von den Grafen auserkoren wurden.
Aus einer Urkunde aus dem Jahre 1202 geht hervor, dass das Dorf Pirmasens ein Pfarrort mit Kirche und eigenem Pfarrer, allerdings abhängig vom Kloster Hornbach war.[7] Diese Kirche war Mittelpunkt der Seelsorge und des Gottesdienstes für die Gläubigen aus den umliegenden Dörfern, Gehöften und Mühlen. 1225 bestätigte der Bischof von Metz, dass dem Kloster Hornbach die Pfarrverwaltung von Pirmasens übertragen wurde. Somit mussten alle Einkünfte dieser Pfarrei an das Kloster Hornbach abgeführt werden, um dort die Errichtung und Unterhaltung einer Krankenversorgung zu bestreiten.
Erneute Teilung
Nach dem Tod Graf Heinrichs I. 1237 folgte dessen Sohn Graf Heinrich II.. Von den vier Söhnen, die Heinrich II. 1281 hinterließ, übernahmen Eberhard und Walram gemeinsam die Regentschaft über die Grafschaft Zweibrücken. Da dies nicht immer in Eintracht möglich war, entschlossen sie sich 1297 zur Teilung. Eberhard I. erhielt den „niederen“ Teil mit dem Hauptort Birmesessen, wie Pirmasens damals hieß, und Walram l. bekam den „niedersten“ Teil mit Eischweiler (heutiges Thaleischweiler) zugesprochen. Diese Teilung bezog sich in erster Linie auf die Leibeigenen, die Gerichtsbarkeit blieb verbunden. Bußen von Frevlern dagegen wurden geteilt. Die beiderseitigen Leute hatten wie bisher das Recht des freien Zuzugs. Wenn ein Leibeigener des einen Bruders in das Gebiet des anderen zog, blieb dessen Haus, Hof und Erbe seinem früheren Herrn. Eine Jungfrau dagegen, die einen Leibeigenen des anderen Bruders heiratete, folgte ihrem Mann, so dass ihr bisheriger Herr keine Rechte mehr an ihr hatte. Witwer und Witwen durften ohne Genehmigung ihres Herren keine neue Ehe beginnen.
1308 verstarb Walram I., der den niedersten Teil mit dem Ort Eischweiler verwaltet hatte und sein Sohn Simon II. (Zweibrücken) übernahm für drei kurze Jahre den Besitz. Als dieser 1312 verstarb und sein Sohn Walram II. noch minderjährig war, führte seine Mutter Gräfin Agnes von Zweibrücken die Regentschaft bis 1327. Von ihr ist bekannt, dass sie während ihrer Vormundschaft gemeinsam mit dem Erzpriester Gerhard von Hornbach zu Gericht saß wegen eines Streits zwischen der Abtei Hornbach und den Bewohnern von Pirmasens. Die Kirche in Pirmasens war abgebrannt und sollte wieder aufgebaut werden. Das Urteil hierüber besagte, dass der Abt 24 Pfund Heller zum Bau an Pirmasens beizusteuern habe und das nötige Bauholz stellen müsse. Die Bauern sollten aber dieses Bauholz selbst aus dem Wald abfahren.
Nach 1366 tauschte Graf Eberhard I. einige Dörfer tief in Lothringen von Herzog Friedrich von Lothringen gegen die Burg und Herrschaft Bitsch ein und verlegte seinen Wohnsitz auf die Festung Bitsch. Er nannte sich jetzt Graf Eberhard von Zweibrücken-Bitsch. Während seiner Amtszeit war er wegen zunehmender Verschuldung gezwungen, Bergzabern, Hornbach und Zweibrücken an Ruprecht den Roten zu verkaufen bzw. zu verpfänden. Eberhard starb 1394 ohne Nachkommen und die Grafschaft kam zur Kurpfalz, sein Vermögen fiel an Johannes I. von Zweibrücken-Bitsch.
Während des Bauernkrieges um 1525 wurde die Festung Bitsch durch lothringische Bauernscharen eingenommen und verwüstet. Auch das Lemberger Schloss wurde geplündert. Jedoch dauerte der Bauernkrieg in der Pfalz nicht lange. Wenige Wochen nach der Kirchweih in Nußdorf ließen die Fürsten die Bauernaufstände auf dem Feld bei Pfeddersheim blutig niederschlagen.
Lemberg fällt an Hanau-Lichtenberg
1560 heiratete Graf Philipp V. von Hanau-Lichtenberg die einzige Tochter von Graf Jakob, dem letzten männlichen Glied des Stammes der Grafen von Zweibrücken-Bitsch. Als Graf Jakob im Jahre 1570 starb, beanspruchte Philipp V. die Herrschaft Lemberg und Bitsch als sein rechtmäßiges Erbe. Graf Philipp I. von Leiningen-Westerburg machte ihm diese Erbschaft streitig, da er mit Amalia, der noch lebenden Nichte Graf Jakobs, verheiratet war. Der hinterhältige Herzog Karl von Lothringen belehnte sowohl Philipp I. von Leiningen-Westerburg sowie auch Philipp V. von Hanau-Lichtenberg mit der Grafschaft Zweibrücken-Bitsch.
Im Jahre 1572 überfielen im tiefsten Frieden Truppen des Herzogs Karl von Lothringen das Amt Lemberg und das Amt Bitsch und besetzten beide Burgen. Hieraus entwickelte sich ein 34-jähriger Rechtsstreit vor dem Reichskammergericht. Währenddessen wurde in den Jahren 1570–1575 in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg die Reformation eingeführt, denn der jeweilige Landesherr bestimmte, welche Religion in seinem Lande zu gelten habe. In Pirmasens erfolgte dies 1575 unter Pfarrer Frölig.
Als Philipp V. 1599 starb, verstand es dessen Nachfolger Graf Johann Reinhard I., diesen Streit durch einen Vergleich zu beenden. Er verzichtete auf den Hauptteil der Herrschaft Bitsch, erhielt aber für sich und seine Nachkommen das Amt Lemberg zugesprochen, wozu ihm auch einige Dörfer von Bitsch zuerkannt wurden. Im Jahre 1606 verließen darauf endlich die Truppen des Herzogs von Lothringen das Amt Lemberg, das bis zu seiner Auflösung 1801 während der französischen Vorherrschaft bei der Grafschaft Hanau-Lichtenberg verblieb.
Dreißigjähriger Krieg
1620 waren in Pirmasens 59 Familien oder etwa 235 Einwohner ansässig, in Lemberg wurden noch 54 Familien (ungefähr 215 Einwohner) gezählt. Diese Zählung geht davon aus, dass zu dieser Zeit eine Familie aus 4–5 Personen bestand. 1622 zogen Spanier und Kroatische Reiter der kaiserlichen Truppen durch die Pfalz. Neben Einquartierungen litt die Bevölkerung unter Brandschatzung und sonstigen Kriegslasten. Nach dem Buchsweiler Kirchenbuch wurden am 4. Oktober 1622 vier Pirmasenser Bürger, Hans Seegmüller, Johannes Krämer, Hans Krämer und Jost Jakob hingerichtet (ursprünglich zu Rad und Feuer verurteilt, wurden sie auf Flehen hin mit dem Schwert gerichtet), weil sie 4 kaiserliche Soldaten wehrlos gemacht, erschossen und erschlagen hatten und daraufhin die kaiserliche Armada das Dorf teilweise in Brand gesteckt hatte. Die Rechte und die Verwaltung in den Dörfern nahm ein von den Landesherren eingesetzter Schultheiß wahr. 1626 gab es im Amt Lemberg 6 Schultheißereien, darunter diejenige in Pirmasens mit Winzeln, Gerspach, Fehrbach und Erlenbron. 1634 waren es wieder kaiserliche Truppen unter General Gallas, die die Pfalz durchzogen und das Land sehr stark verwüsteten. Sie legten auch die Lemberger Burg in Schutt und Asche. Nach dem Weggang des lutherischen Pfarrers Johann Georg Fiedler aus Lemberg baten die Bürger dieser Gemeinde die Herrschaft, „man möge ihnen keinen neuen Pfarrer schicken, da sie denselben nicht bezahlen könnten“. Darauf wurde der Hauptsitz der lutherischen Pfarrei von Lemberg nach Pirmasens verlegt. In den neuen lutherischen Kirchenbüchern, die ab 1640 geführt wurden, war auch der Schultheiß Ebert Faul genannt, der um 1635 Pirmasens verließ und sich erst 1640 wieder zurückwagte. Ein Amtsinventar von 1641 besagt, dass damals in Lemberg noch 3 Familien (etwa 15 Einwohner) wohnten.
Neubesiedlung
Nach dem Dreißigjährigen Krieg ergab sich eine gewisse Reform in der Dorfverwaltung. Der eigentliche Dorfvorsteher, der mit einem Bürgermeister zu vergleichen ist, war der sogenannte „Heimburger“. 1657 konnten in Pirmasens nach Beginn der neuen Kirchenrechnung nur noch 9 Familien mit etwa 40 Einwohner erfasst werden. Fast alle Höfe und Mühlen waren niedergebrannt und verfallen, die Felder verwildert. Die Bewohner waren entweder von der Soldateska ermordet, vor ihr geflohen oder durch Seuchen und Hunger gestorben.
Doch die Bevölkerung nahm durch Zuwanderung reformierter Schweizer, katholischer Tiroler, sowie Familien aus Mainfranken und Württemberg langsam wieder zu, so dass 1661 in Pirmasens 21 Familien (ungefähr 87 Einwohner) gezählt wurden. 1666 dezimierte die Pest wiederum die Bevölkerung und 1667 waren in Pirmasens dadurch nur noch 18 Familien mit etwa 74 Personen ansässig. Jedoch hemmten die französischen Raubzüge die Bevölkerung am Wiederaufbau des Landes. Um die französische Festung Landau zu entlasten oder gegen kaiserliche Truppen zu verstärken, schickte Ludwig XIV. in der Zeit nach 1672 vermehrt seinen Marschall Turenne in die Pfalz, wodurch natürlich auch das Gebiet um Pirmasens wiederum verwüstet und geplündert wurde. 1677 wurde Pirmasens niedergebrannt, vier Jahre später hatte Pirmasens noch 14 bewohnte Häuser (14 Familien mit ungefähr 56 Einwohnern). Durch die Reunion von 1679-81 hatte der französische König alle Gebiete, die einmal mit Frankreich verbunden waren, wieder zu französischem Hoheitsgebiet erklärt.
1685 trat Graf Johann Reinhard III. die Regentschaft der Grafschaft Hanau-Lichtenberg an, nachdem sein Onkel, Graf Friedrich Casimir, ohne Leibeserben verstorben war. Graf Reinhard III. konnte sein Land zu neuer Blüte führen. Die Grafschaft Hanau-Lichtenberg zählte zu seiner Zeit mit zu den angesehensten Reichsständen.
Nach vielen Jahren des praktischen Ausprobierens wurden 1691 in dem Pirmasenser Weistum die Aufgaben, Rechte und Pflichten des Heimburgers und der Bürger des Dorfes der Gemeinde gegenüber festgelegt.
Verwaltungssitz
Im Pfälzischen Erbfolgekrieg von 1688-1697, der trotz des Verzichts der Liselotte von der Pfalz auf ihre erblichen Rechte von dem landhungrigen König Ludwig XIV. begonnen wurde, verwüsteten französische Truppen unter General Ezéchiel de Mélac die Pfalz. Von der Lemberger Burg wurde in dieser Zeit der Teil, der nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg noch bewohnbar war, restlos zerstört. Da nun die Burg und das Dorf praktisch nicht mehr existierten und keine Bewohner mehr dort lebten, wurde 1697 der Amtssitz des Amtes Lemberg nach Pirmasens verlegt. Diese Jahreszahl ist für Pirmasens ein sehr wesentliches Datum, wird doch fortan die Verwaltung des Amtes Lemberg von Pirmasens wahrgenommen. Dadurch erhielt das Dorf Pirmasens eine bedeutende Aufwertung. Der Amtmann musste eine würdige Unterkunft erhalten, weshalb ein Amtshaus errichtet wurde. Dieses Gebäude stand in der Amtsstraße, der heutigen Bahnhofstraße, sehr wahrscheinlich in der Gegend des ehemaligen Geschäftshauses Hettlage.
Als Liebhaber der Jagd besuchte Graf Reinhard III. des öfteren das waldreiche Amt Lemberg, dessen Wälder schon seit langer Zeit sein bevorzugtes Jagdrevier waren. Um bei den Jagden einen angenehmen und bequemen Aufenthalt zu haben, ließ sich der Graf 1720 von dem Tiroler Baumeister Jennewein oberhalb des Dorfes Pirmasens ein geräumiges Jagdschloss bauen. Neben diesem Schloss wurden auch 2 große Höfe, Pavillons und ein Garten erbaut, unterhalb der heutigen Pirminiuskirche. Das Dorf Pirmasens lag wesentlich tiefer um den Wedebrunnen herum und bestand aus 21 einstöckigen und 22 zweistöckigen Häusern. 1722 hatte Pirmasens bereits ein Rathaus und es waren 56 Familien mit etwa 245 Einwohnern ansässig.
Die Schultheißerei Pirmasens bestand zu der Zeit aus den Dörfern
- Pirmasens und Fehrbach
- dem Haseneckerhof
- dem Hungerpfühlhof oder Neuhof
- dem Lambsbacher Hof
- dem Nesselthaler Hof
- der neuen Blümelsmühle
- der Imsbachermühle
- der Gerberei in der Dankelsbach und
- der alten und neuen Ziegelhütte.
Gersbach war eine eigene Schultheißerei geworden und umfasste
- Gersbach und Winzeln
- die Rehmühle und Schelermühle
- die Eichelsbacher- und Blümelsmühle
- die Littersbacher- oder Katzenmühle.
Neben der Landwirtschaft war auch die Fischzucht zu damaliger Zeit eine wesentliche Ernährungsgrundlage. Im Raum Pirmasens gab es insgesamt 13 Fischwöge, die alle in dem Tal an der heutigen Landauer Straße und in den Nebentälern lagen.
Ludwig IX.
Die einzige Tochter Graf Reinhards, Charlotte, starb 1726 nach nur 9 Jahren Ehe mit Ludwig VIII.. Graf Reinhard bestimmte daraufhin ihren erstgeborenen Sohn Ludwig zu seinem Nachfolger in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg. Da die im Elsass gelegenen Ämter der Grafschaft seit 1681 durch die Reunion unter der Souveränität Frankreichs stand, musste der Graf von Hanau-Lichtenberg dem französischen König den Treueeid leisten. Reinhard III. ließ die Grafschaft auf die männlichen und weiblichen Nachkommen seiner Tochter Charlotte übertragen, so dass nach seinem Tode die Herrschaft nicht an seinen Schwiegersohn, Landgraf Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt, sondern an dessen Sohn Ludwig IX. fällt. 1735 kam Ludwig zum ersten Mal nach Pirmasens. Als Graf Reinhard III. 1736 starb, war Ludwig noch minderjährig. Aus diesem Grund wurde am Sitz der Regierung in Buchsweiler ein Regentschaftsrat bestellt. Mit seiner Volljährigkeit 1741 übernahm er selbst die Regentschaft über die Grafschaft. Im gleichen Jahr vermählte er sich mit Prinzessin Henriette Karoline Christine von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld.
Garnisonsgründung
Ludwig IX. wollte über eine eigene militärische Truppe verfügen und baute eine Garnison auf. Deshalb ließ er Soldaten vor allem in der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt anwerben und zog sie zunächst in Bärental/Elsass zusammen. Wegen der französischen Oberhoheit über die elsässischen Ämter der Grafschaft Hessen-Darmstadt durfte Ludwig in Buchsweiler keine Soldaten halten, es sei denn, er hätte sie nur mit Holzgewehren ausrüsten und exerzieren lassen. Pirmasens war dagegen Reichsgebiet. Die ersten Grenadiere trafen am Fronleichnamstag, am 1. Juni 1741 in Bärental ein. Nachdem sie vom Erbprinz am 15. Juni besichtigt worden waren, gab er den zunächst nur 46 Mann den Befehl, sich in Richtung Pirmasens in Marsch zu setzen. Zu dieser Zeit gab es in Pirmasens 20 einstöckige und 18 doppelstöckige Häuser, in denen ungefähr 200–250 Einwohner lebten. Durch das Anwerben der Grenadiere stieg die Einwohnerzahl verhältnismäßig schnell. Jedoch hat Ludwig seine Grenadiere niemals zu kriegerischen Diensten eingesetzt, im Gegensatz zu seinen Vettern in Hessen-Kassel, die ihre Soldaten zum Einsatz im Ausland, wie etwa nach Amerika verkauften.
1742 bestand Pirmasens aus 6 Gassen:
- Pfarrgasse, benannt nach der Pfarrkirche.
- Kümmelgasse, deren Name von einer Branntweinbrennerei stammt, in der viel Kümmel verwendet wurde.
- Allmendegässel, sie führte zum Gemeindebesitz, der Allmende.
- Untergasse, die spätere Sandstraße, lag an tiefer Stelle. Bei starkem Regen wurde dort von der Höhe des Blocksbergs viel Sand angeschwemmt.
- Alte Straße, die spätere Alleestraße, lag damals außerhalb des Dorfes.
- Landstraße, die heutige Hauptstraße, war der Hauptdurchgangsweg aus Richtung Zweibrücken kommend, lag aber nicht in der Mitte des Dorfes, sondern etwas oberhalb davon. In dieser Straße wohnten auch der Schultheiß, der Pfarrer und die hanau-lichtenbergischen Beamten des Amtes Lemberg.
Errichtung der Mauer
1758 wurde Pirmasens mit einem Schanzzaun aus Schanzpfählen, sogenannten „Palisaden“ umgeben, um das Desertieren der Grenadiere zu erschweren, was allgemein bekannt ist. Daran wurde 14 Tage in Tag- und Nachtarbeit gearbeitet, vom 22. August bis 4. September. Als der Zaun errichtet war, hieß die Straße innerhalb davon „An der Mauer“. Sie war die längste Straße von Pirmasens und wurde später in einzelne Straßenzüge unterteilt; ihr Verlauf kann immer noch rekonstruiert werden. Auf einer Karte ist das an einer Seite abgeflachte Oval klar erkennbar. Vom Zweibrücker Tor, das an der Wegespinne Zweibrücker-, Rodalber-, Dankelsbach-, Schloß- und Gärtnerstraße errichtet war, verlief der Zaun über Gärtnerstraße, Fröhnstraße, Bogenstraße, Höhstraße, Bergstaße und Dankelsbachstraße. Das Buchsweiler Tor stand am südlichen Teil des Ovals, an der Kreuzung Hauptstraße/Bergstraße. Weit vor den beiden Toren waren steinerne Wegweiser errichtet worden, wie sie heute noch an der Gabelung Lemberger Straße/Volksgartenstraße und an der Abzweigung Zweibrücker Straße/Hügelstraße vorhanden sind.
Für seine Grenadiere baute Ludwig Kasernen, die größte Exerzierhalle Europas (nach jener im russischen Sankt Petersburg),[8] ein Zeughaus, Ställe, Lazarette und Wachhäuser. Er erlaubte seinen Grenadieren, die er wegen ihrer Körpergröße als „lange Kerls“ bezeichnete, zu heiraten um sie noch mehr an seine Garnison zu binden. Jeder Soldat konnte solange dienen wie es möglich war, mindestens aber 6 Jahre, und durfte in seiner Freizeit ein Handwerk ausüben. Für besonders verdiente Soldaten baute er ein „Grenadierhäuschen“. Ab 1758 bekam jeder Grenadier, der heiraten und bauen wollte, im Amt Lemberg kostenlos einen Bauplatz, Bauholz und 2 Morgen Ödland, das er roden konnte. Auf diese Weise entstanden in Pirmasens rasch ganze Straßenzüge mit Grenadierhäusern. In der Regel waren diese Grenadierhäuser einstöckig, es gab aber auch zweistöckige. 1759 war die Garnison bereits auf 5 Kompanien mit 755 Soldaten angewachsen.
Verleihung der Stadtrechte
Erbprinz Ludwig IX. erhob am 25. August 1763, seinem Namenstag, seine Residenz zur Stadt. Als äußeres Merkmal ließ er den Palisadenzaun durch eine 4 m hohe Steinmauer ersetzen. Hinter der Mauer wurden in regelmäßigen Abständen Wohn- und Diensthäuser für militärische Posten errichtet. Bei Tag und Nacht patrouillierten ungefähr 30 Husaren, um Ausbrechern habhaft zu werden. Im Bereich der beiden Stadttore wurde nach dem Errichten der Steinmauer die Straße gepflastert. Alle anderen Haupt- und Nebenstraßen waren damals noch unbefestigt. Deren Pflasterung wollte der Erbprinz unterstützen, wenn sie von der Stadt beantragt würde, denn die Unterhaltung der Straßen und der Mauer oblag dem Stadtrat. Lediglich die Unterhaltung der Tore hatte der Ludwig IX. übernommen.
Erst am 22. Juli 1769 erhielt Pirmasens die Stadtrechte. Sie bestehen aus 11 Artikeln, sind aber nicht allzu weitgreifend. Die Bürgerschaft wurde von der Leibeigenschaft befreit. Bei Wegzug eines Bürgers aus der Gemeinde, der nur mit der Erlaubnis der fürstlichen Rent-Cammer erfolgen durfte, war ein Abzugsschilling zu entrichten. Ferner blieb die Pflicht zu den Frondiensten bestehen. Die Ernennung des aus 8 Mitgliedern bestehenden Stadtrats hatte sich der Erbprinz selbst vorbehalten. Die Auswahl sollte nach amtlichem Vorschlag aus den „capabelsten Subjekten“ erfolgen. Da der Stadtrat die niederste Gerichtsinstanz wahrzunehmen hatte, sollten auch Gerichtspersonen darin vertreten sein.
Während der Zeit Ludwigs IX. sind in Pirmasens einige neue Straßen - wie die Hauptstraße, Schloßstraße und Alleestraße - entstanden. Sein besonderer Plan, zwischen Hauptstraße und Alleestraße eine breite Allee anzulegen, die schnurgerade vom Zweibrücker Tor bis zum anderen Ende der Stadt verlaufen sollte, scheiterte an Geldmangel. Neben der großen Liebe zu seinen Soldaten war Ludwig IX. eine tolerante Persönlichkeit und seinen Untertanen auf das engste verbunden. Er förderte den Straßenbau im ganzen Land, schaffte Erleichterung für die Bauern bei der Bewirtschaftung ihrer Äcker und war für jede allgemeine Verbesserung des Lebens zugänglich. Der Erbprinz schätzte die Würde des Menschen und dessen Rechte und widmete besondere Sorgfalt dem Schutz der Untertanen gegen Übergriffe seiner Beamten und Offiziere. Er förderte nicht nur Pirmasens, sondern ermöglichte auch auf den Dörfern die Schulen und den Bau von Kirchen.
Ludwig IX. wird Landgraf
Im Jahre 1768 verstarb sein Vater, Landgraf Ludwig VIII. Nun wurde Erbprinz Ludwig IX. selbst zum Landgrafen von Hessen-Darmstadt. Entgegen den Erwartungen der Darmstädter Bürger blieb der neue Herrscher in seiner Garnisonsstadt Pirmasens. Seine Ehefrau Karoline, die große Landgräfin, residierte in Darmstadt und Buchsweiler und machte nur kurze Visiten in Pirmasens. 1784 gab es in Pirmasens 1576 Soldaten, davon 240 Offiziere und 1336 Grenadiere sowie Unteroffiziere. 1790 bestand die Garnison aus 2 Regimentern mit insgesamt 2400 Soldaten, und es gab 51 Gassen, Straßen und Wege. In dieser Zeit hatte die Stadt 9000 Einwohner. In Darmstadt, dem offiziellen Regierungssitz, waren in dem gleichen Jahr genau so viele Bürger registriert. Mit dem Tod des Landgrafen im Jahr 1790 wurde die Garnison aufgelöst und die kurze Blüte der Stadt war vorbei. 1793 schlugen Preußen und Braunschweig die französische Moselarmee in der Schlacht bei Pirmasens. Trotzdem konnte nicht verhindert werden, dass Pirmasens von 1793 bis 1815 zu Frankreich fiel. Danach kam die Stadt mit der übrigen Pfalz zu Bayern.
Ära der Schuhindustrie
Die Bezeichnung Deutsche Schuhmetropole stammt aus der Blütezeit der Schuhindustrie. Obwohl jener Zusatz bisher offiziell nicht aberkannt wurde, erscheint er inzwischen überholt, da durch die Abwanderung der meisten Firmen der Arbeitsmarkt der Stadt nicht mehr nur von der Schuhindustrie dominiert wird. Existierten auf dem Höhepunkt der Schuhindustrie rund 300 Betriebe, ist heute noch ungefähr ein Zehntel davon in Pirmasens ansässig (darunter Peter Kaiser), ebenso das deutsche Schuhhandelszentrum. Ansonsten erinnern die Deutsche Schuhfachschule, das Schuhmuseum im städtischen Rathaus und das Dampfmaschinendenkmal an die Deutsche Schuhmetropole.
Ein Blick hinter die Kulissen liefert die Tatsache, dass die Arbeitsbedingungen in den Schuhbetrieben schlecht waren und die Entlohnung vieler Schuharbeiter im Niedriglohnsektor lag, da für die meisten Arbeitsplätze keine Berufsausbildung notwendig war. Um die Existenz der Familie zu sichern, mussten in den meisten Fällen auch die Ehefrauen in den Schuhfabriken arbeiten. In der Regel wurde im Akkord gearbeitet, was die dort beschäftigten Menschen teilweise sehr belastete. Wenn die vorgegebene Stückzahl nicht erreicht wurde, musste der Rest in Heimarbeit bewältigt werden. Wie in anderen ähnlichen Industriebereichen führte dies bei einem Teil der Beschäftigten zu Verkrüppelungen, Rundrücken oder niedriger Lebenserwartung. Im Gegensatz dazu gelang es den Besitzern vieler Schuhfirmen, zu Millionären zu werden.
Bis heute hat sich daran nur wenig geändert. Die gesundheitlichen Belastungen sind zwar nicht mehr so gravierend, aber immer noch existent. Nach wie vor ist die Bezahlung der einfachen, ungelernten Beschäftigten auf niedrigem Niveau; mittlerweile hat aber die zunehmende Technisierung der überlebenden Schuhfabriken dazu geführt, dass ein grösserer Anteil der Mitarbeiter eine Ausbildung absolviert, eine Fachschule besucht oder studiert hat und damit auch besser bezahlt wird.

Aufbau
Als im Jahre 1790, nach dem Tod des Landgrafen Ludwig IX., die Pirmasenser Garnison aufgelöst wurde, hatten 2400 in Pirmasens lebende Grenadiere und deren Familien keine Arbeit mehr. Aus der Not heraus fertigten sie aus Resten der Uniformen Schlabbe, einfache Schuhe. Die Familien zogen umher, um die gefertigten Schuhe zu verkaufen, während die Männer zuhause neue herstellten. Mit der Zeit erwarben sich die in Pirmasens hergestellten Schuhe einen guten Ruf und es entwickelte sich eine beachtliche Schuhindustrie. Da zur Herstellung der Schuhe Leder und Werkzeug, später Maschinen, Klebstoffe und Farben benötigt wurden, musste auch eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut werden, die diese Waren beschaffte. Durch die Konzentration in Pirmasens entstanden auch in der Nähe, wie z.B. in Waldfischbach-Burgalben Großbetriebe wie die Schuhfabrik Mattill. Im Jahr 1914 existierten in der Stadt Pirmasens 240 Schuhfabriken mit 14.000 Beschäftigten.[9] Als nach dem zweiten Weltkrieg ein Großteil der Innenstadt nach zwei Luftangriffen zerstört war, wurden die Fabriken nach 1945 wieder aufgebaut und noch teilweise vergrößert. 1970 schließlich arbeiteten 22.000 Menschen in der Schuhindustrie.[10]
Niedergang
In den Jahren nach 1970 wurde die Produktion vieler Firmen ins Ausland verlagert, während die Modell-Entwicklung und Verwaltung in Pirmasens verblieb. Nach und nach jedoch mussten immer mehr der Betriebe schließen, da die Produktion zunächst am teuren Standort Deutschland und später auch in Ländern wie Spanien und Portugal oder in Osteuropa durch die große räumliche Trennung nicht mehr rentabel war.
Heutige Situation
Insgesamt arbeiten noch etwa 1.200 Menschen für Schuhfirmen, davon allein 500 bei Peter Kaiser. Auch der größte Arbeitgeber in der Stadt, die 1897 gegründete Firma Kömmerling (profine GmbH) entstand als Zulieferbetrieb für die Schuhindustrie. Eine der ehemaligen Schuhfabriken wurde in einen Gewerbepark Neuffer am Park umgewandelt; eine weitere (Bleiching) ist seit vielen Jahren Standort eines Teils des Finanzamts in Pirmasens. Beim 18.000 m2 großen Riesen Rheinberger, ehemals größte Schuhfabrik Europas, wird der Umbauprozesses 2008 abgeschlossen sein.[11][12]
Seit 1900
Die Encyclopædia Britannica aus dem Jahr 1911 vermerkt unter dem Stichwort Pirmasens:
„Stadt in Deutschland, in der bayerischen Pfalz; 40 Meilen westlich von Speyer, 34.002 Einwohner (1905), an der Eisenbahnlinie von Biebermühle. Die einzig bemerkenswerten Gebäude sind das Rathaus und die evangelische Hauptkirche die ein schönes Denkmal von Ludwig IX (gest. 1790), Dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt enthält. Hauptindustrie ist die Produktion von Stiefeln und Schuhen, aber es werden auch Musikinstrumente, Leder und Maschinen hergestellt.“

1923/24 versuchten pfälzische Separatisten, in Pirmasens dauerhaft Fuß zu fassen, scheiterten aber am 12. Februar 1924: Es kam zur gewaltsamen Stürmung des Bezirksamts, des Sitzes der separatistischen Stadtregierung, durch Bürger und zu mehreren Todesopfern auf beiden Seiten. Die Gedenktafel (siehe Bild) ist in der Nazizeit entstanden, was sich in der Wortwahl niedergeschlagen hat. Gedacht wird nur der Opfer auf Seiten der Bürger. Sie wurde nach dem Krieg von der Besatzungsmacht entfernt und in den 1960er Jahren nach einem umstrittenen Stadtratsbeschluss wieder aufgehängt, nachdem das Hakenkreuz entfernt worden war.
Die Jüdische Gemeinde in Pirmasens
In Pirmasens bestand bis 1940 eine jüdische Gemeinde, deren erste Mitglieder 1767 in die Stadt kamen. 1772 waren es fünf Familien, 1924 bestand sie aus 800 Personen bei 40.000 Einwohnern des gesamten Ortes. Zwischen 1933 und Januar 1936 verließen 67 jüdische Bewohner wegen des zunehmenden Drucks auf Juden in Deutschland Pirmasens, meist in Richtung USA oder Israel. 82 jüdische Männer wurden in ein Konzentrationslager verschleppt. 116 Juden kamen in der Zeit von 1933 bis 1945 ums Leben.[13]
1813 wurde ein erster Friedhof an der Zeppelinstraße angelegt, 1876–1927 wurden Juden auf dem heute noch bestehenden Alten Friedhof beigesetzt. Dieser Teil der Friedhofsanlage wurde in der NS-Zeit fast völlig zerstört. Ab 1927 gab es dann einen jüdischen Teil des neuen Waldfriedhofs.[14]
Nachdem zunächst ein Betsaal für den Gottesdienst ausreichte, wurde ab 1778 über den Bau einer Synagoge für die 100 Gemeindeglieder nachgedacht. 1780/1781 wurde diese im Judengässel fertiggestellt und erst ab 1880 durch einen Neubau ersetzt. Am 5. November 1938 fand der letzte Gottesdienst statt, vier Tage später wurden die Synagoge und viele jüdische Geschäfte und Wohnungen während der sogenannten „Novemberpogrome“ zerstört; heute erinnert eine Gedenktafel in der Synagogengasse an den ehemaligen Standort des Gebäudes.[13]
Bombenangriffe und Ende des Zweiten Weltkriegs
Nach einem ersten alliierten Bombenangriff am 9. August 1944 gab es zahlreiche Todesopfer unter der Bevölkerung. Am 15. März 1945 folgte eine weitere Bombardierung, die zur vollständigen Zerstörung der Innenstadt führte; eine Woche später, am 22. März 1945, marschierten amerikanische Truppen in das Stadtgebiet ein, wodurch der Zweite Weltkrieg für die Bevölkerung zu Ende war.
Die Husterhöh-Kaserne
Mit dem Aufbau der Kaiserslautern Military Community (KMC) der amerikanischen Streitkräfte ab 1945 wurde auch in Pirmasens eine Kaserne auf der Husterhöhe errichtet. Das Pirmasens Army Depot Husterhoeh Kaserne enthielt Wohnanlagen (sogenannte Housings), die Husterhoeh Kaserne der US-Armee, eine Communication Site (Defense Message System Transition Hub), eine Repair Facility, eine Medical Facility und einen Hubschrauberstützpunkt der US-Luftwaffe. Der Standort wickelte über einen Vertrag mit einer bosnischen Spedition den Hin- und Rücktransport von technischen Geräten zur Reparatur, Ersatzteilen und medizinischen Gütern in ganz Westeuropa ab. Während des Kalten Krieges wurden in unterirdischen Supply Caves fertig betankte und munitionierte Panzer zum Einsatz bereitgehalten. [15] In der Kaserne wohnten oder arbeiteten zeitweise bis zu 8.000 Amerikaner und Deutsche. Im Jahr 1995 umfasste die gesamte KMC mit den Standorten Kaiserslautern, Landstuhl, Miesau, Pirmasens und Ramstein Wohnungen, Geschäfte und sonstige unterstützende Einrichtungen für 35.000 Amerikaner. Die zentralen Schulen in Kaiserslautern und Ramstein konnten 7.500 Schüler und Studenten aufnehmen.[16]
Nach dem fast vollständigen Abzug der Amerikaner erhielt der Bund im Jahr 1997 das Gelände zurück. 74 Hektar davon wurden im Rahmen eines Konversionsprojektes erschlossen und zu einem Gewerbepark umgewandelt, was Kosten in Höhe von 31 Mio. € verursachte. Auch die Fachhochschule mit 500 Studenten im Jahr 2005 zog in die ehemalige Kaserne. Der gesamte Gewerbepark bietet (Stand 30. Juni 2007) 1.395 Arbeitsplätze, verteilt auf rund 100 Firmen (2005: 1.200 Arbeitsplätze).[17]
Siehe auch: Bilder und Karten der Husterhöh-Kaserne
Neuere Geschichte
1946 wurde Pirmasens Teil des neu gegründeten Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Im Zuge der rheinland-pfälzischen Verwaltungsreform wurden 1969 die Dörfer Erlenbrunn, Fehrbach, Hengsberg, Niedersimten und Winzeln nach Pirmasens eingemeindet sowie 1972 Gersbach und Windsberg. Der Standort Pirmasens der FH Kaiserslautern wurde 1989 gegründet. In der zum Dienstleistungszentrum Rheinberger umgebauten ehemaligen Schuhfabrik wurde im April 2008 das erste rheinland-pfälzische Science Center Dynamikum eröffnet.[18]
Messestandort Pirmasens
Pirmasens bietet als einzige Stadt in Rheinland-Pfalz die Voraussetzungen für die Durchführung internationaler Messen. Das Gelände wurde ab 1949 von Ludwig Kieffer hauptsächlich für die damals noch florierende Schuhindustrie, speziell die Pirmasenser Schuh und Lederwarenmesse aufgebaut, hat aber auch nach deren schleichendem Ende überlebt. Die gesamte Anlage bietet in 10 Hallen 36.000 m2 überdachte Fläche, 48.000 m2 Freiflächen inklusive Parkplätzen, einen Kongressbereich mit 5 Konferenzräumen und 1 Sitzungssaal sowie 1.700 PKW- und 100 Busparkplätze.
Neben den Messen wird das Gelände auch für Ausstellungen, Tagesveranstaltungen sowie das alljährliche Seitze Gaade-Fest genutzt.
Nachdem früher vor Allem die Pirmasenser Schuhmusterung (psm) und die plw (Internationale Messe für Leder, Schuh-Komponenten und mehr) den Ton angaben, sind jetzt neuere Messen wie die hageha (Verbrauchermesse für Handwerk, Gewerbe und Handel), Gesundheitswelt oder die Kulinaria hinzugekommen. Ab dem Jahr 2004 wurde der Messestandort für 8,4 Mio. € im Rahmen der sogenannten Messe Vision 2007 erweitert.[19] Dieser Umbau wird zu 80 % vom Land Rheinland-Pfalz getragen. In einer kleinen Anfrage an den Landtag in Rheinland-Pfalz wurde im Jahr 2005 über die Verluste der Messe- und Veranstaltungsgesellschaft Pirmasens GmbH in Höhe von 1,4 Mio. € seit 2000 diskutiert.[20]
Ein ebenfalls seit 2005 angewandtes Konzept sieht die Einbindung von sogenannten Außenmessen in Worms, Simmern, Bad Neuenahr-Ahrweiler (Ahrtalschau) und Wachenheim vor. Die renommierte Edelsteinmesse Intergem hingegen wurde 2007 ausgegliedert und wird in Zukunft von der Stadt Idar-Oberstein selbst verwaltet.[21]
Einzelnachweise
- ↑ Pirmasens.de: Pirmasens - Windsberg
- ↑ J. E. Fischer : Die Einführung des Christenthums im jetzigen Königreiche Bayern, 1863, A. Volkhart'sche Buchdruckerei
- ↑ H. Schäfer: Geschichte der Stadt Pirmasens, S. 8, 2000, Wartberg-Verlag
- ↑ H. Schäfer: Geschichte der Stadt Pirmasens, S. 16, 2000, Wartberg-Verlag
- ↑ Sprater, Friedrich: Die Salzstraße, die einst vom Salzgau über Pirmasens, die Salzbrücke, den Salzbach und Salzwoog nach dem Speyergau führte., in Rings um den Horeb. - 1 (1950/51), Bl. 9.
- ↑ Homepage der Prot. Kirchengemeinden Hornbach und Brenschelbach: Die Geschichte des Klosters Hornbach
- ↑ Mitteilungen des historischen Vereins der Pfalz, 1882, S.114
- ↑ Marion Dilg: Stadtportrait Pirmasens - Treppen und Schlappen, auf SWR.de
- ↑ Wer-zu-wem: Peter Kaiser
- ↑ LRP.DE : Auf leisen Sohlen die Zukunft einholen, Lebendiges Rheinland-Pfalz, Heft III-IV, 2004, ISSN 0934-9294
- ↑ GIU Gesellschaft für Innovation und Unternehmensförderung mbH: Projektblatt
- ↑ Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Stadtumbau West
- ↑ a b Alemannia Judaica: Die Jüdische Geschichte / Synagoge in Pirmasens
- ↑ Alemannia Judaica: Jüdische Friedhöfe in Pirmasens
- ↑ Pirmasens Army Depot Husterhoeh Kaserne Pirmasens, Germany
- ↑ D.Cragg: Guide to Military Installations, 2001, Stackpole Books, ISBN 0811727815
- ↑ Gewerbepark Husterhöhe
- ↑ Visionen und Wirklichkeiten rund um den Rheinberger, Pirmasenser Zeitung, 31. August 2007, S. 12
- ↑ Messe Pirmasens : Messe-Modernisierung macht Standort Pirmasens zukunftsfit
- ↑ Landtag Rheinland-Pfalz: Kleine Anfrage : Verluste der Messe und Veranstaltungsgesellschaft Pirmasens GmbH
- ↑ Messe Pirmasens: Messe weiter auf Kurs