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Demokratik Toplum Partisi

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Demokratik Toplum Partisi
Das Logo der DTP
Das Logo der DTP

Vorsitzender Ahmet Türk[1]
Gründungsjahr 2005
Gründer Leyla Zana, Orhan Doğan, Hatip Dicle, Selim Sadak
Politische Ideologie Kurdischer Nationalismus und Sozialdemokratie
Abkürzung DTP
Homepage http://www.dtp.org.tr/

Die Partei der demokratischen Gesellschaft, DTP (Kurdisch: Partîya Cîvaka Demokratîk, Türkisch: Demokratik Toplum Partisi) ist eine kurdisch-nationalistische politische Partei in der Republik Türkei. Die DTP bezeichnet sich selbst als eine Partei, die sich für die nationale Anerkennung der Kurden und eine friedliche Lösung der Kurdenfrage einsetzt.[2] Sie wurde am 24. Oktober 2005 gegründet.

Die DTP ging aus der Bewegung für eine Demokratische Partei (DTH) hervor. Mit der Gründung der Partei vereinten sich führende kurdische Politiker der Türkei, allen voran Leyla Zana, Orhan Doğan und der ehemalige CHP-Abgeordnete Ahmet Türk. Die DTP besitzt Beobachterstatus in der Sozialistischen Internationale.

Zum Vorsitzenden der Partei wurde im Sommer 2006 Ahmet Türk gewählt, jedoch trat er vor den Parlamentswahlen 2007 aus der Partei aus, um als unabhängiger Kandidat an den Wahlen teilzunehmen (zur Umgehung der 10%-Sperrklausel), um anschließend wieder einzutreten. Sein Nachfolger wurde Nurettin Demirtaş, der allerdings 2007 wegen einer gefälschten Untauglichkeitsbescheinigung für den Wehrdienst angeklagt wurde. Derzeit muss er seinen Wehrdienst nachholen und trat deswegen vom Vorsitz zurück. Seit dem 20. Juli 2008 ist Ahmet Türk Vorsitzender der Partei.

Die DTP ist mit 21 Abgeordneten in der Großen Nationalversammlung der Türkei vertreten (Stand: 28. Juli 2008).[3]

Wahlen 2007

Für die Parlamentswahlen 2007 entschied sich die DTP auf einem Kongress im Mai 2007 dafür, unabhängige Kandidaten aufzustellen, um so die 10%-Sperrklausel zu umgehen. Zur Wahlstrategie gehörte es, keine amtierenden Bürgermeister kandidieren zu lassen. Ihr Wahlslogan hieß Bin Umut (Tausend Hoffnungen). 66 Kandidaten wurden von ihr aufgestellt.[4] [5] Die DTP erreichte 20 Sitze im Parlament[6] und bildete eine Fraktion.[7]

Aktivitäten der DTP

Am 13. Januar 2007 führten türkische und kurdische Intellektuelle, Politiker und Menschenrechtsaktivisten eine mehrtägige Versammlung unter dem Titel Türkiye Barışını Arıyor Konferansı (Türkisch für Die Türkei sucht ihren Frieden Konferenz) durch, an der auch Vertreter der DTP teilnahmen.[8] Die DTP ist außerdem Mitbegründerin des Vereins Türkiye Barış Meclisi (TBM) (Friedensrat der Türkei), welcher am 1. September 2007 gegründet wurde.[9]

Am 15. Oktober 2007 stimmte die DTP (mit 19 Stimmen) als einzige Partei im türkischen Parlament gegen eine mögliche Intervention des türkischen Militärs in den Nordirak.[10]

Am 8. November 2007 veröffentlichte die DTP eine Roadmap, die durch die 500 Delegierten der Demokratik Toplum Kongresi verfasst wurde und Vorschläge zu einer demokratischen Lösung der Kurdenfrage enthält.

Als Protest gegen die Militäroperationen der türkischen Armee im Nordirak organisierte die DTP am 4. bis 6. Februar 2008 einen Marsch in die Provinz Şırnak. DTP-Vorsitzende und -Mitglieder aus mehreren Provinzen versammelten sich in Istanbul, von wo aus sie mit Bussen nach Diyarbakır und anschließend nach Şırnak fuhren. In beiden Provinzen wurden Demonstrationen für eine friedliche Lösung der Kurdenfrage abgehalten. Anschließend marschierten tausende mit ihnen in die von den Militäroperationen betroffenen Bergregionen, um dort bis spät in die Nacht gegen die Operation zu demonstrieren. Für den Abend wurden Zelte aufgeschlagen, in denen DTP-Vorsitzende und Demonstranten übernachteten. Die Veranstaltung endete ohne Zwischenfälle.[11][12]

Haltung zur PKK

Türkische Medien und Politiker werfen der DTP vor, als verlängerter Arm der verbotenen Untergrundorganisation PKK zu agieren und Befehlen des inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan folge zu leisten. Die DTP weigert sich die PKK als Terrororganisation zu bezeichnen.

Die unter der Führung der DTP stehenden Stadtverwaltungen unterstützen regelmäßig Beerdigungs- und Kondolenzfeiern, die von der örtlichen Bevölkerung aus für getötete Mitglieder der PKK organisiert werden.[13]

Offizielles Statement

Der Vertreter der DTP in Van Veysi Dilekçi äußerte bei einem Besuch des Vertreters der Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP) Mustafa Bilici zum Konflikt mit der PKK:

„Die PKK ist eine Realität des Landes, das müssen wir akzeptieren. Wir haben keine organisatorische Verbindung zur PKK, sondern eine emotionale. Denn in diesem Land leben Familien, deren Angehörige Militante der PKK sind. Natürlich haben diese Mütter, Väter und Brüder eine politische Meinung. Wenn diese Menschen die DTP bevorzugen, so haben wir eine Verbindung zur PKK. PKK-Milizen sind Kinder dieses Landes. Der Staat muss dafür eine Lösung finden. Unsere Partei wird unter Druck gehalten und isoliert. Wir fordern, dass sich die Regierung zu dem Waffenstillstandsangebot und dem Friedensaufruf der PKK äußert.“[14]

Emine Ayna, Co-Vorsitzende der DTP, sagte in einem Interview über die PKK, ihre Partei verleugne die PKK nicht und sehe sie auch nicht als Terrororganisation.[15] In einem weiteren Interview begründet sie diese Haltung wie folgt:

„Wenn sie (die Türkei, EU und die USA) Terror gleichsetzen mit militärischem Kampf für Rechte, hätten sie auch Nordiraks Kurdenparteien, die gegen Saddam kämpften, als Terroristen bezeichnen müssen.“[16]

Gerichtsverfahren

Die Gerichtsverfahren gegen die DTP stützen sich auf folgende Aktivitäten, welche laut türkischem Recht strafbar sind:

  • Politik im Namen einer ethnischen oder religiösen Minderheit
  • Gebrauch der kurdischen Sprache in Verbindung mit der Politik (sowohl mündlich als auch schriftlich)[17]
  • Tragen der traditionellen kurdischen Farben Grün-Rot-Gelb [18]
  • Kritik am zentralistischen, laizistischen Staatssystem der Türkei, welches auf einer Sprache, einer Fahne und einer Nation beruht.[19]
  • Verwendung des Ausdrucks "Herr" für den inhaftierten PKK-Führer Abdullah Öcalan
  • Propaganda für die Untergrundorganisation PKK und den inhaftierten PKK-Führer. [20]

Prozesse

Am 16. November 2007 leitete der Generalstaatsanwalt Abdurrahman Yalçınkaya ein Verbotsverfahren gegen die DTP ein. Zuständig dafür ist das Verfassungsgericht. Der Vorwurf lautet auf „Separatismus“ und Verstoß gegen das „Verfassungsprinzip der Unteilbarkeit des Staates“.[21] Ministerpräsident Erdoğan reagierte in seiner ersten Stellungnahme auf die Nachricht von der Einleitung des Verbotsverfahrens mit dem Einwand: „Soll man die Partei verbieten, damit ihre Anhänger in die Berge ziehen?“[22]

Am 17. Dezember 2007 wurde der Vorsitzende der DTP Nurettin Demirtaş festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, sich mit einem gefälschten Attest des Militärdienstes entzogen zu haben. [23] [24] Er wurde nach mehr als 5 Monaten am 28. April 2008 wieder freigelassen.[25] Demirtaş leistet jetzt seinen Militärdienst im 125. Gendarmeriesoldatenausbildungsregiment im Landkreis Safranbolu der Provinz Karabük und ist daher von dem Posten des Parteivorsitzenden zurückgetreten. [26]

56 Bürgermeister der DTP baten per Bittschrift den Ministerpräsidenten von Dänemark, Anders Fogh Rasmussen, den Fernsehsender Roj TV, dem Nähe zur kurdischen Untergrundorganisation PKK vorgeworfen wird, nicht zu schließen. Daraufhin wurde ein Gerichtsverfahren gegen die kurdischen Bürgermeister eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft forderte für 53 der 56 Angeklagten je 15 Jahre Haft.[27] 53 der angeklagten Bürgermeister wurden im April 2008 zu Geldstrafen verurteilt.[28]

Abdullah Demirbaş, Mitglied der DTP und Bürgermeister von Sur (in Diyarbakır), bot kommunale Dienste auch in kurdischer Sprache an und wurde per Entscheidung des 8. Senats des Verwaltungsgerichtshofs der Türkei (Danıştay) seines Amtes enthoben.

Am 20. März 2008 begann das Gerichtsverfahren gegen den Vorsitzenden der DTP Nurettin Demirtaş und den Bürgermeister von Dicle Abdullah Akengin. In der Anklageschrift wird ihnen vorgeworfen, während einer Parteiveranstaltung im November 2007 Propaganda für die PKK gemacht zu haben. Grundlage für die Anklage bildet das Gesetz zur Bekämpfung von Terror (Terörle Mücadele Kanunu, TMK). [29] Am 12. Juni 2008 übergab die DTP ihre Verteidigungsschrift dem Verfassungsgericht.

Am 10. April 2008 verurteilte der Gerichtshof in Diyarbakır die Politikerin und Menschenrechtsaktivistin Leyla Zana wegen "Propaganda für eine verbotene Partei" zu zwei Jahren Gefängnis, weil sie im Jahr 2007 Abdullah Öcalan als Führer des kurdischen Volkes bezeichnet hatte. [30]

Übergriffe

Wegen Ressentiments der Bevölkerung gegen die PKK kam es zu Übergriffen auf Parteigebäude der DTP. Am 3. Oktober 2007 wurde auf die Parteizentrale der DTP in Ankara geschossen. Niemand wurde verletzt, der Täter wurde noch in den Abendstunden desselben Tages verhaftet.[31] Es folgten weitere bewaffnete Übergriffe gegen Parteizentralen der DTP (unter anderem in Istanbul [32] und İskenderun[33]). Die DTP veröffentlichte am 5. Oktober zu den bewaffneten Übergriffen eine Presseerklärung. Selma Irmak äußerte sich besorgt zu den Vorfällen und bedauerte, dass ihre Partei zur Zielscheibe der Medien und der Allgemeinheit gemacht werde.[34]

Am 27. April 2008 organisierte die DTP in der Provinz Sakarya eine Abendveranstaltung mit dem Titel "Frieden und Brüderlichkeit". Eine Gruppe von ca. 100 türkischen Nationalisten versuchte, den Saal zu stürmen. Die Feiernden waren für mehr als 5 Stunden im Saal gefangen, weswegen 11 Personen Kreislaufprobleme bekamen. Ein Mann erlitt einen Herzinfarkt und verstarb kurz darauf im Krankenhaus. [35]

Kaum eine Woche später stürmten Unbekannte in der Nacht auf den 6. Mai 2008 das DTP-Parteibüro in Izmir und legten es in Brand. [36]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. cnnturk.com: Ahmet Türk genel başkan oldu, abgerufen am 20. Juli 2008]
  2. Ozgurhaber.com: Demokratik Toplum Partisi, Sonuç Bildirgesini Açıkladı, abgerufen am 28. April 2008
  3. Abgeordnete der 23.Legislaturperiode, Große Nationalversammlung der Türkei, abgerufen am 09. August 2007
  4. DTP'nin destek verecegi bagimsiz adaylar... Milliyet vom 05.06.2007
  5. Kesin adaylar Wahlausschuss der Türkei mit der endgültigen Liste aller Kandidaten getrennt nach Provinzen
  6. SEÇIM2007.COM TÜRKIYE SONUÇLARI
  7. DTP Meclis'te grup basvurusunu yapti
  8. Haberler.com: 'Türkiye Barışını Arıyor Konferansı', abgerufen am 29. Oktober 2007
  9. bianet.org: Türkiye'nin Artik Barış Meclisi Var, abgerufen am 29. Oktober 2007
  10. spiegel.de: Türkisches Parlament erlaubt Militärschlag im Nordirak, abgerufen am 4. November 2007
  11. ntvmsnbc.com: DTP’lilerden operasyonlara karşı yürüyüş, abgerufen am 9 Februar 2008
  12. cnnturk.com: DTP'nin çadır eylemi olaysız sona erdi, abgerufen am 9 Februar 2008
  13. Zum Beispiel cnnturk.com: Ölen PKK'lının taziye çadırı belediyeden, abgerufen am 30. April 2008]
  14. DTP'li baskan: PKK ile duygusal bagimiz var, Zaman Online, abgerufen am 17. April 2007
  15. Staat würde die Kurden „in die Berge treiben“, Der Standard Online, abgerufen am 17. Dezember 2007
  16. „Die Ideologie des Staates ist gleich geblieben“, Die Presse Online, abgerufen am 17. Dezember 2007
  17. Proasyl.de: Die Türkei und die Minderheitenrechte am Beispiel der kurdischen Sprache (S. 2, dritter Abschnitt), abgerufen am 12. April 2008]
  18. Siehe den Wikipedia-Artikel über Leyla Zana
  19. Siehe auch Beleidigung des Türkentums, der Republik und der Institutionen und Organe des Staates
  20. nzz.ch: Stunde der Wahrheit; Menschenrechte und Wirtschaft: das Beispiel Türkei, abgerufen am 12. April 2008]
  21. Der Meldungs des Tagesspiegels
  22. Istanbulpost.net: Verbotsverfahren gegen die DTP eingeleitet, abgerufen am 22. November 2007]
  23. nickss.org: Türkei: DTP-Vorsitzender verhaftet, abgerufen am 22. November 2007]
  24. DTP Genel Başkanı Demirtaş gözaltında, CNNTÜRK, abgerufen am 21. März 2008
  25. cnnturk.com: "Çürük raporu" davasında tahliye kararı, abgerufen am 28. April 2008]
  26. cnnturk.com: Demirtaş genel başkanlıktan istifa etti, abgerufen am 30. April 2008]
  27. DTP'li 53 belediye baskaninin 15 yil hapsi istendi Milliyet vom 03.04.2007
  28. cnnturk.com: Roj TV davasında karar açıklandı, abgerufen am 23. März 2008
  29. DTP'li Demirtaş'ın yargılanmasına başlandı, CNNTÜRK, abgerufen am 21. März 2008
  30. rf-news.de: Leyla Zana zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, abgerufen am 12. April 2008
  31. Yeni Safak: DTP'ye silahli saldiri, abgerufen am 8. Oktober 2007
  32. Haber7.com: DTP ilçe binasina silahli saldiri, abgerufen am 8. Oktober 2007
  33. Hürriyet: DTP Iskenderun teskilat binasi kursunlandi, abgerufen am 9. Oktober 2007
  34. Haber10.com: 'DTP BASKI ALTINDA', abgerufen am 9. Oktober 2007
  35. cnnturk.com: 'DTP'nin düzenlediği gecede gerginlik', abgerufen am 27. April 2008
  36. yeniozgurpolitika.org: DTP Torbalı ilçe binası kundaklandı, abgerufen am 6. Mai 2008

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