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Berliner Tageblatt

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Das Berliner Tageblatt wurde vom Berliner Verleger Rudolf Mosse gegründet und am 1. Januar 1872 erstmals herausgegeben. Es diente zunächst als Anzeigenblatt der Geschäftswelt und entwickelte sich daraus zu einer eigenständigen Zeitung. Mit der Gründung des Berliner Tageblatts legte Rudolf Mosse den Grundstein für den ersten Zeitungskonzern.

Am 5. Januar 1919 wurde der Sitz der Zeitung für eine Woche von rebellierenden Soldaten besetzt. Im Jahr 1920 hatte das "Berliner Tageblatt" eine zweimal tägliche Auflage von rund 245.000 Exemplaren erreicht.

Theodor Wolff, der frühere Pariser Korrespondent der Zeitung, war von 1906 bis 1933 Chefredakteur der Zeitung, er löste den kranken Arthur Levysohn ab. Die Zeitung entwickelte sich unter seiner Leitung zum einflussreichsten Hauptstadtblatt. Das Berliner Tageblatt und die Frankfurter Zeitung wurden die wichtigsten liberalen deutschen Zeitungen.

Vom Dezember 1918 bis zum April 1920 war Kurt Tucholsky Chefredakteur der humoristischen Beilage Ulk, die von 1913 bis 1933 wöchentlich erschien. Außerdem lieferte er in dieser Zeit fünfzig Texte fürs Berliner Tageblatt.

Nach dem Tod Mosses im Jahr 1920 wurde sein Schwiegersohn Hans Lachmann-Mosse Nachfolger als Verleger. Hans Lachmann-Mosse war Bankkaufmann und hatte als Sohn des Besitzers der Berliner Messingwerke vom Zeitungswesen wenig Ahnung.

Wolff gelang es in den 27 Jahren seiner Chefredakteurstätigkeit die Elite des deutschen Journalismus an sein Blatt zu binden: Für die Innenpolitik zum Beispiel Ernst Feder und Rudolf Olden, für die Außenpolitik Josef Schwab, Max Jordan und Maximilian Müller-Jabusch. Für den Handelsteil waren Arthur Norden und Felix Pinner verantwortlich. Von 1922 bis 1932 war Fred Hildenbrandt Feuilletonchef.

Leiter der Kulturredaktion war Alfred Kerr. Zu den regelmäßigen Mitarbeitern des Feuilletons gehörten außerdem Alfred Polgar, Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Otto Flake und Frank Thiess. Vom 20. März bis 26. April 1931 erschien im Berliner Tageblatt z.B. der Vorabdruck des Romans Schloß Gripsholm von Kurt Tucholsky


Am 3. März 1933 entließ Hans Lachmann-Mosse den Chefredakteur Theodor Wolff, der nach dem Reichstagsbrand aufgrund seiner deutlichen Kritik am herrschenden Regime und seiner jüdischen Herkunft über München nach Tirol geflohen war.

Nach 1933 wird die Zeitung gleichgeschaltet und erscheint mit einer Berliner und einer Reichsausgabe noch bis zum 31. Januar 1939. Über Turbulenzen bei der Gleichschaltung und die eigenartige Dialektik, wie einerseits eine Mannschaft um den Chefredakteur Paul Scheffer sich um freie Berichterstattung bemühte und andererseits der Propagandaminister Dr. Joseph Goebbels das BT als Feigenblatt angeblicher Pressefreiheit benutzte, berichtet Margret Boveri in ihrem Buch "Wir lügen alle".


  • 1917: 245.000 Exemplare
  • 03.1919: werktags: 160.000-170.000, sonntags 300.000 Exemplare
  • 1920: werktags: 245.000, sonntags 300.000 Exemplare
  • 1923: sonntags ca. 250.000 Exemplare
  • 04.1928: 150.000 Exemplare
  • 1929: werktags 137.000, davon Stadtauflage: 83.000, sonntags: 250.000 Exemplare
  • 1930-1931: werktags 121.000, davon Stadtauflage: 77.000, sonntags 208.000, davon Stadtauflage: 113.000 Exemplare
  • 04.1931: 140.000 Exemplare
  • 1933: 130.000-240.000 Exemplare

(zusammengestellt nach verschiedenen Quellen)

Literatur

  • Karl Schottenloher: Flugblatt und Zeitung. Ein Wegweiser durch das gedruckte Tagesschrifttum, Band 1: Von den Anfängen bis 1848, Berlin, Schmidt 1922. Neu herausgegeben, eingeleitet und ergänzt von J. Binkowski, München, Klinkhardt und Biermann 1985, ISBN 3-781-40228-2
  • Arnulf Kutsch, Johannes Weber: 350 Jahre Tageszeitung, Forschungen und Dokumente. Bremen 2002. Paperback, 220 Seiten. ISBN 3-934686-06-0
  • Peter de Mendelssohn: Zeitungsstadt Berlin: Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse Berlin: Ullstein, 1959. 2., überarb. u. erw. Aufl. Frankfurt am Main, Berlin, Wien: Ullstein: 1982.
  • Walter G. Oschilewski: Zeitungen in Berlin: Im Spiegel der Jahrhunderte, Berlin: Haude & Spener, 1975.
  • Margret Boveri. Wir lügen alle: Eine Hauptstadtzeitung unter Hitler. Olten: Walter, 1965.

Siehe auch: