Feiglingsspiel
Beim Chicken Game (engl.: chicken = Feigling) handelt es sich um ein Problem der Spieltheorie. Dieses Spiel ist auch unter dem Namen Brinkmanship (Spiel mit dem Untergang) oder als 'Feiglingsspiel' in der Literatur bekannt.
Es geht um ein Szenario, das in dem Film ...denn sie wissen nicht, was sie tun im Rahmen einer Mutprobe unter Jugendlichen dargestellt wird: Zwei Sportwagen fahren aufeinander zu. Wer ausweicht, beweist damit seine Angst und hat verloren. Weicht keiner aus, haben beide Spieler nicht nur das Spiel, sondern auch noch ihr Leben verloren.
Das Chicken Game ist dazu geeignet, die Kubakrise zu beschreiben.
Chicken als einfaches Zweipersonenspiel mit zwei Strategien
Chicken wird in der Spieltheorie als ein Zweipersonenspiel mit je zwei Strategien (Ausweichen, Weiterfahren) modelliert. Die Auszahlungen (in Nutzeneinheiten) könnten wie in der folgenden Matrix aussehen:
Spieler 2 | |||
---|---|---|---|
Ausweichen | Weiterfahren | ||
Spieler 1 | Ausweichen | 4/4 | 2/6 |
Weiterfahren | 6/2 | 0/0 |
Das Spiel hat drei Nash-Gleichgewichte. Zwei in reinen Strategien (Ausweichen/Weiterfahren und Weiterfahren/Ausweichen) und eines in gemischten Strategien (beide Spieler weichen mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/2 aus). Ohne weitere Informationen über die Spieler reicht das Lösungskonzept des Nashgleichgewichts also nicht aus, um eine Lösung des Spieles zu bestimmen.
Grenzen des Modells
Wenn das Chicken-Spiel in der Realität gespielt wird, haben die Spieler mehr als nur zwei Optionen (Strategien). So stehen sie nicht einfach vor der Entscheidung weiterzufahren oder auszuweichen, sondern sie können z.B. zu verschiedenen Zeitpunkten ausweichen. Außerdem haben sie vielleicht die Möglichkeit, vor der eigentlichen Mutprobe Handlungen auszuführen, die das Verhalten des Gegners beeinflussen, indem sie z.B. versuchen, den Gegner davon zu überzeugen, dass sie selbst keinesfalls ausweichen werden.
Das könnte über eine glaubwürdige Selbstbindung geschehen: Wenn es einem der Mitspieler gelingt, die Auszahlungen so zu verändern, daß für ihn Ausweichen in jedem Fall zu einem niedrigeren Nutzen führt als Weiterfahren, dann ist seine Ankündigung, in jedem Fall weiterzufahren, glaubwürdig. Sein Gegner kann sich sicher sein, dass sein (rationaler) Mitspieler seine Ankündigung wahr machen wird.
Etwas konkreter könnte einer der Spieler so überlegen: "Nur wenn ich den anderen davon überzeugen kann, dass mein Auto z.B. in die Luft fliegt, sobald ich nach links oder rechts steuere, ist meine Drohung glaubwürdig und der andere kann die beste Antwort (best response) auf meine Strategie wählen, was in diesem Fall dann vermutlich ein Ausweichen wäre."
Wenn diese Möglichkeit der glaubwürdigen Selbstbindung explizit in ein symmetrisches, mehrstufiges Modell eingebaut wird, bei dem beide Spieler vor dem eigentlichen Rennen die Auszahlungen entsprechend beeinflußen können, gibt es allerdings wieder zwei symmetrische Nash-Gleichgewichte:
- Spieler 1 bindet sich glaubwürdig, weicht nicht aus, Spieler 2 weicht aus;
- Spieler 2 bindet sich glaubwürdig, weicht nicht aus, Spieler 1 weicht aus.
Diese Komplizierung des Modells hilft also nicht, eine eindeutige Lösung des Spiels zu bestimmen.
Literatur
- Theodor W. May: Individuelles Entscheiden in sequentiellen Konfliktspielen. Lang-Verlag, Frankfurt am Main 1983. ISBN 3-8204-5135-8
Siehe auch: Gefangenendilemma, Kampf der Geschlechter, Hirschjagd