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Garri Kimowitsch Kasparow

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Garri Kimowitsch Kasparow (russisch Гарри Кимович Каспаров, wiss. Transliteration Garri Kimovič Kasparov, eigentlich Garik Weinstein; * 13. April 1963 in Baku, heute Aserbaidschan) ist ein sehr erfolgreicher Schachspieler armenisch-jüdischer Abstammung mit russischer und US-amerikanischer Staatsbürgerschaft.

In den USA schreibt sich der Name Garry Kasparov. In der aktuellen FIDE-Rangliste, die Kasparov seit 20 Jahren ununterbrochen anführt, belegt er den ersten Platz mit einer Elo-Zahl von 2804. Nach dem im März 2005 ausgespielten Turnier in Linares, das Kasparow gewann, erklärte er überraschend den Rücktritt von seiner aktiven Profilaufbahn.

Biographie

Kindheit und Jugend

Kasparows Schach-Karriere begann kurz vor seinem sechsten Geburtstag: Er beobachtete seine Eltern, wie sie über eine Zeitung gebeugt vergeblich versuchten, ein Schachproblem zu lösen. Kasparow: "Ich hatte noch nie Schach gespielt, aber ich sah gespannt zu, wie sie sich abmühten [...] und schließlich resigniert aufgaben. Am nächsten Morgen zeigte ich ihnen den zur Lösung führenden Zug." [zit. G. Kasparow: Politische Partie (1987) 27]. Ab dem siebten Lebensjahr erhielt Garri im Palast der Jungen Pioniere in Baku regelmäßig Schachunterricht.

Mit zehn Jahren kam er zum dreimaligen Schach-Weltmeister Michail Botwinnik in dessen Schachschule. Botwinnik wurde Kasparows schachlicher Ziehvater und zugleich Vorbild, Trainer und Kritiker. Mit 15 Jahren übernahm Garri in der Schachschule sogar eine Art Assistentenfunktion. 1980 wurde dem jetzt 17-jährigen Kasparow der Titel eines Großmeisters (GM) verliehen. Im gleichen Jahr gewann er in Dortmund die Junioren-Weltmeisterschaft.

Weltmeisterschaftskämpfe

Am 9. November 1985 wurde Garri Kasparow der 13. Schachweltmeister, zugleich jüngster Schachweltmeister aller Zeiten. Er gewann den Titel im zweiten WM-Kampf gegen Anatoli Karpow mit 13 : 11 (in 24 Runden). Der erste Wettkampf hatte am 10. September 1984 begonnen und war am 15. Februar 1985 nach 48 Runden beim Stand von 5 : 3 für Titelverteidiger Anatoli Karpow abgebrochen worden, nachdem Kasparow zwei Partien in Folge gegen den Weltmeister (WM) gewonnen hatte. Weltmeister sollte werden, wer zuerst sechsmal gewann, Remisen zählten im ersten Match also nicht. Der Match-Abbruch geschah unter bis heute ungeklärten Umständen auf Betreiben des damaligen FIDE-Päsidenten Florencio Campomanes. In seiner Autobiografie von 1987 (Politische Partie, ISBN 3-426-26314-9) beschuldigte Kasparow Campomanes, seinen Kontrahenten Anatoli Karpow und die Schachverantwortlichen der UdSSR des Komplotts gegen ihn.

Garri Kasparow verteidigte den WM-Titel erfolgreich in drei weiteren Begegnungen mit Karpow 1986, 1987 und 1990.

PCA-Weltmeisterschaften

1993 kam es zu Unstimmigkeiten mit der Weltschachorganisation FIDE, die ihm den WM-Titel daraufhin entzog. Kasparow gründete im Anschluss daran mit Nigel Short die PCA (Professional Chess Association) und gewann die PCA-Weltmeisterschaftskämpfe 1993 gegen Nigel Short (6 Siege, 1 Niederlage, 13 Unentschieden) und 1995 gegen Viswanathan Anand (4 Siege, 1 Niederlage, 13 Unentschieden). 2000 verlor er gegen Wladimir Kramnik (2 Niederlagen, 13 Unentschieden).

Im Zuge von Bestrebungen, die beiden konkurrierenden Weltmeistertitel wieder zu vereinigen, sollte Kasparow als Weltranglistenerster 2005 einen Wettkampf gegen den amtierenden Weltmeister der FIDE, Rustam Kasimdschanow, bestreiten. Nachdem dieses Match nicht zustande kam, verkündete Kasparow nach seinem Sieg im Turnier von Linares am 10. März 2005 seinen Rückzug aus dem professionellen Schach.

Mensch gegen Maschine

Großes Interesse riefen seine Wettkämpfe gegen Schachprogramme hervor. In den Achtzigerjahren hatte Kasparow behauptet, er würde nie von einem Schachprogramm geschlagen werden. Während er 1996 gegen den von IBM gebauten Computer "Deep Blue" mit 4:2 siegreich blieb, verlor er 1997 den Rückkampf 2,5:3,5. Auch später stellte er sich immer wieder Vergleichen mit Schachcomputern. Seine Wettkämpfe 2003 gegen die Programme "Deep Junior" und "Deep Fritz" endeten jeweils unentschieden.

Spielstärke

Kasparow gilt als einer der besten Schachspieler aller Zeiten. Seine 1999 erreichte Elo-Zahl von 2.851 wurde bisher nicht übertroffen. Heutige Elo-Zahlen sind wegen ihrer inflationären Tendenz allerdings nicht direkt mit früheren Elo-Werten vergleichbar. Auch setzte sich das Elo-Rating erst nach dem FIDE-Kongress in Siegen 1970 allmählich durch. Über die Elo-Zahlen von Bobby Fischer als aktiver Spieler oder früherer Weltmeister kann nur spekuliert werden. Allgemeiner Konsens besteht aber darin, dass Kasparows Wissen zur Eröffnungstheorie vergleichbare Kenntnisse anderer Großmeister oder früherer Weltmeister deutlich übersteigt.

Für einen Großteil des Schachpublikums gilt der 2004 noch immer Weltranglistenerste, trotz in letzter Zeit fehlender Erfolge bei Weltmeisterschaften, nach wie vor als stärkster Spieler weltweit. Im November 2004 gewann er die russische Landesmeisterschaft.

Spielstil

Kasparows Schachstil ist dynamisch und aggressiv – hier ähnelt er seinem schachlichen Vorbild Weltmeister Alexander Aljechin. Auch ist Kasparow für seine hervorragende Eröffnungsvorbereitung bekannt – hier ähnelt er seinem zweiten Vorbild, Weltmeister Michail Botwinnik, wobei Botwinnik eher die defensivere Variante bevorzugte.

Engagement

Neben der Vorbereitung auf Weltmeisterschaften widmet er sich auch vielen anderen Interessen, unter anderem ist er politisch engagiert und hat sich mehrfach als Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin profiliert. Er gilt als Computerexperte und spricht eine größere Anzahl an Fremdsprachen. Nach zahlreichen Schaukämpfen in den Jahren zuvor und als langjähriger Partner des Dresdner Zentrums für Mikrolektronik setzte er sich dafür ein, dass die Schacholympiade 2008 in Dresden stattfindet. Derzeit arbeitet er an einer auf 8 Bände angelegten Geschichte der Schachweltmeister unter dem Titel Meine großen Vorkämpfer.