Chemische Gasphasenabscheidung
CVD ist eine Abkürzung für den englischen Begriff Chemical Vapor Deposition, auf Deutsch chemische Gasphasenabscheidung.
Es handelt sich um eine Gruppe von Beschichtungsverfahren, deren wichtigste Anwendung die Waferbeschichtung ist.
Verfahrensprinzip
An der erhitzten Oberfläche eines Substrates wird aufgrund einer chemischen Reaktion aus der Gasphase eine Feststoffkomponente abgeschieden.
Voraussetzung hierfür ist, dass flüchtige Verbindungen der Schichtkomponenten existieren, die bei einer bestimmten Reaktionstemperatur die feste Schicht abscheiden.
Das CVD-Verfahren zeichnet sich durch mindestens eine Reaktion an der Oberfläche des zu beschichtenden Werkstücks aus. An dieser Reaktion müssen mindestens zwei gasförmige Ausgangsverbindungen (Edukte) und mindestens zwei Reaktionsprodukte - davon mindestens eines gasförmig und mindestens eines in der festen Phase - beteiligt sein.
Um die Oberflächenreaktion gegenüber konkurrierenden Reaktionen in der Gasphase zu bevorzugen und somit die Bildung von Staub zu vermeiden, werden CVD-Prozesse zumeist bei reduziertem Druck betrieben (typisch: 0,01-10 hPa).
Eine besondere Eigenschaft des CVD-Verfahrens ist die hohe Streukraft des Verfahrens. Im Unterschied zu physikalischen Verfahren ermöglicht die chemische Gasphasenabscheidung auch die Beschichtung von komplex dreidimensional geformten Oberflächen. So können z.B. feinste Vertiefungen in Wafern oder auch Hohlkörper auf ihrer Innenseite gleichmäßig beschichtet werden.
Beispiele
- Eine Siliciumnitrid-Schicht wird aus Ammoniak und Dichlorsilan erzeugt.
- Für Siliciumdioxid-Schichten benutzt man Silan und Sauerstoff.
- Zur Herstellung von Metall/Silicium-Hybriden (Siliciden) wird Wolframhexafluorid eingesetzt.
- Titannitrid-Schichten zum Härten von Werkzeugen (Bohrer, Schneidwerkzeuge) werden aus TDMAT und Stickstoff erzeugt.
- Zinnoxid-Schichten werden aus Zinn-Chlorid oder Zinn-organischen Verbindungen und Sauerstoff oder Wasserdampf auf Flachglas und auf Behälterglas abgeschieden.
Anwendung
CVD-Beschichtungen werden in der Elektronikindustrie angewendet, um z.B. Si3N4, SiO2, poly-Si, kristallines Si (EPI-Si) und SiONx auf Waferoberflächen abzuscheiden.
Vor der Abscheidung wird der Wafer in einem Trockenätzverfahren (Dry Etch Process) gereinigt, bei dem entweder Schwefelhexafluorid oder eine Mischung aus Tetrafluormethan und hochreinem Sauerstoff eingesetzt werden. Stickstoff und Wasserstoff dienen dabei als Trägergase. Die CVD-Reaktionskammern werden mit Stickstofftrifluorid gereinigt.
Für die Strukturierung von Silicium durch Ätzverfahren kann mittels CVD-Gasphasenepitaxie eine mit Bor dotierte EPI-Si-Schicht als Ätzstoppschicht abgeschieden werden.
Außerhalb der Elektronikindustrie ist die Veredelung von Glas eines der größten Anwendungsgebiete des CVD. So werden jährlich ca. 10 Mio m² Architekturglas mit Wärmeschutzschichten aus Fluor-dotierten Zinnoxid überzogen. (s. On-line Deposition of Oxides on Flat Glass). Eine weitere wichtige Anwendung von Zinnoxid-Schichten ist der Schutz von Behälterglas. Die Beschichtung der Außenflächen schützt das Glas gegen mechanische Stoßbelastungen, z.B. in Abfüllanlagen.
Weitere Anwendungen sind optische Schichten auf Glas (Reflektoren), auf Kunststoff sowie gasdichte Barriere-Schichten.
Verfahrensgrenzen
Nicht für jede wünschenswerte Schicht gibt es eine gasförmige Verbindung, aus der sie hergestellt werden könnte.
Eine weitere Einschränkung des Verfahrens stellt die hohe Temperaturbelastung des Substrates dar. Die Hitzebelastung kann unter anderem Verzug an Werkstücken bedingen oder oberhalb der Erweichungstemperatur des zu beschichtenden Materials liegen, sodass das Verfahren nicht angewendet werden kann. Außerdem kommt es bei hohen Temperaturen zu zu Diffusionsprozessen, dadurch werden Dotierprofile verschmiert oder Metalle nach Beschichtungsprozessen diffundieren ein. Allerdings gibt es auch Varianten, wo die thermische Belastung geringer ist und dadurch die negativen Effekte verringert werden.
Varianten
Durch das plasmaunterstützte CVD (PECVD: Plasma Enhanced CVD) kann die Temperaturbelastung des Substrates reduziert werden. Dabei wird oberhalb des Wafers ein Plasma gezündet. Die eingeleiteten Gase werde in diesem Plasma angeregt, dadurch reduziert sich die Reaktionsenergie und die Temperatur kann dadurch niedriger sein. Allerdings besteht hierbei der Nachteil das durch die Strahlung das Plasmas die Kristallstruktur des Wafers geschädigt wird.
Zur Verringerung der Strahlungsbelastung wird das Plasma räumlich vom Wafer getrennt, daher RPECVD (Remote Plasma Enhanced CVD).
Bei dem LPCVD (Low Pressure CVD) wird ein geringerer Druck in der Reaktionskammer benötigt.
Mit MOCVD (Metal Organic CVD, ähnlich: OMCVD) wird die chemische Abscheidung aus metallorganischen Ausgangsverbindungen bezeichnet. Eine Untergruppe des MOCVD ist die Gasphasen-Epitaxie (MOVPE: Metal Organic Vapor Phase Epitaxy), bei der kristalline Schichten sehr hoher Qualität hergestellt werden.
APCVD (Atmospheric Pressure CVD) wird im Unterschied zu den meisten CVD-Prozessen nicht bei reduziertem, sondern bei Normaldruck betrieben.
Eine Spezialität, die den besonderen Vorteil des CVD nutzt, auch poröse Körper gleichmäßig beschichten zu können ist das CVI (Chemical Vapor Infiltration). Diese Methode wird z.B. für die Beschichtung von Faserbündeln eingesetzt.
Historie
Der Begriff CVD bzw. Chemical Vapor Deposition wurde im Jahr 1960 von ohn M. Blocher, Jr. geprägt. Mit diesem Begriff sollte die chemische Gasphasenabscheidung von physikalischen Beschichtungsverfahren unterschieden werden, die John Blocher unter dem Begriff PVD (Physical Vapor Deposition) zusammenfasste. Die Geschichte des CVD-Verfahrens beginnt jedoch sehr viel früher. Bereits 1852 berichtete der deutsche Chemiker Robert Wilhelm Bunsen über die Abscheidung von Fe2O3 aus gasförmigem Eisenchlorid (FeCl3) und Wasserdampf (s. From Bunsen... ). Je nach Begriffsdefinition lassen sich auch noch deutlich ältere Berichte über CVD-Prozesse finden.
Eine hervorragende Übersicht über die chemische Gasphasenabscheidung ist in dem Klassiker C. F. Powell; J. H. Oxley, J. M. Blocher, Jr. Vapor Deposition, Wiley (New York), (1966). zu finden, der trotz seines Alters in den Grundlagen noch immer noch sehr aktuell ist.