St.-Johannis-Kloster vor Schleswig

Das St.-Johannis-Kloster vor Schleswig wurde 1194 als Benediktinerinnenkloster gegründet. 1536 wurde es in ein Frauenstift umgewandelt.
Geschichte

1140, rund 80 Jahre nachdem Haithabu auf der Südseite der Schlei aufgegeben wurde, wurde in Schleswig zunächst das Benediktinerkloster St. Michaelis auf dem Berge gegründet.[1] Nach nur rund 50-jährigem Bestehen wurde das Doppelkloster, das Mönche wie Nonnen beherbergte, auf Grund des sittlichen Verfalls – insbesondere bei den männlichen Bewohnern – 1192 geschlossen. Die Mönche verließen Schleswig und gingen nach Guldholm am Langsee bei Böklund.[2] Die Nonnen, die nach den Grundsätzen des heiligen Benedikt lebten, gründeten 1194 St.-Johannis-Klosters am Holm, einer Fischersiedlung, die damals noch auf einer Insel in der Schlei vor der Stadt Schleswig lag. Daher rührt auch der Name St.-Johannis-Kloster vor Schleswig.
1234 entstand in der Stadt Schleswig – auf den Fundamenten eines ehemaligen dänischen Königshofs – das Graukloster, das von Franziskaner Mönchen betrieben wurde. Der Dom des Bistums Schleswig existierte zu dieser Zeit als romanische Basilika, die ab 1134 errichtet wurde und 1275 teilweise einstürzte; etwa zur Zeit der Gründung von St.-Johannis wurde das noch heute existierende Petri-Portal errichtet (um 1180). An der Stelle des Schloss Gottorf befand sich zu dieser Zeit noch eine Burg.
Brände in den Jahren 1299 und 1487 führten zu massiven Zerstörungen und anschließendem Wiederaufbau. 1536 ging das Kloster in den Besitz der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft über und wurde in ein Stift für die unverheirateten Töchter des schleswig-holsteinischen Adels umgewandelt.[3] Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Klosteranlage um weitere Gebäude ergänzt. In den 1840er Jahren komponierte der damalige Kantor der Klosterkirche Carl Gottlieb Bellmann die Melodie des Schleswig-Holstein-Lieds Schleswig-Holstein meerumschlungen.
Die Anlage, die als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz steht, gilt heute trotz der beiden Brände als besterhaltener mittelalterlicher Klosterkomplex in Schleswig-Holstein. Die Außenanlagen sind heute frei zugängig, das Innere des Klosters darf nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Teile des Stifts werden heute für Kulturveranstaltungen und Trauungen verwendet.
Klosteranlage und Inventar
Im Norden der direkt an der Schlei gelegenen Klosteranlage befindet sich die einschiffige romanische Klosterkriche aus der Zeit zwischen 1200 und 1230. An dieser Stelle befand sich bereits vor der Gründung des Klosters eine in Tuff errichtete Pfarrkirche, die vor 1170 entstanden ist. In der Klosterkirche befindet sich die Nonnenempore von 1240 und das etwa fünf Meter hohe spätgotische Sakramentshaus (um 1450). Der Barock-Altar, die Barock-Kanzel sowie das Gebetsstübchen im Altarraum stammen aus der Zeit zwischen 1711 und 1717.

Auf einem Gewölbekeller aus dem 13. Jahrhundert im südlichen Teil der Anlage befindet sich der Remter mit dem reich verzierten, zehnsitzige Nonnenchorgestühl[4] von 1240 und den Totenschildern der verstorbenen Konventualinnen. Die sogenannte Bellmann-Orgel, eine Schrankorgel aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, auf der Bellmann das Schleswig-Holstein-Lied komponiert haben soll, ist ebenfalls im Remter des Stifts zu sehen. Der Remter ist der einzige unterkellerte Teil des Klosters.
Im Kapitelsaal direkt neben der Klosterkirche befinden sich die Schätze des Klosters, darunter Tafelsilber, dass aus dem Haus von Johann Wolfgang von Goethe[5] stammen soll, und der um 1400 entstandene, geschnitzte Kopf Johannes des Täufers aus Eichenholz in einer Schüssel, eine sogenannte Johannesschüssel. Die Maske ist bei allen wichtigen Ereignissen im Kloster anwesend.
Verbunden werden die Gebäude der Anlage vom Kreuzgang mit seinem Kreuzrippengewölbe aus dem 14. Jahrhundert an, in dessen Inneren sich der Klosterhof befindet.
Auf dem Friedhof neben der Klosterkirche befinden sich die Gräber der Priörinnen von St.-Johannis. Auch Bellmann wurde auf dem Friedhof neben der Klosterkirche beigesetzt, eine Gedenktafel an der Klostermauer erinnert heute an ihn. Der Kirche gegenüber liegt das um 1754 erbaute Wohnhaus der Pröbste des Stifts. Neben dem sogenannten Probsthaus befindet sich heute ein Bibelgarten und ein Park mit Skulpturen.
Frauenstift
Mit der Reformation im 16. Jahrhundert ging das Kloster in ein Frauenstift über, das zum Ziel hatte, den unverheirateten – und damit unversorgten – Töchtern des schleswig-holsteinischen Adels ein Obdach zu bieten. Ein ähnliches Schicksal erfuhr auch das Kloster Preetz, das Kloster Uetersen sowie das Nonnenklöster in Itzehoe, die sich ebenfalls fortan im Besitz der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft befanden.

Zum Aufnahmeritual des „Hochadeljungfrauen Klosters St. Johannis“ gehört es, dass die Anwärterin den hölzernen Kopf des heiligen Johannes küsst. In dem Gedicht Das Haupt des heiligen Johannes in der Schüssel aus dem Buch Adjutantenritte und andere Gedichte (Leipzig, 1883) von Detlev von Liliencron[6] heißt es dazu:
„Doch er [Isern Hinnerk] machte die Bedingung,
Jedes Fräulein, das zur Nonne
Werden wollte, werden mußte,
Sollte küssen diesen Kopf.“[7]
Noch heute können die Töchter der Mitglieder der Ritterschaft[8] in den Orden aufgenommen werden. Meist wird die Tochter unmittelbar nach der Geburt eingeschrieben, die Expektanz wird mit einem Klosterbrief bestätigt und die Tochter wird zum sogenannten „expektierten Fräulein“. Bleibt die Expektatin unverheiratet, kann sie nach freiwerden einer Stelle als Konventualin in das Kloster aufgenommen werden. Mit der Aufnahme erhält sie ein lebenslanges Wohnrecht im Kloster sowie – je nach finanzieller Lage des Klosters – Anrecht auf eine Apanage. Die Damen müssen jedoch nicht im Kloster leben. 2001 gab es sechs Konventualinnen, von denen zwei im Kloster lebten.
Geleitet wird das Stift von der Priörin[9] und einem Probst. Die Priörin wird aus dem Kreise der Konventualinnen gewählt, derzeitige Priörin ist Henny von Schiller, sie ist auch die einzige Bewohnerin (Stand: Juli 2008). Der Probst wird von der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft vorgeschlagen und von den Konventualinnen gewählt, amtierender Probst ist Friedrich von Ahlefeldt-Dehn (Stand: Juli 2008).
Ländereien
Ab dem 14. Jahrhundert gehörten dem Kloster umfangreiche Ländereien in der Umgebung von Schleswig, dazu gehörten mehrere Dörfer (z. B. Jagel), Bauernhöfe, Mühlen und drei Kirchen (z. B. Sankt Marien im schaalbyer Ortsteil Kahleby). Diese wurden im 19. Jahrhundert veräußert.
Erwähnenswertes
- In der 1970er Jahren diente die Klosteranlage als Kulisse für die Serie Onkel Bräsig mit Fritz Hollenbeck in der Hauptrolle.
Fußnoten
- ↑ Auf dem Gelände befindet sich heute die Michaeliskirche.
- ↑ 1210 gründeten sie das Zisterzienserkloster Rüde in Glücksburg; nach der Reformation entstand an der Stelle das Schloss Glücksburg.
- ↑ Das Graukloster ging 1517 als Geschenk an die Stadt Schleswig und ist heute Teil des Rathauses.
- ↑ In der Gesichte des Klosters wurde die Anlage nie von mehr als zehn Nonnen bewohnt, nach der Umwandlung in ein Stift lebten neben der Priörin nie mehr als neun Konventualinnen in den Gemäuern.
- ↑ Die Verbindung zu Goethe besteht über Ulrike von Pogwisch (1798-1875), die von 1864 bis 1875 Priörin des Klosters war. Sie war die Schwester von Ottilie von Pogwisch, der Frau von August von Goethe, dem Sohn des Dichterfürsten.
- ↑ Tatsächlich besteht eine Verbindung zwischen St.-Johannis und Detlev von Liliencron, dessen Onkel Rochus von Liliencron Probst des Stifts war.
- ↑ Detlef von Liliencron: Das Haupt des heiligen Johannes in der Schüssel auf Zeno.org
- ↑ Dazu gehören Adelsgeschlechter wie Reventlow, Brockdorff, Rantzau oder Bülow (siehe dazu auch sh-ritterschaft.de).
- ↑ Im Zusammenhang mit dem St.-Johannis-Kloster spricht man von der Priörin, obwohl es korrekt Priorin heißen müsste.
Weblinks und Quellen
- Website des Fördervereins: st-johannis-kloster.de
- Christan Bruckbauer u. a.: Klöster in Nordelbien – Folge 8: Gib Johannes einen Kuss!. In: Die Nordelbische. 1. März 2004, abgerufen am 18. Juli 2008.
- Kai Biermann: Leben, wo Adelsfamilien einst ihre Töchter unterbrachten. In: Stuttgarter Zeitung. 14. April 2001, abgerufen am 18. Juli 2008.