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Joseph I. (HRR)

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Joseph I.

Joseph I., kroatisch Josip I., (* 26. Juli 1678 in Wien; † 17. April 1711 in Wien) war ein deutscher Fürst aus dem Hause Habsburg und von 1705 bis 1711 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, König von Böhmen und Ungarn.

Leben

Herkunft

Joseph I. war der älteste Sohn Leopolds I. aus der Ehe mit Eleonore von Pfalz-Neuburg. Er folgte seinem Vater ab dem 9. Dezember 1687 als ungarischer, ab dem 24. Januar 1690 als römisch-deutscher König und ab dem 5. Mai 1705 als Kaiser sowie als König von Böhmen. Mit diesem teilte er auch das große Interesse für Musik und war wie er auch kompositorisch tätig. Joseph I. war ein abenteuerlustiger, draufgängerischer und waghalsiger Mensch. Er zähmte seine Pferde selbst, ging oft auf die Jagd mit seinem Vertrauten Matthias Lamberg und sah für das damalige Gesellschaftsbild blendend aus. Ein zeitgenössischer Historiograph nannte ihn "in seiner Jugend ein Muster an Schönheit". Im Gegensatz zu seinen Eltern und seinem Bruder Karl VI. zeigte Joseph wenig Frömmigkeit.

Kronprinz

Nach Josephs Geburt wurde ihm von seinem Vater Karl Theodor Otto Fürst Salm als Erzieher zur Seite gestellt. Dieser ehemalige Protestant war, zusammen mit Josephs Religionslehrer Franz Ferdinand von Rummel, den Jesuiten ein Dorn im Auge. Rummel war es, der den Kronprinzen auf die Notwendigkeit der Trennung von Kirche und Staat hinwies. Josephs Lehrer für Politik und Geschichte, Wagner von Wagnerfels, forderte ebenfalls mehr Toleranz und weniger geistlichen Einfluss am Wiener Hof. Die tolerante Art des Kronprinzen zeigte sich darin, dass er Protestanten in sein Gefolge aufnahm. Auch seiner Gegner bei Hof begann er sich nun zu erwehren. So ließ er einen Jesuiten, der eines Nachts als Geist verkleidet an seinem Bett versucht hatte, die Ablöse seines Lehrers zu erreichen, aus dem Fenster werfen.

Aus verschiedensten Gründen gab es zwischen Joseph I. und Leopold I. immer wieder Diskussionen über das Herrschaftsverständnis. Leopold machte kaum ein Hehl daraus, dass ihm Karl als Nachfolger lieber wäre, was das Verhältnis zwischen den Brüdern trübte. Als der Spanische Erbfolgekrieg ausbrach, wurde Joseph von seinem Vater zum Mitglied des Kabinetts bestimmt. Dort machte er sich umgehend für den Krieg stark. Doch erst nach seiner Teilnahme an der Eroberung der Festung Landau hielt ihn der Kaiser für reif genug. Am Wiener Hof war Joseph der Anführer der Reformpartei, dem so genannten Jungen Hof, dem auch Prinz Eugen und andere zukünftige Größen angehörten. Als solcher nahm er die Rolle des Oppositionsführers ein. Die Kriegslage ließ den Kaiser immer wieder wichtige Aufgaben an Joseph übertragen, so dass man seine Position mit der eines Premierministers vergleichen kann.

1704 konnte der „Junge Hof“ einige entscheidende Siege erringen, doch musste er auch herbe Niederlagen hinnehmen. War Joseph anfänglich noch bei den Sitzungen der Regierung erwünscht, so änderte sich dies ohne eine Erklärung Leopolds wieder schlagartig. Somit war Joseph nurmehr Leiter der Sektion „Mittelsdeputation“.

Als entschiedener Gegner Frankreichs nahm der Kronprinz auch an der Zweiten Schlacht von Höchstädt teil, in der Österreichs Truppen einen Sieg errangen. Im Jahre 1705, erst kurz vor dem Tod seines Vaters, wurde Joseph I. in die Staatsgeschäfte eingeweiht und übernahm einige Tage vor dem Tod des Vaters die Regierungsgeschäfte.

Herrschaft

Auch wenn Joseph I. kein Parlament eingerichtet hat, so hat er doch kollegial, als Primus inter pares, regiert. Prinz Eugen sagte später über den Kaiser, er habe ihm wie einem Bruder gedient. Aufgrund seiner militärischen Erfolge im Spanischen Erbfolgekrieg verlieh die Hofgeschichtsschreibung Joseph I. den Beinamen „der Sieghafte“. Die politischen Einstellungen des Kaisers waren sehr auf Österreich und das Heilige Römische Reich konzentriert. So soll er gesagt haben, als es um seine Heirat ging: „Keine Französin und keine Welsche.“ Joseph I. war aber auch ein barocker Herrscher. So begründete der vielseitige Kaiser das Kärntnertortheater, ließ die Wiener Kanalisation anlegen und die Pummerin, eines der bekanntesten Symbole Österreichs, gießen.

Eines seiner wichtigsten Ziele war es, Ludwig XIV. seinen Platz als Europas glänzendster Monarch streitig zu machen. Dies wird besonders durch den von ihm mitgestalteten ersten Entwurf für Schloss Schönbrunn deutlich, mit dem er Versailles übertreffen wollte. Aber auch andere Künstler außer Johann Bernhard Fischer von Erlach sollten Joseph I. als den deutschen Sonnenkönig präsentieren. Josephs Wahlspruch war Amore et timore (Durch Liebe und Furcht).

Reformen

Joseph I. war im Gegensatz zu seinem Vater weitaus entscheidungsfreudiger und war auch von der Notwendigkeit von Reformen überzeugt. Das dringendste Problem seiner Herrschaft war die Finanzierung des Spanischen Erbfolgekrieges. Da sich in Österreich der Herrscher in Sachen Steuerforderungen mit den Ständen zu einigen hatte und diese kaum bereit waren, die immensen Forderungen aus Wien zu begleichen, gab es hierbei einen Dauerzwist. Die benötigte Summe hätte sich auf 27 Millionen Gulden belaufen; unter Leopold I. waren aufgrund hoher Korruptheit und nachlässiger Steuereintreibung aber gerade einmal 9 Millionen eingenommen worden. Eine Verbesserung der Finanzlage erreichte Joseph I. dadurch, dass er die Verwaltung straffte und die Beamten steuerpflichtig machte. Der katholischen Klerus wurde zu einem „vreiwilligen Geschenk“ genötigt, während die Adligen eine „Contributio“ leisteten. Zusammen mit diesen Mitteln gelang es Joseph 1708, das Einkommen der Krone auf 16 bis 17 Millionen zu steigern. Auch aus dem besetzten Bayern und den rheinischen Gebieten flossen dem Kaiser Gelder zu.

Eine andere bedeutende Reform war die Reduzierung des Geheimrates auf 33 Mitglieder und die Spaltung der Geheimen Konferenz in acht kleinere Konferenzen. Der Koordinator dieses neuen Kabinetts wurde Salm. Eine weitere Reform war die Regulierung des Robotdienstes der Bauern. Dieser vorerst nur auf den Krongütern erfolgende Versuch der Bauernbefreiung brachte binnen kurzer Zeit einen erhöhten Steuerbetrag.

Spanischer Erbfolgekrieg

An Kaiser Joseph I.: Brief von Papst Clemens XI., 1707

Josephs gesamte Regierungszeit war ausgefüllt mit dem Spanischen Erbfolgekrieg, bei dem die österreichischen Armeen mit Hilfe ihrer englischen und niederdeutschen Verbündeten nicht zuletzt unter der tatkräftigen Leitung des Prinzen Eugen durchaus beachtliche Erfolge erzielen konnten (Siege bei Oudenaarde 1708 und Malplaquet 1709). In seine Amtszeit fiel auch die Sendlinger Mordweihnacht im habsburgisch besetzten Bayern.

Während Josephs Vater Leopold I. zu Beginn des Krieges als Ziel noch die ehrenwerte Gegenwehr formulierte, war Josephs Ziel, da er ein erklärter Gegner Frankreichs war, ein tatsächlicher Sieg. Mit seinem Bruder, dem späteren Kaiser Karl VI. gab es daher verschiedene Differenzen, da Joseph weniger an Spanien und mehr an der Herrschaft über Italien interessiert war. Diese Bestrebungen, die Macht der Habsburger auch auf Italien auszudehnen, sollten letztlich Erfolg haben, wenn er sich aber auch nur im Norden als dauerhaft zeigte. Die Erfolge in Italien brachten Joseph I. jedoch in Konflikt mit Papst Clemens XI., gegen den er sogar in den Krieg zog. Erst mit der Zeit konnten sich die Brüder als Verbündete betrachten, da sich 1709/10 der Sieg über Ludwig XIV. und dessen Verbündete abzeichnete.

Da zu jenem Zeitpunkt auch noch ein anderer Krieg, der Große Nordische Krieg in Europa tobte, war Joseph I. darauf bedacht, sich möglichst aus diesem Konflikt herauszuhalten. Deshalb gab er 1707 dem mit seiner Armee bis nach Schlesien vorgedrungenen König Karl XII. von Schweden nach, indem er seine Verpflichtungen gegenüber den Protestanten dortselbst erfüllte. Auch innerhalb des eigenen Bündnisses musste der Kaiser ständig mit Schwierigkeiten kämpfen, da er seinen Bündnispartnern viel abverlangte, aber weniger selbst zu tun bereit schien. Die Bündnisse wurden daher immer wieder gestärkt durch gegenseitige Zugeständnisse und Versprechungen, was Gebiete, Zahlungen und Truppen anging. Die Siege, die Prinz Eugen zusammen mit Marlbourogh erlangte, wurden jedoch mit dem Tod des Kaisers zunichte gemacht, da der einzige Erbe Karl auf Spanien nicht verzichten wollte.

Kuruzzenkrieg

Während des Spanischen Erbfolgekrieges gab es in Siebenbürgen eine separatistische Bewegung um Franz II. Rakoczi. Diese Rebellion hatte schon unter Leopold I. begonnen und erlebte unter Joseph I. ihren Höhepunkt und Ende. Es ging um Siebenbürgens Autonomie und Rechte, die von Franz II. Rakozci als dem Rädelsführer verteidigt wurden. Dieser ging sogar soweit, Joseph I. in Ungarn absetzen zu lassen, sich selbst zum Fürsten von Siebenbürgen und Vertreter des neuen Königs zu machen. Rakozci strebte auch ein Bündnis mit Ludwig XIV. an, das ihm aber versagt blieb. Nach einer endgültigen Niederlage des Usurpators gegen die Truppen Josephs flüchtete er mit seinen Getreuen nach Polen. Ungarn und Siebenbürgen blieben unter der Herrschaft Josephs I.

Tod und Nachfolge

Grab Josephs I. in der Kapuzinergruft

Im Frühjahr 1711 erreichte eine Pockenepidemie Österreich, mit der sich auch der Kaiser infizierte. Nach einer vierstündigen Konferenz der Regierung nahm er am 8. April an einer Jagd im Wienerwald teil, obwohl sich schon Anzeichen der Krankheit bemerkbar gemacht hatten. Der Kaiser starb am 17. April in der Hofburg. Zuvor hatte er seiner Frau noch versprochen, seine Mätressen vom Hof zu jagen, sollte er überleben.

Durch seinen plötzlichen Tod ohne männlichem Erben wurde sein jüngerer Bruder Karl, der in Spanien als Karl III. zum König designiert war, nun auch Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, was sowohl die spanischen als auch die Donauländer unter seine Herrschaft gebracht hätte. Kurzzeitig sah es zwar so aus, als würde Josephs Tochter Maria Josepha den Thron erben, da dies dank eines Geheimvertrages zwischen den Brüdern aus dem Jahre 1703 möglich gewesen wäre, aber Karl verzichtete nicht auf seinen Anspruch auf Österreich.

Wegen des persönlichen Testaments Josephs I. gab es am Hof einigen Zank, da der Kaiser seiner Mätresse Marianne Palffy Schmuck und Kleider im Wert von 500.000 Gulden vererbt hatte. Die Hälfte dieser Summe ging an die Nachkommen seines Günstlings Lamberg. Seiner Mutter vererbte der Kaiser gar nur 50.000 Gulden. Die Allianz mit Spanien zerfiel allmählich und führte schließlich zu einer Einigung der Seemächte mit Frankreich.

Seine Tochter Maria Josepha heiratete den späteren Kurfürsten Friedrich August II. von Sachsen. Maria Amalia heiratete Karl Albrecht von Bayern, später ebenfalls Kurfürst. Daraus wurden 1740 die Ansprüche Kursachsens und Bayerns abgeleitet, die schließlich zum Österreichischen Erbfolgekrieg führten.

Der Kaiser wurde am 20. April 1711 in der Kapuzinergruft beigesetzt. Er fand seine letzte Ruhe im Sarkophag Nr. 35, welcher von Johann Lucas von Hildebrandt entworfen wurde. Der Sarkophag befindet sich in der Karlsgruft. Er ist geschmückt mit Abbildungen verschiedener Schlachten aus dem Spanischen Erbfolgekrieg.

Heirat und Nachkommen

Joseph heiratete 1699 in Wien Amalia Wilhelmine von Braunschweig-Lüneburg (1673–1742), Tochter von Johann Friedrich und dessen Gemahlin Prinzessin Benedicta Henrica von Pfalz-Simmern. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor:

  1. ∞ 1719 in Wien Kurfürst und König Friedrich August III. (1696–1763), Sohn Augusts des Starken und dessen Gattin Prinzessin Christiane Eberhardine von Brandenburg-Bayreuth
  1. ∞ 1722 in München Kurfürst Karl Albrecht von Bayern (1697–1745), Sohn des Kurfürsten Maximilian II. Emanuel und dessen Gattin Prinzessin Henriette Adelheid von Savoyen.

Vor der Hochzeitsnacht hatte Leopold die beiden ermahnt, am nächsten Tag pünktlich zur Messe zu erscheinen. Doch am folgenden Tag musste das Festessen auf 16 Uhr und die anschließende Messe auf 17 Uhr verschoben werden.

Die Ehe schien anfänglich glücklich zu sein. Doch Josephs Affären und der Tod des Erbens Leopold Joseph setzten ihr sehr zu. Vor Josephs Thronbesteigung wurde über seine lebenslustige Art hinweggesehen, da er noch jung schien und noch viele Kinder zeugen könne. Seine ersten Affären hatte er im Alter von 15 Jahren. Seine Geliebten waren Kammerzofen und adelige Damen wie Dorothea Daun. In vielen Quellen wird seine "Verderbtheit" hervorgehoben. Doch danach wurde die Sorge um sein Leben größer, da kein Erbe für das Habsburger Reich existierte. Mit der Zeit änderte sich auch die Einstellung, dass der Kaiser später noch Kinder zeugen könne, denn Amalia litt offenbar an einer Geschlechtskrankheit, die ihr Joseph angehängt hatte. Joseph hatte sich im Zuge seines vielfältigen Sexuallebens im Jahr 1704 mit einer Geschlechtskrankheit, vermutlich Syphilis, angesteckt. Die Kaiserin litt folglich unter Geschwüren im Unterleib, die einen negativen Einfluss auf ihre Fruchtbarkeit hatten. Außerdem kam es zu einer immer größeren Entfremdung zwischen den Eheleuten, was die Chancen auf Nachwuchs noch weiter minderte.

Aus diesem Grund kam es immer häufiger zu Kontakten zwischen Wien und Barcelona, dem Sitz Erzherzog Karls, da dieser zwei Erben zugleich für die Habsburger liefern musste.

Affären

Joseph I. unterhielt Zeit seines Lebens mit verschiedensten Damen des Hofes Liebschaften. Dies begann im Alter von 14 Jahren, als er mit drei Frauen gleichzeitig eine Affäre hatte. Anfangs hofften seine Eltern, dies mit der Entfernung seiner Gehilfen vom Hof, später durch die Ehe unterbinden zu können, doch dies scheiterte.

Auch während seiner Regierung änderte sich das nicht. Josephs I. Favoritin war Marianne Palffy, eine ungarische Adlige, deren Vater der dortige Ban war. Seine Liebe zu ihr hinderte den Kaiser aber nicht daran, weitere Affären zu betreiben. Marianne stand selbstverständlich im Mittelpunkt des Hofklatsches. So schrieb Graf Lambert, nicht ungenüsslich, dass sie einmal im Fasching so viel getrunken hatte, dass sie sich öffentlich übergeben musste.

Literatur

INGRAO, Charles W.: Josef I. Der „vergessene“ Kaiser. Styria Verlag, Graz 1982. ISBN 3-222-11399-8


VorgängerAmtNachfolger
Leopold I.Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
1705–1711
Karl VI.
Leopold I.Erzherzog von Österreich
1705–1711
Karl II.
Leopold I.König von Böhmen
1705–1711
Karl II.
Leopold I.König von Ungarn
1705–1711
Karl III.