Michelsberger Kultur
Die Michelsberger Kultur bezeichnet eine jungsteinzeitliche Kultur in Mitteleuropa. Benannt ist sie nach einer bedeutenden Ausgrabungsstätte auf dem Michaelsberg bei Untergrombach zwischen Karlsruhe und Heidelberg.
Die Michelsberger Kultur gehört ins Jungneolithikum und umfasst etwa die Zeit des späten 5. und des 4. Jahrtausend v. Chr. Sie umfasst weite Teile des westlichen Mitteleuropa. Eine Gliederung der Michelsberger Kultur (abgekürzt MK) wurde bereits in den 1960er Jahren von Jens Lüning erarbeitet.
Der Michelsberg bei Untergrombach
Standort:
Der Michaelsberg liegt ca. 4 km südlich der heutigen Stadt Bruchsal, in Gemarkung des Vorortes Untergrombach. Er ragt steil am Rande des Kraichgaus 160 m nach oben; Gesamthöhe über NN: 272,4 m. Nach drei Seiten ist die Anhöhe durch steile Abhänge begrenzt und bietet einen natürlichen Schutz.
Funde:
Die ersten prähistorischen Funde wurden 1884 gemacht. Systematische Grabungen erfolgten ab 1899. Auf einer Hochfläche, auf einem Areal von 400 x 250 m Länge, fanden sich Umwallungen, die von einer jungsteinzeitlichen Ansiedlung stammten. Durch eine Flurbereinigung wurden zwischen 1950 und 1962 weitere Grabungen durchgeführt. Es handelt sich um ein sogenanntes Erdwerk, wie es sich in den vergangenen Jahren als typische Anlage der MK erwiesen hat. Besonders bemerkenswert ist im Falle des Michelsberges jedoch die Tatsache, dass sich im Innern der Anlage zahlreiche Siedlungsgruben befinden. Die Bebauung bestand aus lehmverstrichenen Holzbauten. Im Osten der Anlage scheinen sich Teile eines Weges erhalten zu haben. Charakteristisch für die Keramik der Michelsberger Kultur sind die spitzbodigen Tulpenbecher ohne jegliche Gefäßverzierungen. Funde wie Gerste und Emmer bestätigten in erster Linie die Vermutung des Ackerbaues. Von Viehhaltung und Fleischkonsum zeugten Knochen von Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Hirsch und Fuchs. Auch Hundeknochen wurden nachgewiesen. Bestattet wurden die Verstorbenen innerhalb der Siedlung, die Kinder in kesselförmigen Gruben mit angezogenen Beinen. Als Grabbeigaben waren Töpfe und Becher beigelegt. Die geringe Zahl der Bestattungen zeigt aber, dass hier wohlkaum die gesamte Bevölkerung beigesetzt wurde.
Es wurden keinerlei Zerstörungen der Anlage festgestellt; es gab keine Funde die darauf hindeuten, dass Menschen gewaltsam zu Tode gebracht wurden und Reste von Vorräten waren vorhanden. Für das Ende der Anlage könnten Umwelteinflüsse verantwortlich sein. Als nahe liegende Erklärung gilt der Rückgang der Rheinarme (die damals bis an die Erhebung reichten) aufgrund einer lang andauernden Trockenheit. Durch diese Klimaverschiebung konnten die Felder nicht mehr bestellt werden, der Mensch und das Vieh mussten sich nach neuen Wasserquellen umschauen. Allerdings ist in vorgeschichtlicher Zeit häufig eine Fluktuation der Siedlungen festzustellen, so dass die Aufgabe einer Siedlung auch Teil des wirtschaftlichen und sozialen Sysrems sein kann. Eine zeitliche Abfolge verschiedener michelsberger Erdwerke scheint bei Bruchsal vorzuliegen.
Literaturhinweis
- R.-H. Behrends, Ein Weg aus der Jungsteinzeit nachgewiesen? Arch. Nachr. Baden 58, 1998, 3-6