Inquisition
Als Inquisition werden jene spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gerichtsverfahren bezeichnet, welche sich unter der Mitwirkung oder im Auftrag von Geistlichen in erster Line der Verfolgung von Häretikern widmeten und sich dabei der Prozessform des Inquisitionsverfahrens (von lat. inquisitio = „Untersuchung“) bedienten. Ein geistlicher Vorsitzender eines Inquisitionsgerichts wurde als Inquisitor bezeichnet.


Überblick
Die Inquisition wirkte von ihrem Entstehen Anfang des 13. Jahrhunderts bis zu ihrem weitgehenden Verschwinden Ende des 18. Jahrhunderts hauptsächlich als Instrument der römisch-katholischen Kirche zur erleichterten Aufspürung, Bekehrung (→siehe unten) oder Verurteilung von Häretikern (siehe auch: Ketzer), wofür im Spätmittelalter eine neue Form von Gerichtsverfahren, das Inquisitionsverfahren entwickelt wurde. Die Hauptphase des Entstehens der Inquisition fällt in die erste Hälfte des 13. Jhs. (→siehe unten). Neben dem Verbrechen der Häresie konnten durch die Inquisition auch andere Straftatbestände verfolgt werden, v.a. wenn sie Fragen des Glaubens berührten, (→siehe unten) wie etwa Blasphemie oder Magie. Bei der vor allem von weltlichen Herrschern mitgetragenen Hexenverfolgung in der Frühen Neuzeit spielte die Inquisition eine untergeordnete Rolle (→siehe unten). Die mittelalterliche Inquisition war keine Dauereinrichtung, sondern wurde nur dann tätig, wenn es von kirchlicher Seite als notwendig erachtet wurde. Sie kam deshalb zu verschiedenen Zeiten in verschiedenen Gebieten v.a. Süd- und Mitteleuropas zum Einsatz (→siehe unten) und wurde von unterschiedlichen Organen der Ständegesellschaft, mit manchmal unterschiedlicher Motivation (→siehe unten), mitgetragen. Ebenfalls variierte der Einsatz der Folter (→siehe unten) oder die Verhängung von Todesstrafen (→siehe unten). Den Vorsitz bei einem kirchlichen Inquisitionsverfahren führten als Inquisitoren in erster Linie Bischöfe oder Ordensgeistliche. In der Frühen Neuzeit änderte sich die Gestalt der Inquisition (→siehe unten): Sie wurde in Spanien, Italien und Portugal institutionalisiert und in staatliche Strukturen gebettet und kam seither fast ausschließlich nur mehr im Machtbereich der dortigen Herrscher zur Anwendung. Zu Beginn der Neuzeit wurden auch Protestanten durch die Inquisition verfolgt (→siehe unten).
Begriffe
Grundsätzlich zu unterscheiden ist zwischen der Inquisition und dem ihr zugrunde liegenden Inquisitionsverfahren. Zwar wurde das Inquisitionsverfahren zunächst als innerkirchliche Verfahrensform unter Papst Innozenz III. geschaffen, es kam jedoch nicht nur im kirchlichen Bereich zu Anwendung, sondern wurde während des Spätmittelalters in verschiedenen Variationen auch die Hauptform bei Strafverfahren der weltlichen Gerichtsbarkeit.
Die Inquisition wurde im Mittelalter als inquisitio haereticorum (Ketzerinquisition) bzw.e als inquisitio haereticae pravitatis (Inquisition gegen ketzerische Verderbtheit) bezeichnet. Seit den 1240er Jahren wurde die Aufgabe der Inquisitoren als Amtstätigkeit begriffen und diese in der Folge mehrfach als officium inquisitionis bzw. sanctum officium (heiliges Amt) bezeichnet.
Anwendungsbereich
Die mittelalterliche Inquisition blieb geografisch auf Zentral- und Südeuropa beschränkt und wurde dort in zeitlich unregelmäßigen Abständen bzw. in unterschiedlichen Gebieten tätig. Ausschlaggebend für ihre Aktivität war nach Einschätzung der Kirchenleitung das Vorhandensein von Häretikern. Zum Einsatz kam die mittelalterliche Inquisition besonders auf den Gebieten der heutigen Staaten (siehe unten) Frankreich, Italien, Deutschland, Österreich, Tschechien und Polen. Die neuzeitliche Inquisition blieb im Wesentlichen auf die Einflussgebiete des Kirchenstaates sowie der spanischen und portugiesischen Herrscher konzentriert.
Verfolgungen ausgesetzt sahen sich hauptsächlich als häretisch eingestufte christliche Glaubensgemeinschaften, wie die Katharer (Albigenser), Waldenser, Fraticellen, Lollarden, Wiedertäufer, Beginen, Begharden und Hussiten, aber auch kleinere Gruppen oder einzelne Personen mit abweichenden Ansichten, beispielsweise der frührationalistische Theologe Pierre Abaelard (1079–1142), die Heilige Jeanne d'Arc (1412–1431), der Bußprediger Girolamo Savonarola (1452–1498) oder der Naturphilosoph Giordano Bruno (1548–1600).
Vom Kernbereich der Häresie ausgehend, konnte die Inquisition auch diesem Straftatbestand ähnliche Verbrechen verfolgen, so sie Fragen des Glaubens berührten. Dazu zählten etwa: Wucher, Magie, Hexerei, Gotteslästerung oder Sittlichkeits- bzw. Sexualverbrechen. Hauptbetätigungsfeld der Inquisition blieb jedoch der Kampf gegen Häretiker. Abseits der kirchlichen Inquisition konnten die genannten Verbrechen auch durch landesherrliche oder städtische Gerichte verfolgt werden.
Das Inquisitionsverfahren
→ Hauptartikel: Inquisitionsverfahren
Papst Innozenz III. (1161-1216) legte den Grundstein für die Entwicklung des Inquisitionsverfahrens, eine für das Mittelalter neue Form des Ermittlungs- und Strafprozesses. Ursprünglich vorgesehen war die Anwendung des Verfahrens zur Beseitigung innerkirchlicher Missstände. Das Inquisitionsverfahren entwickelte sich aber im Spätmittelalter, ausgehend von seiner Anwendung in der Ketzerinquisition, in verschiedenen Varianten zur vorherrschenden Prozessform sowohl in der geistlichen als auch der weltlichen Gerichtsbarkeit. Im Unterschied zum Akkusationsverfahren, der im Mittelalter bis zur Einführung des Inquisitionsverfahrens vorherrschenden Prozessform, erhob beim Inquisitionsverfahren nun nicht mehr eine Konfliktpartei Anklage, sondern ein obrigkeitlicher Ankläger, der gleichzeitig über Richtgewalt verfügte. Die Wahrheitsermittlung über den Weg rationaler Beweisführung stand im Vordergrund, wobei man sich insbesondere Zeugenaussagen bediente. Archaische Beweismittel wie Gottesurteile oder Reinigungseide waren nicht mehr zugelassen, die Prozessabläufe wurden bei Inquisitionsverfahren protokollarisch dokumentiert. Manche Elemente des Inquisitionsverfahrens stellen somit gegenüber dem Akkusationsverfahren eine Modernisierung dar.
Vorgeschichte
Das Christentum vertrat im Gegensatz zu älteren Religionen als monotheistische Offenbarungsreligion einen universellen Wahrheits- und Exklusivitätsanspruch und war als Staatsreligion des Römischen Reiches in staatliche Gefüge gebettet. Die Idee der Einheit des Staates verband sich so mit der Idee der Einheit der Kirche, wodurch „Glaubensabweichler“ nun auch in den Verdacht kamen, die römische Oberhoheit in Frage zu stellen. Häresie wurde zum Akt des „öffentlichen Aufruhrs“, der ähnlich dem Majestätsverbrechen geahndet werden konnte.
Der Umgang mit Ketzern in der Frühen Kirche

Bereits im 2. und 3. Jahrhundert gab es im Christentum einen gewissen Konsens darüber, was die allgemeine christliche Lehre sei, was als Variante akzeptiert werden könne und was als Lehre einer Randgruppe anzusehen sei, vgl. Irenäus von Lyon. Dennoch gab es zu allen Zeiten Gruppen, die ihrerseits die Ansicht vertraten, dass sie die einzigen wirklichen Christen seien (Marcion, Montanismus). Manche dieser christlichen Gemeinschaften standen auch anderen Religionen nahe (Gnosis, Manichäismus). In der frühen Kirche konnten zunächst nur Bischöfe gegen Häretiker vorgehen.
Ab dem vierten Jahrhundert kamen, beginnend mit dem Konzil von Nicäa 325, die Bischöfe der damaligen Welt zusammen, um auf Konzilien über Fragen der Lehre zu entscheiden. Solchen Entscheiden gingen oft lange und heftige Auseinandersetzungen voraus und in einigen Fällen trennten sich Gruppen aufgrund von solchen Lehrentscheidungen von der allgemeinen Kirche (etwa beim Konzil von Chalcedon) oder wurden von dieser ausgeschlossen. Der Kirche stand zur damaligen Zeit als Sanktionsmöglichkeit nur die Exkommunikation zur Verfügung.
Kaiser Konstantin I. stellte die Verbindung zwischen weltlicher Gewalt und dem von den Konzilien beschlossenen Glaubenssatzungen her, um durch gerichtliche Verfolgung die Häresie zu bekämpfen. Die Verbannung des Arius nach dem Konzil von Nicäa lässt sich aufgrund der innigen Verwobenheit von Weltlichem und Geistlichem in jener Epoche nicht sicher als eine rein weltliche Strafe sehen. Kaiser Konstantin I. verhängte sie, weil er in Arius eine Gefahr für die Einheit des Reichs sah. Aus ähnlichen Gründen haben er und seine Nachfolger im vierten Jahrhundert auch Athanasius und zahlreiche andere orthodoxe Bischöfe verbannt.
Nachdem das Christentum Staatsreligion geworden war, wurden Irrlehrer aufgrund eines Edikts Kaiser Theodosius’ I. aus dem Jahre 380 auch reichsgesetzlich verfolgt und mit der Todesstrafe bedroht. Der erste bekannte tatsächlich hingerichtete Ketzer war Priscillian im Jahr 385.
Der Umgang mit Ketzern bis zum Einsetzen der Inquisition
Ketzerverfolgungen, Vertreibungen und Hinrichtungen gab es in Frankreich, Deutschland und Italien schon seit der Jahrtausendwende, sowohl durch weltliche Herrscher wie auch durch lokale kirchliche Autoritäten, jedoch nicht im Rahmen des Inquisitionsverfahrens, beispielsweise 1004 in der Champagne, 1022 in Orleans oder 1135 in Lüttich. Bedeutendere verfolgte Persönlichkeiten vor dem Einsetzen der Inquisition waren etwa Heinrich von Lausanne (verfolgt bis ca. 1145), Arnold von Brescia (hingerichtet 1155), Petrus Valdes (vertrieben ca. 1183).
Gegen Ketzer ging man zunächst per Ad-hoc-Anzeige vor. Auf dem Konzil von Tours betonte Papst Alexander III. bereits die Notwendigkeit zeitlicher Strafen gegen Abweichler.
Die Inquisition im Mittelalter




Entstehungsgeschichte
Als Ursache für die Entstehung eines eigenen Verfahrens zur Ketzerbekämpfung ist das Auftreten mehrerer christlicher Laienbewegungen am Ende des 12. Jahrhunderts zu sehen, die von der Kirche als Häresien betrachtet wurden, allen voran die Katharer, aber auch die Waldenser oder die Humiliaten. Eine derart große Menge an Ketzern hatte es bis dahin im Abendland nicht gegeben.
Die Entstehungsgeschichte der Inquisition als kirchliche Reaktion auf dieses gesellschaftliche Phänomen ist die Geschichte eines langsamen Entstehungs- und Entwicklungsprozesses, der nur ungefähr zeitlich einzugrenzen ist. Als Beginn- und Endpunkte der Entwicklung werden oft die Beschlüsse des Dritten Laterankonzils 1179 und der päpstliche Erlass Ad Extirpanda (1252) gesehen.
Erste Verurteilungen und die bischöfliche Inquisition
Papst Alexander III. (1159-81) berief 1179 das Dritte Laterankonzil ein. §27 der Konzilsbeschlüsse bildet den ersten strengen Erlass gegen Häretiker, konkret gegen die Katharer gerichtet: Diese, sowie alle, die sie verteidigten oder aufnahmen, sollten fortan als exkommuniziert gelten. Ihre Güter sollten eingezogen und ihnen auch ein kirchliches Begräbnis vorenthalten werden.
Papst Lucius III. (1181–1185) erließ im Jahr 1184 in Zusammenarbeit mit Friedrich Barbarossa die Bulle Ad Abolendam nach dem Konzil von Verona. Hierin wurde nun der Kreis der als ketzerisch gebranntmarkten Gruppen ausgedehnt: Namentlich erwähnt werden die Katharer, die Waldenser, die Humiliaten, die Arnoldisten und die Josephiner. Ferner wurde beschlossen, dass der Exkommunikation verfallen sei, wer als Laie predige. Wer dem Verbot der Laienpredigt – das Recht auf Predigt sah die Kirche nur ihren Priestern vorbehalten – nicht folge leistete, sollte der weltlichen Gerichtsbarkeit zur Verurteilung übergeben werden. Darüber hinaus wurde bestimmt, dass in Hinkunft alle Bischöfe jeder Diözese zwei- bis dreimal jährlich ihre Pfarren besuchten, um nach Ketzern zu fahnden. Da somit die Verantwortung für die Ketzerverfolgung nun den Bischöfen übertragen wurde, spricht man ab diesem frühen Zeitpunkt der Entstehungsgeschichte der Inquisition auch von der bischöflichen Inquisition.
Etablierung des Verfahrens unter weltlicher Mithilfe
Papst Innozenz III. (1198-1216) setzte in seiner im Jahr 1199 verfassten Dekretale Vergentis in senium das Verbrechen der Häresie mit jenem der Majestätsbeleidigung gleich. 1206 entsandte er eine Gruppe von Zisterziensermönchen nach Südfrankreich, darunter Pierre de Castelnau, Diego de Acebo sowie der junge Dominikus, um die Katharer über den Weg des Gesprächs und der gütlichen Einigung wieder für die Kirche zu gewinnen. Weil aber sowohl dieses Unternehmen als auch alle kirchlichen Verbote nichts nutzten, rief er 1209 gegen die Katharer zum Kreuzzug (siehe: Albigenserkreuzzug). Ab 1212 begann er, die inquisitio als neue Verfahrensform zu entwickeln (siehe: Inquisitionsverfahren). Auf dem unter seinem Vorsitz 1215 tagenden Vierten Laterankonzil wurden nicht nur neuerlich die Ketzer pauschal exkommuniziert, sondern erstmals ein für alle Katholiken verbindliches Glaubensbekenntnis erlassen, damit in Hinkunft Klarheit über den rechten Glauben herrsche.
Die Kirche konnte über das Inquisitionsverfahren zwar Urteile über Ketzer aussprechen, hatte jedoch keine Blutgerichtbarkeit. Mit dem Edikt Kaiser Friedrichs II. Cum ad conservandum übernahm 1224 auch die weltliche Gewalt die Verfolgung der Häresie, die der Majestätsbeleidigung gleichgesetzt wurde. Ferner sah dieses Dokument erstmals die Vollstreckung von Todesurteilen durch Verbrennen vor. In seiner später (1232) erlassenen Constitutio contra hereticos wurden überdies die Inquisitoren unter besonderen Schutz gestellt.
Die päpstliche Inquisition und die Einführung der Folter
Papst Gregor IX. (1227-41) beschritt erstmals einen neuen Weg in der Ketzerbekämpfung: Anstelle der eigentlich dafür zuständigen Bischöfe, die ihrer Aufgabe nur mangelhaft nachkamen, berief er 1227 erstmals eigene päpstliche Sonderbeauftragte als Inquisitoren, die in Deutschland nach Ketzern fahnden sollten, darunter Konrad von Marburg. Diese Vorgehensweise, bei der nicht die Bischöfe, sondern der Heilige Stuhl selbst aktiv wird, wird auch als päpstliche Inquisition bezeichnet. In weiterer Folge entband Gregor IX. die Bischöfe von der Untersuchungspflicht und beauftragte künftig überwiegend Dominikaner mit der Ketzerverfolgung, wenn auch viele spätere Inquisitoren Mitglieder anderer Orden oder des weltlichen Klerus waren. Besonders viele Inquisitoren ernannte Gregor IX. in den Jahren 1331-33. Zu dieser Zeit ergingen etliche ähnlich lautende Schreiben des Papstes, alle mit dem Initium Ille humani generis, an mehrere Dominikanerkonvente in Deutschland, Frankreich und Österreich mit dem Auftrag der Ketzerverfolgung. Bischöfe konnten ebenfalls weiterhin auf eigene Initiative hin inquisitorisch tätig werden. Der Grund für den Einsatz insbesondere der Dominikaner als Inquisitoren war, dass dieser Bettelorden bereits früh in der theologischen Bekämpfung der Ketzer aktiv geworden war und über entsprechend gute Erfahrungen verfügte.
Die 1229, nach dem Ende des Albigenserkreuzzuges, unter Gregor IX. tagende Synode von Toulouse verschärfte neuerlich die Bestimmungen gegen die Ketzer und sah für die Kirchenprovinz Toulouse, in der die Katharer bisher stark vertreten waren, strenge Maßnahmen vor: Die geheimen Zufluchtsorte der Ketzer sollten aufgespürt und entdeckte Ketzer gefangen gesetzt werden, wozu auch das Mittel der heimlichen Denunziation angewandt werden sollte. Wer einen Ketzer verbarg, wurde mit dem Verlust des Vermögens oder gar mit dem Tod bedroht. Jedes Haus, in dem man einen Ketzer fände, sollte niedergerissen werden. Wer mit einem Ketzer verkehrte – sei es auch nur in einem Wirtshaus – oder ihm Almosen gab oder mit ihm verheiratet war, war ebenso verdächtig. Der auf eine Vorladung nicht Erschienene oder Flüchtige galt ohne weiteres als schuldig. Wer erschien, wurde allerdings eingekerkert. Überdies wurde für das Gebiet der Kirchenprovinz ein dichtes Netz an Visitationen angeordnet, wie es später für die Inquisition charakteristisch werden sollte.
1231 legte Papst Gregor IX. in einem neuerlichen Edikt die strafrechtlichen Bestimmungen für die Ketzerverfolgung fest.
Papst Innozenz IV. genehmigte in seiner 1252 erlassenen Dekretale Ad Extirpanda die Folter zur Wahrheitsfindung bei Inquisitionsprozessen, mit der formalen Einschränkung, dass den Betroffenen keine bleibenden körperliche Schäden zufügt werden durften.
Wirkungsgeschichte




Die Inquisition in Deutschland
Der erste Ketzerrichter in Deutschland, Konrad von Marburg, der auf der Suche nach vermeintlichen Luziferianern, wie sie Papst Gregor IX. in seinem Brief Vox in Rama beschrieben hatte, zahlreiche Hinrichtungen ausgesprochen hatte, wurde 1233 ermordet. Gegen Widerstand mancher Fürsten musste Friedrich II. Verordnungen zur Ausführung des Blutgerichts erlassen, die Karl IV. durch weitere Mandate schützen musste. Papst Urban V. entsandte 1367 zwei Dominikanermönche als Inquisitoren für Deutschland, von denen Walter Kerlinger sich als besonders grausam hervortat. Zwischen 1391 und 1403 wurden unter Inquisitor Petrus Zwicker in Österreich, Pommern und der Mark Brandenburg zahlreiche Waldenser hingerichtet. Papst Innozenz VIII. dehnte die Inquisition 1484 durch die Bulle Summis desiderantes affectibus weiter aus. In dieser sogenannten Hexenbulle, welche der eifrige Inquisitor Heinrich Kramer entworfen hatte, bezeichnete Innozenz VIII. feierlich das Hexenwesen als etwas Reales. Heinrich Kramer veröffentlichte 1487 eine Darstellung des Inquisitionsprozesses im Hexenhammer (malleus maleficarum). Er nannte den Inquisitor Jakob Sprenger als Mitautor des Werkes, obgleich dieser nicht mit den darin erwähnten Praktiken konform ging. Mit der Reformation verschwand die Ketzerinquisition größtenteils aus Deutschland.
Die Inquisition in Österreich
Erste Ketzerverfolgungen vor dem Einsetzen der Inquisition fanden unter Herzog Leopold VI. zwischen 1207-1215 statt, wobei es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Katharer gehandelt haben dürfte. 1231 erging ein Aufruf Papst Gregors IX. zur Ketzerverfolgung an den Dominikanerkonvent in Friesach. Die Ergebnisse dieser evtl. stattgefunden Inquisition sind unbekannt. In den Jahren um 1260 wurde auf Initiative des Passauer Bischofs Otto von Lonsdorf eine großangelegte Inquisition im Gebiet des südlichen Donauraums zwischen dem Salzkammergut und dem Wienerwald durchgeführt. Sie richtete sich hauptsächlich gegen Waldenser, die dort in über vierzig Gemeinden entdeckt wurden. 1311 war die Inquisition in der österreichischen Hochburg der Waldener, in Steyr, unter dem Passauer Bischof Bernhard von Prambach neuerlich aktiv, um ca. 1315 erfasste die Inquisition die Gebiete um Krems, St. Pölten, und Wien. Zwischen ca. 1365 und 1370 fand im Raum von Steyr neuerlich eine Inquisition statt. Unter dem Inquisitor Petrus Zwicker kam es von 1391 bis 1402 neuerlich zu schweren Verfolgungen, u.a. in Steyr, Enns, Hartberg (Stmk.), Ödenburg und Wien. Im Jahr 1397 wurden dabei allein in Steyr zwischen 80 und 100 Waldenser verbrannt, woran dort ein 1997 errichtetes Denkmal erinnert.
Die Inquisition in Frankreich
In Frankreich ist die Aktivität der Inquisition in engem Zusammenhang mit den insbesondere in Südfrankreich stark vertretenen Katharern zu sehen. Nach dem Ende des gegen sie ins Leben gerufenen Albigenserkreuzzuges wurde nach dem Konzil von Toulouse1229 für die Diözese Toulouse ein dichtes Netz inquisitorischer Untersuchungen gelegt. In jedem Ort sollten Spürtrupps die Anhänger der häretischen Gemeinschaft ausfindig machen. 1233 übertrug Papst Gregor IX. diese Aufgabe den Dominikanern. In der Folge wurden, besonders in Südfrankreich, mehrfach Inquisitionen abgehalten. In der französischen Landschaft Lauragais (zwischen Toulouse und Carcassonne)wurde 1245-46 unter den Dominikanern Bernard de Caux und Jean de Saint-Paul die weitläufigste Untersuchung durchgeführt, die die mittelalterliche Inquisition hervorgebracht hatte: Alle volljährigen Einwohner der Landschaft wurden vorgeladen, aus den überlieferten Bruchstücken dieser Untersuchung konnten 5.400 Verhöre rekonstruiert werden.[1] Mitte des 13. Jhs. war Frankreich in sechs Inquisitionsbezirke unterteilt und sowohl die Dominikaner als auch die Franziskaner mit inquisitorischen Untersuchungen betraut. Bedeutende Inquisitioren waren u.a. Robert le Bourge 1232-44 u.a. in der Franche-Comté bzw. in La Charité-sur-Loire, Petrus Seila, 1241-42 in die Gegend von Quercy, Jacques Fournier in der südfranzösischen Grafschaft Foix zwischen 1318 und 1326, Bernard Gui 1307-23 u.a. in Toulouse und Carcassonne. Instrumentalisiert wurde die Inquisition für die Zwecke des französischen Königs Philipps des Schönen bei der Vernichtung des Templerordens ab 1307. Ebenfalls politische Hintergründe hatte der Ketzerprozess gegen Jeanne d’Arc 1431.
Die Inquisition in Italien
Das für mittelalterliche Verhältnisse dichte urbane Gebiet Norditaliens, besonders der Lombardei, bildete eine gute Voraussetzung für religiöse Bewegungen aller Art. Allen voran missionierten hier, mit teilweiser Unterstützung durch lokale Machthaber, Katharer, Waldenser oder Humiliaten. Erste Hinrichtungen fanden in Italien unter dem Stadtvorsteher von Verona, dem Dominikaner Johannes von Vicenza 1233 statt. Der von Papst Gregor IX. zum Inquisitor berufene Legat Roland von Cremona wurde 1234 ermordet. Anfang der 1240er Jahre wirkten in Florenz als Inquisitoren Ruggiero Calcagni und Petrus von Verona, der 1252 von Katharern ermordet und danach heilig gesprochen wurde. Seine Nachfolge als Inquisitor trat der ehemalige Katharer Rainer Sacconi an. Unter Papst Innozenz IV. wurde Italien in acht Inquisitionsprovinzen unterteilt, Dominikaner und Franziskaner stellten für ein intensiveres Vorgehen gegen Häretiker Inquisitoren. Aufgrund politischer Auseinandersetzungen des Papstes mit dem Kaiser und den Städten der Lombardei, deren Eigeninteressen v.a. der einflussreiche Ezzelino da Romano vertrat, wurde die Inquisition längere Zeit behindert. Nachdem die päpstlichen Verbündeten unter der Führung Karls von Anjou über die päpstlichen Widersacher 1268 in der Schlacht bei Tagliacozzo gesiegt hatten, war auch in Norditalien der Weg für die Ketzerverfolgung frei. 1278 wurden in Sirmione 178 führende Katharer gefasst und darauf hingerichtet. Eine große Zahl von Katharern unterwarf sich 1282 dem Inquisitor Salomone da Lucca. In den Jahren um 1300 war die Inquisition in Bologna aktiv, ebenfalls gegen Katharer. Gegen Waldenser gingen in der Diözese Turin zwischen 1312 und 1395 insgesamt 13 Inquisitoren vor. Im 13. und 14. Jh. wurden in Italien ferner Joachimiten, Fraticellen und Apostelbrüder verfolgt.
Die Inquisition in Böhmen
Eine größere Welle der Ketzerverfolgung fand in Jihočeský kraj zwischen 1335 und 1353/55 unter dem Inquisitor Gallus von Neuhaus statt, wobei es sich bei den vorgefundenen Häretikern mehrheitlich um Waldenser gehandelt haben dürfte.[2] Gegen die nach dem 1415 in Konstanz als Ketzer verbrannten Jan Hus benannten Hussiten und ihre Nachfolgeorganisationen konnte das Instrument der Inquisition kaum mehr wirksam eingesetzt werden. Hier wurde von Papst Martin V. im März 1420 ein eigener Kreuzzug ins Leben gerufen (siehe: Hussitenkriege). Als Inquisitor in Böhmen wirkte ferner Nicolas Jacquier zwischen 1466-68.
Ziele, Organisation und Finanzierung der mittelalterlichen Inquisition

Hauptziel der Inquisition war nach kirchlichem Verständnis die Reinerhaltung des Glaubens. Häretiker waren von ihrem Weg abzubringen, um auch ihre Seelen dem „ewigen Heil“ zuzuführen. Die Inquisitionsprozesse sollten bei Ketzern in erster Linie zu Reue und Buße führen; wo alle Mittel nichts nutzten, sollte der Unglaube jedoch auch physisch vernichtet werden. Religiöse Toleranz im modernen Sinn gab es im Mittelalter nicht, ebenso wenig auf katholischer Seite, als auch aufseiten der häretischen Gruppen.
Die mittelalterliche Inquisition besaß keine übergeordnete Behörde, anders als die neuzeitliche Inquisition in Spanien, Italien oder Portugal. Sie war „keine Super-Institution nach modern-totalitärem Vorbild.“[3] Inquisitionsaufträge wurden vom Papst an Bischöfe, Legaten oder Orden vergeben, die ihrerseits in unterschiedlichem Ausmaß tätig wurden. Bisweilen strengten auch Bischöfe oder Orden (in erster Linie Dominikaner und Franziskaner) von sich aus Inquisitionen an oder sie fanden auf Anregung eines weltlichen Herrschers statt,[4] wobei in letzterem Fall politische Interessen (etwa im Fall des Prozesses gegen die Templer) eine Rolle spielen konnten. Der Grad der Organisiertheit von Inquisitionen war unterschiedlich. Frankreich und Italien waren im 13. Jh. in Inquisitionsbezirke eingeteilt, in Südfrankreich besaß die Inquisition eigene Häuser und Archive und verfügte über große Mitarbeiterstäbe.[5] Ungeordneten und überdies sehr willkürlichen Charakter hatte hingegen die Inquisition Konrads von Marburg in Deutschland. Dort waren auch niemals eigene Inquisitionsprovinzen eingerichtet. Bisweilen gab es zudem Kompetenzkonflikte zwischen päpstlichen Legaten und örtlichen Bischöfen.
Um Wissen über das Vorgehen gegen Ketzer weitervermitteln zu können, wurden von etlichen Inquisitoren eigene Handbücher erstellt, etwa der 1244 von Wilhelmus Raimundi und Petrus Durandi verfasste Ordo processus narbonensis, Bernard Guis zwischen 1309 und 1325 verfasste Practica inquisitionis haereticae pravitatis, das 1376 von Nicolaus Eymerich geschriebene Directorium inquisitorum oder nicht zuletzt auch der auf die Vernichtung der Hexerei abzielende Hexenhammer (1486) Heinrich Kramers.
Inquisitionsprozesse finanzierten sich, wie auch andere mittelalterliche Strafprozesse, aus dem Vermögen der Verurteilten. In der Bulle Ad Extirpanda wurde 1252 festgelegt, dass das Vermögen, das durch Konfiszierungen und Geldstrafen eingenommen wurde, zu Dritteln der Stadtgemeinde, den an den Untersuchungen beteiligten Amtsträgern sowie dem Ortsbischof bzw. der Inquisitionskommission zufließen sollte.[6]
Ablauf einer mittelalterlichen Ketzerinquisition
Damit eine Ketzerinquisition für ein Gebiet stattfinden konnte, waren zunächst gewisse Voraussetzungen notwendig: 1. Das Vorhandensein einer nennenswerten Zahl von Ketzern, 2. Das Aktivwerden einer zuständigen Kirchenstelle zu ihrer Bekämpfung (örtlicher Bischof, einzelne päpstliche Legaten oder betraute Orden), 3. Die Unterstützung des Vorhabens durch weltliche Machthaber zur Bereitstellung von Exekutivpersonal und Gefängnissen. Danach ging die Inquisition in der Regel nach ähnlichem Muster vor: Zunächst wurden Geistliche, in der Regel Mönche, in die Dörfer des Zielgebietes gesandt, die dort öffentlich predigten, dabei vor der Häresie warnten, die bevorstehende Untersuchung ankündigten und mit Strafen drohten.[7] Danach wurde ein fester Termin genannt, zu dem sich mögliche Zeugen beim Inquisitor einzufinden hatten, um ihr Wissen über Häretiker preiszugeben. Der Inquisitor und sein Mitarbeiterstab (geistliche Beisitzer, Schreiber, Notare, Wachpersonal) kamen entweder in den betroffenen Ort oder fungierten von einem nahen und sichereren Zentralort aus, etwa einem Kloster, wohin Zeugen und Angeklagte vorgeladen wurden. Die Mitteilungen der Zeugen wurden schriftlich fixiert, ihre Namen wurden später dem Angeklagten gegenüber geheim gehalten. Waren im Inquisitionsgebiet bereits in früheren Jahren inquisitorische Untersuchungen abgehalten worden, konnte die Inquisitionskommission ggf. auf ein Archiv mit älteren Aussagen zurückgreifen, diese mit den neueren abgleichen und so rasch widersprüchliche Aussagen aufdecken. Nach diesen Ersterhebungen wurden die Angeklagten einvernommen. In anderen Fällen wurde ohne Unterschied die gesamte volljährige Einwohnerschaft eines Gebiets vor dem Inquisitionstribunal einvernommen, wie etwa 1245-46 im französischen Lauragais.[8] Alle Aussagen vor einem Inquisitionsgericht wurden in Anwesenheit mindestens eines Inquisitors und zweier Zeugen aufgeschrieben und notariell beglaubigt. Zur schnelleren Verhandlungsführung bzw. Filterung der Aussagen nach Relevanz konnte auf vorgefertigte Verhörsprotokolle zurückgegriffen werden. Ab der Mitte des 13. Jhs. wurde es üblich, Geständigen eine Gnadenfrist einzuräumen (tempus gratiae), innerhalb derer mit Strafnachlass oder –freiheit zu rechnen war. Verdächtige konnten sowohl in Gruppen als auch einzeln vernommen werden. Letzteres war jedenfalls dann der Fall, wenn jemand nicht freiwillig gestand. Üblicherweise blieben Verdächtige auf freiem Fuß, bei gröberen Verdachtsfällen konnte auch Haft angeordnet werden. Die Urteile wurden nach unterschiedlicher Verfahrensdauer ebenfalls schriftlich niedergelegt und danach verkündet.
Verhörspraxis
Um bei Verhören in schwer wiegenden Verdachtsfällen zu Geständnissen zu kommen, wurden unterschiedliche Mittel eingesetzt. Das Ausmaß ihrer Härte war unterschiedlich und ihr Einsatz oblag der Entscheidung der Inquisitoren. Das gütliche Gespräch, die Konfrontation mit Zeugenaussagen oder der Rückgriff auf ältere Aktenvermerke konnte bereits Erfolg erzielen. In „hartnäckigen Fällen“ (aus der Sicht der Inquisition) konnte ein Gefängnisaufenthalt den Angeklagten zermürben. Schließlich konnte auch die Folter angedroht werden und ggf. auch zum Einsatz kommen.
Im 13. Jh. fand die Folter als mögliches Verhörsmittel vermehrten Eingang sowohl in kirchlichen als auch in weltlichen Strafverfahren. Sie kann daher nicht als Besonderheit der Ketzerinquisition gesehen werden.[9]
Während des kirchlichen Inquisitionsverfahrens konnte zur Wahrheitsfindung seit dem päpstlichen Erlass Ad Extirpanda aus dem Jahr 1252 die Folter eingesetzt werden, unter der Auflage, dass dem Inquirierten keine bleibenden körperlichen Schäden blieben. 1254 wurde den Inquisitoren unter Papst Alexander IV. die Aufsichtsführung bei Folterverhören gestattet. Inquisitoren wurde in diesem Zusammenhang erlaubt, sich gegenseitig für ihr Handeln die Absolution zu erteilen.[10]
Gegenüber Angeklagten konnte schon allein ihre Androhung der Folter Geständnisse hervorrufen. Der tatsächliche Einsatz der Folter variierte und hing vom jeweiligen Inquisitor ab. Nachweislich nicht zur Anwendung kam sie etwa während der Inquisition des Jacques Fournier in der südfranzösischen Grafschaft Foix zwischen 1318 und 1326.[11] Während der Aktivität Petrus Zwickers als Inquisitor in Stettin 1392 konnte ihre Anwendung hingegen nachgewiesen werden.[12]
Urteile

Ketzer, die vor der Inquisition ihrer Häresie abschworen, erhielten die Absolution und hatten normalerweise mit leichten, als Buße gedachten Strafen zu rechnen. Hierzu gehörte das meist zeitlich befristete Tragen von zumeist gelben oder blauen auf dem Gewand aufgenähten Büßerkreuzen (auch: Ketzerkreuzen, siehe: Schandmal) oder Wallfahrten. Bei „rückfälligen“ Ketzern oder besonders schwer wiegenden Fällen konnten Gefängnis oder schließlich auch die Todesstrafe durch Verbrennen angeordnet werden.
Die Todesstrafe durch Verbrennen war bereits in vorchristlicher Zeit unter dem römischen Kaiser Diokletian der Glaubensgemeinschaft der Manichäer angedroht worden.[13] Das für die Lombardei erlassene Antiketzergesetz Kaiser Friedrichs II. aus dem Jahr 1224, das den Feuertod für schwere Fälle der Häresie bereits vorsah, wurde 1231 von Papst Gregor IX. für den kirchlichen Bereich übernommen. Die Formulierung für die Todesstrafe lautete meist, dass der Betroffene „dem weltlichen Arm“ zu übergeben sei: Die Inquisition konnte zwar Todesurteile aussprechen, deren Ausführung war aber Sache der weltlichen Machthaber. Das tatsächliche Ausmaß der Anwendung der Todesstrafe variierte, wie folgende Beispiele zeigen sollen:
- Unter dem Dominikanerinquisitor Petrus Seila, der 1241-42 in der Gegend von Quercy (FR) tätig war, wurden in ca. 600 Urteilen lediglich das Tragen von Ketzerkreuzen, das Antreten von Wallfahrten und Leistungen für die Armenversorgung verordnet. Die schwerste Bestrafung bildeten Wallfahrten nach Konstantinopel. Dagegen finden sich weder Gefängnis- noch Todesstrafen in den Urteilen.[14]
- Unter den von den Inquisitoren Bernard de Caux und Jean de Saint-Paul im Lauragais (FR) 1245-46 überlieferten 207 Urteilen finden sich ebenfalls keine Todesstrafen, dafür 23 Kerkerstrafen, dem Rest wurde größtenteils das Tragen von gelben Bußkreuzen verordnet.
- Während seiner Tätigkeit als Inquisitor in Steyr (Ö), verurteilte Petrus Zwicker 1397 unter über tausend Verhörten Personen 80-100 zum Tod. Daneben wurden Bußen oder das Tragen von blauen Ketzerkreuzen angeordnet.[15]
Die Inquisition in der Neuzeit
An der Schwelle zur Frühen Neuzeit begann sich das Gesicht der Inquisition zu ändern. Mit dem Protestantismus wurde die Kirche mit einer aufgrund seiner Dimension völlig neuen Art von religiösem Widerspruch konfrontiert, für den der herkömmliche Häresiebegriff nicht mehr ausreichte. Derartige Probleme ließen sich zudem über das Mittel der Inquisition kaum mehr in den Griff bekommen. Zwar wurde die Inquisition mittelalterlichen Zuschnitts im 16. Jh. noch gegen die Reformation aktiv (siehe unten), doch die Erfolge waren mäßig. Die Agenden der Ketzerverfolgung übernahmen hingegen zunehmend staatliche Organe. In Frankreich wurden die kirchlichen Gerichtskompetenzen beschnitten, die königliche Gerichtsbarkeit übernahm im 16. Jh. die Jurisdiktion in Ketzerfragen.
In drei Herrschaftsbereichen wurde die Inquisition neu organisiert. Auf diese Weise entstanden drei regional wirkende Organisationen: Die für die Königreiche Kastilien und Aragon eingerichtete Spanische Inquisition, die nach deren Vorbild für Portugal geschaffene Portugiesische Inquisition, sowie die im Einflussgebiet des Kirchenstaates wirkende Römische Inquisition. Auch für die Überseeterritorien der spanischen und portugiesischen Könige wurden Inquisitionsfilialen eingerichtet.
Die Spanische Inquisition


Die Spanische Inquisition lag beinahe vollständig in der Hand der Monarchen. Die römische Kurie hatte auf ihren Verlauf nur einen sehr begrenzten Einfluss. Sie wurde 1478 durch Ferdinand II. und Isabella I. für die Königreiche Kastilien und Aragon eingerichtet, um Juden (so genannte Conversos) und Mauren (Moriscos) aufzuspüren und zu bestrafen, die zwar öffentlich zum Christentum konvertiert waren, aber verdächtigt wurden, insgeheim ihre vorherige Religion weiter auszuüben wodurch sie per Definition Häretiker waren. Papst Sixtus IV., der Einrichtung genehmigen musste, hatte dieser gegenüber zunächst Vorbehalte. Als Spanien jedoch Neapel eingenommen hatte, gab er 1478 nach und beauftragte zwei Dominikaner als Inquisitoren, denen weitere folgten. Ab 1488 wurde in Spanien ein eigener Rat für die Inquisition ins Leben gerufen, der Consejo de la Suprema y General Inquisicion. Erster Vorsitzender dieses Rates wurde der Generalinquisitor Tomás de Torquemada. Dieser Rat, kurz Suprema, bildete den Grundstein für die sich von hier an zu einer eigenen Behörde entwickelnden Spanischen Inquisition.
Das Verfahren der Inquisition war auch in Spanien standardisiert: Angeklagte wurden zunächst verwarnt und nur dann verhört, wenn sie die Warnungen nicht beachteten. Die ersten Verhöre fanden durch Theologieprofessoren und Rechtsgelehrte statt. Als Beweise galten Zeugenaussagen bezüglich Beobachtungen und Charakter, öffentliche Aussagen und mangelnde Frömmigkeit der Beschuldigten – großzügige Spenden an die Kirche waren dabei ein bewährter Weg, um Frömmigkeit zu beweisen. Gleichzeitig konnten Angeklagte mit solche Spenden verhindern, dass ihr Vermögen eingezogen wurde, da es üblich war, deren Besitz bereits bei der Verhaftung einstweilig zu beschlagnahmen. Die Spanische Inquisition wandte die Folter an, wenn deutliche Hinweise auf die „Schuld“ eines nicht geständigen Beschuldigten vorlagen. Eine von der Spanischen Inquisition oftmals angewandte Form der Zermürbung war die Vorenthaltung des eigentlichen Anklagegrundes bei gleichzeitiger Gefängnishaft.
Nach älteren Berichten waren von 1478 bis 1530 über 90 % der Angeklagten zum Christentum konvertierte Juden, die angeblich an ihrem früheren Glauben festhielten. In der Hälfte aller Fälle (ca. 900 allein in Toledo - zu den neueren Zahlen s.u.) wurden sie beim so genannten Autodafé zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt. In Guadalupe waren 82 % der Beschuldigten zum Tode verurteilt worden. Die Verurteilten hatten eine Caroja, eine Ketzermütze, zu tragen. Der Anteil der konvertierten Juden nahm mit der Zeit ab, denn die meisten waren längst vertrieben worden. Die Todesstrafe kam für geständige Ketzer üblicherweise nicht zur Anwendung. Unter den verschiedenen möglichen Strafen war Einzug von Vermögen ein häufiges Urteil, da sich die Inquisition durch das Eigentum der Ketzer finanzierte. Wenn ein Ketzer sich weigerte umzukehren, wurde er zur Exekution den königlichen Gerichten übergeben, was bei etwa zwei Prozent der Fälle geschah. Viele überführte Häretiker entkamen jedoch während der ersten Stadien der Untersuchung und wurden nur „in effigie“ verbrannt. Viele ältere Darstellungen, die der Spanischen Inquisition allerhand Gräueltaten zusprachen waren Propaganda religiöser und politischer Gegner Spaniens – insbesondere seit der Französischen Revolution. Siehe: Leyenda negra.
Der Däne Gustav Henningsen hat als erster aufgrund der Daten regionaler Geschichtsforschung eine Datenbank aller Fälle der Spanischen Inquisition zwischen 1540 und 1700 vorgelegt. Danach wurden insgesamt von der spanischen Inquisition 44.647 Prozesse durchgeführt. Davon führten 1,8 Prozent zu Todesurteilen (826 Personen) und weitere 1,7 Prozent (778) Personen zur „Verbrennung in effigie“ (Verbrennung einer Strohpuppe), da der Angeklagte unbekannten Aufenthalts war.
1609 ließ König Philipp III. alle Moriscos aus Spanien vertreiben. Zwischen 1721 und 1725 wurden noch 160 Juden hingerichtet. Die meisten Ketzer waren aber inzwischen ganz „normale“ Gotteslästerer, Humanisten, „Lutheranos“ und so genannte Bigamisten. Unter napoleonischer Herrschaft (1808-1812) wurde die Inquisition ausgesetzt, um dann mit der Wiedereinsetzung König Ferdinands VII. von Spanien wieder eingeführt zu werden. Am 31. Juli 1826 gab es in Valencia ein letztes Todesurteil der spanischen Inquisition. Am 15. Juli 1834 wurde die Spanische Inquisition nach 356 Jahren Bestehen unter Isabella II. abgeschafft.
Die Portugiesische Inquisition


Seit 1515 versuchte König Manuel I. vom Papst die Genehmigung für die Errichtung einer Inquisitionsbehörde in Portugal zu erlangen. 1536 wurden schließlich mit päpstlicher Erlaubnis drei Inquisitoren für Portugal ernannt und dem König das Recht für die Benennung eines vierten zugestanden. Im portugiesischen Mutterland wurden schließlich drei Inquisitionstribunale in Coimbra, in Lissabon und in Evora errichtet und 1560 in Goa ein für Asien zuständiges Tribunal etabliert. Die Portugiesische Inquisition konzentrierte sich in erster Linie auf jüdische Konvertiten (sog. Conversos), in Übersee v.a. auf fremdgläubige Seeleute.
Die Römische Inquisition
Die Gründung der Römischen Inquisition (Sacra Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis bzw. Congregatio Sancti Officii) wurde durch die Bulle Licet ab initio Papst Pauls III. am 4. Juli 1542 eingeleitet. Hierzu wurde im selben Jahr ein zuständiges Kollegium von sechs Kardinälen ernannt, die als Generalinquisitoren mit Sonderrechten u.a. zur Ernennung weiterer Inquisitoren ausgestattet waren. Ihre Kompetenzen wurden im 16. Jh. noch weiter ausgedehnt. Die Römische Inquisition konzentrierte sich in erster Linie darauf, das Vordringen des Protestantismus nach Italien zu verhindern. Außer der physischen Verfolgung Verdächtiger, die jedoch im Vergleich zur Spanischen Inquisition in weitaus geringerem Ausmaß zustande kam, ging die Römisch Inquisition v.a. gegen Druckwerke vor, die reformatorisches Gedankengut vermittelten. Hierfür wurde ein eigener Index für verbotene Bücher erstellt, der Index Librorum Prohibitorum. Die bekanntesten durch die Römische Inquisition verfolgten Personen sind Giordano Bruno und Galileo Galilei.
Das Strafmaß war im Vergleich zu allen andern bisherigen Formen der Inquisition verhältnismäßig moderat und erstreckte sich vom Kirchenbesuch über Pilgerfahrten, das Tragen von Ketzerkreuzen (siehe: Schandmal), Gefängnis (üblicherweise "lebenslänglich", was aber schon nach drei Jahren zu einer Entlassung führte, wenn der Gefangene Reue zeigte) und, wenn der Beschuldigte partout nicht abschwören wollte, bis zur Hinrichtung (Verbrennung am Pfahl) durch die weltlichen Behörden. In einigen Fällen, wenn der Beschuldigte gestorben war, bevor das Verfahren eingeleitet werden konnte, konnte es vorkommen, dass der Tote oder seine Überreste exhumiert und verbrannt wurden. Die Hinrichtung oder lebenslängliche Gefangenschaft war stets mit der Beschlagnahmung des Eigentums des Verurteilten verbunden. Der Ablauf der Inquisitionsverfahren der Römischen Inquisition unterschied sich nicht wesentlich von dem der mittelalterlichen Inquisition.
1798 wurde der Kirchenstaat von Napoleon annektiert und die Römische Inqusition abgeschafft. Sie wurde zwar 1814 wieder eingesetzt, besaß jedoch im 19. Jh. einen bereits völlig anderen Charakter, da sie keine Exekutivmittel mehr besaß, sondern nunmehr auf die Macht des Wortes beschränkt war.
Die Inquisition in Übersee
Die Spanische Inquisition richtete für die neuen amerikanischen Besitzungen Inquisitionsfilialen in Mexiko und Lima ein, die Portugiesische Inquisition eine Stelle in Goa.
Die Inquisition in Goa
Der portugiesische König Johann III. setzte sich seit 1540 für die Missionierung Indiens ein, welche in Goa ihren Ausgangspunkt hatte. Damit sich viele Ungläubige taufen ließen, unterstützte die portugiesische Kolonialregierung die Mission durch materielle Vorteile für neue Christen. So gab es viele opportunistische Reischristen, die stärker ihrer alten Religion als dem Christentum zugewandt waren. Um die Reinheit des Glaubens zu bewahren, bat der Jesuit Francisco de Xavier 1545 darum, die Inquisition nach Goa zu schicken.
Die Inquisition nahm um 1560 im ehemaligen Palast des Vizekönigs ihre Arbeit auf. Den indischen Christen wurde mit Peitsche und Feuer die Beachtung jeder Nuance der christlichen Vorschriften eingebleut. Es reichte schon Vegetarier zu sein, um in den Verdacht zu geraten, seinem alten Glauben anzuhängen. Die Strafen für Ketzerei waren Verwarnungen, Geldstrafen, Auspeitschungen und auch der Scheiterhaufen. Tausende von indischen Christen wurden hingerichtet.
Einige Opfer waren auch neubekehrte Portugiesen, die nach Einführung der Inquisition in Portugal nach Goa ausgewandert waren. Eines der prominentesten Opfer war der Pionier der Tropenmedizin Garcia de Orta. Als Leibarzt von mehreren Gouverneuren wurde er zunächst vor der Inquisition bewahrt. Erst nach seinem Tod wurde er posthum wegen geheimer Ausübung des jüdischen Glaubens verurteilt. Seine Gebeine wurden 1580 öffentlich verbrannt.
Die Inquisition in Goa wurde 1774 durch den portugiesischen Minister Marquês de Pombal vorübergehend beendet. Nachdem Sturz Pompals wurde die Inquisition wieder eingeführt.
Inquisition gegen Protestanten
Die päpstliche Bulle Pauls III. Licet ab initio vom 4. Juli 1542, gilt nicht nur als Gründungsdokument für die Römische Inquisition (siehe oben), sondern stellt auch einen Versuch des Papstes dar, den Protestantismus mit dem im Mittelalter teilweise recht erfolgreichen Instrument der Inquisition zu bekämpfen. Schon Inquisitor Jakob van Hoogstraten (†1527) verfolgte in Deutschland Protestanten. Sein Amtskollege Peter Titelmans verhandelte in Flandern 1548-66 gegen Protestanten ca. 1.400 Häresiefälle.[16] Doch seit dem Konzil von Trient versuchte die Römisch-katholische Kirche die siehe: → Gegenreformation verstärkt mit Diplomatie, Missionierung sowie der Zuhilfenahme staatlicher Repressionen voranzutreiben.
Inquisition und Hexenverfolgung
Die weit verbreitete Annahme, die v.a. im 15.-18. Jh. stattgefundenen Hexenverfolgungen gingen hauptsächlich auf das Konto der kirchlichen Inquisition, ist historisch falsch. Die weit überwiegende Anzahl der Hexenprozesse wurde vor weltlichen Gerichten verhandelt. Parallelen in der Verhandlungsführung bestehen jedoch insofern, als sich auch weltliche Gerichtstribunale zur Hexenverfolgung des juridischen Instruments des Inquisitionsverfahrens samt Folter bedienten. Obwohl der Anteil der Inquisition an der Hexenverfolgung zwar insgesamt gering ist, war sie dennoch daran nicht unbeteiligt.
Ein Zusammenhang zwischen Häresie und Hexerei wurde von kirchlicher Seite immer wieder hergestellt: In der Ketzerei wurde bisweilen ein Werk Satans gesehen, den „in seinem Dienst“ wirkenden Häretikern konnten klischeehaft alle möglichen teuflischen Praktiken, darunter eben auch Magie angedichtet werden. Ein Beispiel hierfür liefert der von Papst Gregor IX., in dessen Dienst der Inquisitor Konrad von Marburg in Deutschland nach Luziferianern suchte, abgefasste Brief Vox in Rama aus dem Jahr 1233. Auf dem Konzil von Basel (1431-49) wurde über eine vermeintliche Hexensekte diskutiert, die zeitgleich am Genfer See aufgedeckt worden war. Von diesem Fall ausgehend nahm sich die kirchliche Inquisition des Themas an und in den letzten Jahrzehnten des 15. Jhs. wurden von dominikanischen Inquisitoren tatsächlich Hexen verfolgt. Der berühmteste kirchliche Hexenverfolger war Heinrich Kramer (1430-1505), Autor des Hexenhammers, der zu Beginn der 1480er Jahre im Elsass, am Oberrhein und im Bodenseeraum Hexenprozesse führte.
Recht zurückhaltend bis ablehnend gegenüber der der Hexereipanik agierten die Inquisitionsbehörden der Frühen Neuzeit. Im 16. Jh. verfolgte die Spanische Inquisition (im Gegensatz zu den zeitgleich handelnden königlichen Gerichten) nur gelegentlich Hexen und Hexer. Auch von der Römischen Inquisition sind diesbezüglich nur Einzelfälle bekannt.[17]
Der Hexerei Verdächtige, gegen die ein Prozess vor einem kirchlichen Gericht geführt wurde, waren insofern besser gestellt, als sie analog zu einem Häresieprozess die Möglichkeit hatten, durch Abschwörung und Buße härteren Strafen zu entgehen. Bei weltlichen Prozessen gab es diese Möglichkeit nicht.
Textlegitimationen für die Inquisition
Die Inquisition bezog sich bei ihrem Vorgehen stets sowohl auf Bibelstellen, insbesondere auf das Neue Testament, als auch auf Kirchenväter in mittelalterlicher Interpretation, darunter v.a. auf Augustinus von Hippo, einen der einflussreichsten Theologen und Philosophen der christlichen Spätantike, der die Auffassung vertrat, dass Ketzer mit Gewalt in den Schoß der Kirche zurückgeführt werden könnten und sollten.
Das Neue Testament
Bereits im Neuen Testament ist eine Reihe biblischer Urteilssätze formuliert, die im Mittelalter von der Kirche für den Umgang mit Häretikern ausgelegt wurden. Die Exkommunikation wurde als Übergabe an den Satan verstanden und sinngemäß bereits vom Apostel Paulus gleichsam als pädagogische Maßnahme empfohlen, „damit sie in Zucht genommen werden und nicht mehr lästern“ (1 Tim 1,20 LUT). Ferner sollte man sich, so Paulus, nach ein- oder zweimaliger Warnung von Häretikern zurückziehen (Tit 3,10 LUT). Jesus sagt im Johannesevangelium den Abgefallenen im Gleichnis „Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer und sie müssen brennen“ (Joh 15,6 LUT). Hierin wird der Bezug zur Todesstrafe des Verbrennens deutlich.
Augustinus
Die Inquisition bezog sich auf Schriften von Augustinus von Hippo, die er aus der konkreten – teilweise für ihn lebensgefährlichen – Auseinandersetzung mit den Donatisten heraus geschrieben hat.
Ursprünglich suchte Augustinus die Häretiker zu überzeugen. Später empfahl er für die Realisierung der von ihm aufgestellten Maxime „compelle intrare“ („treib an einzutreten“ (Lk 14,23 LUT)) „gemäßigte Strenge“ (temperata severitas), schließlich Maßnahmen der weltlichen Macht wie Geißelung, Buße und Verbannung, in Extremfällen auch die Todesstrafe.

Die Inquisition griff insbesondere zwei Argumente von Augustinus heraus:
- Einem Abtrünnigen den rechten Weg zu zeigen, wenn er diesen nicht gehen wolle, auch unter Zwang, sei ein Akt christlicher Nächstenliebe. Häretiker seien verirrte Schafe, die die kirchlichen Hirten notfalls mit Stock und Knüppel wie züchtigende Eltern gegenüber dem Kinde zur Herde zurückführen würden. Folter sei legitim, da sie nur das sündige Fleisch, nicht aber die Seele schädige. In der Konsequenz sei es besser, die Häretiker zu verbrennen, als „in den Verirrungen zu erstarren“. Die Häretiker „töten die Seelen der Menschen, während die Obrigkeit nur ihre Leiber der Folter unterwirft; sie rufen ewigen Tod hervor, aber beklagen sich dann, wenn die Behörden sie dem zeitlichen Tod überantworten“.
- Die Androhung der Folter stelle den Häretiker nachdrücklich vor die Entscheidung, entweder in seiner Verirrung zu verharren sowie den „Feuerofen der Qual“ samt dem Verlust des Lebens in Kauf zu nehmen. Liebe und Vertrauen zu Gott und in die einmal erkannte Wahrheit dürfte hier die einzig glaubwürdige Motivation sein, siehe auch: „Die drei Männer im Feuerofen“, (Dan 3,17-30 LUT) wo es heißt: „Wenn unser Gott, den wir verehren, will, so kann er uns erretten; aus dem glühenden Ofen und aus deiner Hand, o König, kann er erretten. Und wenn er’s nicht tun will, so sollst du dennoch wissen, dass wir deinen Gott nicht ehren und das goldene Bild, das du hast aufrichten lassen, nicht anbeten wollen.“ Die Alternative war „klüger zu werden“, um in den Schoß der Kirche zurückzukehren.
Die Inquisition übersah allerdings Aussagen, die ihre Sicht in Frage stellten, wie etwa die von Augustinus in Corrigi eos volumus, non necari, nec disciplinam circa eos negligi volumus, nec suppliciis quibus digni sunt exerceri. „Wir möchten sie verbessert haben, nicht getötet; wir wünschen uns den Triumph der Kirchenzucht, nicht den Tod, den sie verdienen.“ oder Johannes Chrysostomos: „Einen Ketzer zum Tod verurteilen, ist ein Vergehen ohne mögliche Wiedergutmachung“ und die energischen Proteste von Ambrosius von Mailand und Martin von Tours gegen die Hinrichtung eines Häretikers durch den Kaiser.
Thomas von Aquin
Der bedeutende Theologe Thomas von Aquin lieferte den theoretischen Unterbau für die mittelalterliche Inquisition. Für Häretiker forderte er in seiner Summa die Exkommunikation und die Todesstrafe. Von ihm stammt der Satz: „Accipere fidem est voluntatis, sed tenere fidem iam acceptam est necessitatis (Die Annahme des Glaubens ist freiwillig, den angenommenen Glauben beizubehalten notwendig)“.
Gegenwart
Das offizielle Ende der Inquisition
1908 wurde die Römische Inquisition als Organ des Vatikans von Pius X. umbenannt in Sacra congregatio Romanae et universalis Inquisitionis seu Sancti Officii oder kurz Sanctum Officium. Diese Kongregation wurde zum Aufsichtsorgan der lokalen Inquisitionen. Der Papst selbst trug den Titel Präfekt, nahm aber keine Tätigkeit wahr. Statt dessen ernannte er einen Kardinal zum Sekretär. Letzter Sekretär des Sanctum Officium war der zu Lebzeiten gefürchtete, heute fast unbekannte, Kardinal Alfredo Ottaviani. Papst Paul VI. restrukturierte 1965 im Rahmen einer Kurienreform auch dieses Dikasterium. Es verlor seine Sonderstellung als oberste Kongregation (lat. suprema congregatio) und wurde in „Kongregation für die Glaubenslehre“ umbenannt. Präfekt ist seitdem nicht mehr der Papst selbst, sondern – wie bei allen anderen Kongregationen auch – ein Kurienkardinal. Der letzte Präfekt war Josef Kardinal Ratzinger, seit 2005 Papst Benedikt XVI., welcher nach seiner Wahl den kalifornischen Erzbischof William Levada zum Leiter der Glaubenskongregation ernannt hat. Die Kongregation besteht heute aus 25 Mitgliedern (Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe aus 14 verschiedenen Nationen). Hinzu kommen 38 Mitarbeiter und 28 Konsultoren (Berater, in der Regel Theologieprofessoren unterschiedlicher Fachrichtungen).
Dominikaner und Inquisition heute
Im Jahr 2000 veröffentlichte das Provinzkapitel der Dominikanerprovinz Teutonia, der auch Inquisitoren wie Heinrich Institoris angehörten, folgende Erklärung:
Dominikaner und Inquisition
Deutsche Dominikaner waren nicht nur in die Inquisition verstrickt, sondern haben sich aktiv und umfangreich an ihr beteiligt. Historisch gesichert ist die Mitwirkung an bischöflichen Inquisitionen und an der römischen Inquisition. Unabhängig von den vielleicht manchmal nachvollziehbaren historischen Gründen für die Mitwirkung erkennen wir heute die verheerenden Folgen dieses Tuns unserer Brüder. Wir empfinden dies als ein dunkles und bedrückendes Kapitel unserer Geschichte. Dies gilt in gleicher Weise für die nachgewiesene Beteiligung des deutschen Dominikaners Heinrich Institoris an der Hexenverfolgung. Durch das Verfassen des „Hexenhammers“ (Malleus Maleficarum) unterstützte und förderte er die menschenverachtende Praxis der Hexenverfolgung. Folter, Verstümmelung und Tötung haben unendliches Leid über zahllose Menschen gebracht; deutsche Dominikaner haben dazu, neben anderen, die Voraussetzung geschaffen. Die Geschichte dieser Opfer – namenlos und vergessen – können wir nicht ungeschehen machen. Wiedergutmachung ist unmöglich. Uns bleibt die Verpflichtung zur Erinnerung. Wir wissen, dass der Geist von Inquisition und Hexenverfolgung – Diskriminierung, Ausgrenzung und Vernichtung Andersdenkender – auch heute latent oder offen in Kirche und Gesellschaft, unter Christen und Nicht-Christen lebendig ist. Dem entgegenzutreten und sich für eine umfassende Respektierung der Rechte aller Menschen einzusetzen, ist unsere Verpflichtung, die wir Dominikaner den Opfern von Inquisition und Hexenverfolgung schulden. Das Provinzkapitel fordert alle Brüder unserer Provinz auf, unsere dominikanische Beteiligung an Inquisition und Hexenverfolgung zum Thema in Predigt und Verkündigung zu machen.
Siehe auch
Quellen
- Heinrich Kramer (Institoris): Der Hexenhammer. Malleus Maleficarum, neu aus dem Lateinischen übertragen von Wolfgang Behringer, Günter Jerouschek und Werner Tschacher, herausgegeben und eingeleitet von Günter Jerouschek und Wolfgang Behringer, Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2000 ISBN 3-4233-0780-3
- Ronald Daus: Die Erfindung des Kolonialismus. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1983, ISBN 3-87294-202-6 (Gemeinsam herausgegeben mit der GEPA).
Bibliographie
- Emil van der Vekene: Bibliotheca bibliographica historiae sanctae inquisitionis. Bibliographisches Verzeichnis des gedruckten Schrifttums zur Geschichte und Literatur der Inquisition. Band 1–3. Topos-Verlag, Vaduz 1982–1992, ISBN 3-289-00272-1, ISBN 3-289-00578-X (7110 Titel zum Thema Inquisition)
Literatur
- Laurent Albaret: L’Inquisition: rempart de la foi, Gallimard, Paris 1998 (= Découvertes Gallimard, 366), ISBN 2-07-053458-8
- Arnold Angenendt: Toleranz und Gewalt. Das Christentum zwischen Bibel und Schwert. Münster/Wf. (Aschendorff) 2007, S. 232-371. ISBN 3-402-00215-9
- Carlo Ginzburg: Der Käse und die Würmer. Die Welt eines Müllers um 1600. Syndikat, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-8108-0118-6
- Peter Godman: Die geheime Inquisition. Ullstein, München 2001, ISBN 3-471-79418-2
- Josif R. Grigulevic: „Ketzer – Hexen – Inquisitoren: Geschichte der Inquisition (13.–20. Jahrhundert)“. 2. bearb. Aufl., Akademie-Verlag, Berlin 1980
- Herbert Grundmann: Neue Beiträge zur Geschichte der religiösen Bewegungen im Mittelalter. In: Grundmann, Herbert: Ausgewählte Aufsätze, Band 1. Stuttgart 1976 (Monumenta Germaniae Historica. Schriften 25/1).
- Herbert Grundmann: Religiöse Bewegungen im Mittelalter. Darmstadt 1970 (Erstauflage 1936).
- Herman Haupt: Waldenserthum und Inquisition im südöstlichen Deutschland bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. In: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 1 (1889), S. 285-330.
- Herman Haupt: Waldenserthum und Inquisition im südöstlichen Deutschland seit der Mitte des 14. Jahrhunderts. In: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 3 (1890), S. 337-401.
- Gustav Henningsen, The Database of the Spanish Inquisition. The „relaciones de cawsas"-project revisited, in: Heinz Mohnhaupt, Dieter Simon (Hgg.), Vorträge zur Justizforschung.Geschichte und Theorie 2 (Rechtsprechung. Materialien und Studien 7), Frankfurt a. M. 1993
- Michael Hesemann: "Die Dunkelmänner. Mythen, Lügen und Legenden um die Kirchengeschichte". Augsburg 2007, ISBN 3-86744-016-6
- Fritz Heymann: Tod oder Taufe: Vertreibung der Juden aus Spanien und Portugal. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-633-54070-9
- Dietrich Kurze: Anfänge der Inquisition in Deutschland. In: Segl, Peter (Hg.): Die Anfänge der Inquisition im Mittelalter. Mit einem Ausblick auf das 20. Jahrhundert und einem Beitrag über religiöse Intoleranz im nichtchristlichen Bereich. Köln (u.a.) 1993 (Bayreuther Historische Kolloquien 7), S. 131-194.
- Dietrich Kurze: Quellen zur Ketzergeschichte Brandenburgs und Pommerns. Berlin 1976 (Veröffentlichungen der historischen Kommission zu Berlin 45, Quellenwerke 6).
- Emmanuel Le Roy Ladurie: Montaillou. Ein Dorf vor dem Inquisitor 1294–1324. Übs. und bearb. von Peter Hahlbrock, Propyläen Verlag, Frankfurt am Main / Berlin / Wien 1980, ISBN 3-549-07390-9
- Malcom Lambert: Geschichte der Katharer. Aufstieg und Fall der großen Ketzerbewegung. Darmstadt 2001.
- Malcom Lambert: Ketzerei im Mittelalter. Häresien von Bogumil bis Hus. Augsburg 2004.
- Henry Charles Lea: Geschichte der Inquisition im Mittelalter, Band 1. Bonn 1909.
- Henry Charles Lea: Die Inquisition Franz Greno, Nördlingen 1985, 16. Band der Anderen Bibliothek
- Henri Maisonneuve: L’Inquisition, Desclée / Novalis, Paris 1989 (= L’horizon du croyant, 10), ISBN 2-7189-0418-6
- Saverio Ricci: Il Sommo Inquisitore. Giulio Antonio Santori tra autobiografia e storia (1532–1602). Roma: Salerno, 2002. ISBN 8-8840-2393-9
- Patschovsky, Alexander (Hg.): Quellen zur böhmischen Inquisition im 14. Jahrhundert. Weimar 1979 (Monumenta Germaniae Historica. Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters 11).
- Gerd Schwerhoff: Die Inquisition: Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-50840-5
- Peter Segl: Einrichtung und Wirkungsweise der inquisitio haereticae pravitatis im mittelalterlichen Europa. In: Segl, Peter (Hg.): Die Anfänge der Inquisition im Mittelalter. Mit einem Ausblick auf das 20. Jahrhundert und einem Beitrag über religiöse Intoleranz im nichtchristlichen Bereich. Köln (u.a.) 1993, S. 1-28.
- Peter Segl: Häresie und Inquisition im Bistum Passau im 13. und beginnenden 14. Jahrhundert. In: Ostbairische Grenzmarken 23 (1981), S. 45-65.
- Peter Segl: Ketzer in Österreich. Untersuchungen über Häresie und Inquisition im Herzogtum Österreich im 13. und beginnenden 14. Jahrhundert. Paderborn (u.a.) 1984 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte 5).
- Gerhard Söllbach (Hg.): Pierre des Vaux de Cernay: Kreuzzug gegen die Albigenser. Zürich 1997.
- Eric W. Steinhauer, Von der Inquisition zur Lehrbeanstandung: ein historischer Rückblick. In: Reimund Haas, Eric W. Steinhauer (Hrsg.): „Die Hand des Herrn hat diesen Weinberg angelegt und ihn gepflegt“: Festgabe für Karl Josef Rivinius SVD, Monsenstein und Vannerdat, Münster 2006, S. [289]-305. Volltext
- Martin Windischhofer: Die Waldenser in Österreich. Aufbruch, Verfolgung und Wandel der frühen Bewegung bis 1315.Universitätsschrift. Wien 2006.
Weblinks
- Anmerkungen und Auswahlbibliographie zu dem Buch von Gerd Schwerhoff
- Die Inquisition im Mittelalter (Entstehung, Verfahren, Quellen)
- Originaldokumente der Spanischen Inquisition (spanisch, teilweise mit englischer Übersetzung und Kommentar)
- Philosophie et spiritualité : Histoire de la censure
- Lettres à un gentilhomme russe sur l’Inquisition espagnole (1815), par le comte Joseph de Maistre (1753–1821).
- Bulle Ad Abolendam: bibliotheca augustana
- décrétales
- Informationen über die Inquisition bei Planet-Wissen.de
- Berechnung der Anzahl der Opfer der Inquisition (in Englisch) - siehe auch [1]
Einzelnachweise
- ↑ Unter volljährig wurden alle männlichen Einwohner ab 14 und alle weiblichen Einwohner ab 12 Jahren verstanden. Die Verhörten wurden ins Kloster St. Sernin in Toulouse zitiert.Vgl. Schwerhoff, Die Inquisition, S. 30f.
- ↑ Dazu ausführlich: Patschovsky: Quellen zur böhmischen Inquisition im 14. Jahrhundert.
- ↑ Schwerhoff: Die Inquisition, S. 47.
- ↑ So beispielsweise die von Ottokar II. Přemysl angeregte Inquisition von ca. 1260 im österreichischen Donauraum. Vgl. Haupt, Waldenserthum I, S. 298.
- ↑ Vgl. Schwerhoff: Die Inquisition, S. 47.
- ↑ Vgl. Ad Extirpanda, §23.
- ↑ Dieser schrittweise Ablauf wurde bereits in den 1220er Jahren entwickelt und kam während der Dominikanerinquisition in der Diözese Toulouse in den 1230er Jahren bereits zum Einsatz. Vgl. Schwerhoff: Die Inquisition, S. 28.
- ↑ Vgl. entsprechende Anmerkung hierzu bei: Inquisition in Frankreich.
- ↑ Die Folter fand beispielsweise in den 1220er Jahren in den Statuten der oberitalienischen Städte breite Aufnahme. Vgl. Schwerhoff: Die Inquisition, S. 51.
- ↑ Schwerhoff: Die Inquisition, S. 51.
- ↑ Lambert, Katharer, S. 274 und 313.
- ↑ Kurze, Ketzergeschichte, S. 74.
- ↑ Schwerhoff, Die Inquisition, S. 15f.
- ↑ Schwerhoff, Die Inquisition, S. 29f.
- ↑ Vgl. die Quellenangaben im Artikel: Petrus Zwicker
- ↑ Schwerhoff, Die Inquisition, S. 58
- ↑ Angaben aus: Schwerhoff, Die Inquisition, S. 110-120