Plattentektonik

Plattentektonik (engl.: plate tectonics) bezeichnet das Erklärungsmodell für dynamische Abläufe von Teilen der Erdkruste wie die Entstehung von Gebirgen, die Bewegungen von Kontinentalschollen, die Erdbeben, die Vulkanaktivitäten sowie die Kontinentalverschiebung.
Nachdem schon 1915 Alfred Wegener (1880 - 1930) postulierte, dass die verhältnismäßig leichten, granitischen Gesteine der kontinentalen Kruste (Sial), auf dem dichteren, aber zähflüssigen Untergrund aus basaltischem Material (Sima) schwimmen, löste jedoch erst seit 1970 das Plattentektonik-Modell die älteren Theorien zur Gebirgsbildung und zur Struktur der Erdoberfläche ab. Die älteren Theorien waren die auf der Kontraktionshypothese aufbauende Geosynklinaltheorie, die Expansionshypothese und die Pulsationshypothese.
Neben der Kontinentaldrift-Theorie von Alfred Wegener sind in die Plattentektonik-Theorie auch Elemente der Unterströmungstheorie von Otto Ampferer aufgenommen. Siehe auch: Geschichte der Geologie, Permanenztheorie.

Grundlegend für die Plattentektonik ist die fragmentierte Struktur der Lithosphäre, die primär in sieben große Platten (die Pazifische, Antarktische, Nord- und Südamerikanische, Afrikanische, Eurasische und die Indisch-Australische Platte) aufgeteilt ist. Daneben gibt es noch etliche kleinere Platten (wie z.B. die Karibische, Cocos, Nazca_(Erdplatte), Somali, Arabische und Philippinische Platte) über deren Zusamenhang jedoch unterschiedliche Angaben vorliegen. Diese Platten sind durch die Mittelozeanischen Rücken und die Tiefseegräben von einander getrennt. An den Rücken entsteht aus basaltischem Magma, das aus dem Oberen Erdmantel austritt, neue ozeanische Kruste (Ozeanboden Spreizung, Sea-Floor-Spreading). In den Tiefseegräben sinkt die Kruste wieder in den Mantel ab und wird vernichtet (Subduktion). Die eigentlichen Kontinentalblöcke aus vorwiegend granitischem Material werden, zusammen mit den umgebenden Ozeanböden, wie auf einem Fließband, von den Spreizungszonen weg, bzw. auf die Subduktionszonen zu geschoben. Nur ein Zusammenstoß mit einem anderen Kontinent kann diese Bewegung aufhalten. Da die kontinentale Kruste relativ zu den Ozeanböden aber spezifisch leichter ist, kann sie nicht mit dieser zusammen in den Subduktionszonen abtauchen.
Geschichte der Theorie der Plattentektonik
Die wohl offensichtlichsten und daher geschichtlich am frühesten erkannten Hinweise auf Kontinentaldrift und Plattentektonik dürften von der Ähnlichkeit zwischen der Ostküste Südamerikas und der Westküste Afrikas ausgehen.
Häufig wird der erste Hinweis darauf Sir Francis Bacon im Jahre 1620 zugeschrieben, doch soll Bacon sich nur auf die Ähnlichkeit der Westküsten beider Kontinente, also die atlantische Küste von Afrika und die pazifische Küste von Südamerika bezogen haben (nach Keary und Vine, Global Tectonics, 1990, Blackwell Scientific Publications, Oxford). Dagegen soll der Theologie-Professor Theodor Christoph Lilienthal in Königsberg angesichts der Ähnlichkeit der gegenüberliegenden Küsten Südamerikas und Afrikas als erster 1756 die Möglichkeit erwogen haben, daß sie einstmals nahe beieinander lagen. Das Auseinanderbrechen brachte er mit einer biblischen Katastrophe in Verbindung.
Alexander von Humboldt beschrieb 1801 und 1845 die Ähnlichkeit der gegenüberliegenden Küsten Südamerikas und Afrikas und spekulierte, daß der Atlantik durch einen katastrophalen Strom ausgewaschen wurde. Im Jahre 1858 ging der US-Amerikaner Antonio Snider-Pellegrini einen Schritt weiter, als er die erste Karte veröffentlichte, auf der die Alte und die Neue Welt ohne trennenden Ozean zu sehen waren. Er mutmaßte, dass es die biblische Sintflut gewesen sei, welche die Kontinente voneinander getrennt habe. Um die Jahrhundertwende wurde das Auseinanderdriften des amerikanischen und des afrikanischen Kontinents mit der Entstehung des Mondes aus dem Pazifik in Verbindung gebracht.
Der österreichische Geologe Eduard Suess (1831 - 1914) vertrat in seiner Buchreihe "Das Antlitz der Erde" zunächst die Landbrücken-Theorie, um die markanten Ähnlichkeiten zwischen bestimmten fossilen Tier- und Pflanzenvergesellschaftungen auf verschiedenen heutigen Kontinenten zu erklären. Später postulierte er jedoch die Existenz von zwei ehemals zusammen hängenden großen Landmassen. Für die südlichere von beiden prägte Suess den Namen Gondwana-Land. Dieser Kontinent habe noch im Mesozoikum alle heutigen Kontinente der südlichen Hemisphäre, einschließlich Indien, umfasst. Zu Beginn des Känozoikums aber seien große Teile dieses Kontinents abgesunken und wären zu Ozeanen geworden.
In seinem 1915 veröffentlichten Buch "Die Entstehung der Kontinente und Ozeane" folgerte Alfred Wegener (1880-1930) aus der genauen Passung der Küstenlinien von Südamerika und Afrika, dass diese Bruchstücke eines ehemals größeren Kontinents gewesen sein könnten, der in der erdgeschichtlichen Vergangenheit auseinander gebrochen war. Die Passung ist noch perfekter, wenn man nicht die Küstenlinien, sondern die Schelfränder, also die unter Wasser liegenden Teile eines Kontinents betrachtet. Daneben sammelte Wegener weitere Argumente:
- Faltengürtel und Scherzonen aus Südamerika lassen sich in Afrika mit sehr ähnlichen Gesteinsabfolgen und Deformationsmustern vergleichen.
- Diamantlagerstätten in Südamerika und Westafrika weisen geologische Ähnlichkeiten auf.
- Auf allen Südkontinenten finden sich Klima-Zeugen der permo-karbonen Eiszeit.
- Bestimmte fossile und rezente Floren und Faunen beiderseits des Atlantiks stimmen überein:
- Kälteliebende Farne mit zungenförmigen Blättern (Glossopteris-Flora) waren auf allen Südkontinenten verbreitet.
- Das Fossil Mesosaurus, ein im Süßwasser lebendes Reptil, konnte sowohl in Afrika als auch in Südamerika nachgewiesen werden.
- Die Seekuh Manatus kommt heute sowohl in Westafrika als auch in Mittel- und Südamerika vor.

Anhand solcher Indizien rekonstruierte Wegener einen Superkontinent, den er Pangäa nannte, der nicht nur die Südkontinente, sondern alle bekannten Kontinentalmassen umfasste. Nach seiner Theorie sollten die spezifisch leichten Kontinente (das so genannte SiAl - nach Silizium und Aluminium, den charakteristischen Elementen des Granits) auf dem dichteren Untergrund "schwimmen" (das so genannte SiMa - nach Silizium und Magnesium, den vorherrschenden Elementen im Basalt), etwa wie ein Eisberg im Meer treibt.
Als mögliche Kraft, die die Kontinente zerbrechen und auseinander treiben ließ, schlug Wegener verschiedene astronomische Kräfte vor: z.B. die Abbremsung der Erdrotation durch die Gezeitenreibung des Mondes, oder Präzessionskräfte. Die "Polflucht", das heißt, die durch die Erdrotation erzeugte Fliehkraft, sollte die Kontinentalmassen langsam in Richtung auf den Äquator zu bewegen. Aber selbst Wegener war klar, dass letztlich diese Kräfte nicht ausreichten, um die Drift der Kontinente zu erklären. Gerade deshalb wurde Wegeners Theorie zu seinen Lebzeiten von den meisten Geowissenschaftlern abgelehnt.
Ein weniger wissenschaftliches Motiv von Wegeners Gegnern bestand aber wohl in den Eifersüchteleien zwischen den damals streng voneinander getrennten Teilgebieten der Geowissenschaften. Da sich Wegener ursprünglich mit Astronomie, Meteorologie und Klimatologie beschäftigt hatte, galt er vielen "echten" Geologen als ein unqualifizierter "Quereinsteiger".
Der Paradigmenwechsel setzte etwa um 1960 ein, als man grundlegend neue Erkenntnisse über die Geologie der Ozeanböden erlangte.
- Man erkannte z.B., dass die Mittelozeanischen Rücken vulkanisch aktiv sind, und dass dort an langen Bruchspalten große Mengen an basaltischer Lava austreten, meist in Form von Kissenlava.
- Bei paläomagnetischen Messungen dieser Basalte entdeckte man, dass die wiederholte Umpolung des Erdmagnetfelds im Laufe der Erdgeschichte ein genau spiegelsymmetrisches "Streifenmuster" auf beiden Seiten des Mittelatlantischen Rückens erzeugt hatte.
- Außerdem erkannte man, dass die Sedimentgesteine, die die Tiefseeböden bedecken, in größerer Entfernung von den Mittelozeanischen Rücken auch immer mächtiger und älter werden.
Die einleuchtendste Erklärung für diese Phänomene war, dass die basaltischen Magmen, die ständig an den Mittelozeanischen Bruchzonen austreten und erstarren, den Ozeanboden in entgegengesetzte Richtungen aus einander drücken, so dass er sich im Laufe der Zeit immer weiter ausdehnt (Sea-Floor-Spreading).
Nun gibt es bis heute keine eindeutigen Anzeichen, dass sich der Radius der Erde im Laufe ihres Bestehens signifikant vergrößert hätte, wie es in der alten Expansionshypothese gefordert wurde. Dies legte den Gedanken nahe, dass die neu gebildete ozeanische Kruste an anderer Stelle wieder vernichtet werden müsse.
- Dafür spricht, dass man bis heute keinen Ozeanboden entdeckt hat, der älter als 200 Millionen Jahre wäre. Die Hälfte aller Ozeane ist nicht einmal älter als 65 Millionen Jahre. Hiermit wurde die alte, fixistische Vorstellung widerlegt, nach der die Ozeane uralte Einsturzbecken seien, die sich, wie die Kontinente, schon bald nach Formung der ersten festen Kruste um die glutflüssige Urerde, gebildet hätten.
Als Ort der Vernichtung ozeanischer Kruste wurden in den 1970er Jahren die Tiefseegräben erkannt, die besonders den Pazifischen Ozean umgeben. Wegen ihrer starken seismischen und vulkanischen Aktivität wird diese Zone auch als "Pazifischer Feuerring" bezeichnet.
- Geophysikalische Messungen offenbarten dort schräg geneigte seismische Reflexionsflächen (Benioff-Zone), an denen anscheinend schwere ozeanische Kruste unter kontinentale, oder andere ozeanische, Kruste geschoben wird und absinkt. Typisch für diese Zonen sind die tiefen Erdbeben, deren Epizentren in Tiefen von 320 bis 720 km liegen können. Dieser Befund wird mit der starken Reibung zwischen den absinkenden Platten und dem umgebenden Gestein erklärt, die schließlich zum Zerbrechen und Aufschmelzen der subduzierten Platte führt.
- Als Substrat, auf dem sich die Kruste seitlich verschieben kann, gilt die, etwa 300 km mächtige, sog. "Low-Velocity Zone" (Asthenosphäre), in der sich die seismischen "P-Wellen" nur langsam ausbreiten. Diesen Befund interpretierte man mit der Existenz von teilweise aufgeschmolzenem, fließfähigen Gesteinspaketen unterhalb der starren, 70-120 km mächtigen Lithosphäre.
Die neue Technik der Satellitenaufnahmen lieferte schließlich einen direkten Nachweis der Kontinentaldrift. Die Geschwindigkeit der Ozeanboden-Spreizung variiert zwischen den einzelnen Ozeanen, bewegt sich aber in der Größenordnung von einigen Zentimetern pro Jahr.
Gebirgsbildung und Vulkanismus im Licht der Plattentektonik
Im Gegensatz zu der klassischen Geosynklinal-Theorie, geht man heute davon aus, dass die meisten gebirgsbildenden und vulkanischen Prozesse an die Plattenränder gebunden sind.
Mittelozeanische Rücken
Die Mittelozeanischen Rücken werden heute als die größten zusammenhängenden Gebirgssysteme des Planeten Erde angesehen. Dort herrschen aber expansive Kräfte vor, so dass die Gesteine nicht gefaltet werden. Statt dessen herrscht Bruchtektonik mit der Bildung von tektonischen Gräben und Horsten vor. Charakteristisch für die Mittelozeanischen Rücken sind Transform-Störungen, die die vulkanisch aktiven Zentralgräben in unregelmäßigen Abständen etwa rechtwinklig zerschneiden und die einzelnen Abschnitte gegeneinander versetzen. Auch die Transformstörungen sind seismisch aktiv, weil sich hier die tektonischen Spannungen entladen, die durch Plattenbewegungen schräg zu den zentralen Rücken aufgebaut werden. Ein bekanntes Beispiel ist die erdbebengefährdete San-Andreas-Verwerfung in Kalifornien, die die kleine Gorda-Platte von der Pazifischen Platte trennt.
Ein eigentümliches vulkanische Phänomen, das an die Mittelozeanischen Rücken gebunden ist, sind die Black Smoker, hydrothermale Schlote, an denen überhitzte, mineralgesättigte Wässer austreten.
Intrakontinentale Gräben
Auch die tektonischen Gräben, die, wie das Rift-Valley in Ostafrika, als die allererste Phase der Ozeanbildung aufgefasst werden, sind mit vulkanischer Aktivität verbunden. Charakteristisch ist hier die Aufwölbung der umgebenden kontinentalen Kruste, die zur Heraushebung von ausgedehnten Grundgebirgs-Massiven, oder Schilden führt. Gerade die ungewöhnliche durchschnittliche Höhenlage des Afrikanischen Schildes lässt viele Wissenschaftler vermuten, dass sich unter dem afrikanischen Kontinent eine stationäre Wärmequelle befindet, die die Kruste aufwölbt und zerreißt.
Bei zunehmender Ausweitung der Bruchzonen bilden sich schmale, langgezogene Meeresbecken, wie das Rote Meer, die sich mit der Zeit zu echten Ozeanen ausweiten können.
Kordilleren- oder Andentyp
Der klassische Kordillerentyp der Kettengebirge findet sich über den Subduktionszonen, in denen ozeanische Kruste direkt unter kontinentale Kruste subduziert wird, wie an der Westküste Amerikas. Hier herrschen besonders komprimierende Bedingungen, die die Gesteinspakete herausheben, in tektonischen Decken über einander schieben und falten. In größeren Tiefen kann es in diesen Zonen durch die erhöhten Drucke und Temperaturen auch zu Regional- Metamorphosen und Aufschmelzungen (Anatexis) kommen. Es ist nicht ganz klar, warum die Subduktion an der Ostküste Asiens, und in den Tiefseegräben des West-Pazifiks, wie dem Marianen- und dem Tonga-Graben, zur Bildung von gekrümmten Inselbögen, wie den Aleuten, oder den japanischen Inseln führt. Wahrscheinlich ist die relative Geschwindigkeit der auf einander treffenden Platten entscheidend. Während der amerikanische Kontinent die Pazifische Platte mit großer Geschwindigkeit überfährt, können sich zwischen den asiatischen Inselbögen und dem vorlagernden Kontinent noch sog. "Back-arc Basin" entwickeln. In beiden Fällen werden jedoch die subduzierten Platten in der Hitze des Oberen Mantels aufgeschmolzen und die erhitzten andesitischen bis granitischen Magmen dringen durch die Gesteine der überlagernden Faltengebirge bis an die Oberfläche. Dort speisen sie die zum Teil hochexplosiven vulkanischen Eruptionen.
Kollisionstyp
In dem Moment, in dem die ozeanische Kruste zwischen zwei Kontinentalblöcken vollständig subduziert worden ist, kommt es zum Kollisionstyp der Gebirgsbildung, wie z.B. beim Zusammenstoß des indischen Subkontinents mit der eurasischen Landmasse im Himalaya.
Das Bild kann aber durch das schräge Aufeinandertreffen der Blöcke und das Vorhandensein von "Mikrokontinenten", wie der Apenninhalbinsel im Mittelmeer, beliebig verkompliziert werden. Hier scheint es, dass ozeanische Kruste zumindest zeitweilig sowohl unter die Afrikanische als auch unter die Eurasische Platte subduziert wurde, während die Iberische Halbinsel, der Sardo-korsiche Block und die Apenninhalbinsel zwischen den großen Kontinentalblöcken im Gegenuhrzeigersinn rotiert wurden.
Last, but not least existieren auch Gebiete wie die südostasiatische Inselwelt oder die Karibik, in denen zwei ozeanische Platten in gegenläufigem Sinn unter eine andere ozeanische Platte subduziert werden. Nicht zufällig gehören die vulkanischen Eruptionen in diesen Gegenden zu den gewaltigsten überhaupt.
Hot-Spots
Es ist nicht ganz klar, wie der sogenannte Hot spot-Vulkanismus in dieses Bild passt. Sowohl auf Island, wie auf Hawaii, werden aus stationären Magmakammern im Oberen Mantel, den sogenannten Diapiren oder Plumes, basaltische Laven gefördert. Während Island jedoch genau auf dem Mittelatlantischen Rücken liegt und vielleicht aktiv an der Spreizung des Nordatlantiks beteiligt ist, befindet sich Hawaii mitten in der Pazifischen Platte. Die langen Inselketten des Südpazifiks erklären sich dadurch, dass die ozeanische Kruste kontinuierlich über einen stationären Hot Spot geglitten ist, dessen Vulkanschlote in regelmäßigen Abständen den Ozeanboden durchschlagen haben.
Zumindest für die Inseln von Hawaii weisen neue Erkenntnisse darauf hin, dass es sich dort nicht um einen stationären, sondern um einen beweglichen Hot-Spot handelt. Die Wissenschaftler untersuchten die magnetische Ausrichtung im ehemals geschmolzenen Gestein. Die Ergebnisse decken sich nicht mit der bisherigen Annahme, sondern legen die Vermutung nahe, dass sich die Wärmequelle unter der tektonischen Platte bewegt.
Ursachen der Plattentektonik und ungelöste Probleme
Wenn die Realität der Kontinentaldrift unter Geowissenschaftlern auch kaum noch bezweifelt wird, so herrscht über die Kräfte im Erdinneren, die die Bewegungen der Platten auslösen und vorantreiben, im Grunde noch fast so viel Unklarheit, wie zu Zeiten Wegeners.
Die heute am meisten vertretene Meinung geht von Konvektionsströmen aus, die sich auf Grund des Wärmeaustauschs zwischen dem heißen Erdmantel und der kühleren Erdkruste bilden. Die Energie für die Aufheizung des Magmas liefern wahrscheinlich radioaktive Zerfallsprozesse. Die Reibungsenergie der Gezeitenwirkung des Mondes auf den Erdkörper kann wohl vernachlässigt werden. Leider bilden Konvektionsströme unter Laborbedingungen, z.B. in erhitzten zähen Flüssigkeiten, sehr hoch strukturierte und symmetrische Formen aus, wie etwa Bienenwabenmuster. Dies lässt sich kaum mit der tatsächlich beobachteten Gestalt der geotektonischen Platten, und ihren Bewegungen vereinbaren.
Andere Autoren unterstreichen eher die Wirkung der Gravitation auf die Bewegung der Platten. Während sich die ozeanische Kruste von den Mittelozeanischen Rücken entfernt und auskühlt, nimmt auch ihre Dicke und Dichte ständig zu. Schließlich sei der Punkt erreicht, an dem sie praktisch von selbst, unter dem eigenen Gewicht, wieder in den Mantel abtaucht. Die basaltischen Magmen an den Mittelozeanischen Rücken würden somit den Ozeanboden nicht aktiv auseinander drücken, sondern die Spalten öffnen sich passiv, durch den seitlichen Zug zu den Subduktionszonen hin. Die Aufschmelzung der Magmen an den Mittelozeanischen Rücken beruhe somit eher auf seitlicher Druckentlastung, denn auf erhöhten Wärmefluss aus der Tiefe.
Eine andere Theorie geht von nur zwei, sich gegenüber liegenden Konvektionszentren aus. Eine heute dominante Zelle läge unter Afrika, was das dortige Vorherrschen von Dehnungsbrüchen und das Fehlen einer Subduktionszone am Rand der Afrikanischen Platte erklären würde. Die andere läge auf der anderen Seite des Globus, unter der Pazifischen Platte, die ständig an Größe verliert. Der Pazifik, der interessanterweise keinerlei kontinentale Kruste beinhaltet, wäre somit der Überrest eines urzeitlichen Superozeans Panthalassa, der einst der Pangäa gegenüber gelegen hätte. Erst wenn sich im Gebiet des heutigen Pazifiks alle Kontinente wieder zu einem neuen Superkontinent vereinigt hätten, würde sich die Bewegung umkehren. (Wilson-Zyklus) Die neue Pangäa würde wieder auseinander brechen, um den neuen Superozean, der sich aus Atlantik, Indischem und Arktischem Ozean gebildet hätte, ein weiteres Mal zu schließen.
Plattentektonik auf anderen Himmelskörpern
Nach dem bisherigen Stand der Forschung scheint der Mechanismus der Plattentektonik nur auf der Erde wirksam sein. Das ist für den kleinen Planeten Merkur und für die grossen Monde der Gasplaneten und unseren eigenen Mond noch einfach zu verstehen. Die Lithosphäre dieser relativ zur Erde doch wesentlich kleineren Himmelskörper ist im Verhältnis einfach zu dick, um in Form von Platten mobil sein zu können. Anders ist aber bei der fast erdgrossen Venus schwer zu verstehen, warum eine Plattentektonik trotz starkem Vulkanismus nicht in Gang gekommen zu sein scheint. Eine ganz erhebliche Rolle scheint überraschenderweise dabei das nur auf der Erde vorkommende freie Wasser zu spielen. Offensichtlich dient es hier bis hinunter auf die Kristallgitterebene als reibungsminderndes "Schmiermittel. Es ist bekannt, dass an den Subduktionszonen der Erde nicht nur die Sedimente im Akkretionskeil in die Tiefe gezogen werden, sondern mit ihnen jährlich Milliarden von Tonnen Wasser. Auf der Venus ist es einfach nicht vorhanden.
Der Mars dagegen scheint eine Zwischenstellung beanspruchen zu können. Wasser ist vorhanden und man vermeint, Ansätze einer Plattentektonik erkennen zu können. Die aufgereihten gigantischen Schildvulkane und Grabensysteme, die den halben Planeten umspannen, erinnern in gewisser Weise an das Rifting auf der Erde. Dem steht wiederum das Fehlen von eindeutigen Verschluckungszonen gegenüber. Wahrscheinlich reichte die innere Hitzeentwicklung und daraus folgende Konvektion auf diesem relativ kleinen Planeten nicht ganz aus, um den Mechanismus wirklich in Gang zu setzen oder der Vorgang kam bereits in der Frühgeschichte des Planeten wieder zum Stillstand.
Ob eine Art Plattentektonik auf anders aufgebauten Himmelskörpern stattfindet, ist nicht bekannt, aber vorstellbar. Als Kandidaten für konvektionsgetriebene weiträumige horizontale Krustenverschiebungen können die Eismonde Europa und Enceladus gelten. Flüssiges Wasser oder weiches Eis könnte an linearen Schwächezonen aufsteigen, das stahlharte Eis der Kruste zur Seite drücken, was wiederum folgen liesse, dass andernorts Kruste verschluckt werden müsste. Die Oberfläche dieser Monde ist jedenfalls weitgehend geologisch aktiv oder zumindest aktiv gewesen, was Mechanismen der Krustenerneuerung erfordert. Der Vulkanismus auf Io dagegen scheint derartig stark zu sein, dass stabile Krustenbereiche in der Art der Platten erst gar nicht entstanden sind.
Plattenverschiebungen in der Erdgeschichte
Wir wissen, wie schnell und wohin sich die großen Platten derzeit bewegen und verschiedene Indizien erlauben uns, ihre Wege in der Vergangenheit zu rekonstruieren. Wegen ihrer Trägheit benötigen sie Dutzende von Jahrmillionen, um zum Stillstand zu kommen und noch länger, um ihre Bewegung umzukehren.
Verschiebungen in der Vergangenheit
- Man geht davon aus, dass die Landmasse der Erde vor ca. 320 Millionen Jahren im Wesentlichen zwei Kontinente umfasste, nämlich Gondwana und Laurasia.
- Vor rund 250 Millionen Jahren waren beide zum Riesenkontinent Pangäa zusammengewachsen, der vom Riesenozean Panthalassa umgeben war, und in den sich von Osten das Tethysmeer, wie eine riesige Bucht, hinein erstreckte.
- Vor etwa 135 Millionen Jahren brach die Kontinentalmasse auseinander. Das Tethysmeer öffnete sich weiter nach Westen und trennte einen Südkontinent ab, der wieder als Gondwana bezeichnet wird. Der Nordkontinent zerfiel durch die Öffnung des Nord-Atlantiks in die beiden Teile Nordamerika und Eurasien.
- Bis vor ca. 100 Millionen Jahren hat sich der Zerfallsprozess der Kontinente weiter fortgesetzt. Vor allem der große Südkontinent hat sich in Südamerika, Afrika, Indien, Antarktis und Australien aufgespalten. Das Tethysmeer trennte nach wie vor die Nordkontinente von den Südkontinenten..
Verschiebungen in der Zukunft
Alle geologischen Beobachtungen weisen darauf hin, dass die Platten weiter dynamisch sind. Es lässt sich nicht genau vorhersagen, wie die Landmassen in 200 Millionen Jahren auf der Erdoberfläche verteilt sein werden. Voraussagen lassen sich anhand einer Extrapolation der aktuellen Bewegungen erstellen:
In 20 Millionen Jahren ...
wird sich Ostafrika vom übrigen Afrika abspalten und dabei einen neuen Ozean bilden. Spanien löst sich von Frankreich und dreht sich dabei leicht im Uhrzeigersinn. Australien und Neuseeland schieben sich so schnell nordwärts, dass Nordaustralien nun am Äquator liegt. Das Schwarze Meer ist vollständig vom Mittelmeer abgeschnitten und der Golf von Akaba hat sich bis zur Türkei geöffnet. l
In 40 Millionen Jahren ...
wird Afrika weiter Richtung Norden wandern und die Mittelmeerregion komplett umgestalten, denn Sizilien wird nach Norden verschoben und liegt in Küstennähe vor Rom. Spanien dreht sich weiter im Uhrzeigersinn von Frankreich weg. Mitteleuropa könnte entlang des Rheins auseinander brechen. Australien wandert weiter Richtung Südostasien. Der Atlantik wird breiter, denn Amerika entfernt sich weiter von Europa und Afrika..
In 50 Millionen Jahren ...
löst sich ein Teil Kaliforniens entlang der San-Andreas-Verwerfung vom amerikanischen Festland und wandert nach Nordosten. Nordamerika mit Grönland rückt zunächst nach Westen, dreht sich dann im Uhrzeigersinn und driftet nach Süden. So gelangt Grönland in die gemäßigte Zone südlich des 60. Breitengrades und wird wirklich grün.
In 80 Millionen Jahren ...
wird Afrika so weit nach Norden vorgedrungen sein, dass in Folge des Schubs nach und nach an die Stelle des Mittelmeers eine neue Gebirgskette getreten sein wird und damit werden endgültig die letzten Spuren der Antike verschwunden sein. Australien ist in der Zwischenzeit mit Japan kollidiert, Neuseeland hat die Tropen erreicht und die Antarktis steuert auf Australien zu.
In 90 Millionen Jahren ...
sind Nord- und Südamerika getrennt. Nordamerika verlagert sich südlich an die Seite Südamerikas.
In 150 Millionen Jahren ...
ist das gesamte Grönland südlich Peru bei ungefähr 30 Grad südlicher Breite angelangt.
In 200 Millionen Jahren ...
hat sich die Antarktis Mexiko so stark angenähert, dass beide am Äquator liegen und die Antarktis wie zuletzt im frühen Mesozoikum üppig bewachsen sein wird. Ostafrika kollidiert mit Indien, Madagaskar trifft auf Südostasien. Neufundland befindet sich bereits bei 10 Grad nördlicher Breite und bewegt sich weiter auf den Äquator zu, den Florida auf seinem Weg nach Süden bereits hinter sich gelassen hat. Südamerika hat sich im Uhrzeigersinn um 90 Grad gedreht. In den letzten 200 Millionen Jahren haben sich Skandinavien und die Britischen Inseln langsam in südöstliche Richtung bewegt.
Allgemein
Indien wird noch einige Zeit unter dem Himalaya abtauchen und vielleicht völlig unter Tibet verschwinden. Dafür werden im Norden die Erhebungen in der Mongolei weiter wachsen und schließlich wird sich eine ausgedehnte Gebirgskette bis zum Baikalsee vorschieben.
Große Veränderungen sind vor Australien zu erwarten, das rasch nach Norden driftet und sich wahrscheinlich unter die Sunda-Inseln schieben wird. Diese wachsen dann zu einer neuen Gebirgskette empor, die auf die Australische Platte aufgleitet.
In der Seenplatte im ostafrikanischen Rift Valley wird ein neuer Ozean entstehen, der sich mit dem Roten Meer vereint. Gleichzeitig wird sich eine neue kontinentale Platte von Afrika abspalten und nach Osten davondriften. Das Rift Valley wird dann einen neuen mittelozeanischen Rücken beherbergen.
Der Atlantik wird sich weiterhin öffnen entlang des mittelozeanischen Rückens. Im Gegenzug wird sich der Pazifik sukzessive verkleinern und in ferner Zukunft vollständig verschwinden. Der Pazifik ist ein Überbleibsel von Panthalassa, der Ozean, der Pangäa einst umgab. Der mittelozeanische Rücken des Nordpazifiks wurde unter Nordamerika subduziert, vor Südamerika steht dieser Prozess kurz bevor. Es ist davon auszugehen, dass dies sich fortsetzen wird.
Literatur
- Ozeane und Kontinente: ihre Herkunft, ihre Geschichte und Struktur, Spektrum-der-Wissenschaft-Verlagsgesellschaft, Heidelberg, 1985. ISBN 3-922508-24-3.
- Vulkanismus: Naturgewalt, Klimafaktor und kosmische Formkraft, Spektrum-der-Wissenschaft-Verlagsgesellschaft, Heidelberg, 1985. ISBN 3-922508-32-4.
- A. Wegener Die Entstehung der Kontinente, in Geologische Rundschau - Zeitschrift für allgemeine Geologie, Band III Heft 4, Verlag von Wilhelm Engelmann, 9. Juli 1912.
Kritische Literatur
- Zillmer, Hans-Joachim: Irrtümer der Erdgeschichte, Langen Müller, München 2001, 3. Auflage 2003. ISBN 3-7844-2819-3; Knaur-Taschenbuch 77630, München 2003. Übersetzt in Italienisch, Polnisch, Tschechisch. Diskussion der Schwachstellen der Plattentektonik-Hypothese (u.a. Subduktion, Transformstörungen) sowie Entwicklung der modernen Expansions-Hypothese (Erdexpansion) als weiter entwickelte Plattentektonik-Hypothese.
- Zillmer, Hans-Joachim: Dinosaurier-Handbuch, Langen Müller, München 2002. ISBN 3-7844-2870-3. Übersetzt in Tschechisch. Diskussion der Dinosaurier-Paläographie, deren Ergebnisse im Widerspruch zum Zeitablauf der Plattentektonik-Hypothese stehen.
Siehe auch: Transformstörung
Weblinks
- http://www.uni-muenster.de/MineralogieMuseum/vulkane/Vulkan-3.htm: Plattentektonik und Vulkanismus
- http://natours.ch/gl/zeit/kv.htm: Grobe Skizzen zur Plattentektonik
- http://www.urweltmuseum.de/museum/geologie/Uhr/uhrstart.htm: Animation zur Plattentektonik (Flash-Format)
- http://www.ucmp.berkeley.edu/geology/tectonics.html Animation zur Plattentektonik (GIF-Format)
- http://www.scotese.com/earth.htm Entwicklung der plattentektonischen Situation während des Phanerozoikums
- http://www.br-online.de/alpha/centauri/archiv.shtml amüsante Folge v. "alpha-centauri": Klick auf: 31. März 2002 - Soll man sich ein Haus auf Mallorca kaufen?