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Zivilprozessordnung (Deutschland)

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Zivilprozessordnung (abgekürzt ZPO) ist in Deutschland und Österreich der Name des Gesetzes, das das gerichtliche Verfahren in Zivilprozessen regelt.

Deutschland

Basisdaten
Kurztitel: Zivilprozessordnung
Voller Titel: ders.
Typ: Bundesgesetz
Rechtsmaterie: Zivilrecht
Gültigkeitsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Abkürzung: ZPO
FNA: 310-4
Datum des Gesetzes: 30. Januar 1877 (RGBl. 1877, S. 83)
Aktuelle Fassung: 1. Januar 2005 (BGBl. I 2004, S. 3396)

Die deutsche Zivilprozessordnung (ZPO) trat als Gesetz am 30. Januar 1877 (RGBl. S. 83) in Kraft. Sie umfasst grundsätzlich alle für die Fragen des Zivilprozesses relevanten Vorschriften. Nur wenige sind in anderen Gesetzen geregelt. Daneben sind für die Zuständigkeit das Gerichtsverfassungsgesetz und für die Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen das Zwangsversteigerungsgesetz zu nennen. Für die freiwillige Gerichtsbarkeit gelten die Vorschriften der ZPO nur, wenn die Vorschriften des FGG dies vorschreiben oder nichts weiter vorsehen. Die ZPO kommt daher vor allem bei den bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten zum Zuge. Als "Mutter aller Prozessordnungen" wird jedoch in Vorschriften zu den Verfahren in anderen Zweigen der Gerichtsbarkeit häufig auf Teile der ZPO verwiesen, so beispielsweise im Arbeitsgerichtsgesetz und in der Verwaltungsgerichtsordnung.

Über die wesentlichen Prozessmaximen erscheint in der ZPO nur wenig. Wichtigste Verfahrensarten sind das Erkenntnisverfahren, das Mahnverfahren und das schiedsrichterliche Verfahren. Das Zivilprozessrecht sieht in der ZPO die Leistungsklage, die Feststellungsklage, die Zwischenfeststellungsklage und die Gestaltungsklage vor.

Das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO) enthält neben einigen Randvorschriften vor allem Übergangsvorschriften, die insbesondere durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 und die Euro-Umstellung bedingt waren.

Inhalt

Aus der Inhaltsübersicht der ZPO ergibt sich folgende Aufstellung:
Buch 1 - Allgemeine Vorschriften

  1. Gerichte
  2. Parteien
  3. Verfahren

Buch 2 - Verfahren im ersten Rechtszug

  1. Verfahren vor den Landgerichten
  2. Verfahren vor den Amtsgerichten

Buch 3 - Rechtsmittel

  1. Berufung
  2. Revision
  3. Beschwerde

Buch 4 - Wiederaufnahme des Verfahrens
Buch 5 - Urkunden- und Wechselprozess
Buch 6 - Verfahren in Familiensachen

  1. Allgemeine Vorschriften für Verfahren in Ehesachen
  2. Allgemeine Vorschriften für Verfahren in Familiensachen
  3. Verfahren in Scheidungs- und Folgesachen
  4. Verfahren auf Aufhebung und auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Ehe
  5. Verfahren in Kindschaftssachen
  6. Verfahren über den Unterhalt
  7. Verfahren in Lebenspartnerschaftssachen

Buch 7 - Mahnverfahren
Buch 8 - Zwangsvollstreckung

  1. Allgemeine Vorschriften
  2. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen
  3. Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen
  4. Eidesstattliche Versicherung und Haft
  5. Arrest und einstweilige Verfügung

Buch 9 - Aufgebotsverfahren
Buch 10 - Schiedrichterliches Verfahren

  1. Allgemeine Vorschriften
  2. Schiedsvereinbarung
  3. Bildung des Schiedsgerichts
  4. Zuständigkeit des Schiedsgerichts
  5. Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens
  6. Schiedsspruch und Beendigung des Verfahrens
  7. Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch
  8. Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen
  9. Gerichtliches Verfahren
  10. Außervertragliche Schiedsgerichte

Buch 11 - Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union

  1. Zustellung nach der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000
  2. Beweisaufnahme nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001

Österreich

Basisdaten
Kurztitel: Zivilprozessordnung
Voller Titel: Gesetz vom 1. August 1895 über
das gerichtliche Verfahren
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
(Zivilprozessordnung)
Typ: Bundesgesetz
Rechtsmaterie: Zivilrecht
Gültigkeitsbereich: Republik Österreich
Abkürzung: ZPO
Datum des Gesetzes: 1. August 1895 (RGBl. 113/1895)


Die Zivilprozessordnung trat am 1. Januar 1898 in Kraft und wurde seither über 75 Mal novelliert. Übergangsbestimmungen, aber auch Bestimmungen für Börsenschiedsgerichte enthielt das gleichzeitig erlassene und in Kraft getretene Gesetz vom 1. August 1895 betreffend die Einführung des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung), RGBl. 112/1895 (kurz Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung bzw. EGZPO). Auch nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich blieb in den ehemals österreichischen Gebieten die ZPO in Geltung.

Die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sind grundsätzlich auch im Verfahren über Arbeits- und Sozialrechtssachen anzuwenden, so weit nicht im Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz etwas anderes angeordnet wird.

Im Verfahren außer Streitsachen sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung nicht sinngemäß anzuwenden, da das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene neue Außerstreitgesetz eine umfassende eigene, den Bedürfnissen des Außerstreitverfahrens angepasste Regelung des Verfahrens enthält.

Inhalt

Die Zivilprozessordnung regelt die Partei- und Prozessfähigkeit, die Stellung der Prozessparteien sowie Aufgaben und Befugnisse des Richters, die Grundsätze für Schriftsätze, Fristen und Tagsatzungen und Folgen der Säumnis, die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, den Gang der Verhandlung vom der Klage bis zum Urteil sowie die Bestimmungen über Urteile und Beschlüsse, das Rechtsmittelverfahren sowie besondere Verfahrensarten.

Nicht in der Zivilprozessordnung, sondern im Gesetz vom 1. August 1895 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen (Jurisdiktionsnorm), RGBl. 111/1895, geregelt ist die sachliche und örtliche Zuständigeit der Gerichte in Zivilrechtssachen einschließlich dem Instanzenzug im Rechtsmittelverfahren sowie die Besetzung der Gerichte je nach Zuständigkeit (Einzelrichter - Senat, siehe Gerichtsorganisation in Österreich).

Auch die Zwangsvollstreckung ist nicht in der Zivilprozessordnung, sondern im Gesetz vom 27. Mai 1896 über das Exekutions- und Sicherungvserfahren (Exekutionsordnung), RGBl. 79/1896, geregelt.

Gliederung

  • Erster Teil. Allgemeine Bestimmungen
    • Erster Abschnitt. Parteien
      1. Prozessfähigkeit
      2. Streitgenossenschaft und Hauptintervention
      3. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit
      4. Bevollmächtigte
      5. Prozesskosten
      6. Sicherheitsleistung für Prozesskosten
      7. Verfahrenshilfe.
    • Zweiter Abschnitt. Verfahren
      1. Schriftsätze
      2. Zustellungen
      3. Fristen und Tagsatzungen
      4. Folgen der Versäumung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
      5. Unterbrechung und das Ruhen des Verfahrens.
    • Dritter Abschnitt. Mündliche Verhandlung
      1. Öffentlichkeit
      2. Vorträge der Parteien und Prozessleitung
      3. Sitzungspolizei
      4. Vergleiche
      5. Protokolle
      6. Akten
      7. Strafen
      8. Sonntagsruhe und verhandlungsfreie Zeit.
  • Zweiter Teil. Verfahren vor den Gerichtshöfen erster Instanz
    • Erster Abschnitt. Verfahren bis zum Urteil
      1. Klage, Klagebeantwortung, vorbereitendes Verfahren und Streitverhandlung
      2. Allgemeine Bestimmungen über den Beweis und die Beweisaufnahme
      3. Beweis durch Urkunden
      4. Beweis durch Zeugen
      5. Beweis durch Sachverständige
      6. Beweis durch Augenschein
      7. Beweis durch Vernehmung der Parteien
      8. Sicherung von Beweisen.
    • Zweiter Abschnitt. Urteile und Beschlüsse
      1. Urteile
      2. Beschlüsse
  • Dritter Teil. Verfahren vor den Bezirksgerichten
  • Fünfter Teil. Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage
  • Sechster Teil. Besondere Arten des Verfahrens

Europa

Das Zivilprozessrecht als solches ist kein Gegenstand der Rechtsetzung durch die Europäische Gemeinschaft. Dennoch sind zahlreiche Verordnungen der EG für das Zivilprozessrecht von Bedeutung. Im Zuge des Wegfalls der Grenzen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ist der Wirtschaftsverkehr nahezu grenzenlos geworden. Daher rührt das Bedürfnis, auch den Rechtsschutz über nationale Grenzen hinaus zu erleichtern. Dies ist noch keineswegs vollständig gelungen, aber es bestehen EG-Verordnungen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zu folgenden Themenbereichen:

  • Zivil und Handelssachen (EG-Verordnung Nr. 44/2001 mit späteren Änderungen)

Weblink zu dieser Verordnung

  • Ehe- und Kindschaftssachen (EG-Verordnung Nr. 1347/2000 mit späteren Änderungen)

Weblink zu dieser Verordnung

Außerdem die Verordnung über die Zustellung von gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücken in Zivil- und Handelssachen (EG-Verordnung Nr. 1348/2000)

Weblink zu dieser Verordnung

Literatur

  • Heinz Thomas, Hans Putzo: Zivilprozessordnung. 25. Auflage, C.H. Beck München 2003, ISBN 3406506135
  • Zöller: Zivilprozessordnung. 24. Auflage, Schmidt Köln 2003 ISBN 3504470135

Siehe auch

Ordentliche Gerichtsbarkeit, Gericht, Bürgerliches Gesetzbuch