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Panopticon

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Das Panopticon oder Panoptikum (von griech. „pan“ „alles“ und „optikós“ „zum Schauen gehörend“) ist ein vom britischen Philosophen Jeremy Bentham stammendes Konzept zum Bau von Fabriken, Gefängnissen und ähnlichen Anstalten. Der französische Philosoph Michel Foucault griff diese Idee auf und bezeichnete es als wichtiges Ordnungsprinzip westlich-liberaler Gesellschaften, von ihm auch Disziplinargesellschaft genannt.

Jeremy Bentham (1748–1832): Architektur

Panopticon-Skizze von Jeremy Bentham, 1791

Allen Bauten des Panopticon-Prinzips ist gemeinsam, dass von einem zentralen Ort aus alle Fabrikarbeiter oder Gefängnisinsassen beaufsichtigt werden können. Im Mittelpunkt steht ein Beobachtungsturm, von welchem aus Zelltrakte abgehen (in sog. Strahlenbauweise). So kann der Wärter in der Mitte in die Zellen einsehen, ohne dass die Insassen wiederum den Wärter sehen können. Das liegt daran, dass die Gefangenen aus der Sicht des Wärters im Gegenlicht gut sichtbar sind, der Wärter selbst jedoch im Dunkel seines Standortes nicht ausgemacht werden kann. Mithin wissen diese nicht, ob sie gerade überwacht werden. Im Ergebnis kann also mit geringem personellem Aufwand eine große Zahl von Menschen permanent und total überwacht werden.

Von diesem Konstruktionsprinzip erhoffte sich Bentham, dass sich zu jeder Zeit alle Insassen regelkonform verhalten, da sie jederzeit davon ausgehen müssten, beobachtet zu werden. Dies führe zu einer massiven Kostensenkung im Gefängnis- und Fabrikwesen, denn das Verhältnis zwischen effektiv geleisteter Überwachungsarbeit und erzeugter Angst, beobachtet zu werden, ist sehr effizient.

1811 wurde das erste Projekt zum Bau eines Gefängnisses nach dem Panopticon-Prinzip abgebrochen, Bentham wurde für seinen Planungsaufwand zwei Jahre später mit £23.000 entschädigt. Doch viele Gefängnisse der viktorianischen Zeit entsprachen durchaus der Idee des Panopticons, indem Korridore so gebaut wurden, dass sie sternförmig auf einen zentralen Beobachtungsposten zulaufen.

Michel Foucault (1926–1984): Philosophie

Foucault deutete dieses Prinzip in seinem Buch Überwachen und Strafen als Symbol für das Ordnungsprinzip westlich-liberaler Gesellschaften. Näheres hierzu ist dort zu finden.

Branden Hookway (2000): Panspectron

Der Informationstheoretiker Branden Hookway führte das Konzept des Panspectrons ein, eine Weiterentwicklung des Panopticons dahingehend, dass es kein Objekt der Überwachung mehr definiert, sondern alle und alles überwacht wird. Das Objekt wird erst im Zusammenhang mit einer konkreten Fragestellung definiert.

Belletristik

Auch in dystopischen Romanen findet sich das Panoptikum-Prinzip:

Literatur

  • Robin Evans, Bentham's Panopticon: An Incident in the Social History of Architecture, in Architectural Association Quarterly 3, 2, April-Juli 1971, Oxford, New York 1971, S. 21–37.
  • Michel Foucault, Überwachen und Strafen – Die Geburt des Gefängnisses
  • David Lyon, From Big Brother to Electronic Panopticon, in David Lyon, The Electronic Eye: The Rise of Surveillance Society, University of Minnesota Press, Minneapolis 1994, S. 57–80.
  • Orwell, George: 1984. Roman.
  • Janet Semple, Bentham's Prison. A Study of the Panopticon Penitentiary, Clarendon Press, Oxford 1993.
  • Twelve Hawks, John: Traveler. Roman. München, 2006. OT: The Traveler, 2005.
  • Steffen Luik, Die Rezeption Jeremy Benthams in der deutschen Rechtswissenschaft, 2003, S. 19ff, 217ff
  • Heike Jung, Ein Blick in Benthams Panopticon, in: Busch/Erdel/Müller-Dietz (Hrsg.) Gefängnis und Gesellschaft 1994, S. 34ff

Siehe auch

Panoptikum