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Martini (Cocktail)

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Ein Martini wird traditionell in einem konischen Glas serviert.

Der Martini ist ein klassischer Cocktail. Als trockener Shortdrink zählt er zu den Aperitifs und besteht in der Regel aus Gin oder Wodka und Wermut (frz. Vermouth). Er ist nicht mit der gleichnamigen Wermut-Marke der Firma „Martini & Rossi“ zu verwechseln. Im weiteren Sinn werden teilweise auch andere Shortdrinks als „Martinis“ bezeichnet, sofern sie in einem klassischen, konischen Martinikelch serviert werden.

Herkunft und Geschichte

Die Ursprünge des Martini sind unbekannt und Gegenstand zahlreicher Legenden; eine Top Ten der angeblichen Martini-Erfinder haben Anistatia Miller und Jared Brown 1997 in ihrem Buch „Shaken Not Stirred“ zusammengetragen.[1] Wermutlieferungen nach Amerika sind jedenfalls seit 1851 verbürgt, doch erst um 1880 setzten Barkeeper dem etablierten „Gin Cocktail“ Wermut zu[2]. Schriftlich erwähnt wird dieser „Martinez“ erstmals 1884 durch O.H. Byron[2] Oft wird die Erfindung des „Martinez“ dem Manhattaner Barmixer Professor Jerry Thomas zugeschrieben, allerdings nahm er ihn erst 1887 in die überarbeitete Ausgabe seines „Bartender's Guide and Bon Vivant's Companion“ auf (neben süßem Old Tom Gin und Wermut enthielt der Drink noch Maraschino und Boker's Bitters).[3] Von einem „Martini“ ist schließlich 1888 zu lesen:

„Martini Cocktail (Use large bar glass): 2 or 3 dashes of gum syrup (be careful in not using too much), 2 or 3 dashes of bitters […], 1 dash of curacao or absinthe, if required, 1/2 wine-glass of old Tom gin, 1/2 wine-glass of vermouth. Stir up well with a spoon, strain it into a fancy cocktail glass, put in a cherry or a medium-sized olive, if required, and squeeze a piece of lemon peel on top, and serve.[2]

„Martini Cocktail (im großen Barglas zubereiten): 2 oder 3 Dashes Zuckersirup (vorsichtig dosieren), 2 oder 3 dashes Bitters, 1 Dash Curaçao oder Absinth, falls gewünscht, 1/2 Weinglas Old Tom Gin, 1/2 Weinglas Wermut. Gut verrühren und in eine Cocktailschale abseihen, Kirsche oder falls gewünscht eine mittelgroße Olive hinzufügen, mit Zitronenschale abspritzen, servieren.“

Harry Johnson: The Bartenders Manual, 1888

Mit verbesserten Destillationstechniken wurden die Drinks um die Jahrhundertwende zusehends trockener; man verzichtete auf Zuckersirup, ersetzte den süßlichen Old Tom Gin durch den modernen Dry Gin und schließlich auch roten italienischen Vermouth durch trockenen französischen Dry Vermouth. Der Terminus „Dry Martini Cocktail“ erschien erstmals 1904 in einem französischen Barbuch[2]. In den 1940er Jahren verschwanden schließlich auch die Orange Bitters als Zutat des Dry Martini. Überhaupt wurden die bevorzugten Martinis über die Jahrzehnte immer „trockener“ insofern, als der Gin-Anteil stieg und der Vermouth-Anteil sank. Einen weiteren Wandel erlebte der Martini, als Wodka in den USA in den 1950er und 1960er Jahren im Zuge einer Werbekampagne der Firma Smirnoff populär wurde. Seither wird der Gin oft ganz oder teilweise durch Wodka ersetzt.

Der Dry Martini

Die wohl berühmteste Form des Getränks ist der klassische Dry Martini, der aus London Dry Gin, so wenig Vermouth wie möglich und einer Olive oder Zitronenschale als Garnierung besteht - sonst nichts.[3] Die International Bartenders Association führt den Dry Martini unter den „Official IBA Cocktails“ mit folgendem Rezept auf:[4]

MARTINI (DRY)

  • 5,5 cl Gin
  • 1,5 cl Dry Vermouth

Alle Zutaten in ein Rührglas mit Eiswürfeln geben, gut umrühren und in eine gekühlte Martinischale abseihen. Öl aus einem Stück Zitronenschale auf den Drink spritzen oder mit einer Olive garnieren. (Für einen Wodka Martini den Gin durch Wodka ersetzen.)[4]

Zubereitung

Zusammensetzung und Zubereitung eines Martini sind unter seinen Fans höchst umstritten und werden, vorzugsweise begleitet vom Genuss desselben, leidenschaftlich diskutiert. In einem sind sich […] alle einig: das wichtigste bei der Zubereitung und beim Servieren eines Martini ist Stil.[5] In jedem Fall sollten die Zutaten von bester Qualität und sehr kalt sein. Sie werden mit Eiswürfeln im Rührglas gerührt oder im Shaker auf Eis geschüttelt und anschließend in das Trinkglas abgeseiht, wobei das Eis stets im Strainer zurückbleibt. Martini-Gläser zu kühlen ist nicht zwingend erforderlich, aber empfehlenswert. Aroma und Geschmack des Getränks hängen nicht zuletzt von der Kälte ab. Wird sie nicht erreicht, kann ein Martini fad schmecken. Auch Qualität und Temperatur des Eises und die Dauer des Schüttelns oder Rührens spielen eine Rolle, da einerseits zu viel abgegebenes Schmelzwasser den Drink wässrig machen würde, umgekehrt aber zu kaltes Eis seine Kälte nicht schnell genug abzugeben vermag. Als Garnitur wird in der Regel eine ungefüllte, in Lake (nicht Öl) eingelegte, grüne Olive mit Stein verwendet. Zum Abspritzen mit Zitronenöl eignen sich nur unbehandelte Schalen ganz frischer Zitronen.

Geschüttelt oder gerührt? Diese Frage ist nicht nur eine rein philosophische, denn die Art der Zubereitung hat wie im vorhergehenden Absatz erwähnt, Einfluss auf das Geschmackserlebnis. Durch das Schütteln wird der Drink meist kälter als beim Rühren und kann (leicht) verwässern. Auf der andere Seite entsteht beim Schütteln ein schöner optischer Effekt: Durch die Luft, die beim Schütteln in den Drink gelangt, wirkt die Flüssigkeit kurz nach dem Ausgießen im Glas milchig und klärt sich langsam wenn die kleinen Luftblasen aufsteigen. Dieser optische Effekt ist Teil der Variante des James Bond Films Casino Royale (siehe unten).

Vermouth-Anteil

In der Barliteratur wird der (Dry) Martini meist mit einem Mischungsverhätlnis (Gin zu Vermouth) von 5 cl : 1 cl[6] oder 6:1[7] angegeben, oft ist von einem Dash (Spritzer) Vermouth die Rede[8] oder die Vermouth-Menge bleibt offen[9]. Puristen verwenden hingegen nur einen Hauch Vermouth. In der Frühzeit des Martinis war jedoch auch eine deutlich höhere Menge an Vermouth üblich, teilweise wurde auch süßer Vermouth verwendet, und man mischte einige Tropfen Orangenbitter dazu. Die Rezeptvielfalt und der temperamentvolle Austausch über das Ideal zeugen von der Beliebtheit dieses Getränks. Es sind unzählige Variationen bekannt, die sich vor allem in Süße und Aromatisierung unterscheiden. Das Gin-zu-Vermouth-Verhältnis variiert zwischen 1:1 und 15:1, zum Teil haben besondere Mischungen eigene Namen. So habe Ernest Hemingway gern einen Martini mit 15 Teilen Gin und einem Teil Wermut bestellt und „Montgomery“ genannt (nach dem englischen General, der, wie er sagte, den Feind nur bekämpfen würde, wenn er fünfzehn Soldaten gegen einen feindlichen aufzubieten hätte).[10] Tatsächlich serviert Harry's Bar heute den Montgomery mit 10:1.[10]

Bei einer weiteren Zubereitungsmöglichkeit werden die Eiswürfel nur mit Vermouth benetzt („parfümiert“): Man gibt etwas Vermouth über das Rühreis und gießt diesen sogleich mit dem Schmelzwasser wieder ab, bevor der Gin hinzukommt.

Jenseits von Dry sind der Trockenheit keine Grenzen gesetzt. Manche Experten fordern, „nur den Schatten einer Vermouthflasche auf das Mixglas fallen lassen“ oder, einer anderen Empfehlung nach, beim „Eingießen eine Wermutflasche ansehen und sich in Richtung Frankreich zu verbeugen“.

Als eine der vielen Anekdoten, dass ein Martini möglichst wenig Vermouth enthalten solle, wird das Rezept eines Winston Martini gern überliefert:

Der trockenste Martini ist eine Flasche guter Gin,
die mal neben einer Vermouthflasche gestanden hat.

Variationen und verwandte Rezepte

Dem kommt der so genannte Perfect Ten als eine sehr trockene Martini-Variante sehr nahe, bei der würzigere Abfüllungen wie Tanqueray No. Ten oder Finsbury Platinum zur vollen Entfaltung kommen: Auf Vermouth wird verzichtet, in den mittels Shaker eisgekühlten Gin wird ein Saftspritzer aus einer frischen Zitrone gegeben und ins Glas abgeseiht. Oder gar trockener – nur eine Zeste aus der Zitrone.

Durch prominente Liebhaber wie F. D. Roosevelt wurde der so genannte Dirty Martini berühmt, für den man in einen Dry Martini noch einen Schuss salzige Olivenlake gibt, die den Drink trübt. Es gibt darüber hinaus zahllose – zum Teil unter den Anhängern des klassischen Martini dry als „verspielt“ geltende – weitere Varianten, die bekanntesten sind:

  • mit Zitronenschale statt Olive
  • Martini on the rocks auf Eis mit Zitronenzeste in einem Whiskyglas
  • Gibson (mit Perlzwiebel statt Olive)
  • Vodkatini oder Wodka Martini mit Wodka statt Gin
  • Sweet Martini mit süßem statt trockenem Vermouth
  • Smokey Martini mit einem Spritzer Single Malt Whisky
  • Perfect Martini (auch Perfect Cocktail) mit Gin und gleichen Teilen Vermouth Rosso und Vermouth Dry

Berühmtheit erlangte der Martini nicht zuletzt durch die Figur des James Bond, der seinen Martini entgegen der klassischen Zubereitung „geschüttelt, nicht gerührt“ verlangt. Hierbei handelt es sich nicht, wie oft vermutet, um Banausentum (vgl. The Straight Dope). Der Autor Ian Fleming beschreibt das Rezept im ersten Bond-Buch, Casino Royale (1953) in Kapitel 7:

   „A dry martini,“ he said. „One. In a deep champagne goblet.“
   „Oui, monsieur.“
   „Just a moment. Three measures of Gordon's, one of vodka, half a measure of Kina Lillet. 
    Shake it very well until it's ice-cold, then add a large thin slice of lemon-peel. Got it?“

Bevorzugte Zutaten

Kenner diskutieren die perfekte Rezeptur mit Leidenschaft. Trotz aller Differenzen und Feinheiten genießen folgende Zutaten unter Martinitrinkern durchaus konsensualen Respekt:

Gin

Tanqueray No. 10
  • Tanqueray, ein sehr trockener und abgerundeter Gin, bei dem auch die weichere und aromatische No. Ten Abfüllung angeboten wird
  • Bombay Sapphire als klassische Abfüllung bekannt als „alter Bombay“ (47 % Vol.), ein Gin mit einem nicht allzu wacholderbetonten Aroma und trocken-alkoholischem Geschmack. Seit 2004 bietet der Hersteller auf dem deutschen Markt jedoch nur noch eine Abfüllung mit 40 % Vol. an.
  • Beefeater Crown Jewel, der die normale Beefeater-Abfüllung übertrifft, Würze bietet und damit zur „gin upper class“ gehört.
  • Finsbury Platinum (47,3 % Vol.), eine neuere Abfüllung, die an die gemeinsame Geschichte mit der Tanqueray-Destillerie erinnert und sich nur in Nuancen vom No. Ten unterscheidet.

Vermouth

  • Noilly Prat, ein französischer Vermouth, bei dem das Wermutkraut weiterhin verwendet wird.
  • Martini Extra Dry von Martini & Rossi, ein Vermouth des typisch italienischen Stils.

Anekdoten

1933 wurde mit Martinis im Weißen Haus das Ende der Prohibition gefeiert. Der Martini gilt als Inbegriff des bürgerlichen, städtischen, säkularen Amerika.

Ernest Hemingway begleitete bei der Rückeroberung von Paris 1944 einen amerikanischen Vorstoßtrupp. Man erzählt sich, dass man, als die von den Deutschen geräumte Stadt vorgefunden wurde, in der Bar des Hotels Ritz mit zahlreichen Martinis feierte.

Auf der Konferenz von Jalta 1945 hatte Roosevelt angeblich einen Koffer mit Barmix-Zubehör dabei, um auf seine Dirty Martinis nicht verzichten zu müssen.

Zur Frage, wie viele Martini-Cocktails man während einer Feier trinken sollte, wird oft das Zitat von Dorothy Parker aus den 1920er Jahren herangezogen:

I like to have a martini,
two at the very most.
After three I'm under the table,
after four I'm under my host!

Eine deutsche Version des Zitats lautet:

Ich trinke gern Martinis,
doch sind zwei genug serviert,
denn nach dreien lieg ich unterm Tisch
und nach vieren unterm Wirt.“[11]

In der US-Fernsehserie M*A*S*H ist der trockene Martini das Lieblingsgetränk der Chirurgen Hawkeye Pierce, Trapper John McIntyre und BJ Hunnicut. Dies wird besonders durch Hawkeyes Bestellungen im Offizierskasino deutlich.

Literatur

Anistatia Miller, Jared Brown: Gemixt, nicht gerührt: das Martini-Buch. Europaverlag, München, Wien 1998, ISBN 3-203-80051-9.

  • Martiniplace (englischsprachig) widmet sich seit 1995 ausschließlich der Zubereitung und dem Genuss von Martinis

Einzelnachweise

  1. Deutsche Ausgabe: Anistatia Miller, Jared Brown: Gemixt, nicht gerührt: das Martini-Buch Europa Verlag, München 1998, ISBN 3-203-80051-9, S. 23f.
  2. a b c d Stephan Berg: Die Metamorphose eines Klassikers. Wie Wermut den Martini Cocktail krönte in: Mixology - Magazin für Barkultur, Nr. 3, Juni/Juli 2007, S. 34-36.
  3. a b Anistatia Miller, Jared Brown: Gemixt, nicht gerührt: das Martini-Buch. Europa Verlag, München 1998, ISBN 3-203-80051-9, S. 30f. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Gemixt, nicht Gerührt“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  4. a b IBA Official Cocktails: Martini Dry (aus dem Englischen übersetzt), 4. Mai 2008
  5. Anistatia Miller, Jared Brown: Gemixt, nicht gerührt: das Martini-Buch. Europa Verlag, München 1998, ISBN 3-203-80051-9, S. 23.
  6. z.B. Franz Brandl: Mix Guide. Südwest-Verlag, München 2006, ISBN 3-517-08162-0, S. 152 oder Uwe Voigt: Das große Lehrbuch der Barkunde. 2. Aufl., Matthaes Verlag, Stuttgart 2007, S. 117
  7. Jens Hasenbein, Helmut Adam: Cocktails und Drinks. Gräfe und Unzer, München 2006, ISBN 3-8338-0304-5, S. 26
  8. Peter Glückstein: Cocktails. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 2003, ISBN 3-87584-955-8, S. 48; Peter Roth, Carlo Bernasconi: Das Jahrhundert-Mixbuch. Falken, München 2002, ISBN 3-8068-7426-3, S. 37
  9. Charles Schumann: American Bar, Wilhelm Heyne-Verlag, München 2003, ISBN 3-453-04368-5, S. 136
  10. a b Arrigo Cipriani: Harry's Bar. München, Zürich 2003, ISBN3-492-23965-X (Taschenbuchausgabe), S. 179.
  11. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Annette Hahn in: Anistatia Miller, Jared Brown: Gemixt, nicht gerührt: das Martini-Buch. Europa Verlag, München 1998, ISBN 3-203-80051-9, S. 44.