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Usenet

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Das Usenet Vorlage:Lautschrift, urspr. Unix User Network, ist ein weltweites elektronisches Netzwerk aus Diskussionsforen, das aus Newsgroups besteht und an dem jeder, der - beispielsweise über das Internet - Zugang zu einem Newsserver hat, teilnehmen kann.

Funktionsweise

Die Funktionsweise des Usenet wird oft mit Schwarzen Brettern verglichen, wie es sie zum Beispiel auch im Supermarkt gibt. Diese Analogie gibt jedoch nur einen Teilaspekt des Usenet wieder, da die Kommunikation über Schwarze Bretter in der Regel nur in eine Richtung (simplex, bzw. unidirektional) läuft. Oder einfacher ausgedrückt: da nur die Anfrage, also der Aushang, über das Schwarzen Brett erfolgt und die Antwort zumeist nicht ebenfalls wieder ans Schwarze Brett geklebt wird, wie dies (sinngemäß) im Usenet üblich ist.

Ein passenderer Vergleich, und daher rührt auch die Usenet-Sprache, ist das Zeitungswesen:

  • Jemand schreibt einen Artikel (news, article) für die Zeitung (newsgroup).
  • Ein Leser nimmt auf diesen Artikel Bezug und schreibt einen Leserbrief (follow-up), den er an die Zeitung schickt.
  • Durch die Veröffentlichung wird dieser Leserbrief seinerseits zu einem Artikel, auf den sich nun weitere Leser beziehen können, somit entsteht also eine Kommunikation in beide Richtungen (duplex bzw. bidirektional).

Das Usenet unterscheidet sich jedoch darin, dass es keine Redaktion hat, die eine Vorauswahl der zu veröffentlichenden Artikel oder Leserbriefe trifft. Ausnahme sind die relativ wenigen moderierten Newsgroups, deren Moderatoren allerdings im allgemeinen demokratisch gewählt und an Mehrheitsbeschlüsse gebunden sind.

Vorteile des Usenets sind die Geschwindigkeit und die hohe Teilnehmerzahl. Innerhalb weniger Stunden können zu kontroversen Themen riesige Diskussionsbäume (sogenannte Threads) entstehen. Durch seine vielfach redundante Verteilung auf zigtausende Newsserver, in vielen verschiedenen Staaten, ist das Usenet auch ziemlich unempfindlich gegen Zensur.

Gegenüber Webforen hat das Usenet verschiedene Vorteile. Zum Beispiel das Threading, das eine übersichtliche Anzeige des Diskussionsverlaufs gewährleistet; oder dass es im Prinzip eine Push-Medium ist, also neue Postings automatisch auf den eignen Computer übertragen werden, ohne dass man erst verschiedene Webseiten besuchen muss. Außerdem bieten viele Newsclients ausgefeilte Filtermöglichkeiten um die uninteressanten Themen oder Personen nicht lesen zu müssen.

Umgangsformen

Im Gegensatz zum Chat kann man im Usenet nicht schon nach ein paar Sekunden Antwort erwarten, denn die Nachricht muss zunächst von Server zu Server weitergereicht werden. Außerdem lesen viele Teilnehmer die Beiträge offline, das heißt sie laden sich die neuen Beiträge, der von ihnen abonnierten Gruppen, ein- oder mehrmals am Tag auf die lokale Festplatte herunter, schreiben ihre Antworten dann offline und senden diese gesammelt an ihren Server zurück. Dies ist unter anderem auch ein Grund, weswegen die meisten Teilnehmer allergisch auf exzessives Wiederholen desselben Inhalts reagieren. Auch das Versenden eines Artikels in mehrere Gruppen (Crossposting) sollte sparsam eingesetzt werden. Unerwünscht sind Multipostings (derselbe Artikel unter verschiedenen Message-IDs mehrfach versendet) und Werbung, letztere bezeichnet man als Spam.

Was gepostet werden darf, ist in den meisten Newsgroups in der jeweiligen Charta und den allgemeinen Usenet-Laws festgelegt. Im deutschsprachigen Teil des Usenet wird noch stärker als anderswo Wert auf gewisse Formalien gelegt. Man sollte sich hiervon jedoch nicht abschrecken lassen, sofern man höflich bleibt, sich an der Netiquette orientiert und die Themenorientierung beachtet. Es empfiehlt sich grundsätzlich, erst einmal eine Reihe existierender Artikel durchzulesen, bevor man selbst etwas schreibt. Man bekommt so ein Gefühl für das Klima der Gruppe.

Geschichte

Das Usenet entstand 1979 in den USA als Verbindung zweier UNIX-Rechner an der University of North Carolina und der Duke University. Der Datenaustausch erfolgte über herkömmliche Telefonleitungen mit dem UNIX-Protokoll UUCP (UNIX To UNIX Copy).

Schon bald wurden weitere Rechner in das Netz integriert, wegen des verwendeten UUCP-Protokolls war das Netz jedoch auf UNIX-Rechner beschränkt.

Über UUCP bestand die Möglichkeit, zum einen persönliche Nachrichten auszutauschen (E-Mail), zum anderen in öffentlichen Foren teilzunehmen.

Um einen besseren Überblick über die verfügbaren Newsgroups zu haben, wurden diese hierarchisch nach sieben Hauptthemen unterteilt, (die so genannten Major Seven oder Big Seven). Diese waren (und sind):

comp Themen rund um den Computer
sci Wissenschaft und Technik ("science")
soc Gesellschaftlichen Themen ("social")
talk Allgemeine Gespräche über dies und das
rec Alle Themen rund um Freizeit und Erholung, zum Teil auch Kunst und

Kultur ("recreational")

news In dieser Hierarchie ist das Usenet selbst Gesprächsthema
misc Alles, was nicht in einer der oben genannten Newsgroups Thema ist ("miscellaneous")

Zusammen mit der 1995 geschaffenen humanities-Hierarchie bilden diese Hierarchien die Big Eight.

Aufgrund der technischen Struktur des Usenet blieben dies lange Zeit die einzigen Hierarchien. Das Netz war bis zu dem Zeitpunkt zwar auf einige tausend Rechner angewachsen, der Datenverkehr lief jedoch großteils über wenige zentrale Rechner, deren Administratoren ziemlich viel Macht bei der Einrichtung neuer Gruppen hatten.

Dies änderte sich etwa Mitte der 1980er mit Veröffentlichung des Protokolls NNTP (Network News Transport Protocoll). NNTP wurde für den Betrieb über TCP/IP-Leitungen entwickelt. Damit konnte der Datenaustausch erfolgreich über das Internet abgewickelt und das Usenet so dezentralisiert werden, denn über das Internet ist prinzipiell jeder Newsserver von jedem Ort aus ansprechbar. Mehr noch: Jeder Administrator kann über seinen eigenen Newsserver eigene Gruppen einrichten und diese anderen Servern zur Verfügung stellen. So entstanden weitere Hierarchien.

Mit der zunehmenden Verbreitung des Usenet außerhalb der USA entstand auch der Bedarf an Newsgroups in anderen Sprachen. So entstand Ende der 1980er / Anfang der 1990er die deutschsprachige Usenet-Hierarchie de.* aus der Verschmelzung der deutschsprachigen Hierachien dnet.* und sub.*. Andere Regionen richteten ebenfalls eigene Hierarchien ein. Aber auch Computerfirmen hatten längst die Möglichkeiten des Usenet als Support- und Informationsmedium entdeckt und bauten eigene Newsserver mit eigenen Hierarchien auf, die zum Teil von anderen Servern geführt werden.

Nennenswerte andere Hierarchien:

alt Die alt.* Hierarchie ist der etwas anarchistische Teil des Usenet.

Die Einrichtung neuer Gruppen kann hier relativ formlos erfolgen, dementsprechend viele (aber qualitativ sehr unterschiedliche) Newsgroups gibt es hier.

alt.binaries Dieser Unterhierarchie gebührt nochmals gesonderte Beachtung, da in hier angesiedelten Gruppen auch Postings mit Dateianhängen (Binärdateien) erlaubt sind.

Leider werden diese Gruppen aufgrund des hohen Traffics und teilweise illegaler oder pornographischer Inhalte fast ausnahmslos von kommerziellen Newsservern geführt.

de Der deutschsprachige Zweig des Usenet
de.answers Hier werden regelmäßig FAQs verschiedener Newsgroups gepostet.
de.comp Computerbezogene Themen
de.sci Wissenschaftliche und technische Gruppen

Eine interessante Einrichtung war das unabhängige DejaNews-Archiv (Deja.com), das es sich zum Ziel gesetzt hatte, die News-Beiträge dauerhaft zu archivieren. Das Archiv von Deja.com reichte bis etwa 1995 zurück. Nach dem Konkurs von Deja.com wurde dessen Datenbestand Anfang 2001 von Google aufgekauft und in das eigene GoogleGroups integriert. Ende 2001 wurden von Google ca. 700 Millionen weitere Artikel aus diversen ursprünglich privaten Archivierungen in das Archiv integriert, die teilweise bis in die Anfangszeit des Usenet zurück reichen, für die Zeit vor 1991 allerdings mangels vollständiger Archive etwas lückenhaft bleiben müssen [1]. GoogleGroups ist unter http://groups.google.com zu finden, es bietet allerdings keinen Zugriff auf Binary-Gruppen.

Heutzutage kann niemand sagen, wieviele Newsserver und Newsgroups es weltweit gibt. Schätzungen gehen von Zahlen zwischen 50.000 und 100.000 aus.

Newsgroups

Um das Usenet übersichtlich zu gestalten wird es in einzelne Newsgroups unterteilt (siehe auch: GABELN). Das sind Gruppen, in denen nur über ein bestimmtes Thema (Topic) diskutiert wird. Zum Beispiel über Festplatten, Kinofilme oder elektronische Musik. Es gibt praktisch zu jedem Thema auch eine passende Gruppe. Newsgroups sind hierarchisch gegliedert, zum Beispiel so:

de.rec.alpinismus
de.rec.buecher
de.rec.misc
de.rec.musik.klassik
de.rec.musik.machen
de.rec.musik.misc
de.sci.chemie
de.soc.menschenrechte

de steht für den deutschsprachigen Teil des Usenet. rec (von "recreation") steht für Freizeitthemen (im weitesten Sinne), sci (von "science") für die Wissenschaft, soc für Soziales. In den misc-Gruppen (von "miscellaneous") landen die Themen, die in den Untergruppen keinen Platz finden.

Für Anfänger (Newbies) besonders empfehlenswert sind die Gruppen der Unterhierarchie de.newusers.

Technik

Newsserver transportieren die Nachrichten. Das ursprünglich zur Übertragung verwendete Protokoll war UUCP, es wurde jedoch später, bis auf wohl eher seltene Ausnahmen, durch NNTP abgelöst.

Die Verbreitung des und der Zugriff auf das Usenet erfolgen heute also weitgehend über das Internet, da dies aber nicht zwangsläufig der Fall sein muß, wird auch heute noch von einigen Nutzern argumentiert, dass das Usenet - streng genommen - eigentlich kein Teil des Internets sei, bzw. es eben zumindest nicht sein muß. Die Konventionen des verwendeten Datenformates, für Entwickler interessant, sind in RFC 1036 (siehe Weblinks) beschrieben.

Teilnehmer des Usenets lesen und schreiben die Nachrichten in den Newsgroups mit Hilfe eines Newsreaders. Zur Kodierung der Nachrichten, inklusive etwaiger Anhänge, wird MIME verwendet.

Demokratie im de-Usenet

Im deutschen Usenet werden Vorgänge wie das Einrichten und Löschen von Newsgruppen oder die Festlegung von Regeln durch basis-demokratische Prozesse entschieden.

An jeder Abstimmung kann jede natürliche Person teilnehmen, Voraussetzung ist lediglich eine replyfähige E-Mailadresse und ein Realname. Für Abstimmungen wird ein Wahlschein in der Newsgruppe [2] veröffentlicht, der per E-Mail an einen Wahlhelfer der German Volunteer Votetakers (GVV) geschickt wird. Die meisten Wahlen werden mit Hilfe der Software Usevote ausgewertet.

Entscheidungen werden von der gewählten dana-Moderation gefällt. dana ist die Abkürzung der Newsgruppe [3], deren Charta den Rahmen vorgibt.

In dieser Gruppe werden Diskussions- (RfD, Request for Discussion) und Abstimmungsaufrufe (CfV, Call for Votes), Abstimmungsergebnisse und Listen laufender Verfahren betreffend die Einrichtung, Entfernung und Veränderung von Gruppen unter de.* (ohne de.alt), die zugehörigen Kontrollnachrichten, sowie Administration, Regelwerk und Moderation betreffende Artikel gepostet.

Die Moderation ist zuständig für die gesamte Newshirarchie de.* mit Ausnahme der Gruppen unter de.alt.*. Ihre Macht wird, neben der Legimitation durch die Wahl, durch die Betreiber der Newsserver gestützt, die nur Newsgruppen einrichten und löschen, die von der Moderation genehmigt wurden. Da die Betreiber gleichzeitig aber nicht an die Entscheidungen der Moderation gebunden sind, muss sich die dana-Moderation auch ihnen gegenüber rechtfertigen. Dies ist eine Gewaltenteilung.

Siehe auch

Newsreader, Canceln, Breidbart-Index

Vorlage:WikiReader Internet