Oi!
Oi! ist die Bezeichnung für einen Musikstil, der in der Skinhead- und Punkszene viele Anhänger hat. Der Ausruf "Oi!" ist ein englischer Slangausdruck für „Hey“, „Hallo du da“. Er wird aber auch mit dem englischen Wort Joy (Freude) in Verbindung gebracht, unter anderem wegen der Oi!-Kompilation „Strength Thru Oi!“, eine Ahnlehnung an „Strength through Joy“, was im Dritten Reich eine Parole der Nazis war, und übersetzt „Kraft durch Freude“ heißt.
Merkmale und Entwicklung
Oi! entstand Anfang der 1980er Jahre in Großbritannien als eine Art Punkrock für die Arbeiterklasse-Kinder. Sie sahen in dem Erfolg von Bands wie 'The Sex Pistols' oder 'The Clash' eine Kommerzialisierung und den Ausverkauf ihrer Bewegung. Der Punk der 70er war ein Protest gegen die aufgeblasene Rock- und Pop-Superstarkultur und stellte sich als Sprachrohr der Jugend auf der Straße dar. Den Jugendlichen, die nun aber erst so ab 1978 begannen, sich für Musik zu interssieren und die die erste Aufbruchstimmung des 76/77er Punk nicht miterlebt hatten, bemerkten jedoch schnell, das nur wenige Bands dies widerspiegelten:Sham 69, Menace, The Ruts oder die UK Subs.
The Clash oder manch anderen - soweit sie zu dieser Zeit überhaupt noch Punk spielten- fehlte einfach die "street credibility". Unter direktem Einfluss von Bands wie Sham 69, kamen die Angelic Upstarts und die Cockney Rejects in die Musikszene. Das sie als Bands genau das in ihren Liedern besangen, was ihre Zuhörer täglich erlebten, bauten sie sich bald eine große Gefolgschaft auf - und ein Großteil britischer Jugendlicher Ende der 70er/Anfang der 80er waren nun mal Skinheads.
So brachten sie Punkrock in die Skinhead-Kultur. Oi! war geboren, doch hieß er noch „Streetpunk“ oder „Real Punk“. Die ersten, die der Musik den Namen „Oi!“ gaben, waren die „Cockney Rejects“. Der Sounds-Journalist Garry Bushell nahm sich der Sache an, stellte die Kompilationen „Oi! The Album“ (1980), „Strength Thru Oi!“ und „Carry on Oi!“ (beide 1981) zusammen und verhalf der Musik so zu Popularität. Unter dem Schlagwort "Oi!" vereinten sich nun völlig unterschiedliche Musikstile - Punk, Ska/Reggae, Pub Rock.
Sie zog auch einige der traditionellen Skinheads an, die bisher Reggae, Ska und Soul/Northern Soul bevorzugten. Manche Skins, die den Geist von ’69 („Spirit of ’69“) lebten, sahen die neuen Oi!-Skins nicht als echte Skins an, da diese nun Oi!-Punk bevorzugten und fast immer einen „dunklen Schatten“ oder eine Vollglatze (die unter traditionellen Skinheads verpönt ist) sowie 14-Loch-Boots trugen, die vorher auch nicht zum Outfit eines Skins gehörten. „Und die viel zu wenigen Skins, die die dürren Jahre von Glam, Rock und Disco überlebt hatten, wollten mit solchen Skins nichts zu tun haben.“ (George Marshall in „Spirit Of ’69 - Eine Skinhead Bibel“). In seinem Bruch mit dem „toten“ Punk liegen u. a die Parallelen des Oi! zum Hardcore.
Die Oi!-Musik (Oi!-Punk) ist eng verknüpft mit einer bestimmten Attitüde, die „proletarische“ Werte und Identität betont und eine rebellische Haltung gegenüber Autoritäten einschließt. Musikalisch zeichnet sich Oi!-Punk durch einfachen Liedaufbau, mittleres Tempo, harte Gitarrenriffs und Refrains zum Mitsingen aus. Metal-Instrumentalsoli sind verpönt.
Zu den bekanntesten britischen Oi!-Bands gehören „The Business“, „Cockney Rejects“, „Cock Sparrer“ und „Sham 69“, die alle ihre Wurzeln in den frühen 1980ern haben. Viele der frühen Oi!-Bands, die sich oft noch in den 80ern aufgelöst hatten, formierten sich während des Oi!-Revivals Mitte der 90er wieder.
Oi! in Deutschland
In den Texten deutscher Oi!-Bands geht es, wie in den Texten ausländischer Bands auch, zumeist um Alkoholkonsum (v. a. Bier), Sex, Fußball, das Dasein als Skinhead oder die Musik selbst. Die oft stattfindende Ästhetisierung aggressiver Verhaltensweisen und die Überhöhung des Alkoholmissbrauchs zu einer Lebenseinstellung werden von traditionellen Skinheads oft belächelt.
Bekanntere deutsche Oi!-Bands waren bzw. sind die frühen „Böhsen Onkelz“, „Beck's Pistols“ und „SpringtOifel“. Seit Mitte/Ende der 90er sind Bands wie „4 Promille“, „Rabauken“, „Smegma“, „Volxsturm“, „Broilers“, „Moiterei“, „Gumbles“, „Die Punkroiber“ und „Loikaemie" populär geworden. Neben diesen politisch eher neutralen Bands gibt es auch explizit antifaschistische und teilweise sogar als „links“ definierbare Oi!-Bands, wie beispielsweise die „Stage Bottles“. Auch in Deutschland ist Oi! keineswegs ein Phänomen, das auf Skinkreise beschränkt ist. Zahlreiche Oi!-Bands bestehen aus Punks & Skins etc. Das gilt dann in der Regel auch für das jeweilige Publikum.
Politik
Spätestens nachdem es 1981 nach einem Oi!-Konzert in Southall, London, zu Ausschreitungen zwischen den Konzertbesuchern und den asiatischen Anwohnern gekommen war, wird Oi! in der Öffentlichkeit und den Medien oft mit Neonazismus assoziiert. Dies ist aber ebenso wenig zutreffend wie die pauschale Gleichsetzung von Skinheads (egal ob traditionell oder Oi!-Skin) mit Rechtsradikalen oder Neonazis.
Die meisten Oi!-Bands in Deutschland wie auch international haben ihre Meinung in der politischen Mitte orientiert, grenzen sich zum Teil auch explizit gegen den neonazistisch geprägten Teil der Skinhead-Szene ab. Die Grenzen sind jedoch bisweilen fließend, da bei rechtsradikalen bzw. neonazistischen Bands häufig nur der offen propagierte Rassismus mehr oder weniger deutlich zum Themenspektrum hinzutritt.
Gelegentlich bezeichnen rechtsradikale und neonazistische „Skinhead“-Bands ihre eigene Musik ebenfalls als Oi!-Musik oder hören diese Musikrichtung. Daneben hat sich der Begriff RAC (=„Rock against Communism“, eine Reaktion auf den „Rock against Racism“) als Bezeichnung für rechtsradikalen „Skinhead“-Rock (auch White Noise genannt) in der Szene etabliert.
Literatur
- Matthias Mader: Oi! The Book Vol. 1. Berlin 1996. ISBN 3931624021
- Craig O´Hara: The Philosophy Of Punk. 1999
- Klaus Farin: Skinheads. 2002
Filme
Weblinks
- Oi! - The History, Magisterarbeit von Ole Meiners (deutsch)
- Umfangreiche Bandliste (engl.)