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Rudolf Steiner

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Rudolf Steiner (* 27. Februar 1861 in Donji Kraljevec, Österreich-Ungarn, heute Kroatien; † 30. März 1925 in Dornach, Schweiz, war ein österreichischer Philosoph, Pädagoge und Naturwissenschaftler. Er begründete die Anthroposophie.

Leben

Rudolf Steiner studierte ab 1879 Mathematik und Naturwissenschaften, aber auch Philosophie, Literatur und Geschichte an der Technischen Hochschule Wien. Er wurde [1891] in Rostock mit einer Arbeit über "Die Grundfrage der Erkenntnistheorie" (später leicht erweitert als Buch unter dem Titel "Wahrheit und Wissenschaft" erschienen) zum Dr. phil. promoviert.

Von 1890 bis 1897 war Steiner Mitarbeiter des Goethe-Archivs in Weimar, wo er die Edition der naturwissenschaftlichen Schriften für die Weimarer Goethe-Ausgabe besorgte. In dieser Zeit entstanden einige philosophische oder philosophiegeschichtliche Werke, darunter die 1894 veröffentlichte "Philosophie der Freiheit", die auf seiner Dissertation basierte. Das Buch, das Steiner als sein Hauptwerk betrachtete, trug den Untertitel: "Grundzüge einer modernen Weltanschauung" und war eine Auseinandersetzung mit Kant, Fichte und dem deutschen Idealismus. Hier entwickelte Steiner einen an Kant, Goethe, Hegel und Nietzsche geschulten "ontologischen Monismus", der "Wahrheit" als Erzeugnis des menschlichen Geistes betrachtete und die Existenz außerhalb der Welt liegender Prizipien abstritt. Geist und Materie seien nur verschiedene Rezeptionsqualitäten ein und derselben Wirklichkeit. In der Fachphilosophie fand Steiner jedoch wenig Anerkennung, ein Habilitationsversuch im Jahre 1894 scheiterte.

Steiner verlegte den Schwerpunkt seiner Arbeit. So war er von 1898 bis 1900 Herausgeber des "Magazins für Literatur" in Berlin. Von 1899 bis 1904 lehrte der gescheiterte Universitäts-Philosoph an der "Arbeiter-Bildungsschule" in Berlin, einer sozialistisch geprägten Einrichtung.

Ab 1901 begann Steiner seine ausgedehnte Vortragstätigkeit, die er bis an sein Lebensende fortsetzen sollte. Diese Voträge wurden von Anhängern stenographiert und später herausgegeben. Diese (ungeprüften) Mitschriften machen einen Großteil von Steiners Werk aus. Seine ersten Voträge hielt Steiner in der sog. "Theosophischen Gesellschaft", einer obskuren Sekte um Helena Blavatsky, Henry Steele Olcott, Annie Besant und C.W. Leadbeater, die in Jiddu Krishnamurti wahlweise einen reinkarnierten Christus oder Buddha sahen.

Steiner übernahm 1902 in Berlin die Leitung der deutschen Sektion dieser Gesellschaft. Es kam jedoch schnell zu einer zunehmenden Entfremdung zwischen der Weltorganisation und den deutschen Sektionen und Logen. Steiner war ein wesentlicher Protagonist in dieser Auseinandersetzung. Zur Jahreswende 1912/1913 spaltete sich die deutsche Sektion unter der Ägide Steiners ab, da sie den zunehmenden Christus-Kult um Krischnamurti ablehnte. Steiner gründete die "Anthroposophische Gesellschaft", die bis in die Namensgebung hinein eine Gegengründung zu der theosophischen Gesellschaft darstellte. Der Anthroposophischen Gesellschaft schlossen sich auch theosophische Gruppierungen anderer Länder an.

In seinen Jahren bei der Theosophischen Gesellschaft hatte Steiner zunehmend esoterischere Bücher verfasst. Etwa "Das Christentum als mystische Tatsache" (1902) oder "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten" (1904). Zwar wollte Steiner auch diese Werke als auf einer "zeitgemäßen rationalen Grundlage" fußend verstanden wissen, die Ausführungen stellen aber tatsächlich einen Bruch mit seinen früheren philosophischen Schriften dar. War Steiner zuvor mit Nietzscheanischem Gestus gegen Religion und Kult angetreteten ("An die Stelle Gottes setze den freien Menschen"), so entwickelte sich sein Denken nun in Richtung eines gnostischen, spekulativ-mystischen Urchristentums, das christliche Elemente mit Elementen der anderen Weltreligionen vernüpfte.

1904 legte er in seinem Werk "Theosophie" und später in der "Geheimwissenschaft im Umriß" 1909 den Ideengehalt der Anthroposophie dar. Im Jahre 1913 erbaute er ein Zentrum der Anthroposophischen Gesellschaft in Dornach bei Basel, das er eigenhändig entworfen hatte ("Goetheanum"). Diese Zentrum nannte er später "Freie Hochschule für Geisteswissenschaft". Nachdem der Holzbau in der Silvesternacht 1922 abgebrannt war, entwarf er den Bau für ein zweites, größeres Goetheanum, das 1924 fertiggestellt wurde.

Die Zeit in der Anthroposphischen Gesellschaft erwies sich für Steiner als ausgesprochen produktiv. So war der Universalgebildete in unterschiedlichsten Lebensbereichen mit eigenen Ideen als Reformer hervorgetreten. Er betätigte sich u.a. als Reformpädagoge ("Waldorf-Pädagogik"), Sozialreformer ("Soziale Dreigliederung") und Künstler (Architektur, Bildhauerei). Er setzte entscheidende Impulse für die "anthroposophisch erweiterte Medizin", die "biologisch-dynamische Landwirtschaft" und unterstützte gar die Gründung einer Glaubensgemeinschaft ("Christengemeinschaft"). Viele seiner Ideen sind bis heute sehr wirkungsmächtig. So verzeichnen die Anthroposophische Gesellschaft und die sog. Waldorfschulen stetig wachsende Mitgliederzahlen.

Rudolf Steiner und seine Frau Marie von Siewers (Heirat 1914, kein Kinder) wohnten von 1903-1923 in Berlin-Schöneberg, Motzstraße 30, wo eine Gedenktafel an sie erinnert.

Kritik

Das Werk Rudolf Steiners wurde schon zu seinen Lebzeiten sehr kontrovers diskutiert. Streitfragen dabei sind vorallem die angebliche Wissenschaftlichkeit der Anthroposophie, welche von Vertretern der Wissenschaft nicht akzeptiert wird, die esoterischen Ansätze seiner Christologie, die von den Amtskirchen scharf verurteilt werden, und seit den 90er Jahren die Rassismusfrage, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Beeinflussung der Waldorfschüler. Eine von der niederländischen Regierung 1997 einberufene Kommission ("Anthroposophie und die Frage der Rassen") hat 2000 bestätigt, dass das Gesamtwerk Rudolf Steiners zwar keine Rassenlehre enthalte, aber eine Anzahl von Aussagen, die nach heutigen Maßstäben diskriminierend sind. Es bestehe jedoch "keinerlei inhärente Beziehung der Anthroposophie zu Ideologien, die auf Rassismus, Faschismus oder Antisemitismus beruhen". Steiner habe sich im Gegenteil für Kulturvielfalt und Gleichberechtigung der Angehörigen verschiedener Völker und Abstammungen eingesetzt." Siehe auch: Anthroposophie-Kritik

Werk

Rudolf Steiners Werk gliedert sich in 36 Bände mit Schriften, sowie 5900 Vorträge sowie die architektonischen und künstlerischen Arbeiten. Ein Großteil der Vorträge ist in Mitschriften von Berufsstenographen und Vortragszuhörern erhalten geblieben. Sie erschienen zunächst im Privatdruck und in Zeitschriften. Später begannen verschiedene Verlage (u.a. Philosophisch-anthroposophischer Verlag, Rudolf-Steiner Verlag), die Vorträge, Schriften im engeren Sinne wie auch die dazu gehörigen Wandtafelbilder zu edieren und publizieren. Die Rechte an der Gesamtausgabe der Werke, die derzeit (2004) über 340 Bände umfasst, liegen bei der Rudolf-Steiner-Nachlaßverwaltung in Dornach/Schweiz.

Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften
Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung, 1886
Wahrheit und Wissenschaft, 1892
Philosophie der Freiheit, 1894
Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit, 1895
Goethes Weltanschauung, 1897
Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung, 1901
Das Christentum als mystische Tatsache, 1902
Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung, 1904
Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten, 1904
Aus der Akasha-Chronik, 1904 – 1908
Die Stufen der höheren Erkenntnis, 1905 – 1908
Die Geheimwissenschaft, 1909
Vier Mysteriendramen, 1910-1913
Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit, 1911
Ein Weg zur Selbsterkenntnis des Menschen, 1912
Die Schwelle der geistigen Welt, 1913
Die Rätsel der Philosophie, 1914
Vom Menschenrätsel, 1916
Von Seelenrätseln, 1917
Goethes Geistesart, 1918
Die Kernpunkte der sozialen Frage, 1919
Aufsätze über die Dreigliederung des sozialen Organismus, 1919
Drei Schritte der Anthroposophie, 1922
Mein Lebensgang, 1924
Anthroposophische Leitsätze, 1924/1925
Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen, 1925


Literatur

befürwortend

  • Emil Bock, Rudolf Steiner. Studien zu seinem Lebensgang und Lebenswerk, 3. Auflage (1. Aufl. 1963), Stuttgart 1990
  • Johannes Hemleben, Rudolf Steiner in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Rowohlts Monographien, Reinbek bei Hamburg 1963
  • Christoph Lindenberg, Rudolf Steiner - eine Biographie, Verlag Urachhaus, 1999
  • Taja Gut, "Aller Geistesprozess ist ein Befreiungsprozess" - Der Mensch Rudolf Steiner, Pforte Verlag, 2000

kritisch hinterfragend

  • Peter Bierl, Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister, Konkret Literatur Verlag 1999, ISBN 3894581719
  • Lothar Gassmann, Rudolf Steiner und die Anthroposophie. Eine kritische Biographie, Hänssler Vlg. 2002, ISBN 3775136770