Diadochen
Diadochen (griech. Nachfolger, eigentlich die etwas für einen anderen übernehmen) waren ehemalige Generäle Alexanders des Großen und deren Söhne (die Epigonen), die nach dessen unerwartetem Tod 323 v. Chr. das Alexanderreich unter sich aufteilten und sich mit wechselnden Bündnissen in insgesamt sechs Diadochenkriegen bekämpften. Danach hatte sich ein Staatensystem etabliert, das bis zum Eingreifen des Römischen Reiches im 2. Jahrhundert v. Chr. Bestand haben sollte und den Rahmen für die kulturelle Entfaltung des Hellenismus bot.
Geschichtlicher Hintergrund
Die Ausgangslage nach Alexanders Tod
- 323: Alexander verstirbt in Babylon.
- 323-22: Lamischer Krieg
- 322: Perdikkas erobert Kappadokien, Eumenes wird Satrap.
Alexander der Große verstarb am 10. Juni des Jahres 323 v. Chr. in Babylon, nachdem er seinem Freund und General Perdikkas seinen Siegelring gegeben hatte und angeblich verlauten ließ, er werde dem Stärksten sein Reich übergeben. Selbst wenn diese und eine andere, sehr doppeldeutige Aussage (dass seine Freunde große Begräbnisspiele für ihn veranstalten werden, bezeugt bei Diodor in 17, 117) so niemals getätigt worden sind, sie trafen doch den Kern der Frage, die sich jeder der kampferfahrenen Generäle stellen musste: Wer würde Alexander nachfolgen?
Perdikkas und andere Offiziere wollten abwarten, ob Roxane, die hochschwangere Frau Alexanders, einen Sohn zur Welt bringen würde. Die makedonische Heeresversammlung, der nach altem Recht die Wahl oblag, rief Alexanders schwachsinnigen Halbbruder, Philipp III. Arrhidaios, zum König aus. Perdikkas war ein Vertreter der Idee der Reichseinheit: Er wollte, dass Alexanders Sohn das Erbe seines Vaters antreten konnte, wobei er Unterstützung von der Reiterei des Heeres erhielt, in welchem der Anteil des Adels überwog. Dagegen erhob sich jedoch beim Fußvolk der Phalanx Widerstand, der jedoch bald gebrochen werden konnte. Als Roxane kurz darauf einen Sohn, Alexander IV. Aigos, das Leben schenkte, wurde er auf Druck von Perdikkas und den führenden Kommandeuren und im Einverständnis mit Philipp IV. ebenfalls zum König ausgerufen.

Perdikkas begann nun, die Satrapien neu zu besetzen, wobei er darauf bedacht war, die Generäle möglichst von Babylon fern zu halten. Antipater, der Einfluss auf Perdikkas gewann, sollte weiterhin in Makedonien und Griechenland herrschen, wobei Krateros, der theoretisch der Vorgesetzte Antipaters war, übergangen wurde. Ptolemaios erhielt Ägypten, Thrakien fiel an Lysimachos, das hellespontische Phrygien ging an Leonnatos, während Eumenes Kappadokien erhielt und Lykien, Pamphylien sowie Pisidien an Antigonos gingen. Die persische Landschaft Medien wurde zwischen Peithon und Perdikkas Schwiegervater Atropates geteilt. Lydien ging an Menandros, Karien an Asandros, während Laomedon, ein Freund Alexanders, Syrien erhielt und Seleukos Kommandeur der Elitekavallerie der Hetairen wurde. Allerdings dürfte einigen Generälen klar gewesen sein, dass dieser scheinbare Ausgleich nicht von langer Dauer sein würde.
Zerfall des Alexanderreiches
Weiterführende Informationen zu diesem Thema: Diadochenkriege
- 321: Konferenz von Triparadeisos und Neuordnung unter den verbliebenen Diadochen.
- 317: Polyperchon verkündet die "Freiheit der Griechen". Ermordung von Philipp III. Arrhidaios
- 310: Alexander IV. Aigos wird von Kassandros ermordet. Ende des alten makedonischen Königshauses.
- 306: Antigonos und sein Sohn Demetrios nehmen den Königstitel an.
- 301: Schlacht von Ipsos
- 281: Schlacht von Kurupedion, Ende der Diadochenzeit.
Bald nach der Verteilung der Satrapien durch Perdikkas traten die nur mühsam unterdrückten Konflikte offen zu Tage. Perdikkas stand einer Koalition bestehend aus Antipater, Krateros, Antigonos und Ptolemaios gegenüber, die sich mit seiner Vorherrschaft nicht abfinden wollten, zumal Ptolemaios wohl mehr als jeder andere bereits auf eine Abspaltung seines Herrschaftsbereichs vom Reich spekulierte. 321 v. Chr. griff Perdikkas, der von Eumenes Unterstützung erhielt, Ägypten an, doch scheiterte er am Nilübergang und wurde daraufhin von seinen eigenen Offizieren (darunter Seleukos) ermordet. Seleukos erhielt für seine Verdienste auf der nachfolgenden Konferenz von Triparadeisos von Antipater, der zum Wächter des jungen Königs bestimmt wurde, die Satrapie Babylonien. Antigonos wurde zum General in Asien ernannt.
Antipater hatte jedoch bei der Regelung seiner Nachfolge seinen Sohn Kassandros übergangen und einen General namens Polyperchon eingesetzt. Kassandros schloss sich daraufhin der Allianz von Antigonos, Ptolemaios und Lysimachos an, die mit dem Arrangement unzufrieden waren. Die nachfolgenden Kämpfe, in deren Verlauf Polyperchon mit Eumenes kooperierte, zogen sich über Jahre hin. Am Ende der ersten Phase der Kampfhandlungen, die sehr wechselhaft verliefen, war 316 v. Chr. der Großteil der makedonischen Königsfamilie ausgelöscht, wobei Kassander Makedonien erobert hatte. Es war fast nur folgerichtig, wenn Kassandros 310 v. Chr. auch Alexander IV. töten ließ.
- Kassandros aber sah, daß Alexander, der Sohn der Roxane, heranwuchs und daß von einigen in Makedonien Reden verbreitet wurden, daß es richtig sei, den Jungen aus dem Gewahrsam zu entlassen und ihm das väterliche Königtum auszuhändigen. Er fürchtete (deshalb) für seine eigene Position und wies Glaukias, der die Wachen für den Jungen kommandierte, an, Roxane und den König zu ermorden und die Leichen zu verbergen, von dem Geschehenen aber keinem anderen etwas zu erzählen. Glaukias führte den Auftrag aus, und dies befreite Kassandros, Lysimachos, Ptolemaios und auch Antigonos von der vorgeblichen Angst um den König. Da es nämlich von jetzt an keinen mehr gab, der die Herrschaft hätte übernehmen können, hatte jeder, der über Völker oder Städte herrschte, Hoffnungen auf die Königsherrschaft und kontrollierte das Territorium unter seiner Herrschaft, als ob es ein Königreich sei, das mit dem Speer erworben war.
- Diodor, 19,105 (Übersetzung entnommen aus [1])
Auch Eumenes, neben Polyperchon einer der letzten Vertreter der Reichseinheit, konnte sich letztendlich nicht halten, obwohl er recht geschickt agierte. Als beispielsweise die Soldaten der Eliteeinheit der Silberschilde (Agyraspiden) zweifelten, ob der Kampf noch einen Sinn hatte, begegnete er diesem Problem mit der Erinnerung an Alexander:
- Ihrem Ehrgeiz und ihrer Herrschsucht gegenüber ... führte er die Religion (deisidaimonia) ins Spiel. Er behauptete, Alexander sei ihm im Traum erschienen und habe ihm ein königlich hergerichtetes Zelt und einen in ihm stehenden Thron gezeigt und dann gesagt, wenn sie dort Rat hielten und ihre Geschäfte führten, werde er selbst gegenwärtig sein und bei jeglichem Rat und jeglicher Tat mit zugreifen, die sie in seinem Namen begännen.
- Plutarch, Eumenes, 13,4-6 (Übersetzung entnommen aus [2])
Eumenes wurde dennoch später von den Silberschilden verraten und an Antigonos ausgeliefert, der ihn kurz darauf hinrichten ließ (316 v. Chr.), während Polyperchon in Griechenland sich zum Befreier der Poleis aufspielte, bald aber an Macht verlor und zu einem unbekannten Zeitpunkt (nach dem Friedensschluss zwischen Antigonos und den anderen Diadochen im Jahre 311 v. Chr., welcher freilich nicht lange Bestand hatte) verstarb.
Antigonos strebte nun offen nach der Alleinherrschaft. Er sicherte seine Position in Asien und vertrieb 315 v. Chr. Seleukos, der zu Ptolemaios floh. 312 v. Chr. besiegten sie Antigonos bei Gaza, woraufhin Seleukos nach Babylon zurückkehrte. Der Kriegsschauplatz erstreckte sich im Rahmen der folgenden Kampfhandlungen wieder über große Teile des nun auseinander brechenden Alexanderreiches, doch brachten sie keine wirkliche Entscheidung. Die Macht der Antigoniden wuchs derweil immer weiter an.
Demetrios, der Sohn des Antigonos, erkämpfte sich durch die Vertreibung der Makedonen aus Athen, der Wiederherstellung der attischen Demokratie und der Vernichtung der ptolemäischen Flotte bei Salamis in Griechenland und Makedonien eine gute Machtstellung. 306 v. Chr. nahmen er und sein Vater den Königstitel von Makedonien an, womit ein eindeutiger Führungsanspruch auf das (theoretisch immer noch vorhandene) Gesamtreich verbunden war. Im Jahr darauf nahmen auch die anderen Diadochen jeweils ihre eigenen Königstitel an. Währenddessen bahnte sich noch eine ganz andere Entwicklung an, die bald zu einem typischen Merkmal hellenistischer Herrscherideologie werden sollte: In mehreren Poleis wurden Kulte zu Ehren der Monarchen errichtet, die später teils sogar zu Göttern erklärt wurden Vorlage:Lit.
Um seine Schlagkraft zu erhöhen, erneuerte Demetrios im Auftrag seines Vaters 302 v. Chr. den Korinthischen Bund und übernahm dessen Führung. Den beiden Antigoniden stand nun eine Koalition bestehend aus Ptolemaios I., Kassandros, Lysimachos und Seleukos gegenüber. Es kam erneut zu Kampfhandlungen, die mit der Schlacht von Ipsos im Jahr 301 v. Chr., bei der Antigonos fiel, endeten. Somit war faktisch auch die Idee der Reichseinheit zu Grabe getragen worden, da keiner der anderen Herrscher die Macht hatte, mit Gewalt das Reich zu einen.

In der darauffolgenden Zeit schien denn auch ein Status quo gefunden. Es folgte ein mehrjähriger Frieden, welcher im Jahre 288 v. Chr. ein Ende fand. Demetrios hatte weiterhin versucht, die Machtstellung, die sein Vater innegehabt hatte, zu erlangen. Zu der sich nun formierenden Koalition gegen Demetrios, bestehend aus den Diadochen Lysimachos, Ptolemaios I. und Seleukos I., trat auch Pyrrhos von Epirus bei. Zusammen drangen sie in Makedonien ein, zwangen Demetrios zur Flucht und teilten Makedonien unter sich auf. Seleukos versuchte nun Makedonien und Thrakien unter seine Kontrolle zu bringen. Zwar konnte er sich in der Schlacht von Kurupedion gegen Lysimachos durchsetzen, doch wurde er kurz darauf von Ptolemaios Keraunos ermordet. Diese Ereignisse markieren das Ende des Zeitalters der Diadochen.
Als Ergebnis der Kämpfe hatten sich drei Nachfolgestaaten gebildet, die bis zum Einbruch Roms im 2. Jahrhundert v. Chr. Bestand haben sollten, das Ptolemäerreich in Ägypten, das Seleukidenreich in Asien und das Antigonidenreich in Griechenland.
Ausblick
Weiterführende Informationen zu diesem Thema: Hellenismus
Makedonien konnte unter den Nachfahren des Antigonos Monophthalmos die Hegemonie über Griechenland bewahren und griff zeitweise auch auf die Inseln der Ägäis aus. Die langjährige griechische Vormacht Athen wurde nach der Niederlage im Lamischen Krieg 322 im Chremonideischen Krieg 261 erneut besiegt. Athens Erzrivale Sparta unterlag 222 bei Sellasia den Antigoniden. Auch mit Unterstützung des Ptolemäerreiches konnten die griechischen Poleis ihre Unabhängigkeit nicht sichern. Makedonien blieb so, nicht zuletzt dank seines schlagkräftigen Heeres, trotz seiner verhältnismäßig geringen Fläche eine Großmacht. Im Inneren änderte sich dabei nur wenig.
Das reichste Diadochenreich war und blieb Ägypten unter den Ptolemäern. Das Reich des Ptolemaios gilt als hellenistischer Musterstaat und ist durch die reichhaltigen Papyrusfunde am besten erforscht. Dabei verfolgten die Ptolemäer wie die anderen großen hellenistischen Reiche das Ziel einer Hegemonie über das ehemalige Alexanderreich. Mit den Antigoniden stritten sie um Macht und Einfluss in Griechenland und der Ägäis, mit den Seleukiden um den Süden Kleinasiens, Zypern, Palästina und Syrien. Die letzte Ptolemäerkönigin, Kleopatra VII., wurde 30 v. Chr. von den Römern abgesetzt.
Von einem Seleukidenreich im eigentlich Sinne kann man ab der Niederlage des Antigonos in der Schlacht von Ipsos sprechen. Seleukos Nikator herrschte seitdem über das größe, aber auch das uneinheitlichste Diadochenreich. Während die Seleukiden die Tetrapolis Antiochia, Seleukia, Laodikeia und Apameia im Zentrum ihres Reiches recht gut unter Kontrolle hatten, begann in den Randbereichen bald ein Erosionsprozess. Bald schon machten sich Bithynien, Pontus und Pergamon in Kleinasien selbständig, Persien wurde um 250 von den Parthern erobert und der Osten des Reiches, der nun keine Landverbindung mehr zum seleukidischen Kernland besaß, formierte sich zum Gräko-baktrischen Reich.
Keines der drei großen Diadochenreiche war mit seinen Hegemoniebestrebungen erfolgreich, weil sich die übrigen Staaten in rasch wechselnden Bündnissen jeweils gegen den Angreifer zusammenschlossen. Seit etwa 250 gewannen mehrere Kleinstaaten durch geschicktes Lavieren zwischen den drei Großmächten an Bedeutung. So wurde zeitweilig Rhodos zur größten Seemacht. Bithynien und Pergamon wahrten mit geschickter Diplomatie lange ihre Selbständigkeit, gingen jedoch schließlich im römischen Reich auf. Aufgrund des besonderen Herrschaftsverständnisses der Diadochenreiche konnte der letzte König von Pergamon sein Reich sogar den Römern testamentarisch vermachen. Nach und nach fielen jedoch auch die meisten anderen Nachfolgestaaten des Alexanderreiches an die Römer.
Die Diadochen
Hinweis: Eine Vorstellung aller Diadochen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Die hier vorgestellten vier sollen exemplarisch für alle stehen. Eine vollständige Aufzählung aller Diadochen findet sich in der Liste der Diadochenreiche.
Antigonos
Hauptartikel: Antigonos I. Monophthalmos
Antigonos war ein Altersgenosse von Alexanders Vater Philipp II. Seine Machtbasis lag zunächst in Kleinasien, er konnte aber Eumenes ausschalten und so den Großteil des asiatischen Teils des Alexanderreiches unter seine Herrschaft bringen. In den Folgejahren wurden Ptolemaios und Seleukos seine Hauptgegner. Mit Ptolemaios kämpfte er um Syrien und die Seeherrschaft im östlichen Mittelmeer, mit Seleukos um Babylon und die östlichen Satrapien. Antigonos erhob sich und seinen Sohn Demetrios zu Königen, die übrigen Diadochen zogen nach. Damit war das Alexanderreich endgültig zerbrochen. Trotzdem gilt Antigonos als letzter Verfechter der Reichseinheit.
Die Machtfülle des Antigonos war so groß, dass die anderen Diadochen befürchteten, nacheinander von ihm unterworfen zu werden. Ptolemaios, Seleukos und Lysimachos verbündeten sich gegen ihn und konnten Antigonos 301 v. Chr. in der Entscheidungsschlacht bei Ipsos besiegen und töten. Trotz dieser Niederlage wurde Antigonos zum Stammvater der letzten makedonischen Königsdynastie, der Antigoniden. Sein Sohn Demetrios versuchte noch vergeblich, das makedonische Kernland unter seine Kontrolle zu bringen, sein Enkel Antigonos II. Gonatas konnte sich und seinen Nachfolgern schließlich den makedonischen Thron sichern.
Lysimachos
Hauptartikel: Lysimachos
Lysimachos wurde noch von Alexander zum Statthalter von Thrakien ernannt. Nach dessen Tod 323 v. Chr. beteiligte er sich zunächst nicht an den Kämpfen unter den übrigen Diadochen, sondern sicherte seine Herrschaft über Thrakien. Wegen seiner brutalen Methoden wurde Lysimachos von vielen Zeitgenossen als barbarisch angesehen. Nach dem Tod des Eumenes griff Lysimachos nach Kleinasien und Makedonien aus und schloss sich der Koalition gegen Antigonos an. Nach dessen Ende in der Schlacht von Ipsos geriet Lysimachos mit seinem bisherigen Verbündeten Seleukos in Konflikt, dem er 281 v. Chr. bei Kurupedion unterlag. Lysimachos' Tod bei Kurupedion gilt als das Ende der Diadochenkriege.
Ptolemaios
Hauptartikel: Ptolemaios I.
Ptolemaios I. übernahm nach dem Tod Alexanders die Satrapie Ägypten, wohin er später zur Legitimierung seiner Macht den Leichnam Alexanders überführen ließ. Er beteiligte sich an den Diadochenkriegen, sicherte sich Ägypten und nahm 306 v. Chr. den Königstitel an. Er erweiterte sein Reich um Kyrene und Zypern und sicherte es nach außen durch eine kluge Heiratspolitik, nach innen durch eine gute Militär- und Verwaltungsorganisation. Zudem förderte Ptolemaios I. Wissenschaften und Künste. Unter anderem gründete er die berühmte Bibliothek von Alexandria. 285 v. Chr. dankte Ptolemaios zugunsten seines gleichnamigen Sohnes Ptolemaios II. ab. Sein eigentlicher Thronfolger wäre sein ältester Sohn Ptolemaios Keraunos gewesen. Dieser floh zusammen mit seiner Mutter, die verstoßen worden war, an den Hof des Seleukos. Ptolemaios I. starb 282 v. Chr., kurz vor dem Ende der Diadochenkriege.
Seleukos
Hauptartikel: Seleukos I.
Seleukos war der Sohn eines Generals des makedonischen Königs Philipp II. Er begleitete Alexander den Großen auf dessen Asienfeldzug und zeichnete sich bei den Kämpfen in Indien 326 v. Chr. aus. Nach Alexanders Tod in Babylon erhielt er keine eigene Satrapie. 321 v. Chr. war er in die Ermordung des Regenten Perdikkas verwickelt und erhielt bei der zweiten Reichsteilung die Satrapie Babylonien. Nach Konflikten mit dem mächtigen Diadochen Antigonos konnte er mit der Unterstützung des Ptolemaios Babylonien 312 v. Chr. endgültig als Herrschaftsgebiet gewinnen.
305 v. Chr. nahm Seleukos wie die anderen Diadochen den Königstitel an. Zwei Jahre später schloss er, nachdem er den Osten des Irans unterworfen und bis in Pandschab vorgestoßen war, mit dem indischen Herrscher Chandragupta Frieden. Er trat einen Teil seines Herrschaftsgebietes an diesen ab und erhielt dafür 500 Kriegselefanten, die in der Schlacht von Ipsos 301 v. Chr. einen entscheidenden Vorteil bedeuteten. In dieser Schlacht besiegte er zusammen mit Lysimachos den Antigonos. 285 v. Chr. konnte er Demetrios, den Sohn des Antigonos, gefangennehmen. Vier Jahre später besiegte er Lysimachos in der Schlacht bei Kurupedion. Seleukos wollte nun Makedonien und Thrakien in Besitz nehmen, wurde aber kurz nach dem Übertritt nach Europa von Ptolemaios Keraunos ermordet. Seleukos hinterließ seinem Sohn Antiochos I. mit dem Seleukidenreich das größte, aber auch heterogenste Diadochenreich.
Gesellschaft und Kultur
Herrschaft und Verwaltung
Das Königtum der Diadochenherrscher stand auf zwei Säulen, der Alexandernachfolge (diadoche) auf der einen und der Akklamation durch die Heere auf der anderen Seite. Die Staaten existierten dabei nicht unabhängig von ihrer Regierungsform, die Könige waren nicht Könige von Syrien, sondern Könige in Syrien. Das Königtum war kein staatliches Amt, sondern eine persönliche Würde, der Monarch sah den begrifflich davon nicht abgegrenzten Staat als seine Angelegenheit (vgl. Polybios V, 41). Theoretisch war das ganze eroberte Land im Besitz des Königs, weshalb dieser es auch testamentarisch an eine fremde Macht wie die Römer übereignen konnte. Es gab also in den Diadochenreichen keine Trennung zwischen Souverän und Person.
Die Diadochen und ihre Nachfolger regierten mit Hilfe schriftlicher Erlasse, die als Briefe (epistolē) oder Verordnungen (prostagma) formuliert wurden. Der für diese Erlasse zuständige Beamte hieß epistoliagraphos. Beraten wurde der Herrscher von einem Gremium aus Freunden (philoi) und Verwandten (syngeneis). Verschiedene Hofämter insbesondere im fiskalischen Bereich hatten Eunuchen inne. Der wichtigste Mann neben dem König war der Hausverwalter (dioikētēs), der für Wirtschaft, Finanzen, Verwaltung, Heer und Außenpolitik verantwortlich war. Während man bereits zur Zeit der Diadochen von einem absolutistischen Staat sprechen kann, setzte der typisch hellenistische Herrscherkult erst unter ihren Nachfolgern ein. Entscheidenden Einfluss gewonnen hat die Herrschaftsform der Diadochen auf die jüngere griechische Tyrannis, die Karthager und das römische Kaisertum.
Militär und Kriegführung
Gesellschaft und Sozialstruktur
Religion
Kultur und Bildung
Bewertung
Literatur
Primärquellen
Der Hellenismus, dessen Anfang die Diadochenzeit bildet, gilt als die schreibfreudigste Zeit der griechischen Antike. Bereits die Diadochen sammelten in ihren Bibliotheken in Alexandria, Antiochia und Pella die Werke zeitgenössischer Autoren. Dennoch sind kaum historische oder philosophische Schriften aus jener Zeit erhalten. Der Altertumsforscher Hermann Strasburger geht von einem Verhältnis zwischen verlorengegangenen und erhaltenen Werken von 40:1 aus. Die meisten dieser Bücher gingen offenbar in byzantinischer Zeit verloren, da sie dem damals verfochtenen klassizistischen Sprachideal nicht entsprachen. Auch die Zerstörung der großen Bibliothek von Alexandria trug sicher zu dieser schlechten Überlieferungssituation bei. Fragmentarisch erhalten sind die griechischen Autoren Timaios von Tauromenion (345-250 v. Chr.), ein Zeitgenosse der Diadochen, und Poseidonios von Apameia (135-51 v. Chr.).

Deutlich besser sieht es mit den römischen und anderen in römischer Zeit schreibenden Autoren aus. Diese sind jedoch alle keine Zeitgenossen der Diadochen. Dennoch sind etwa Diodor, der um die Zeitenwende schrieb und der vom 18. Buch seines Geschichtswerkes an die Diadochenzeit behandelt, der in einer Zusammenfassung des Justinus erhaltene Pompeius Trogus und Appian, der eine Überblick über die Seleukiden verfasst hat, wichtige antike Quellen. Ebenfalls in römischer Zeit schrieb der Grieche Plutarch, der unter anderem Viten von Eumenes, Demetrios und Pyrrhos verfasst hat. Eine auf den ersten Blick wenig naheliegende Quelle sind jüdische Texte in griechischer und aramäischer Sprache. Dazu zählen Flavius Josephus, der Geschichtsschreiber des Jüdischen Krieges und das Buch Daniel des Alten Testaments.

Umfangreicher als die schriftlichen sind die inschriftlichen Zeugnisse jener Zeit. Insbesondere die ägyptischen Papyri, die Michael Rostovtzeff ausgewertet hat, und die Keilschrifturkunden aus dem Mesopotamien der ersten Seleukiden für die Historiographie bedeutsam. Wichtig für unser Bild von der Diadochenzeit ist auch der Abgleich der Quellen mit den archäologischen Befunden. Leider sind die Reste Alexandrias, Antiochias und Seleukias, der Hauptstädte der großen Diadochenreiche eher kärglich, größere Funde wurden in Milet, Ephesos und Pergamon gemacht. Titel und Porträts der Diadochen sind uns vor allem von Münzbildern und Marmorbüsten bekannt.
Sekundärliteratur
- R. A. Billows: Antigonos the One-Eyed and the Creation of the Hellenistic State. Berkeley, Los Angeles 1990.
Grundlegend für Antigonos I. - Alexander Demandt: Die hellenistischen Monarchien. In: Antike Staatsformen. Akademie Verlag, Berlin 1995. S. 291-320.
Knapper Überblick über Geschichte und Gesellschaft der Diadochenreiche mit Bibliografie. - M. Errington: Geschichte Makedoniens. München 1986.
- H.-J. Gehrke: Geschichte des Hellenismus (Oldenbourg Grundriss der Geschichte). 3. Auflage. München 2003.
Knappe Darstellung mit Forschungsteil und umfassender Bibliografie. - P. Green: Alexander to Actium. The Hellenistic Age. London, Berkeley und Los Angeles 1990.
Detaillierte Gesamtdarstellung, in der Bewertung der Epoche allerdings teils zu negativ. - W. Heckel: The Marshals of Alexander's Empire. London 1992.
- G. Höbl: Geschichte des Ptolemäerreiches. Politik, Ideologie und religiöse Kultur von Alexander dem Großen bis zur römischen Eroberung. Darmstadt 1994.
- Hatto H. Schmitt und Ernst Vogt (Hrsg.): Kleines Lexikon des Hellenismus. 2. Auflage. Wiesbaden 1993 (auch als Studienausgabe).
Relativ detaillierte Artikel mit umfassender Bibliografie. - K. Rosen: Die Bündnisformen der Diadochen und der Zerfall des Alexanderreiches. Acta Classica 11 (1968). S. 182ff.
- J. Seibert: Das Zeitalter der Diadochen, (Erträge der Forschung 185), Darmstadt 1983.
Forschungsbericht über die Diadochenzeit. - S. Sherwin-White/A. Kuhrt: From Samarkhand to Sardis. A New Approach to the Seleucid Empire. London 1993.
- G. Shipley: The Greek World After Alexander, 323-30 BC.. London und New York 2000.
Hervorragende Gesamtdarstellung der Epoche der Diadochenreiche. - E. Will: Histoire politique du monde hellénistique (323- 30 av. J.-C.), 2 Bde., 2. Aufl., Nancy 1983.
Beste moderne Darstellung der politischen Geschichte.