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Ostfriesland

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Ostfriesland (Ostfriesisches Plattdeutsch: Oostfreesland) ist eine Region in Niedersachsen im äußersten Nordwesten der Bundesrepublik Deutschland. Ostfriesland umfasst die Landkreise Aurich, Leer und Wittmund sowie die kreisfreie Stadt Emden [1][2][3][4].

Kommunalpolitisch ist Ostfriesland ein Landschaftsverband. In Ostfriesland leben etwa 465.000 Menschen auf 3.144,26 Quadratkilometern. Die Region ist im Vergleich zum Bundesdurchschnitt dünn besiedelt. Ostfriesland liegt an der Nordseeküste und umfasst neben dem Festland auch die Ostfriesischen Inseln mit der Ausnahme Wangerooges, die historisch zum Land Oldenburg zählt.

Das heutige Gebiet Ostfrieslands entspricht bis auf kleinere Arrondierungen dem Gebiet des früheren Fürstentums Ostfriesland (bis 1744). Die Region war über Jahrhunderte von der Landwirtschaft, der Fischerei und − besonders in den wenigen Städten − vom Handel geprägt. Dazu zählte in den Hafenstädten insbesondere der Seehandel. Inzwischen haben der Tourismus und einige industrielle Kerne hohe Bedeutung für die ostfriesische Wirtschaft erlangt. Trotz wirtschaftlicher Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten gilt Ostfriesland weiterhin als strukturschwache Region.

Prägend für Ostfriesland ist, dass die Region nicht von einer größeren Stadt dominiert wird. Vielmehr sind es die fünf Mittelstädte Emden, Aurich, Leer, Norden und Wittmund und fünf Kleinstädte (Wiesmoor, Weener, Esens sowie die Inselstädte Norderney und Borkum), die zusammen mit einer Vielzahl von Dörfern die Struktur Ostfrieslands bestimmen.

Wappen Ostfrieslands
Flagge Ostfrieslands

Gebiet

Karte Ostfrieslands
Ostfriesland im weiteren Sinn

Ostfriesland ist die nordwestlichste Region Deutschlands und liegt an der Nordseeküste. Im allgemeinen wird unterschieden zwischen Ostfriesland im historisch-politischen Sinne (um das es im vorliegenden Artikel geht) und dem geografischen Begriff Ostfriesland, der weiter gefasst ist (siehe auch Ost-Friesland. Das „Ost“ in Ostfriesland bezieht sich in erster Linie auf die Tatsache, dass Ostfriesland das östliche Friesland im Gegensatz zu Westfriesland (bzw. Provinz Fryslân in den Niederlanden) und Nordfriesland (nordwestliches Schleswig-Holstein) ist.

Ostfriesland besteht aus der kreisfreien Stadt Emden sowie den Landkreisen Aurich, Leer und Wittmund. Diese bilden – von kleineren Grenzkorrekturen abgesehen – das Gebiet des ehemaligen Fürstentums Ostfriesland (1464−1744), das später als Regierungsbezirk Aurich (bis 1978) innerhalb Preußens und später Niedersachsens fortbestand. Die Einwohner dieses Landstriches sind die einzigen, die sich heute noch uneingeschränkt als Ostfriesen bezeichnen. Zudem sind die Stadt und die drei Kreise das Gebiet, das von der Ostfriesischen Landschaft, dem „Kulturparlament“ der Ostfriesen, betreut wird.

Ostfriesland wird begrenzt von den drei oldenburgischen Landkreisen Friesland, Ammerland und Cloppenburg im Osten sowie dem Landkreis Emsland im Süden. Im Westen grenzt Ostfriesland an die Niederlande, im Norden an die Nordsee.

Ostfriesen fühlen sich als Teil der friesischen Kultur – als Friesen, die in den Nationalstaaten der Niederlande und Deutschlands an der Nordseeküste wohnen. Zur „Sektion Ost“ des Friesenrates gehören daher neben Ostfriesland, dem Oldenburger Friesland und dem Saterland auch die Landstriche Butjadingen (Landkreis Wesermarsch) und Land Wursten (zwischen Bremerhaven und Cuxhaven).

Eine Besonderheit Ostfrieslands ist unter anderem, dass es nicht von einer größeren Stadt geprägt ist, sondern dass sein Reiz vielmehr in der Vielfalt der zahlreichen Mittelstädte und Dörfer liegt.

Die Jahrhunderte dauernde Isolation durch die Nordsee im Norden und Moore im Süden bedingte eine sehr eigenständige Entwicklung Ostfrieslands. Deshalb gibt es noch heute einen latenten Hang zum Separatismus, der sich vor allem in kulturellen Belangen zeigt und politisch als ein Bemühen um den Erhalt historisch gewachsener Strukturen und der Vermeidung der Verschmelzung mit außerostfriesischen Institutionen oder verwaltungstechnischen Einheiten hervortritt.

Landschaft

Strand auf Juist
Dünen auf Langeoog
Deichvorland nahe Greetsiel
Marsch im Rheiderland
Datei:EwigesMeer1(neu).jpg
Der Hochmoorsee Ewiges Meer
Berumerfehner Moor
Wallheckenlandschaft in Wrisse

Auf den Inseln finden sich hinter den Stränden ausgeprägte Dünenlandschaften von Sanddünen, deren teilweise künstlich geförderter Bewuchs – hauptsächlich Strandhafer – das Wandern, das heißt den Abtrag mit nachfolgender Neuentstehung an anderer Stelle und somit die Verlagerung verhindern soll. Anderenfalls würden sich auch heute noch West-Ost-Verlagerungen der Inseln ergeben, die in vergangenen Jahrhunderten zu verzeichnen waren.

Zwischen den Inseln und dem Festland befindet sich das Wattenmeer, ein einzigartiges Biotop, das seine Entstehung den Gezeiten verdankt. Bei Ebbe fällt es weitgehend Ebbe weitgehend trocken, bei Hochwasser liegt es dagegen völlig unter Wasser. Das Wattenmeer ist durchzogen von Prielen, über die das Wasser ab- oder zuströmt.

An vielen Stellen folgen dem Watt Salzwiesen, regional auch Heller genannt, die nur noch gelegentlich bei besonders hohem Wasserstand ganz oder teilweise überflutet werden. Auch diese bilden einen ganz eigenen Lebensraum, der besonders durch eine eigenwillige Pflanzengesellschaft geprägt ist, deren Pionierpflanze der Queller ist. In früheren Jahrhunderten wurden die Heller eingedeicht, inzwischen werden sie allenfalls extensiv beweidet und ansonsten der Natur überlassen.

Vor etwa 1000 Jahren begannen die Menschen, sich durch Deiche gegen die Nordseefluten zu schützen. Dennoch kam es im Zuge großer Flutkatastrophen immer wieder zu teilweise erheblichen Landverlusten. Im Gegenzug begannen die Menschen schon bald, Neuland aus dem Meer zu gewinnen. Es entstanden sogenannte Polder.

Der Küstenraum des Festlandes ist Marschland, das weiter landeinwärts in Niedermoore, Geest und Hochmoore übergeht.

An Hochmooren zu nennen ist insbesondere das Gebiet um das Ewige Meer bei der Ortschaft Eversmeer, der größte Hochmoorsee Deutschlands und ein Naturschutzgebiet. Zahlreiche weitere Flächen, die Reste der ehemals großen Hochmoore darstellen, und darin gelegene kleinere Seen wie das Lengener Meer sind heute ebenfalls Schutzgebiete. In jüngerer Zeit wurde vielfach durch Wiedervernässungsmaßnahmen der ursprüngliche Charakter annähernd zurückgewonnen, nachdem diese Flächen über lange Zeit wegen ihrer Insellage inmitten von Kulturland stark entwässert und anschließend verbuscht waren.

Die Altmoränenlandschaft der Geest zeichnet sich durch vorwiegend sandiges Geschiebematerial der Saaleeiszeit aus und ist heute weitgehend als land- oder (in geringem Umfang) forstwirtschaftliche Fläche kultiviert.

Nach Auflösung der Allmende entstand dank der den Bauern auferlegten Pflicht, ihre Parzellen abzugrenzen und das Ausbrechen des Weideviehs zu verhindern, die typische Wallheckenlandschaft mit kleinen Weideflächen, die von busch- und baumbestandenen Erdwällen umgeben sind, deren Zugangsöffnungen mit den ebenso typischen grob gezimmerten Holztoren (Plattdeutsch: hek) verschlossen werden. heutzutage werden allerdings häufiger Stahltore genutzt. Die kleineren Parzellen dienen auch heute meist der Viehhaltung, während auf größeren Parzellen, auf denen der Maschineneinsatz lohnend ist, auch Pflanzenanbau betrieben wird.

Zu den größeren Waldgebieten gehören der Heseler Wald (Samtgemeinde Hesel), der Ihlower Forst (Gemeinde Ihlow), der Karl-Georgs-Forst (Gemeinde Friedeburg), der Egelser Wald und der Meerhusener Wald (beide Stadt Aurich). In den Samtgemeinden Hage und Esens befinden sich nennenswerte Waldareale, die nur wenige Kilometer hinter der Küstenlinie liegen.

Weiterhin gibt es in Ostfriesland eine größere Anzahl natürlicher (Niedermoor-)Seen, deren größter das Große Meer bei Bedekaspel (Gemeinde Südbrookmerland) ist. Neben den vorstehend bereits genannten Seen befinden sich noch weitere in Ostfriesland, insbesondere im Städtedreieck Emden-Aurich-Leer, darunter die Hieve (Gemeinde Hinte) und das Sandwater (Gemeinde Ihlow).

Größter Fluss Ostfrieslands ist die Ems. Weitere Flüsse sind die Leda (Landkreis Leer), die bei Leerort in die Ems mündet, ihr Nebenfluss Jümme, sowie die Harle im Landkreis Wittmund, die in Harlesiel in die Nordsee fließt − allerdings durch ein Siel.

Ostfriesland ist zudem von einer Vielzahl kleinerer natprlicher Gewässerläufe durchzogen, die Tief genannt werden. Sie sind mit künstlich angelegten Kanälen verbunden und entwässern über Siele oder Schleusen, etwa in Emder Hafen, in die Ems oder direkt in die Nordsee. Der längste künstliche Wasserlauf ist der Ems-Jade-Kanal. Weitere längere Kanäle sind der Ems-Seitenkanal zwischen Emden und Oldersum sowie der Nord- und der Südgeorgsfehnkanal. Am stärksten von Fehnkanälen durchzogen sind die Gemeinden Großefehn, Rhauderfehn und Ostrhauderfehn sowie die Stadt Wiersmoor, während die Kanäle in Emden, die keine Fehnkanäle sind, die größte Länge von Kanälen unter den ostfriesischen Städten umfassen.

Der höchste natürliche Punkt Ostfrieslands ist eine etwa 18,5 Meter hohe Wanderdüne im Naturschutzgebiet Hollsand in der Gemeinde Uplengen.

Klima

Ostfriesland liegt in der warmgemäßigten Zone mit ganzjährigen Niederschlägen. Nach der Klimaklassifikation von Köppen befindet sich Ostfriesland in der Einteilung Cfb (Klimazone C: Warm-Gemäßigtes Klima; Klimatyp Cf: Feucht-Gemäßigtes Klima; Klimauntertyp b: warme Sommer).

Die Temperaturen sind aufgrund der Nähe zur Nordsee relativ ausgeglichen; die Sommer sind warm, häufig liegt die Höchsttemperatur über 20 °C, doch wird die 30 °C-Marke nur an wenigen Tagen erreicht oder überschritten. Die Winter sind im Allgemeinen mild und feucht mit sehr wenigen Eistagen,[5] leichter Frost ist aber jederzeit möglich. Nur selten gibt es Temperaturen unter −10 °C. Die Jahresmitteltemperatur liegt bei 8,4 °C in Aurich und 9 °C auf Norderney. Auf den Inseln sind die Temperaturen noch ausgeglichener. Durch den Speichereffekt des Meeres wird noch lange nach dem Hochsommer Wärme abgegeben. Die Temperaturen sind daher im Winter milder. In den Hochmoorgebieten im Landesinneren liegen die Temperaturen zumeist etwas niedriger als in der Marsch.

Im Laufe des Jahres fällt im Mittel rund 800 mm Niederschlag, auf den Inseln weniger. Ostfriesland liegt damit über dem bundesdeutschen Durchschnittswert von rund 700 mm. Der meiste Niederschlag fällt im Landesinneren in den Sommermonaten, vor allem im Juni und Juli. Auf den Inselns sind die Herbstmonate die niederschlagsreichsten. Die Zahl der Nebeltage mit Sichtweiten von weniger als einem Kilometer ist deutlich überdurchschnittlich: 35 Tage auf den Inseln, 45 Tage auf dem Festland. Sehr nebelintensiv sind die Hochmoorgegenden. Die Zahl der Schneetage im Jahr liegt zumeist im einstelligen Bereich. Trotz des überdurchschnittlichen Niederschlags und des überdurchschnittlich oft auftretenden Nebels ist Ostfriesland relativ bewölkungsarm und sonnenreich. [6] Die Sonnenscheindauer liegt mit rund 1500 bis 1600 Stunden etwa im Mittel für den nordwestdeutschen Raum, die Inseln liegen noch darüber.[7]

In Ostfriesland weht der Wind stärker und häufiger als im bundesdeutschen Durchschnitt. Zumeist kommt er aus westlichen Richtungen. Die mittlere Windgeschwindigkeit liegt auf dem Festland bei 5,5 bis 6 m/sec, auf den Inseln sogar bei bei 7,5 bis 8 m/sec. Sturm (Windgeschwindigkeit von mehr als 20 m/sec) tritt überdurchschnittlich häufig auf: Auf den Inseln an 30, auf dem Festland an 22 Tagen im Jahr.[8] An der Küste und auf den Inseln herrscht im Winterhalbjahr bei solchen Wetterlagen Sturmflutgefahr. Diese ist besonders groß, wenn zur Sturmlage auch die Springtide hinzukommt, die das Wasser ohnehin höher auflaufen lässt.

Die geringen Temperaturunterschiede, der stetige Wind sowie eine salz-, ozon- und jodreiche Luft von hoher Reinheit und Feuchte bilden das Reizklima, das Heilwirkungen hervorrufen kann. Hinzu kommen eine erhöhte Ultraviolett-Strahlung [9] und - auf den Inseln - die überdurchschnittliche Sonnenscheindauer.

Klimatabellen (langjähriges Mittel 1961-1990) von Aurich und Norderney zum Vergleich:


Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Aurich
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Mittl. Temperatur (°C) 1,0 1,3 3,7 6,9 11,5 14,6 16,0 15,9 13,2 9,6 5,2 2,2 8,5
Niederschlag (mm) 66,6 43,1 57,9 48,2 57,8 83,8 82,1 78,6 76,6 76,2 84,4 74,3 Σ 829,6
Sonnenstunden (h/d) 37 64 103 160 205 199 188 194 132 92 47 29 121,1


Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Norderney
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Mittl. Temperatur (°C) 1,6 1,8 4,0 6,9 11,2 14,4 16,3 16,8 14,5 10,8 6,3 3,2 9
Niederschlag (mm) 60,0 40,7 52,8 41,2 48,7 62,7 76,0 72,8 72,2 80,2 87,6 74,5 Σ 769,4
Sonnenstunden (h/d) 46 76 120 175 226 224 210 209 146 102 56 38 136

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte Ostfrieslands

Erste Besiedlung

Großsteingrab Tannenhausen

Früheste Siedlungsnachweise finden sich für jungpaläolithische Rentierjäger der Hamburger Kultur. Es folgen Nachweise mesolithischer Besiedlung und später neolithischer Siedlungen der Glockenbecherkultur, der Megalithkultur und der Schnurkeramiker.

Für spätere Zeit ist die Siedlung germanischer Stämme aus dem Großverband der Ingwäonen nachgewiesen. Das waren Chauken und Friesen. Während ursprünglich Chauken das Gebiet zwischen Ems und Weser bewohnten, begannen etwa um die Zeitenwende Friesen in diesen Raum vorzudringen. Die Chauken wurden von diesen teils verdrängt, teils in deren Stammesverband aufgesogen. Seit dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert werden die Chauken nicht mehr erwähnt. Von der Landseite her drängten derweil sächsische Stämme in die Geestgebiete vor. Die späteren Ostfriesen gingen aus der Mischung dieser Bevölkerungsgruppen hervor.

Im frühen Mittelalter war eine Besiedelung nur in höher gelegenen Geestgebieten und auf so genannten Warften (Erdhügel; [mit sekundärem -t-] richtiger: Warf; vgl. die vielen Ortsnamen auf -Warf, z. B. Anderwarfen, Möhlenwarf, Tichelwarf) im regelmäßig von der Nordsee überfluteten Marschland möglich. Erst der Deichbau (ab ca. 1000 n. Chr.) ermöglichte es den Friesen die gesamte Marsch zu besiedeln („Gott schuf das Meer, der Friese die Deiche“).

Frühgeschichte

Karte der germanischen Stämme um 50 n. Chr. (ohne Skandinavien)

Nach der nur archäologisch zu erhellenden Vorgeschichte erschließt sich die Frühgeschichte Ostfrieslands teils über die Archäologie, teils über fremde z. B. römische Quellen. Die Berichte von Plinius, Tacitus und Strabon sind, obwohl ihre Aussagen über Zahl, Verteilung und Form der Siedlungen recht allgemeiner Natur sind, insofern wichtig, als sie einmal davon Kunde geben, dass die deutsche Nordseeküste schon in der Zeit um Christi Geburt bewohnt war. Plinius berichtet von den Chauken, die unter primitiven Verhältnissen im Wattgebiet zwischen Unterelbe und Unterems lebten. In dieses Gebiet drangen wahrscheinlich während der Völkerwanderung von Osten die Sachsen und von Westen die Friesen ein und nahmen das Küstengebiet in dauernden Besitz.

Frühkarolingische Zeit

Klarer lässt sich die Geschichte Ostfrieslands erst ab der frühkarolingischen Zeit nachweisen. Damals existierte ein friesisches Großreich, das weite Teile des heutigen Westfriesland, Ostfriesland und Gebiete bis zur Weser umschloss und von Königen beherrscht wurde, deren Namen teilweise überliefert sind. Einer dieser Großfriesischen Könige ist Radbod, um den sich viele ostfriesische Sagen und Erzählungen ranken. An vielen Orten wird er z. B. durch Straßennamen geehrt.

Unterwerfung durch Karl den Großen

Upstalsboom, älteste bekannte Ansicht von C.B. Meyer (1790)

Das Großfriesische Reich war nur von relativ kurzem Bestand und fiel mit der Unterwerfung des östlichen Friesland durch Karl den Großen im Jahre 785 an die Franken.

Unter Karl dem Großen wurde Ostfriesland in zwei Grafschaften geteilt. Zu dieser Zeit setzte die Christianisierung durch die Missionare Liudger und Willehad ein. Ostfriesland wurde zu einem Teil dem Bistum Bremen, zum anderen dem Bistum Münster zugeschlagen.

Mit dem Verfall des Karolingerreiches löste sich Ostfriesland aus den früheren Bindungen. Es entstand ein Verbund selbstständiger, selbst verwalteter Bezirke, die jeweils jährlich als ihre Vertreter so genannte „Redjeven“ (Rechtsprecher, Ratsmänner) wählten, die sowohl die Gerichtsbarkeit ausübten als auch die Verwaltung und Organisation ihrer Bezirke regelten. So blieb der im Mittelalter in Europa verbreitete Feudalismus in Ostfriesland unbekannt. Vielmehr verstanden sich die Friesen als freie Menschen, die keiner Obrigkeit verpflichtet waren.

Alljährlich versammelten sich während dieser Zeit, der so genannten Friesischen Freiheit, die vom 12. bis ins 14. Jahrhundert währte, Abgesandte der sieben friesischen Seelande am Upstalsboom nahe Aurich, um dort Recht zu sprechen und politische Entscheidungen von überregionaler Bedeutung zu treffen.

Ostfriesische Häuptlinge

Ostfriesland zur Zeit der Häuptlinge

Im Verlauf des 14. Jahrhunderts zerfiel die Redjeven-Verfassung zusehends und weitere Ereignisse wie z. B. der Ausbruch der Pest und große Sturmflutkatastrophen sorgten für weitere Destabilisierung der Verhältnisse. Diese Situation machten sich einige einflussreiche Familien zu Nutze und schufen ein Herrschaftssystem, indem sie als „Häuptlinge“ (hovedlinge) die Macht über mehr oder weniger weite Gebiete an sich rissen. Dabei etablierten sie weiterhin kein Feudalsystem, wie es im übrigen Europa zu finden war, sondern eher ein Gefolgschaftssystem, das älteren Herrschaftsformen germanischer Kulturen im Norden ähnelte, indem die Bewohner der jeweiligen Machtbereiche zwar in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Häuptling standen, diesem verschiedentlich verpflichtet waren, im Übrigen ihre Freiheit behielten und sich anderweitig niederlassen konnten.

Es folgte eine Zeit, geprägt vom ständigen Streit der Häuptlingssippen um Machtbereiche, Einfluss und Vorherrschaft, die erst endete, nachdem um 1430 Edzard Cirksena sich als Anführer eines Bundes der Freiheit durchgesetzt hatte. Ulrich Cirksena, ein Angehöriger eines der letzten einflussreichen Häuptlingsgeschlechter, wurde von Kaiser Friedrich III. in den Reichsgrafenstand erhoben und wurde mit Ostfriesland als Reichsgrafschaft belehnt. Es gehörte zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis.

Herrschaft der Grafen von Ostfriesland (Cirksena)

Ostfriesland um 1600, gezeichnet von Ubbo Emmius

Unter der Herrschaft des später in den Fürstenstand erhobenen Hauses Cirksena entwickelte sich Ostfriesland gesellschaftlich und wirtschaftlich vorteilhaft. Die größte Ausdehnung erreichte die Grafschaft unter Edzard dem Großen, dem bedeutendsten Cirksena-Herrscher, unter dessen Herrschaft auch die Ausbreitung der Reformation in Ostfriesland begann und das Ostfriesische Landrecht konzipiert wurde. In dieser Zeit (1547–1625) lebte auch Ubbo Emmius, der bedeutende ostfriesische Humanist, Historiker und Gründungsrektor der Universität Groningen. Die Grafen konnten in Ostfriesland allerdings keine starke Adelsherrschaft wie in den anderen Staaten des Reiches durchsetzen, da die friesischen Stände ihre Freiheitsrechte weitgehend zu wahren und verteidigen wussten.

Während des Dreißigjährigen Krieges litt Ostfriesland große Not unter der Heimsuchung durch die Truppen des Grafen von Mansfeld. Die einzige Ausnahme bildete Emden, da der kurz zuvor fertig gestellte Emder Wall die Stadt vor der Einnahme durch fremde Truppen schützte.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg

Nachdem die Ordnung wieder hergestellt war, kam es zu einer unvergleichlichen Machtentfaltung der ostfriesischen Stände, die sich damit weitgehend unabhängig vom jeweiligen Landesherrn machten. Dies führte zu vielen Streitfällen aber der Versuch, die landesherrliche Macht wiederherzustellen schlug fehl. Aus der damaligen Vertretung der ostfriesischen Stände ging später die Ostfriesische Landschaft hervor, die noch heute deren Wappen führt, sich inzwischen aber von einer politischen Institution zu einer Einrichtung der Kulturpflege gewandelt hat.

Das Fürstentum Ostfriesland kam in jener Zeit unter Einfluss der Niederlande und lehnte sich politisch, kulturell und wirtschaftlich eng an diese an. De facto wurde es ein Satellit der Niederlande, die an zentralen Orten Truppen stationierten (z.B. in Leerort bei Leer).

Georg Albrecht

1726/27 kam es zum so genannten Appell-Krieg, der sich in einem erneuten Konflikt zwischen dem Fürsten Georg Albrecht und einem Teil der Stände äußerte, die sich in gehorsame und renitente Stände aufspalteten. Der Fürst ging als Sieger aus diesem Konflikt hervor. Selbst die an der Spitze der renitenten Stände stehende Stadt Emden unterwarf sich. Durch das schlechte Verhandlungsgeschick des Kanzlers von Georg Albrecht, Enno Rudolph Brenneysen, kam es in der Folge jedoch nicht zu einer friedlichen Einigung der an dem Konflikt beteiligten Parteien. Obwohl Kanzler und Fürst eine strenge Bestrafung der Renitenten forderten, wurden diese 1732 vom Kaiser amnestiert. Als Fürst Georg Albrecht am 11. Juni 1734 starb, übernahm Carl Edzard im Alter von 18 Jahren die Amtsgeschäfte als letzter noch lebender Nachkomme von Georg Albrecht. Auch er konnte die Konflikte mit den Ständen nicht lösen.

Zu dieser Zeit wurden die Weichen für die Machtübernahme Preußens in Ostfriesland gestellt. Eine bedeutende Stellung hierbei nahm die Stadt Emden ein, die nach dem Appell-Krieg politisch isoliert und wirtschaftlich stark geschwächt war. Ziel musste es nun sein, Emden die Stellung als „ständische Hauptstadt“ und Handelsmetropole zurückzugeben. Ab 1740 setzte sich in Emden die Meinung durch, dass dieses Ziel mit preußischer Hilfe erreicht werden könnte. Dazu sollte ein Vertragswerk geschaffen werden, das die preußische Anwartschaft in Ostfriesland anerkannte. Die wirtschaftliche Position Emdens sollte durch vertraglich festgelegte Schutzmaßnahmen und Förderungen gestützt und die bestehenden Privilegien der Stadt bestätigt werden. Die Verhandlungen auf preußischer Seite führte der Direktorialrat im niederrheinisch-westfälischen Reichskreis, Sebastian Anton Homfeld, der am 8. November 1740 einen ersten Entwurf über die Verfahrensweise beim Eintreten des Erbfalls vorlegte. Homfeld galt als einer der führenden Vertreter der renitenten Stände. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kam es darauf aufbauend am 14. März 1744 zum Abschluss von zwei Verträgen, die zusammenfassend als Emder Konvention bezeichnet werden. Zum einen war dies die Königliche Special-Declarations- und Versicherungsakte, zu anderen die Agitations- und Konventionsakte, in der vornehmlich wirtschaftliche Regelungen getroffen wurden. Des weiteren stütze sich Preußen auf das von Kaiser Leopold I. 1694 ausgestellte Expektanz, das das Recht auf Belehnung des Fürstentums Ostfriesland für den Fall fehlender männlicher Erben sicherstellte. Trotz des Widerstands des Königreichs Hannover sollte sich Preußen im Bemühen um Ostfriesland durchsetzen.

Erste preußische Herrschaft

Fehnkanal in Ihlowerfehn

Als am 25. Mai 1744 Carl Edzard, der letzte ostfriesische Fürst aus dem Hause Cirksena, starb, machte König Friedrich II. von Preußen sein Nachfolgerecht geltend, welches in der Emder Konvention geregelt war. Er ließ Ostfriesland von Emden ausgehend ohne Widerstand besetzen, worauf am 23. Juni das Land der preußischen Krone huldigte. Die alte Landeshauptstadt Aurich blieb Sitz der Landesbehörden, erhielt eine Kriegs- und Domänenkammer und wurde Regierungshauptstadt der Preußischen Provinz Ostfriesland. Unmittelbar nach dem Machtantritt der Preußen begann der Ausverkauf des Fürstlichen Mobiliars in Aurich. Das gesamte Inventar des Schlosses, darunter die ostfriesische Fürstenbibliothek, wurde in mehreren Autionen versteigert, so das davon heute kaum noch etwas erhalten ist.[10]

Die nun folgende Zeit preußischer Herrschaft brachte für Ostfriesland einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung, verstärkte Öffnung nach außen und vielerlei Neuerungen. In diese Zeit fällt auch der Beginn der Moorkolonisierung und die Gründung der Fehnsiedlungen. Preußen erkannte die selbständige Stellung Ostfrieslands innerhalb des preußischen Staates an und setzte einen weitgehend autonom regierenden ostfriesischen Kanzler ein. Der erste Kanzler war der oben schon genannte, äußerst einflussreiche Sebastian Anton Homfeld aus einer rheiderländischen Honoratiorenfamilie, dem Gerüchte die Vergiftung des letzten ostfriesischen Fürsten zuschreiben.

Königreich Holland und Kaiserreich Frankreich

Nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt wurde Ostfriesland in das Königreich Holland und damit in den französischen Machtbereich eingegliedert. 1810 kam es als Departement „Ems-Orientale“ („Osterems“) unmittelbar zum französischen Kaiserreich. Das westliche Ostfriesland (Rheiderland) wurde aufgrund alter Ansprüche aus Holland aus Ostfriesland ausgegliedert und dem holländischen Departement „Ems-Occidentale“ mit der Hauptstadt Groningen zugeschlagen. Frankreich brachte moderne Rechtsvorstellungen nach Ostfriesland und unternahm die ersten bedeutenden Schritte zu einem umfassenden Umbau des alten ostfriesischen Gesellschaftssystems. Auf Anordnung Napoleons mussten die Ostfriesen 1811 die bisher unbekannten Familiennamen annehmen und ihr bisheriges kompliziertes System der patronymischen Namensvererbung aufgeben (dies setzte sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts durch). Es wurden auch erstmals Bürgermeister in den Dörfern eingeführt. Die ostfriesischen Dorfgesellschaften kannten bis dahin keine zentrale Verwaltungsstelle, da die Verantwortung auf die Olderlinge, Deichgrafen und andere lokale Honoratioren gleichmäßig verteilt war. Außerdem wurde der Code Civil eingeführt. Es wurden zur Durchsetzung der Kontinentalsperre außerdem zahlreiche französische Zollbeamte in Ostfriesland eingesetzt (deren Nachkommen z.T. noch immer in Ostfriesland leben). Einige Ostfriesen wurden in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit durch den England-Schmuggel, u.a. mit Tee, wohlhabend.

Königreich Hannover

Nach der Niederlage Napoleons und des Zusammenbruchs seiner Herrschaft, kam es in den Jahren 1813 bis 1815 erneut zum Einzugs Preußen in Ostfriesland. Ostfriesische Soldaten nahmen während dieser Zeit an den Schlachten von Ligny und Belle-Alliance (Waterloo) teil. Die Hoffnungen Ostfrieslands, preußisch zu bleiben, wurden jedoch mit dem Wiener Kongress 1814/15 enttäuscht. Nach dem Abtreten Napoleons sollte in Wien eine neue territoriale Ordnung Europas begründet werden. Preußen erhielt einen Teil des Großherzogtums Warschau (Posen), zugesprochen. Außerdem erhielt Preußen noch Vorpommern, Westfalen und die Rheinprovinz, musste Ostfriesland jedoch an das Königreich Hannover abtreten. Federführend hierbei war England, das die Festsetzung Preußens an der Nordseeküste verhindern wollte. Dazu heißt es in Artikel 27 der Schlussakte des Wiener Kongresses: „Der König von Preußen tritt an den König von Großbritannien und Hannover das Fürstentum Ostfriesland ab unter den Bedingungen, die im Artikel 5 über die Emsschiffahrt und den Handel im Emder Hafen gegenseitig festgelegt sind. Die Stände des Fürstentums werden ihre Rechte und Privilegien behalten.“ Die dann folgende Zeit war geprägt von Stillstand und teilweisem Rückschritt.

Zur Verwaltung des neuen Gebietes wurde am 17. Juni 1817 eine Provinzialregierung mit Sitz in Aurich gebildet. 1823 wurde daraus die Landdrostei Aurich als Mittelbehörde des Königreichs, die ihren Sitz in der Stadt hatte.[11] Zu dieser Zeit leben etwa 142.114 Einwohner in Ostfriesland. Bis zum Ende der Hannoverschen Zeit erhöht sich die Einwohnerzahl um etwa 37 Prozent auf 194.033.[11]

Zweite preußische Herrschaft

Aufnahme vom Besuch Kaiser Wilhelm II. am 2. Juli 1902 zur Einweihung des neuen Emder Hafens

In Ostfriesland stieß es allgemein auf Beifall, als ihr Land mit der Annexion des Königreiches Hannover durch Preußen 1866 wieder preußisch wurde und sich daraus tatsächlich umgehend ein Entwicklungsschub ergab. Seitdem setzte sich in Ostfriesland die kulturelle Verbindung mit Deutschland („Duitsland“) endgültig durch, und auch die Verwendung der deutschen Sprache in der Schule wurde endgültig üblich (in manchen Gebieten zuvor noch Holländisch und auch Ostfriesisch Platt).

Auch Verwaltungstechnisch änderte sich einiges. Aus der Landdrostei wurde der preußische Regierungsbezirk Aurich gebildet, wobei die Bezeichnung Landdrostei ebenso wie die Ämterstruktur noch bis 1885 erhalten blieben.[11]

In den Jahren 1880 bis 1888 wurde der Ems-Jade-Kanal erbaut. Seine Entstehung verdankt er dem Wunsche Preußens, seinen als Exklave im damaligen Großherzogtum Oldenburg gelegenen Kriegshafen Wilhelmshaven über den Wasserweg mit dem preußischen Ostfriesland und hier speziell mit Emden zu verbinden, zu dem Wilhelmshaven politisch gehörte.

Nationalsozialismus

Siehe dazu den Hauptartikel Ostfriesland zur Zeit des Nationalsozialismus.

Nachkriegszeit und Gegenwart

Rathaus Emden

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges, in dem besonders die Stadt Emden und das preußische Wilhelmshaven unter heftigem Bombardement gelitten hat, geriet Ostfriesland unter britische Besatzung. Dabei waren auch kanadische Soldaten in Ostfriesland stationiert. In den Niederlanden gab es Überlegungen, einige Gebiete Deutschlands zu annektieren. Dabei wurde auch Ostfriesland ins Auge gefasst. Insbesondere auf den Dollart, die Emsmündung und Borkum hatten es die Niederlande abgesehen, um Emden vom Seehandel abzuschneiden. Diese Pläne scheiterten am Widerstand der Westalliierten.

Seit 1946 ist Ostfriesland Teil des neu gegründeten Landes Niedersachsen. 1978 wurde der Regierungsbezirk Aurich, der Ostfriesland umfasste, mit den Bezirken Osnabrück und Oldenburg im Regierungsbezirk Weser-Ems zusammengefasst. Im Jahre 2004 wurden im Zuge einer Verwaltungsreform alle Regierungsbezirke und damit auch der Bezirk Weser-Ems aufgelöst. Für kulturelle Belange in Ostfriesland ist die Ostfriesische Landschaft verantwortlich.

Politik

Ostfriesland ist keine eigenständige Verwaltungseinheit. Die heutigen Landkreise Leer, Aurich und Wittmund sowie die kreisfreie Stadt Emden bilden die Verwaltungseinheiten des ursprünglichen Regierungsbezirkes Ostfriesland (bis 1978).

Bei Wahlen ist Ostfriesland insgesamt eine traditionelle SPD-Hochburg. Bei der Wahl 2005 erreichte die SPD im Bundestagswahlkreis Aurich - Emden mit 55,9 Prozent das höchste Zweitstimmenergebnis in ganz Deutschland. Auch im Bundestagswahlkreis Unterems (Landkreis Leer/nördlicher Landkreis Emsland) erreicht die SPD im ostfriesischen Teil besonders hohe Anteile, im Gegensatz zum katholischen geprägten Emsland, das ungefähr die andere Hälfte dieses Wahlkreises bildet und wo die CDU die deutliche Mehrheit der Stimmen holte. Im Bundestagswahlkreis Friesland - Wilhelmshaven, zu dem auch der Landkreis Wittmund zählt, gewann ebenfalls traditionell die SPD - auch wenn die CDU im Landkreis Wittmund selbst vor der SPD lag.

Der Landkreis Wittmund ist auch der einzige mit einem CDU-Landrat, in den anderen drei Kommunen stellt die SPD die Hauptverwaltungsbeamten.

Im Jahr 2005 begann in den ostfriesischen Kreistagen eine Diskussion über einen möglichen Zusammenschluss zu einem „Landkreis Ostfriesland“. 2006 wurde von regionalen SPD- und CDU-Politikern stattdessen vorgeschlagen, einen Regionalrat zu bilden aus Vertretern der vier Landkreise und zwei kreisfreien Städte auf der ostfriesischen Halbinsel, also inklusive Friesland und Wilhelmshaven. Dieser soll die Zusammenarbeit zwischen den Kreisen und Städten stärken.

Wappen und Flagge

Flagge mit Wappen

Das Wappen Ostfrieslands vereint in sich die Wappen der wichtigsten ostfriesischen Häuptlingsfamilien. Es zeigt (von links oben bis rechts unten):

  • das Wappen der Cirksena aus Greetsiel, den goldenen, gekrönten Jungfrauenadler (die Spornräder sollen dem Norder Stadtwappen entnommen sein und werden als Hinweis auf die Herkunft der ältesten nachweisbaren Vorfahren gewertet)
  • das Wappen der tom Brok aus dem Brokmerland, einen goldenen, auf Haupt und Flügeln gekrönten Adler
  • das Wappen der Manslagt aus der Krummhörn, ein silbernes Feld, in ihm ein roter Balken, der mit fünf abwechselnd goldenen und silbernen Rauten besetzt ist. Über dem Balken zwei blaue und unter ihm ein blauer Sichelmond.
  • das Wappen des Häuptlings Focko Ukena aus Leer und Moormerland, ein rechtsaufgerichteter silberner Löwe auf blauem Grund mit einer gestürzten goldenen Krone um den Hals
  • das Wappen der Attena aus Esens, die über die Herrschaft Wittmund verfügten, der rechtsaufgerichtete, rot bewehrte schwarze Bär mit goldenem Halsband auf goldenem Grund
  • das Wappen des Attena-Häuptlings Hero Omken aus dem Harlingerland, zwei goldene schräggekreuzte zweisträngige Geißeln im blauen Feld

Die drei gekrönten Bügelhelme über dem ostfriesischen Wappen sind Bestandteile der Wappen der Cirksena (mittlerer Helm, welcher als Helmzier eine goldene Lilie vor sechs goldenen Straußenfedern trägt) und des Harlingerlandes (rechter Helm mit zwei schräggekreuzte Geißeln und eine Lilie) sowie der tom Brok (mit rot-goldener Helmdecke)

Eingeführt wurde das sechsschildrige ostfriesische Wappen von Graf Rudolf Christian, der von 1625 bis 1628 regierte.

Die ostfriesische Flagge besteht aus den Farben schwarz, rot und blau, welche sich aus den Farben der Häuptlingsfamilien erklären: Schwarz (Cirksena), Rot (tom Brok), Blau (Harlingerland). Die Flagge wurde durch Kaiser Leopold I. zusammen mit dem Wappen am 24. Januar 1678 offiziell verliehen.

Kultur

Sprache

Die Volkssprache ist Ostfriesland ist das Ostfriesische Platt, eine nordniedersächsische Variante der niederdeutschen Sprache. Ostfriesland gehört heute zu den wenigen noch relativ intakten Sprachgebieten des Niederdeutschen, gilt aber auch als dialektales Rückzugsgebiet. Genaue Sprecherzahlen liegen nicht vor, aber es wird davon ausgegangen, dass noch die Hälfte der Einwohner Ostfrieslands Platt beherrscht. Die Zweisprachigkeit wird von der Ostfriesischen Landschaft aktiv gefördert. Seit dem Jahr 2004 dürfen einige Gemeinden und Städte in Ostfriesland zweisprachige Ortsschilder (deutsch/plattdeutsch) aufstellen, dies sind die Stadt Aurich (Auerk), die Gemeinde Großheide (Grootheid) und seit 2006 auch die Gemeinde Lütetsburg (Lütsbörg). In weiten Gebieten haben sich allerdings die plattdeutschen Ortsnamen erhalten (Beispiele: Möhlenwarf, Moorhusen, Rechtsupweg), so dass keine zweisprachigen Schilder notwendig sind.

Die ursprüngliche Volkssprache in Ostfriesland war jedoch nicht Niederdeutsch, sondern die zum Friesischen gehörende Ostfriesische Sprache. Diese wurde zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert durch das Niederdeutsche ersetzt. Mit der Reformation kam schließlich die hochdeutsche und - besondern im calvinistischen Westen Ostfrieslands - auch das Niederländische ins Land. Im späten 19. Jahrhundert hielt die deutsche Sprache auch in den calvinistischen Gemeinden Einzug. Spätestens in dieser Zeit gerieten auch die abgelegensten Gebiete Ostfrieslands unter hochdeutschen Einfluss und der zweite Sprachwechsel der Ostfriesen, vom Niederdeutschen zum Standarddeutschen, begann.[12]

Durch diese bewegte Sprachgeschichte hebt sich das Ostfriesischen Platt in der Aussprache wie im Wortschatz von den Nachbardialekten ab. Das Friesische und das Niederländische haben ihre Spuren hinterlassen, aber auch der niederdeutsche Kern der Sprache gilt als relativ konservativ. Durch seine isolierten Lage bewahrt das ostfriesische Niederdeutsch manche alten niederdeutschen Wörter wie fuul 'schmutzig', Penn '(Schreib-)Feder', quaad 'böse'; es enthält außerdem noch eine Anzahl friesischer Wörter und Formen wie die Personalpronomen hör 'sie' und hum 'ihn/ihm', sowie Bezeichnungen wie Gulf 'Scheunenteil', Heff 'Wattenmeer', Jier 'Jauche' usw., und schließlich (besonders im westlichen Teil) hat es eine Reihe niederländischer Wörter aufgenommen (Bahntje 'Anstellung, Posten', Patries 'Rebhuhn', Ühr 'Stunde' usw.).

Die alte Ostfriesische Sprache hat sich nur außerhalb Ostfriesland erhalten. Im Jahrhunderte lang schwer zugänglichen Saterland, einer südöstlich von Ostfriesland gelegenen ehemaligen Insel im Moor, sprechen bis heute etwa 2000 Menschen Saterfriesisch.

Essen und Trinken

Eine Tasse Ostfriesentee

Eine der auffälligsten Besonderheiten Ostfrieslands ist der hohe Teekonsum, der mit ca. 2,5 kg pro Kopf und Jahr etwa zehnmal höher ist als im restlichen Deutschland. Schon im 17. Jahrhundert kam der erste Tee vor allem durch die Niederländer und die Briten nach Ostfriesland. Nur 100 Jahre später war der Tee in Ostfriesland bereits in allen Gesellschaftsschichten weit verbreitet und sorgte mit dafür, dass der vorher große Bierkonsum deutlich verringert wurde. Bereits im Jahr 1806 gründete sich die heute noch existierende Teehandelsfirma Bünting (Teil der Bünting-Gruppe) in Leer (Ostfriesland) und mischte den echten Ostfriesentee.

So bildete sich eine ganz eigene Ostfriesische Teekultur, die bei den Ostfriesen zu Hause oder z. B. im Teemuseum der Stadt Norden erlebbar ist.

Der Tee wird aus speziellen, relativ kleinen Tassen getrunken, bei den Geschirrherstellern oft auch als „Moccatassen“ geführt, da außerhalb Ostfrieslands der Bedarf an dieser Tassengröße gering und sie daher nur auf Bestellung zu erhalten ist. Dabei darf die Tasse nur zu dreiviertel gefüllt werden. Im Gegensatz zum „Kaffeelöffel“ verstehen die Ostfriesen unter einem „Teelöffel“ eine kleinere Variante als anderswo. Die Teekanne wird auf einem kerzenbeheizten Stövchen serviert.

Gezuckert wird ausschließlich mit Kluntje. Zum Weißen wird der abgeschöpfte Rahm frischer Kuhmilch genutzt, die offen auf dem Tisch steht, oder ersatzweise ungeschlagene Sahne, die mit einem kleinen Schöpflöffelchen kreisförmig in den Tee gegeben wird. Gelungen ist das Ostfriesenritual dann, wenn der Kluntje unter leisem Knistern zerspringt und der Rahm in Wölkchen (Wulkje) nach oben aufwallt. Das Umrühren des Getränkes ist verpönt, so dass zunächst die süße Sahne, danach der bittere Tee und am Ende die süßen Kluntje getrunken wird.

Gästen wird in Ostfriesland traditionell Tee als Begrüßungsgetränk angeboten. Nach der alten Sitte „Dree is Ostfreesenrecht“ werden mindestens drei Tassen Tee getrunken. Wenn kein weiterer Tee mehr gewünscht wird, ist der Löffel in die Tasse zu legen.

Ein weiteres Getränk ist der Kruiden, ein 32-prozentiger Kräuterbitter mit besonders bekömmlichem Geschmack, der schon fast als Medizin gehandelt wird. Besonders bekannt ist der Folts-Kruiden, den die Firma Folts und Speulda seit 1879 herstellt.

Überhaupt wird in Ostfriesland bei entsprechenden Anlässen verhältnismäßig viel Schnaps getrunken. Eine Flasche „Klarer“ und „Roter“ auf dem Tisch zur freien Bedienung durch die Gäste sind weitverbreitet obligatorisch.

Grünkohl mit Pinkel und Kassler

Das für Ostfriesland bekannteste Hauptgericht ist zur Winterzeit der Grünkohl mit Pinkel, ersatzweise mit Kassler, sowie mit durchwachsenem Speck. Um die deftige, würzige ostfriesische Variante des Grünkohls zu erreichen, muss das Fleisch zwingend im Grünkohl und niemals davon getrennt gegart werden. Außerdem wird durch Einrühren von nicht zu scharfem Senf abgeschmeckt. Der Grünkohl wird erst geerntet, nachdem er mindestens einem Tag Frost ausgesetzt war; dadurch erreicht er seinen unverwechselbaren Geschmack.

Eine andere Spezialität Ostfrieslands sind die ausschließlich zu Silvester gebackenen Neujahrshörnchen (plattdeutsch: Rullekes/Nijaahrskook), zu Hörnchen geformte, harte Waffeln. Auch nur zu Silvester gibt es die sogenannten Speckendicken, ein in der Pfanne gebratenes Gebäck.

Bauen und Wohnen

In Ostfriesland ist das selbstbewohnte Einfamilienwohnhaus weit verbreitet. Viele junge Leute bauen ihr Haus unter Mithilfe der Familie selbst. Gerade bei personalintensiven Gewerken, wie z. B. beim Dachdecken, gesellen sich noch viele Bekannte dazu. Hier kommt der hohe Anteil von Handwerkern unter der ostfriesischen Bevölkerung zum Tragen. Insbesondere in Neubaugebieten fällt beim Richten des Dachstuhls den zukünftigen Nachbarn die Aufgabe zu, in der Nacht zuvor einen Sparren zu verstecken. Das Bauherrehepaar muss diesen dann suchen, durch Schnaps auslösen und wird darauf von den Nachbarn durch die Siedlung zu ihrem Haus getragen, in das der noch fehlende Sparren eingesetzt und anschließend das Richtfest gefeiert wird. Das Einzugsalter ist mit zumeist unter dreißig Lebensjahren vergleichsweise niedrig.

Die typische Form des ostfriesischen Bauernhauses ist das Gulfhaus.

Bräuche

Großes Meer

In Ostfriesland entwickelten sich eigenständige Sportarten wie Boßeln, Klootschießen und Pultstockspringen, diese drei Sportarten finden sich auch im sogenannten Ostfriesenabitur wieder. Das hiervon verbreiteteste Boßeln wird als Mannschaftssportart in vielen Vereinen und Ligen mit allwöchentlichen Punktspielen und Meisterschaften bis zur niedersächsischen Ebene durchgeführt. In strengeren Wintern, wenn die Meere und Kanäle zufrieren, ist auch das Schlittschuhlaufen („Schöfeln“) eine traditionell beliebte Sportart. Früher wurden die typischen ostfriesischen Schlittschuhe in dem Ort Breinermoor hergestellt und werden daher Breinermoorkes genannt.

Auch das Bogenmachen zum Anlass einer (Jubel-)Hochzeit ist sehr beliebt. Hierzu trifft sich die Nachbargemeinschaft meist einige Tage vorher. Die Männer bauen vorzugsweise in einer Garage das Bogengestell, welches dann mit Tannenzweigen bestückt wird, während die Frauen im Haus die Rosen und Girlanden aus Papier herstellen. Bei einer silbernen und goldenen Hochzeit sind die Rosenfarben entsprechend. Bei einer hölzernen (zehnjährigen) Hochzeit werden die Tannenzweige durch große, sauber gehobelte Holzspäne ersetzt. Ausrichter ist zumeist ein unmittelbarer Nachbar. Dieser Bogen wird anschließend gemeinsam zu dem (Jubel)paar getragen und an dessen Hauseingang befestigt, woran sich oft noch eine Stehparty auf der Hauseinfahrt anschließt. Hochzeiten werden in Ostfriesland zumeist recht groß gefeiert. Selten unter 50 und oft über 100 Personen sind eingeladen.

Ebenfalls sehr verbreitet sind die „Strafen“ für diejenigen, die an ihrem 30. Geburtstag noch unverheiratet sind. Männer müssen an ihrem 30. Geburtstag fegen, Frauen Klinken putzen. Zumeist werden hierzu Rathaus- oder Kirchentreppen bzw. -türen herangezogen. Erst durch das „Freiküssen“ einer Jungfrau bzw. eines „Jungmannes“ wird man von dieser Pflicht entbunden. An ihrem 25. Geburtstag werden unverheiratete Männer als „Alte Socke“ oder „Alte Flasche“ und die Frauen als „Alte Schachtel“ bezeichnet und erhalten oft auch einen entsprechend behangenen Bogen.

Es gibt auch besondere Festtagsbräuche wie z. B. das Aufstellen des Maibaums am Vorabend des 1. Mai, das in eine große eurasische Traditionslinie gehört, in Ostfriesland aber eine eigene Form und eigene Regeln ausgeprägt hat. Ähnlich dem oben beschriebenen Bogenmachen wird auch der Maibaum hergestellt. Hier sind es aber neben den Nachbargemeinschaften auch Vereine, Dörfer und Städte, die ihren Maibaum aufstellen. Der Maibaum muss bis zum Morgengrauen bewacht werden, was sich durch dauerndes Handanlegen eines der Besitzer ausdrückt. Ansonsten kann der Maibaum durch drei symbolische Spatenstiche „geklaut“ werden und ist am nächsten Tag meist durch einen Kasten Bier und Schnaps wieder auszulösen.

Weitere Bräuche sind das Martinisingen und das Brautpfadlegen zu Himmelfahrt. Einige besondere Traditionen haben sich zudem auf den ostfriesischen Inseln erhalten.

Konfessionen

Kirche in Critzum

Die ostfriesische Bevölkerung ist überwiegend protestantisch. In der Krummhörn, der Küstengemeinde zwischen Norden und Emden, sowie entlang der niederländischen Grenze (Rheiderland) herrscht das reformierte Bekenntnis vor. In Emden und Leer sind Reformierte ebenfalls stark vertreten - in Emden etwa gibt es lediglich einige Hundert Lutheraner mehr. Die anderen ostfriesischen Regionen sind lutherisch geprägt. Die Landkreise Aurich und Wittmund haben die höchsten Anteile von Lutheranern an der Gesamtbevölkerung in ganz Deutschland. [13] In Ostfriesland leben etwa 266.000 Lutheraner und rund 80.000 Reformierte. [14] In Bagband-Hesel gibt es seit den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Gemeinde der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK).

Evangelische Freikirchen sind in Ostfriesland ebenfalls überdurchschnittlich stark vertreten. Die Geschichte der Emder Mennonitengemeinde reicht in die Reformationszeit zurück. Die Baptistengemeinden (offizieller Name heute: Evangelisch-Freikirchliche Gemeinden) entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ausgangspunkt waren die Gemeinden in Jever und Westoverledingen-Ihren. Es folgte die Evangelisch-methodistische Kirche, die mit ihren ostfriesischen Gemeindegründungen ebenfalls im 19. Jahrhundert begann. Freie evangelische Gemeinden begannen erst Anfang der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts mit ihrem Wirken. Weiterhin ist in Ostfriesland die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten mit drei Gemeinden vertreten.

Kirche und Friedhof von Bedekaspel

Weitere Religionsgemeinschaften sind die Neuapostolische Kirche mit 16 lokalen Gemeinden und die Zeugen Jehovas, die mit ihren Königreichssälen ebenfalls in allen größeren Orten vertreten sind.

Die Römisch-katholische Kirche ist trotz des Zuzugs vieler katholischer Flüchtlinge in der Nachkriegszeit eine Minderheitskirche geblieben. Ostfriesland wurde dort bis vor wenigen Jahren noch als Diaspora bezeichnet, was aber im Zuge der Ökumene aufgegeben wurde. Die katholischen Kirchengemeinden gehören zum Bistum Osnabrück. Knapp sieben Prozent der Ostfriesen gehören der katholischen Kirche an.

MIt Ausnahme der oben erwähnten Gemeinde in Bagband-Hesel gehören die lutherischen Kirchengemeinden zur Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover, die reformierten Gemeinden aber zur Evangelisch-Reformierten Kirche. Die Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinden Ostfrieslands gehören zum Landesverband Baptisten im Nordwesten und bilden hier den Regionalverband Ems-Jade.

Fast 90 Prozent der Einwohner Ostfrieslands sind Mitglieder einer christlichen Kirche. [15]

Jüdische Gemeinden bestanden in Ostfriesland über einen Zeitraum von ca. 400 Jahren von ihren Anfängen im 15. Jahrhundert bis zu ihrem Ende 1942. Die wenigen heute in Ostfriesland lebenden Juden sind Teil der jüdischen Gemeinde in Oldenburg. Siehe dazu den Hauptartikel Geschichte der Juden in Ostfriesland.

Wirtschaft

Geschichtlicher Hintergrund

Immer wieder im Laufe der Geschichte haben sich in Ostfriesland Zeiten relativer Armut mit Phasen relativen wirtschaftlichen Aufschwungs abgelöst, wobei insbesondere im Küstenraum, wo eine kleine Schicht wohlhabender Hofbesitzer einem kopfstarken ländlichen Proletariat gegenüberstand, häufig ein erhebliches Sozialgefälle festzustellen war.

Als Reaktion auf die ärmlichen Verhältnisse suchten junge Leute vielfach als Wanderarbeiter z. B. in den Niederlanden ein Auskommen (sog. „Hollandgänger“) oder verließen ihre Heimat ganz. Viele Ostfriesen wanderten z. B. in die Vereinigten Staaten von Amerika aus, wo noch heute ein starker Gemeinschaftssinn zu finden ist.

Im 20. Jahrhundert und auch noch heute war und ist zudem eine deutliche Tendenz zur Bildungswanderung festzustellen: Wer nicht an der regionalen Fachhochschule ein Studium aufnehmen kann (oder - wegen beschränkter Auswahlmöglichkeiten - will) oder sich für einen dualen Studiengang/Berufsausbildung an der regionalen Berufsakademie entscheidet, ist gezwungen, Ostfriesland zu Studienzwecken zu verlassen. Nur ein kleiner Teil kehrt nach dem Studium zurück ("Brain Drain").

Landwirtschaft

Holstein Friesian

Die Landwirtschaft war jahrhundertelang der Haupterwerbszweig der Ostfriesen, wenn auch in den Städten der Handel und seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, noch mehr im 20. Jahrhundert, auch die Industrie einen bedeutenden Anteil an der Wertschöpfung erlangte - und noch heute innehat.

Auch im 21. Jahrhundert spielt die Landwirtschaft in Ostfriesland eine große Rolle. So zählt der Landwirtschaftliche Hauptverein für Ostfriesland, die Interessenvertretung der ostfriesischen Landwirte, 7500 Mitglieder [16]. Der Anteil der Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft reicht von 0,4 % in der Stadt Emden bis zu 2,7 % im Landkreis Aurich (Bundesdurchschnitt: 0,9 %).[17]

Besonders die Milchwirtschaft ist stark ausgeprägt. Durch die großen Flächen an fruchtbarem Weideland bieten sich gute Bedingungen für die Milchviehhaltung. Ostfriesland zählt mit anderen nordwestdeutschen Regionen sowie dem bayrischen Voralpenland zu den Hauptregionen für Milchviehhaltung in Deutschland. Trotz der hohen Bedeutung der Milchviehhaltung findet sich nur noch eine größere Molkerei in Ostfriesland, die Firma Rücker in Aurich. Weitere größere Molkereien sind in den Nachbarlandkreisen Ammerland und Emsland zu finden, darunter zwei Standorte von Nordmilch. Diese werden auch von ostfriesischen Milchbauern beliefert.

In den Poldergegenden am Küstensaum (vom Rheiderland über die Krummhörn und das Norderland bis zum Harlingerland) finden sich auch Getreidebauern. In den Moor- und Geestgegenden des Binnenlands hingegen ist die Viehwirtschaft vorherrschend.

Ostfriesland hat als vorwiegend landwirtschaftlich orientierte Region einige eigenständige Nutztierrassen hervorgebracht. Hervorzuheben sind dabei das Ostfriesenpferd, das Ostfriesische Milchschaf, das mittlerweile nur noch in wenigen reinen Exemplaren vertretene schwarzbunte Rind und die Emder Gans sowie die Hühnerrasse n in verschiedenen Farbschlägen. Das zum Typ des Niederungsviehs gehörende schwarzbunte Rind gehört zu den bedrohten alten Rassen. Es wurde seit langem durch Hochleistungszuchten wie die Holstein Friesian, eine in den USA entstandene Hybridrasse, verdrängt.

Die Landwirtschaft hat auch wesentlichen Anteil an der kulturräumlichen Entwicklung Ostfrieslands. So entstanden die Moorkolonien mit ihren typischen Fehnkanälen durch die Arbeit derer, die sich in den Mooren eine (landwirtschaftliche) Existenz aufbauen wollten. Die Wallhecken in der Mitte Ostfrieslands entstanden als Einfriedungen von Feldern.

Die zunehmende Bedeutung der regenerativen Energieerzeugung hat vielen Landwirten ein zusätzliches Einkommen ermöglicht - sei es durch Windkraftanlagen oder durch Biomasse-Kleinkraftwerke. Letztere führen allerdings teilweise bereits zu einer Flächenkonkurrenz zwischen Nutzpflanzen mit hohem Energiewert für die Stromerzeugung (etwa Mais) und anderen Pflanzen. Auf mehreren Feldern in Ostfriesland finden sich (Stand: Januar 2008) auch erste Freiland-Photovoltaikanlagen.

Industrie

Siehe auch Schiffbau in Ostfriesland und Papenburg

Enercon-Windkraftanlage
Helling der Nordseewerke

In Ostfriesland fand im Vergleich zu anderen Teilen Deutschlands die Industrialisierung erst recht spät statt. Zu den ersten Industrien gehörten Schiffbaubetriebe, Ziegeleien und einzelne Textilindustriebetriebe, vornehmlich Webereien in Leer. Durch den Ausbau Emdens zum Seehafen des Ruhrgebietes wurde in der Seehafenstadt die Industrialisierung vorangetrieben, Emden ist seitdem industrieller Schwerpunkt Ostfrieslands. Einen weiteren Schub erhielt die Industrialisierung in der Region durch den Bau des Volkswagenwerks Emden 1964. Das VW-Werk ist mit 9100 Beschäftigten sowie allein 1000 Mitarbeitern in einem angrenzenden Zuliefererpark der größte industrielle Arbeitgeber der Region. Weitere Industriebetriebe mit einer vierstelligen Mitarbeiterzahl sind das Enercon-Werk in Aurich und die Werft Nordseewerke in Emden.

Neben dem Automobilbau ist der Schiffbau ein weiteres Standbein der regionalen Industrie. Die Nordseewerke in Emden beschäftigen etwa 1400 Mitarbeiter. Hinzu kommen weitere kleinere Werften, unter anderem in Emden und Leer. Viele Ostfriesen, besonders aus dem südlichen Landkreis Leer, finden zudem Arbeit bei der Meyer Werft im benachbarten Papenburg, wo 2500 Menschen beschäftigt sind.

Enercon, der größte deutsche Hersteller von Windkraftanlagen, hat seinen Hauptsitz in Aurich. Enercon betreibt in Ostfriesland Produktionsstätten in Aurich und Emden, eine weitere in Georgsheil (Gemeinde Südbrookmerland) soll 2008/2009 hinzukommen. Enercon beschäftigt in Aurich und Emden etwa 2500 Personen, mehr als 2300 davon in Aurich. In Emden hat zudem das Unternehmen Bard Engineering seinen Sitz und fertigt dort eigene Windkraftanlagen für Offshore-Windparks. Baubeginn des ersten Windparks soll 2008 sein. Derzeit hat Bard Engineering in Emden etwa 150 Beschäftigte. In Leer ist zudem eine Gießerei dieses Unternehmens geplant.[18]

In Ostfriesland werden nicht nur Windenergieanlagen hergestellt, die Region ist auch selbst eine Hochburg der Windenergie-Nutzung in Deutschland. Durch die kräftigen Winde an der Küste und die dünne Besiedelung gibt es viele große Windparks in der Region. Der Gesamtverbrauch der Strommenge betrug 2007 in Ostfriesland 2160 Millionen Kilowattstunden. Rechnerisch wurden 84,8 % dieses Verbrauchs aus Windenergie in der Region gewonnen, weitere 11 % aus Biomasse und zusammen 1 % aus Photovoltaik, Klärgas, Deponiegas und anderen regenerativen Energiequellen. Der Anteil regenerativ erzeugter Energie am Gesamtverbruch der Region betrug somit 96,8 %. [19]

Im Bezirk der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg, der neben Ostfriesland auch die emsländische Stadt Papenburg umfasst, hat die Zahl der Industriebeschäftigten 2007 um 0,4 % auf 22.154 Arbeitnehmer zugenommen.[20] Die Exportquote liegt mit 45,4 % über dem Durchschnitt des Landes Niedersachsen.[21] Für die Exportquote waren vor allem das Emder VW-Werk, die beiden Großwerften Meyer Werft und Nordseewerke, Enercon und die jeweiligen Zulieferer verantwortlich.

Neben den genannten Betrieben finden sich in Ostfriesland Elektroindustrie, Stahl- und Maschinenbau, Nahrungsmittelindustrie und eine Vielzahl von Betrieben des Bauhaupt- und Baunebengewerbes.

In den einzelnen Städten und ihrem Umland, von wo aus viele Arbeitnehmer einpendeln, ergibt sich durch die Abhängigkeit von den großen Unternehmen eine Monostruktur. So arbeiten von den gut 22.000 Industriebeschäftigten im IHK-Bezirk allein 15.500 bei den größten vier Unternehmen, davon wiederum allein 9100 bei VW - die Zulieferer noch nicht eingerechnet. Versinnbildlicht wird diese Monostruktur durch den oft zu hörenden Ausspruch "Wenn VW hustet, bekommt Ostfriesland eine Lungenentzündung."

Dienstleistungen

Strand auf Borkum
Fischerdorf Greetsiel

Touristisch erschlossen sind in erster Linie die Ostfriesischen Inseln, welche breite Sandstrände zum Baden bieten. Auf den Inseln begann der Tourismus bereits am Ende des 18. Jahrhunderts (Norderney 1797 erstes deutsches Nordseeheilbad). Davon profitierten dann auch die Fährorte, wie z.B. Norddeich oder Bensersiel. Abseits von den Inseln und den Küstenorten spielte der Tourismus im Landesinneren lange Zeit keine große Rolle. Seit Mitte der 1970er Jahre ändert sich dies aber zunehmend, und die Regionen im Binnenland versuchen, ihre Orte ebenfalls touristisch zu vermarkten. DIe Anlegung von Wander- und Radwanderwegen sowie touristischen Themenrouten hat dazu beigetragen. Auch der Kulturtourismus gewann in den vergangenen Jahrzehnten an Bedeutung.

Leer ist eine bedeutender Reederei-Standort: Nach Hamburg ist hier der zweitgrößte Teil der deutschen Seehandelsflotte beheimatet. Als Einkaufsorte der Region dienen vor allem Aurich und Leer, in geringerem Maße auch Emden, gefolgt von Norden und Wittmund. Besonders der Einzelhandel in den küstennahen Städten Norden und Wittmund profitiert dabei auch von der Urlaubern.

Größere öffentliche Dienstleister sind unter anderem der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, der in Norden seinen Sitz hat, sowie die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest in Aurich.

Drei ostfriesische Städte sind Garnisonsstädte: Aurich, Leer und Wittmund. In der Auricher Blücher-Kaserne hat die 4. Luftwaffendivision ihr Hauptquartier. In der Nachbarstadt Wittmund ist das Richthofengeschwader stationiert, das unter anderem die Alarmrotte für den norddeutschen Raum stellt. In der Leeraner von Lettow-Vorbeck-Kaserne ist das Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst beheimatet.

In Emden und Leer befinden sich die beiden ostfriesischen Standorte der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven.

Medien

In Ostfriesland gibt es eine große Vielfalt an Tageszeitungen mit eigenständigen Lokalredaktionen. Die Auflagen der Zeitungen (Daten aus dem vierten Quartal 2007, jeweils verkaufte Auflage [22]) reichen von 37.222 (Ostfriesen-Zeitung) bis hinunter zu einer kleinen vierstelligen Zahl bei den nicht werktäglich, aber mehrmals in der Woche erscheinenden Insel-Blättern Borkumer Zeitung und Norderneyer Badezeitung (Auflage: 1.733). Die Ostfriesen-Zeitung ist die einzige regionsweit erscheinende Tageszeitung, während die beiden Insel-Zeitungen lediglich auf den jeweiligen Inseln erscheinen. Die Verbreitungsgebiete der übrigen Titel orientieren sich oftmals, aber nicht ausschließlich an (teils ehemaligen) Verwaltungsgrenzen der Landkreise.

Die Ostfriesen-Zeitung ist in einem Teil des Landkreises Leer (Stadt Leer sowie nördlicher und östlicher Landkreis Leer) de facto die einzige Tageszeitung. Im Südosten des Landkreises Leer, im Overledingerland, erscheint zudem der General-Anzeiger (Auflage: 9.577). General-Anzeiger und Ostfriesen-Zeitung sind in dem Verlagshaus Zeitungsgruppe Ostfriesland wirtschaftlich und größtenteils auch redaktionell zusammengefasst. Im Rheiderland, dem Gebiet des früheren Landkreises Weener, hat die Rheiderland-Zeitung (5.592) ihren Auflagenschwerpunkt.

Die Emder Zeitung (Auflage: 10.730) hat ihren Schwerpunkt in der kreisfreien Stadt Emden und ihren Umlandgemeinden. Der Ostfriesische Kurier (13.931) erscheint in erster Linie im Gebiet des ehemaligen Landkreises Norden, die Ostfriesischen Nachrichten (13.768) vornehmlich im Altkreis Aurich (Aurich und Umlandgemeinden). Der Anzeiger für Harlingerland (14.036) hat den Schwerpunkt seiner verkauften Auflage im Landkreis Wittmund.

Zwei Zeitungen (Ostfriesische Nachrichten, Rheiderland-Zeitung) beziehen den sogenannten Mantel von der in Osnabrück erscheinenden Neuen Osnabrücker Zeitung, während fast alle anderen Verlage ihren Mantel von der in Oldenburg erscheinenden Nordwest-Zeitung beziehen. Lediglich die Emder Zeitung ist eine Vollzeitung.

  • Ostfriesland Magazin – Monatszeitschrift für Ostfriesland
  • He! Norderney – Erscheint quartalsweise auf der Insel Norderney
  • 53° – Leben zwischen Jade und Ems – Zweimonatliches Magazin für Ost-Friesland und Wilhelmshaven
  • Radio Ostfriesland – Bürgerradio für Ostfriesland
  • Radio Jade – Radio für Wilhelmshaven, Friesland und Ostfriesland
  • Radio SWS – Der Sturmwellensender. Privatsender der Insel Norderney

Strukturprobleme

Auch wenn es äußerlich wenig ins Auge fällt, gehört Ostfriesland heute zu den strukturschwächsten Regionen Deutschlands mit einer durchweg hohen Arbeitslosenquote (April 2008 9,3 %) und ausgeprägter Tendenz zur Abwanderung junger, gut ausgebildeter Menschen. Einige Gemeinden sehen sich bereits mit erheblichen strukturellen Problemen aufgrund der zunehmenden Überalterung der Wohnbevölkerung konfrontiert.

Dennoch gehört mit einzelnen Ausnahmeorten Ostfriesland zu den geburtenstärksten Regionen Deutschlands, so dass entgegen dem allgemeinen Trend die Bevölkerungszahl noch steigt. Auch Gewinne durch Zuwanderung sind zu verzeichnen. Dies gleicht statistisch zwar Abwanderungsverluste aus, reduziert aber nicht die Probleme. Für die nachwachsende Generation bestehen erheblich Mängel im Bildungs- und Ausbildungsangebot. Für Mitbürger nichtdeutscher Herkunft gibt es allenfalls geringe Integrationsförderung. Zuwanderer sind vielfach Rentner, die Ostfriesland von früheren Urlaubsaufenthalten kennen und sich nach Ausscheiden aus dem aktiven Arbeitsleben dort niederlassen, oder Spätaussiedler aus Osteuropa.

Verkehr

Über Jahrhunderte waren Wasserstraßen für Ostfriesland die wichtigsten Verkehrswege - zumindest für den Fernhandel und den überörtlichen Handel innerhalb Ostfrieslands. Aufgrund seiner peripheren Lage wurde die Region erst spät an das Eisenbahn- und später das Autobahnnetz angeschlossen.

Die wichtigsten Verkehrsverbindungen folgen zum einen grob dem Lauf der Ems in Richtung Süden und queren zum anderen Ostfriesland in Ost-West-Richtung in Höhe der Städte Leer und Oldenburg.

Straßenverkehr

Verlauf der Autobahn 31 von Ostfriesland ins Ruhrgebiet

Drei Autobahnen führen durch Ostfriesland, eine weitere weiter östlich ist zumindest für das östliche Ostfriesland (Landkreis Wittmund) von großer Bedeutung.

Die 1988 auf dem ostfriesischen Abschnitt fertig gestellte A 28 ist eine Ost-West-Verbindung von Leer über Oldenburg bis zur A 1 bei Stuhr. Zwischen dem Dreieck Delmenhorst und Groß-Mackenstedt wird der Verkehr über die bis 2009 zur Autobahn auszubauende B 322 geführt. Die A 28 ist die wichtigste Ost-West-Verbindung in Ostfriesland und verbindet die Region mit dem Ballungsraum Bremen/Oldenburg sowie darüber hinaus mit Hamburg und Hannover.

Die im Dezember 2004 vollendete A 31 verbindet den Nordseehafen Emden mit der im Ruhrgebiet gelegenen A 2/A 3 bei Bottrop. Sie wird auch als Ostfriesenspieß oder Emslandautobahn bezeichnet. Ihr Bau wurde teilweise von den Regionen Emsland und Ostfriesland, durch Spenden von Privatleuten und Firmen aus den genannten beiden Regionen sowie von den Niederlanden finanziert, für die die A 31 eine wichtige grenznahe Verbindung ist. Dieses Finanzierungsmodell ist bislang ohne Beispiel in Deutschland.

Die vier Kilometer lange A 280 verlängert die niederländische A 7, die von Zaandam über Groningen nach Deutschland führt, zur A 31. Sie verbindet somit das deutsche und das niederländische Autobahnnetz. Die A 280 in ihrer Gesamtlänge, gefolgt von einem Teilstück der A 31 und der A 28 in ihrer Gesamtlänge sind Bestandteil der Europastraße 22.

Daneben ist die Bundesautobahn 29, die Wilhelmshaven mit der A 1 bei Ahlhorn verbindet, der wichtigste Zubringer für das östliche Ostfriesland, im Wesentlichen also den Landkreis Wittmund. Die A 29 verläuft jedoch an keiner Stelle über ostfriesischen Boden.

Nach der A 28 ist die B 210 die zweite wichtige Ost-West-Verbindung in Ostfriesland. Sie führt von Emden über Aurich und Wittmund nach Wilhelmshaven. Für den Landkreis Wittmund ist sie eine der beiden Verbindungsstraßen zur A 29. Eine weitere Ost-West-Verbindung ist die B 436 von Weener zur A 29 bei Sande im Landkreis Friesland. Zwischen Weener und Hesel führt die B 436 über dieselbe Trasse wie früher die - in Ostfriesland inzwischen entwidmete - Bundesstraße 75, die durch die A 28 ersetzt wurde.

In der Zeit vor der Eröffnung der Autobahnen in Ostfriesland haben - neben der früheren B 75 - besonders zwei Bundesstraßen eine wichtige Rolle für den überregionalen Verkehr gespielt: die B 70 und die B 72. Die B 70 ist eine der längsten Bundesstraßen in Nordwestdeutschland und verbindet Ostfriesland mit dem Niederrhein. Die B 70 führt auf ihrem Weg von Neermoor nach Wesel fast immer entlang der Ems. Während die B 70 heute in Neermoor endet, führte sie in früheren Jahrzehnten üweiter ber Emden bis nach Norddeich. Die B 72 führt von der A 1 bei Cloppenburg über Aurich bis an die Küste nach Norddeich und wurde vor Eröffnung der A 28 ausgebaut, weil sie ein wichtiger Zubringer im Urlauberverkehr war. Zwischen Friesoythe (Landkreis Cloppenburg) und der Anschlussstelle Filsum an der A 28 verläuft die B 72 als Kraftfahrstraße im „2 zu 1“-System. Sie stellt weiterhin eine Alternative zur kompletten Fahrt auf der Autobahn dar, wenn das Fahrtziel der Raum Osnabrück ist.

Die B 438 führt von Folmhusen (Gemeinde Westoverledingen) über Collinghorst, Rhaudermoor, Westrhauderfehn (Gemeinde Rhauderfehn) und Ostrhauderfehn, Idafehn (Gemeinde Ostrhauderfehn) nach Wittensand (Saterland). Sie verbindet die B 70 mit der B 72 und erschließt den südlichen Landkreis Leer. Die B 461 führt von der Kreisstadt Wittmund zu den Sielhäfen in den Wittmunder Stadtteilen Carolinensiel und Harlesiel. Sie ist damit die einzige Bundesstraße in Deutschland, die sich innerhalb einer Gemeinde befindet.

Eisenbahnstrecken

Emslandstrecke Münster-Emden mit angeschlossener Ostfriesischen Küstenbahn bis Norddeich

Die wichtigsten Eisenbahnlinien Ostfrieslands sind die elektrifizierten Hauptbahnstrecken von Emden nach Bremen und Münster, die im Regional- (RE, RB) und Fernverkehr (IC) der DB AG befahren werden:

Die kurze Strecke von Emden Hbf bis Emden Außenhafen (KBS 396) dient als Zubringer zu den Fährschiffen nach Borkum. Die internationale Schienenverbindung von Leer (Ostfriesland) über Neuschanz nach Groningen (KBS 397) wurde auf deutscher Seite lange Zeit durch Busse bedient.

Die Strecken Wilhelmshaven–Osnabrück und Esens–Wilhelmshaven werden von der NordWestBahn GmbH betrieben:

Die Bahnstrecke Abelitz–Aurich wurde 2008 reaktiviert. Allerdings wird diese Strecke (zumindest vorerst) ausschließlich für den Güterverkehr (Anschluss der Firma ENERCON) genutzt.

Museumseisenbahn Dornum–Norden (Ostfriesische Küstenbahn, Westabschnitt)

Wasserstraßen

Häfen

Häfen mit schleusenfreier Verbindung zur Nordsee gibt es in Pogum, Ditzum, Midlum, Jemgum, Bingum, Weener, Leer, Oldersum, Petkum, Emden, Greetsiel, Norddeich, Neßmersiel, Dornumersiel, Bensersiel, Neuharlingersiel, Carolinensiel, und Harlesiel, sowie auf den Ostfriesischen Inseln. Als Seehafen gelten dabei die Häfen in Emden und Leer.

Einen Binnenhafen gibt es in Aurich.

Persönlichkeiten

Wolfgang Petersen
Otto Waalkes
Ubbo Emmius

Siehe auch: Liste der Persönlichkeiten Ostfrieslands

Ostfriesland hat im Laufe der vergangenen Jahrhunderte - und bis heute - eine Reihe von bekannten Persönlichkeiten hervorgebracht. Den meisten ist gemeinsam, dass sie ihre Karriere anderenorts begannen oder fortsetzten - was als Hinweis auf die periphere Lage des Landstrichs und auf das Fehlen einer Metropole verstanden werden kann.

Der international bekannteste Ostfriese dürfte der aus Emden stammende Filmregisseur Wolfgang Petersen sein. Zu den national bekanntesten Ostfriesen gehören darüber hinaus die ebenfalls aus Emden stammenden Komiker Otto Waalkes und Karl Dall. Besonders Otto hat sich in vielen Musikalben und Filmen stets zu seiner Herkunft bekannt. Der Frontmann der Techno-Band Scooter, H. P. Baxxter, heißt mit bürgerlichem Namen Hans-Peter Geerdes und stammt aus Leer.

Der in Emden geborene Journalist Henri Nannen hat das Magazin Stern gegründet und damit einen wesentlichen Beitrag zur Presselandschaft im Nachkriegsdeutschland geleistet. Der Fernsehjournalist und langjährige ARD-Korrespondent in Paris, Heiko Engelkes, wurde in Norden geboren.

Zu den bedeutendsten deutschen Philosophen der Gegenwart zählt der gebürtige Auricher Hermann Lübbe. Ebenfalls in Aurich geboren wurde Rudolf Eucken, der 1908 als zweiter Deutscher den Literatur-Nobelpreis gewann und damit der einzige Ostfriese ist, der bislang diese Ehrung erhielt. In früheren Jahrhunderten haben der Universalgelehrte Ubbo Emmius aus Greetsiel gewirkt, der unter anderem Gründungsrektor der Universität Groningen war, sowie der Astronom Johann Fabricius aus Resterhafe, der unabhängig von Galileo Galilei die Sonnenflecken entdeckte.

Die Ostfriesen Garrelt Duin (aus Hinte) und Ulf Thiele (aus Remels) bestimmen in herausgehobenen Positionen die niedersächsische Landespolitik mit - ersterer als SPD-Landesvorsitzender, letzterer als CDU-Generalsekretär. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, stammt aus Bunde.

Dieter Eilts aus Upgant-Schott, früherer Fußballprofi bei Werder Bremen, hat zum Gewinn der Europameisterschaft 1996 beigetragen. Um die Gesundheit von Sportlern kümmert sich einer der bekanntesten deutschen Sportmediziner, der gebürtige Leerhafer Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt.

Eine Reihe von bekannten Persönlichkeiten wurde zwar nicht in Ostfriesland geboren, ist der Region aber verschiedentlich verbunden gewesen. Dazu zählt der Seeräuber Klaus Störtebeker, der sich im 14. Jahrhundert die Lage Ostfrieslands an Seewegen bei gleichzeitiger Abgeschiedenheit auf dem Landwege zunutze machte und in Ostfriesland Unterschlupf fand, vor allem in Marienhafe.

Der aus Diedenshausen bei Siegen stammende Rechtsgelehrte Johannes Althusius war einer der bedeutendsten Nicht-Ostfriesen, die in Ostfriesland gewirkt haben. Als Stadtsyndikus von Emden lenkte er maßgeblich die Geschicke der Stadt in der Zeit ihrer größten Blüte um 1600. Althusius gilt auch als einer der ersten Deutschen, die sich wissenschaftlich mit Politik befasst haben.

Der spätere Regierende Bürgermeister von Berlin, Ernst Reuter, gebürtig aus Nordschleswig, verbrachte einen Teil seiner Jugend in Leer. Er besuchte dort die Volksschule und das Gymnasium.

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich auf der Insel Borkum einen Zweitwohnsitz eingerichtet. Auf Norderney lebt und arbeitet der aus dem schleswig-holsteinischen Wedel stammende Kunstmaler Ole West.

Commons: Ostfriesland – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Linkkatalog zum Thema Ostfriesland bei odp.org (ehemals DMOZ)

Literatur

  • Karl Cramer – Die Geschichte Ostfrieslands. Ein Überblick, Isensee – Oldenburg
  • Karl-Ernst Behre, Hajo van Lengen: Ostfriesland. Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft, Aurich 1995, ISBN 3-925365-85-0
  • Hermann Homann: Ostfriesland – Inseln, Watt und Küstenland, F. Coppenrath Verlag, Münster
  • Onno Klopp: Geschichte Ostfrieslands, 3 Bde., Hannover 1854–1858
  • Stefan Kröger: Das Ostfriesland-Lexikon. Ein unterhaltsames Nachschlagewerk, Isensee Verlag, Oldenburg 2006
  • Franz Kurowski: Das Volk am Meer – Die dramatische Geschichte der Friesen, Türmer-Verlag 1984, ISBN 3-87829-082-9
  • Hajo van Lengen – Ostfriesland, Kultur und Landschaft, ruhrspiegel-Verlag, Essen 1978
  • Hajo van Lengen (Hrsg.): Die Friesische Freiheit des Mittelalters – Leben und Legende, Verlag Ostfriesische Landschaft 2003, ISBN 3-932206-30-4
  • Herbert Reyer: Ostfriesland im Dritten Reich- Die Anfänge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Regierungsbezirk Aurich 1933–1938, Aurich 1992, Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbh
  • Tielke, Martin (Hrsg.):– Biographisches Lexikon für Ostfriesland, Ostfries. Landschaftliche Verl.- u. Vertriebsges. Aurich, Bd. 1 ISBN 3-925365-75-3 (1993), Bd. 2 ISBN 3-932206-00-2 (1997), Bd. 3 ISBN 3-932206-22-3 (2001)
  • Ostfriesland im Schutze des Deiches. Beiträge zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte des ostfriesischen Küstenlandes, hrsg. im Auftrag der Niederemsischen Deichacht, 12 Bände, Selbstverlag, Pewsum u. a. 1969

Ostfriesland in belletristischen Texten

  • Erskine Childers: Das Rätsel der Sandbank ISBN 3-257-20211-3
  • S. Wörrishofer: Onnen Visser, der Schmugglersohn von Norderney (im späten Kaiserreich eines der beliebtesten Jugendbücher über Ostfriesland unter französischer Herrschaft)

Ostfriesland in Film und Fernsehen

  • Britta, zweiteiliges ARD Fernsehspiel aus dem Jahr 1978. Der Autor und Regisseur Berengar Pfahl hatte den Löwenanteil der Handlung nach Ostfrieslands verlegt und es dabei verstanden, Lebensumstände und Lebensgefühl der Region, insbesondere das der Jugendlichen herüber zu bringen. So war die Produktion auch in weiten Teilen Ostfrieslands ein Straßenfeger.
  • Doktor Martin, komödiantische Vorabendfamilienserie im ZDF. Ausstrahlung seit Juli 2007. Doktor Martin gespielt von Axel Milberg ist ein Arzt der wegen einer Blutphobie einen Neuanfang im Fischerdorf Neuharlingersiel sucht.
  • Frankie, Johnny und die Anderen , Kinofilm von Hans-Erich Viet, 1992. Im Sumpf des Rheiderlandes: Fünf Freunde, angeführt von Frankie (Detlef Kuper,) versuchen, ihre Langeweile mit dem Erlernen fernöstlicher Kampfsportarten und Meditation zu vertreiben, und planen schließlich ein Bombenattentat auf die Dorfkirmes.
  • Otto – Der Außerfriesische, Kinofilm von und mit Otto Waalkes aus dem Jahr 1989, in dem er seine Heimat Ostfriesland davor bewahrt, dass dort eine Teststrecke für Hochgeschwindigkeitszüge errichtet wird. In jenem Film bewohnt Otto den Pilsumer Leuchtturm, der es nicht zuletzt durch diesen Film zu Berühmtheit gebracht hat und als „Markenzeichen“ Ostfrieslands gilt. Waalkes (siehe dort) hat sein Ostfriesentum zudem im Kabarett und in zahlreichen Spielfilmen zum Thema gemacht.

Einzelnachweise

  1. Satzung der Ostfriesischen Landschaft, Artikel I (Grundsätze), Absatz 2: Ostfriesland umfaßt die kommunalen Gebietskörperschaften Landkreise Aurich, Leer und Wittmund sowie Stadt Emden.
  2. Satzung der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg: § 1 (1) Die Kammer führt die Bezeichnung "Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg". [...] Ihr Bezirk umfasst die kreisfreie Stadt Emden, die Landkreise Aurich, Leer und Wittmund sowie [...] die Stadt Papenburg.
  3. Handwerkskammer für Ostfriesland: "Zur Handwerkskammer für Ostfriesland gehören [...] aus den Landkreisen Aurich, Wittmund, Leer und der kreisfreien Stadt Emden."
  4. Homepage des Interfriesischens Rats: "Das östliche Friesland innerhalb des deutschen Bundeslandes Niedersachsen von der niederländischen Grenze bis jenseits der Wesermündung. Es wird häufig Ost-Friesland genannt oder insgesamt (nicht ganz korrekt) als Ostfriesland bezeichnet. Es umfasst das eigentliche Ostfriesland, das oldenburger Friesland (Friesische Wehde, Jeverland, Wilhelmshaven), das ehemalige Rüstringen (Butjadingen u.a.), das Land Wursten und andere Gebiete." (Hervorhebungen nachträglich für das Zitat)
  5. Im Landesinneren in Aurich durchschnittlich 20, auf der Insel Norderney sogar nur zwölf Tage. Vgl. Rack, a. a. O., S. 30.
  6. Rack, a. a. O., S. 32
  7. ebd.
  8. ebd.
  9. ebd.
  10. Martin Tielke: Die neue Bibliothek der Ostfriesischen Landschaft in Aurich
  11. a b c HGIS Germany: Landdrostei Aurich (1823–1865)
  12. Reershemius, Gertrud: Niederdeutsch in Ostfriesland. Zwischen Sprachkontakt, Sprachveränderung und Sprachwechsel. Stuttgart 2004
  13. http://www.sprengel-ostfriesland.de/statistik/statistik.html#spitze
  14. http://www.sprengel-ostfriesland.de/statistik/statistik.html#266000
  15. http://www.sprengel-ostfriesland.de/statistik/statistik.html#deutschland
  16. http://www.lhv.de/seiten/leistungen.html
  17. http://www.regis-online.de/de/region/daten-fakten.html
  18. Jahresbericht 2007 der IHK für Ostfriesland und Papenburg, S. 6
  19. Jahresbericht 2007 der IHK für Ostfriesland und Papenburg, Anlage
  20. Jahresbericht 2007 der IHK für Ostfriesland und Papenburg, S. 5
  21. ebd.
  22. http://www.ivw.de

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